Platzhalter für Profilbild

Lenex

Lesejury-Mitglied
offline

Lenex ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Lenex über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 24.08.2024

Eine bewegende Geschichte über Freundschaft, Verlust und Hoffnung

Ich komme nicht zurück
0

Hanna, Zeyna und Cem lernen sich als Kinder in den 80er Jahren kennen. Auch ihre Familien verstehen sich gut miteinander und so wachsen sie in enger Verbindung auf. Doch irgendwann driftet die langjährige ...

Hanna, Zeyna und Cem lernen sich als Kinder in den 80er Jahren kennen. Auch ihre Familien verstehen sich gut miteinander und so wachsen sie in enger Verbindung auf. Doch irgendwann driftet die langjährige Freundschaft auseinander. Was ist passiert? Aus dem Blickwinkel von Hanna gehen wir auf Spurensuche.

Dieses Buch hat mich von der ersten Seite an völlig eingenommen. Es steckt ganz viel Schönheit, Wahrheit und Schmerz in diesen Zeilen. Rasha Khayat beschreibt Situationen und Gefühle intensiv und authentisch. Verluste und Todesfälle, Flucht, die Einsamkeit während der Pandemie oder die Auswirkungen des 11. Septembers spielen eine Rolle und ich fand das sehr eindringlich. Es geht um Freundschaften und Familienbande und wie sie sich im Laufe des Lebens ändern können, so lebendig dargestellt, dass ich viel an meine eigenen Erfahrungen denken musste. Immer wieder habe ich Sätze markiert, weil sie mich so berührten.

„Ich komme nicht zurück“ ist ein Buch, das ich irgendwann unbedingt noch einmal lesen möchte. Ich bin gespannt, wie es dann auf mich wirken wird. Rasha Khayats Gedanken zu Trauer, Freundschaft, Familie und Verlorensein treffen ins Herz und regen zum Nachdenken an. Trotz der teils sehr schweren Thematik konnte ich auch viel Hoffnung und Trost schöpfen. Von mir gibt es also eine große Empfehlung für dieses bewegende Buch, das jetzt schon eines meiner Jahreshighlights ist.

Veröffentlicht am 25.07.2024

Von Monstern in Familien

Kleine Monster
0

Pia erhält diesen einen Anruf aus der Schule, den alle Eltern fürchten: Es gab einen Vorfall, in den ihr siebenjähriger Sohn Luca involviert war. Diese Nachricht versetzt Pia und ihren Mann Jakob in Aufruhr ...

Pia erhält diesen einen Anruf aus der Schule, den alle Eltern fürchten: Es gab einen Vorfall, in den ihr siebenjähriger Sohn Luca involviert war. Diese Nachricht versetzt Pia und ihren Mann Jakob in Aufruhr und führt zum kritischen Hinterfragen ihrer Erziehungsstile. Gleichzeitig denkt Pia immer mehr über ihre eigene Vergangenheit und insbesondere ihr Aufwachsen in ihrer Herkunftsfamilie nach. Was führte zum Bruch der Familie mit ihrer Schwester Romi und zum Tod ihrer Schwester Linda?

„Kleine Monster“ ist ein Roman, der sich mit den komplexen und häufig schwierigen Dynamiken innerhalb von Familien auseinandersetzt. Besonders eindrucksvoll ist für mich, wie Jessica Lind die Perspektive von Pia als Mutter und Tochter schildert. Als Lesende erleben wir ihre Ängste, Zweifel und die tiefgehende Reflexion über ihre eigene Kindheit. Die Autorin baut eine dichte Atmosphäre des subtilen Horrors auf. Die Spannung steigt kontinuierlich, während sich Pia zunehmend immer unsicherer wird, wie zuverlässig ihre Erinnerungen sind.

Diese Mischung aus spannender Handlung und tiefgehender Reflexion zu Familiensystemen machen "Kleine Monster" zu einem sehr empfehlenswertes Buch.

Veröffentlicht am 26.02.2025

Spannendes Familiendrama

Der Gott des Waldes
0

Es ist das Jahr 1975, und in einem Sommercamp in den Adirondack Mountains im Nordosten der USA verschwindet ein Teenager-Mädchen spurlos. Das vermisste Mädchen ist Barbara, die Tochter der wohlhabenden ...

Es ist das Jahr 1975, und in einem Sommercamp in den Adirondack Mountains im Nordosten der USA verschwindet ein Teenager-Mädchen spurlos. Das vermisste Mädchen ist Barbara, die Tochter der wohlhabenden Familie Van Laar, die das Naturreservat besitzt, in dem auch das Camp liegt. Was den Fall besonders brisant macht: Bereits 14 Jahre zuvor verschwand Barbaras Bruder Bear ebenfalls in der das Camp umgebenden Wildnis.

Der Roman wird aus mehreren Perspektiven erzählt, etwa aus der Sicht der Betreuerin Louise und der Ermittlerin Judy. Auch Barbaras und Bears Mutter Alice sowie einige andere Personen rücken in den Mittelpunkt. Dazu kommen verschiedene Zeitebenen zwischen 1950 und 1975, mit Fokus auf das Kennenlernen von Barbaras Eltern, die Zeit rund um das Verschwinden von Bear und schließlich die Ermittlungen im Sommer 1975. Das klingt verwirrend, ist aber so gut gemacht, so dass man beim Lesen den Überblick behält und sich aus immer neuen Informationen und Puzzleteilen langsam ein Bild ergibt.

„Der Gott des Waldes“ ist ein Buch zum Reinfallen und Eintauchen, atmosphärisch dicht und fesselnd. Besonders anfangs ist das Tempo überraschend langsam und die Autorin nimmt sich Zeit, die Geschichte zu entfalten. Trotzdem wird es nicht langweilig, denn die tragische Familiengeschichte ist einfühlsam erzählt und mitreissend. Die Beschreibungen der Natur sind sehr gelungen, das Camp wirkt lebendig und greifbar. Die Charaktere sind größtenteils vielschichtig und glaubwürdig gezeichnet. Zudem greift der Roman interessante Themen auf, etwa die Kluft zwischen Arm und Reich, komplizierte familiäre Beziehungen sowie die Rolle und Möglichkeiten von Frauen in den 60ern und 70ern.

Ich kann das Buch jedem empfehlen, der eine spannende, atmosphärische und literarische Familiengeschichte zum Abtauchen sucht.

Veröffentlicht am 12.09.2024

Brutaler Spiegel der 2000er

Die schönste Version
0

In den frühen 2000ern aufgewachsen, lebt Jella in einer Welt, in der Frauen und Mädchen stark dem Male Gaze unterworfen und von spezifischen Schönheitsidealen geprägt sind. Auch Jella versucht sich dem ...

In den frühen 2000ern aufgewachsen, lebt Jella in einer Welt, in der Frauen und Mädchen stark dem Male Gaze unterworfen und von spezifischen Schönheitsidealen geprägt sind. Auch Jella versucht sich dem anzupassen und möglichst attraktiv für Männer zu sein.

In "Die schönste Version" schildert Ruth-Maria Thomas Jellas Erfahrungen mit toxischen Beziehungen und Situationships, die von Man1pulation und M1ssbrauch geprägt sind. Besonders erschütternd ist ihre Beziehung zu Yannick, einem „Künstlertypen", der ihr von Anfang an seine Wahrheit überstülpt und ihr vorschreibt, wie sie zu sein hat. Als die Beziehung in G3walt eskaliert und Yannick Jella würgt, zeigt sie ihn an, stellt sich danach aber quälende Fragen. War dieser Weg richtig? Übertreibt sie? Oder trägt sie gar irgendwie selbst die Schuld?

Das Buch ist brutal, emotional herausfordernd, realistisch, wichtig. Die Sprache ist teilweise sehr vulgär, was mich an manchen Stellen etwas gestört hat. Etwas zu kurz gekommen ist für meinen Geschmack vielleicht Jellas Aufwachsen und Familiengeschichte, die Rolle ihrer Mutter. Das sind aber nur kleine Kritikpunkte, die den Impact der Geschichte für mich nicht schmälern.

„Die schönste Version“ wurde für den Deutschen Buchpreis 2024 nominiert und ich freue mich darüber. Ich kann den Hype auf Bookstagram nachvollziehen, denn die Geschichte bietet enorm viel Identifikationspotential für so viele Frauen, die in den 2000ern sozialisiert wurden. Das Selbstverständnis vieler Männer, die Misogynie der Medien, Übergriffe, für die es keinen Namen gab oder die verharmlost wurden und nicht zuletzt die gefühlte Normalität des Ganzen – das so geballt zu lesen und zu fühlen, lässt mich immer noch fassungslos den Kopf schütteln. Ich wünschte, ich hätte in meinen frühen Zwanzigern Zugang zu diesem Buch gehabt. Ein Buch, an das ich wahrscheinlich noch lange denken werde.

Veröffentlicht am 19.09.2025

Welches Leben ist das Richtige?

Im Leben nebenan
0

Toni ist Anfang dreißig, lebt zusammen mit ihrem Freund Jakob in Hamburg und arbeitet in einer Werbeagentur. Eines Tages wacht sie in einer Art Parallelversion ihres Lebens auf. In diesem anderen Leben ...

Toni ist Anfang dreißig, lebt zusammen mit ihrem Freund Jakob in Hamburg und arbeitet in einer Werbeagentur. Eines Tages wacht sie in einer Art Parallelversion ihres Lebens auf. In diesem anderen Leben ist Antonia mit ihrer Jugendliebe verheiratet, wohnt im Einfamilienhaus in der Heimatstadt und hat plötzlich ein Baby. Wir begleiten nun beide Lebensstränge für mehrere Monate.

„Im Leben nebenan“ ist ein nachdenkliches, ruhiges und introspektives Buch, das trotzdem sofort einen Sog erzeugt. Und das ganz viel mit mir gemacht, viele Gedanken angestoßen hat. Wie soll man sich bloß für ein Leben entscheiden, wo es doch so viele Optionen gibt? Eine Frage, die mich schon lange umtreibt, tue ich mir doch schon immer schwer mit Entscheidungen und liebe „Was wäre wenn…“-Gedankenspiele.

Anne Sauer gelingt es, beide Lebenswelten mit ihren Höhen und Tiefen und ohne Wertung darzustellen. Eine große Stärke ist die Darstellung weiblicher Erfahrungen und gesellschaftlicher Erwartungen. Außerdem ist das Buch voller schöner Alltagsbeobachtungen. Zwischenmenschliche Töne werden sehr gelungen eingefangen.

Ein absolut lesenswerter Roman, bittersweet, traurig und tröstlich zugleich.