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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 10.11.2025

Super intensiv

Working Class Girl
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CN: Missbrauch, Konsum

Wenn das Erleben der Kindheit eher zum Überleben der Kindheit wird: In „Working Class Girl“ von Katriona O’Sullivan (deutsche Übersetzung von Sylvia Spatz) beschreibt die irische ...

CN: Missbrauch, Konsum

Wenn das Erleben der Kindheit eher zum Überleben der Kindheit wird: In „Working Class Girl“ von Katriona O’Sullivan (deutsche Übersetzung von Sylvia Spatz) beschreibt die irische Autorin autobiografisch ihr Aufwachsen in der Armut.

„Ein geschützter Raum ist ein Ort, an dem ich mir alles von der Seele reden und das Herz öffnen kann, ohne befürchten zu müssen, dass man mich provoziert oder bloßstellt oder anschließend etwas fortgenommen, eingestellt oder verändert wird. Solche Orte sind so notwendig, vor allem für Menschen wie mich.
Wenn man in einem ungeschützten Raum aufgewachsen ist, mit unberechenbaren, psychisch gestörten Erwachsenen, ist man stets auf alles gefasst. Misstrauen ist überlebensnotwendig.“ (S. 165) ❤️‍🩹

Das Buch schildert Katrionas Kindheit bei ihren drogenabhängigen Eltern. Für sie und ihre Geschwister sind die Behörden keine große Hilfe. Die einzige Unterstützung, die sie erfährt, ist die zweier Lehrkräfte, die einen maßgeblich Anteil an ihrem späterem „Erfolg“ tragen. Ich möchte nicht lügen: Das Buch war wirklich (inhaltlich) manchmal so hart zu lesen - weshalb eine Triggerwarnung wirklich empfehlenswert ist. Trotzdem hat es mir durch die schonungslose Art und Weise das Leben der Autorin näher gebracht. Es wird gezeigt, was Menschen in ihrer Rolle gebraucht hätten - egal ob von Eltern, Verwandten, Bekannten oder Behörden.

Von mir gibt es eine Empfehlung, wenn ihr euch einer wirklich intensiven und zerreißenden Geschichte, die den meisten einen ganz anderen Blick verschafft, beschäftigen wollt.

Veröffentlicht am 05.11.2025

Krass emotional

Da, wo ich dich sehen kann
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CN: Femizid

Fast täglich stirbt in Deutschland eine Frau durch ihren Expartner, Partner oder Ehemann. Dabei spricht man von Femiziden. Wie sehr das Umfeld erschüttert wird, wenn eine Frau durch ...

CN: Femizid

Fast täglich stirbt in Deutschland eine Frau durch ihren Expartner, Partner oder Ehemann. Dabei spricht man von Femiziden. Wie sehr das Umfeld erschüttert wird, wenn eine Frau durch einen Femizid aus dem Leben gerissen wird, hält Jasmin Schreiber in ihrem neuen Roman „Da, wo ich dich sehen kann“ fest.

„Ich kann es ihm nicht nachweisen und es hat auch nicht den Hauch einer Ermittlung gegeben, aber ich weiß, dass er sie getötet hat. Weil Männer immer Frauen töten, weil Männer Frauen hassen, Liv. Ich weiß nicht, ob es was Genetisches ist, etwas aus der Natur, aber Männer hassen Frauen, und deshalb töten sie uns. So ist das.“ (S. 129)

Livs beste Freundin Emma wird getötet - von ihrem Mann, Frank. Emmas Tochter, Maja, lebt fortan bei Emmas Eltern. Als nun ihre Patentante, Astrophysikerin Liv, wieder präsent ist, merken beide, dass sie sich brauchen. Gemeinsam versuchen sie, mit dem Verlust umzugehen, mit ihren Wunden weiterzuleben. Allerdings werden alle Beteiligten, so auch Emmas Eltern Per und Brigitte, mit einem Gefühl der Schuld überschattet. Sie fragen sich: „Hätten wir den Mord an Emma verhindern können?“.

Wow, ich glaube, dass ich lange nichts mehr gelesen habe, was so viel Emotionen in mir ausgelöst hat. Der Schreibstil aus den verschiedenen Perspektiven ist so eindringlich. Vor allem Majas kindliche Perspektive hat mich sehr hart mitgenommen, das ging direkt ins Herz! Im Roman werden immer wieder Artikel und Statistiken über Femizide, Gerichtsbefunde, Nachrichten und Zeichnungen eingefügt - das hat die Geschichte unglaublich unterstützt! Das Buch werde ich definitiv nie vergessen. Ich kann es euch wirklich nur empfehlen, auch wenn die Thematik super heavy ist.

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Veröffentlicht am 20.10.2025

Wütendes Highlight!

Verdammt wütend
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Wie gehen Frauen damit um, wenn sie wütend sind? Häufig anders, als Männer, da die Verarbeitung von Wut bei Frauen patriarchal geprägt ist. Genauso geht es der Protagonistin Britt in „Verdammt wütend“ ...


Wie gehen Frauen damit um, wenn sie wütend sind? Häufig anders, als Männer, da die Verarbeitung von Wut bei Frauen patriarchal geprägt ist. Genauso geht es der Protagonistin Britt in „Verdammt wütend“ von Linn Strømsborg (deutsche Übersetzung von Karoline Hippe). Mich hat das Buch total überzeugt und gleichzeitig wütend gemacht.

„Frau zu sein bedeutet, als Hure bezeichnet zu werden, wenn du mit zu vielen Leuten schläfst, Frau zu sein bedeutet, sexy genug zu sein, dass alle mit dir schlafen wollen, Frau zu sein bedeutet, getötet zu werden, wenn du nicht still hältst und die Klappe hältst, Frau zu sein bedeutet, die Klappe zu halten, wenn du eigentlich schreien möchtest, Frau zu sein bedeutet, dass dir nicht geglaubt wird, Frau zu sein bedeutet, Schuld zu haben, Frau zu sein bedeutet, mit den Schlüsseln zwischen den Fingern nach Hause zu gehen, keinen zu kurzen Rock zu tragen, nicht zu lange Haare zu haben (…)“ (S.13)

Darum geht es: Für Britt steht die Familie immer im Vordergrund. Sie ist Mitte vierzig, länger verheiratet und hat gemeinsam mit ihrem Mann eine Tochter. Allerdings merkt Britt immer mehr: irgendetwas stimmt nicht - sie ist verdammt wütend. Sie versucht, ihre Wut zu unterdrücken, sie herunterzuschlucken, bis es dann - beim Familienurlaub mit Freund*innen - reicht! Britt lässt ihre Wut heraus, doch die einzige, die sie verstehen zu scheint, ist ihre Bekannte Niko. Gemeinsam flüchten sie aus der wutgeladenen Situation und Britt beginnt, ihr Leben und ihre Wut ziemlich deutlich zu hinterfragen.

„Ich bin wütend, weil mir niemand zuhört. Ich bin wütend, weil ich nicht sage, was ich denke. Ich bin wütend, weil ich nie wieder jung sein werde. Ich bin wütend, weil ich nicht alt werden will, aber ich bin auch wütend, weil ich Angst habe, nicht alt werden zu dürfen. Ich bin wütend, weil ich mit Espen verheiratet bin. Ich bin wütend, weil ich so enttäuscht bin. Ich bin wütend, weil das Leben so ungerecht ist.“ (S.185)

Was soll ich sagen - das Buch hat mich komplett abgeholt. Auch wenn die Protagonistin mir alterstechnisch nicht entspricht, konnte ich mich sehr gut in ihre Wut hineinversetzen. Es tat weh, zu lesen, wie es ihr geht, aber auch, zu lesen, wie andere mit ihr umgegangen sind. Und vor allem: wie oft mit Frauen umgegangen wird, die wütend sind, es aber nicht seien dürfen. Der Roman hat mir ein großes Gefühl der Sichtbarkeit gegeben und in einem nicht all zu großem Umfang gezeigt, was Wut mit uns macht und: das die Wut einen Platz verdient.

Lest das Buch, wenn ihr oft wütend seid, oder werdet es durch dieses Buch! Gebt der Wut den Platz, den sie braucht, um sichtbar zu sein - sie ist nicht grundlos da. Grandioses Highlight!

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Veröffentlicht am 26.09.2025

YAY!

Die Sache mit Rachel
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Ich glaube, dass ich lange kein Buch mehr gelesen habe, was mich so in seinen Bann gezogen hat wie „Die Sache mit Rachel“ von der irischen Autorin Caroline O’Donoghue (deutsche Version übersetzt von Christian ...

Ich glaube, dass ich lange kein Buch mehr gelesen habe, was mich so in seinen Bann gezogen hat wie „Die Sache mit Rachel“ von der irischen Autorin Caroline O’Donoghue (deutsche Version übersetzt von Christian Lux).

Rachel und James, welche sich bei ihrem Nebenjob in einem Buchladen in Cork (Irland) kennenlernen, leben beide ein chaotisches, planloses Leben, haben aber trotzdem Wünsche, Träume und Vorstellungen ihres Lebens. Zwischen ihnen entwickelt sich eine wirklich tiefgründige Freundinnenschaft, sie ziehen zusammen und erzählen sich (fast) alles. Rachel denkt, James sei schwul - er hat sich nie wirklich dazu geäußert, aber eigentlich ist das auch gar nicht so wichtig für ihre Freundinnenschaft (auch wenn beide Figuren öfter darüber sprechen).

Natürlich berührt das Buch auch diverse Liebesbeziehungen: Rachel crusht auf ihren Universitätsprofessoren namens Dr. Byrne, doch auch James hat da seine Finger im Spiel. Ob sich da was entwickeln kann? Rachel schafft es, bei Dennie Harrington (Dr. Byrnes Frau), ein Praktikum zu bekommen, um möglicherweise einen Fuß in die Verlagswelt zu setzen. Doch das große Drama kommt noch! Zwischenzeitlich fängt Rachel eine On-Off-Beziehung mit Carey, eigentlich James Carey, an und die Sache läuft wirklich ziemlich wild!

„Am selben Tag fand ich einen Buchladen. Es gibt viele Buchläden in der Nähe der Charing Cross Road. Aber dieser war anders, weil er meiner war.“ (S. 348)

Das Buch hat mich so unfassbar begeistert. Der Schreibstil ist locker, witzig und spannend, spielt aber ernste Themen wie Outing oder Schwangerschaften nicht runter. Ich konnte es wirklich kaum aus der Hand legen. Das Setting, was aufgemacht wird, ist authentisch und realistisch. Bei diesem Buch hatte ich das Gefühl, mich in alle Figuren gut hineinversetzen zu können. Die Freund*innenschaft von James und Rachel war mit unter die schönste Beziehung, von der ich je gelesen habe.

Veröffentlicht am 26.09.2025

Bewegend!

Ministerium der Träume
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Der Tod der Schwester, welcher in Nas viel mehr als nur Trauer auslöst. In Hengameh Yaghoobifarahs Roman „Das Ministerium der Träume“ versucht Nas zwischen Trauer, Wut und vielen offenen Fragen, sich um ...

Der Tod der Schwester, welcher in Nas viel mehr als nur Trauer auslöst. In Hengameh Yaghoobifarahs Roman „Das Ministerium der Träume“ versucht Nas zwischen Trauer, Wut und vielen offenen Fragen, sich um die Tochter ihrer Schwester zu kümmern.

Doch was ist überhaupt passiert? Urplötzlich steht die Polizei vor Nas Tür und behauptet, dass ihre Schwester Nushin bei einem tragischen Autounfall gestorben sei. Jedoch glaubt Nas nicht, dass dies ein Unfall war. Wie im Nachlass gewollt, kommt Nushins Tochter zu Nas. Nas kümmert sich sich nun um Erziehung, Elternabende und ein pubertierendes Kind, während sie versucht, den Tod ihrer Schwester zu verarbeiten. Als in Nas immer mehr Zweifel aufkommen, tauchen viele Erinnerungen auf und sie versucht, die Nacht des Unfalls zu rekonstruieren.

Das Buch hat mir wirklich unfassbar gut gefallen! Die Idee, Migrationserfahrung, Familiengeschichte und Traumata auf diese phantastische-surreale Art und Weise umzusetzen, ist so gut gelungen. Die Geschichte ist schmerzhaft und wütend, zeigt, wie Deutschland mit Menschen mit Migrationserfahrung umgeht. Die Figuren waren authentisch und echt, der Stil hat es so perfekt getroffen.

Unglaublich große Empfehlung!

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