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Veröffentlicht am 18.11.2018

Auf dem Weg zur Erlösung

Der Narr und seine Maschine
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Der Detektiv Tabor Süden gilt als Spezialist, wenn es darum geht, Vermisste aufzuspüren. Nach einem Todesfall im Laufe einer Ermittlertätigkeit beschließt er, seinem alten Leben den Rücken zuzuwenden. ...

Der Detektiv Tabor Süden gilt als Spezialist, wenn es darum geht, Vermisste aufzuspüren. Nach einem Todesfall im Laufe einer Ermittlertätigkeit beschließt er, seinem alten Leben den Rücken zuzuwenden. Er macht sich auf den Weg zum Bahnhof, um alles hinter sich zu lassen. Aber seine Chefin holt ihn zurück mit einem Auftrag: er soll einen vermissten Schriftsteller finden: Cornelius Hallig.
Dieser hat seinen Wohnplatz einfach verlassen, ohne jemandem Bescheid zu geben, und ist einfach verschwunden. Bevor er zum Schriftsteller wurde, führte er ein einsames Leben gemeinsam mit seiner alleinerziehenden Mutter, zu der er bis zu ihrem Tod ein sehr enges Verhältnis hatte. Seit seine Mutter nicht mehr lebt, ist sein Leben noch sinnloser geworden. Schon früher als Kind wurde er malträtiert und ist immer einsam geblieben.
Beide Protagonisten haben also eines gemeinsam: sie wollen ihr bisheriges Leben verlassen, werden aber zurückgeholt bzw. sollen es werden. Kann Tabor Süden sich so in Halligs Gedanken- und Gefühlswelt hineinversetzen, dass er ihn aufspürt? Seine Ermittlungsmethoden sind wirklich eigentümlich.
Am Anfang habe ich mich schwergetan, in das Buch hineinzufinden. Teilweise wusste ich nicht sofort, ob von Süden oder Hallig die Rede war, und musste zunächst einige Passagen zweimal lesen. Schließlich konnte ich mich aber doch mit dem Erzählstil anfreunden und habe die detaillierten Beschreibungen genossen. Man fühlt sich in eine andere Welt hineinversetzt, in der es viele Abgründe und Hindernisse gibt, Finsternis und Einsamkeit, bis hin zur Ausweglosigkeit.
Es handelt sich hier nicht um einen Action-Thriller, sondern in meinen Augen um tiefgehende Charakterstudien und -analysen. Je mehr ich in dieses Geschehn vordrang, desto interessanter wurde es für mich, ich wollte meine Lektüre nicht mehr unterbrechen. Allein schon die Sprache fasziniert, wenn man erstmal Zugang gefunden hat. Die Namenwahl hat mich ebenso beeindruckt, z.B.Inka Wels oder Bruna Glock. Eigensinnige Namen, genau wie die Menschen, die damit leben.
Ich gebe 4 von 5 Sternen, weil ich am Anfang nur langsam hineinfand, und spreche für Freunde anspruchsvoller Literatur eine klare Leseempfehlung aus.

Veröffentlicht am 05.09.2018

Das Ende der Leichtigkeit

Summer
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Ein abwechslungsreiches Leben in einer prachtvollen Villa am Genfer See, viele Feste, viele Freunde, viele Aktivitäten am und im Wasser, ein beruflich erfolgreicher Vater, eine schöne Mutter, eine hinreißende ...

Ein abwechslungsreiches Leben in einer prachtvollen Villa am Genfer See, viele Feste, viele Freunde, viele Aktivitäten am und im Wasser, ein beruflich erfolgreicher Vater, eine schöne Mutter, eine hinreißende Schwester von 19 Jahren - das alles sind Attribute, die Benjamins Leben beschreiben könnten, bevor ein schwerer Schicksalsschlag alles auf den Kopf stellt. Seine von ihm verehrte und bewunderte Schwester Summer verschwindet spurlos und beendet das sorglose und oberflächliche Leben der ganzen Familie.
Monica Sabolo beschreibt in ihrem Roman die verzweifelten Versuche Benjamins, wieder Klarheit in seine Welt zu bringen, denn alle seine Gedanken drehen sich nur um Summers Verschwinden. Wo könnte sie sein? Warum ist sie gegangen? Lebt sie noch? Ist sie entführt worden? In dieser kritischen Zeit lebt Benjamin teilweise in einer grausamen Fantasiewelt, die aus glitschigen Fischen, Algen, tödlichen Wellen und saugenden Wasserpflanzen besteht. Mit Hilfe dieser Metaphern schafft die Autorin eine düstere und bedrohliche Atmosphäre, die Benjamins Trauma umgibt.
Der Schreibstil gefällt mir sehr gut, er ist bildhaft, abwechslungsreich und sehr präzise. Die langen Satzverschachtelungen passen wunderbar zu der verfahrenen Situation. Ich mag solche Sätze, auch wenn ich ab und an das Geschriebene zweimal lesen muss.
Der Spannungsaufbau geschieht direkt von Anfang an, wird aber in der Mitte des Buches leider weniger, z.B. durch die langatmigen Sitzungen bei Benjamins Therapeuten oder die ständig wiederkehrenden Furchtmetaphern, die auf Dauer langweilen. Das ist schade, aber gegen Ende nimmt die Spannung wieder zu und gipfelt in einem überraschenden Ende.
Dieses Buch handelt von dem spurlosen Verschwinden eines jungen Mädchens, aber es ist in erster Linie kein Krimi, auch kein Psychokrimi, sondern eher eine Auseinandersetzung mit Benjamins stark strapazierter Gefühlswelt und seiner Sehnsüchte, bis es ihm schließlich gelingt, seinen traumatisierenden Erfahrungen zu entkommen.
Das Buch ist eine empfehlenswerte, aber keinesfalls leichte Lektüre. Sie wirkt noch nach und macht nachdenklich.

Veröffentlicht am 24.07.2018

Aufbruch zur Selbstbestimmung

Ida
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Ida wächst in wohlbehüteten Verhältnissen auf und leidet keine offensichtliche Not, aber ihre Seele leidet auf Grund der schwierigen Familienstruktur, ihrer von der Mutter zugewiesenen Rolle als Mädchen, ...

Ida wächst in wohlbehüteten Verhältnissen auf und leidet keine offensichtliche Not, aber ihre Seele leidet auf Grund der schwierigen Familienstruktur, ihrer von der Mutter zugewiesenen Rolle als Mädchen, das sich unterzuordnen hat, und wegen der immer schwieriger werdenden Situation als Jüdin.
Durch die psychische Belastung entstehen Krankheitssymptome, die sich nicht erklären lassen und die Ida schließlich zu Dr Freud führen. In vielen Sitzungen wird eine Psychoanalyse vorgenommen, um Ida von ihren psychsomatischen Leiden zu befreien. Sie ist gespalten zwischen Zustimmung und Ablehnung. Schließlich beendet sie auf eigenen Wunsch die 'Kur' bei Freud, um selbstbestimmt zu leben, was ihr teilweise gelingt....
Trotz einiger langatmiger Passagen über den historischen Hintergrund hat mich diese Biographie gefesselt, und ich habe sie gern gelesen. Besonders die detaillierte Beschreibung der Vorgehensweise der Psychoanalyse fand ich sehr interessant. Ich denke, dass die Autorin sehr viel Mühe investieren musste, um diese Phase in Idas Leben zu rekonstruieren. Und auch sonst fand ich es spannend zu lesen, wie Ida mit den Herausforderungen des Lebens, z.B. die Geburt ihres Sohnes, mit ihren Freunden und auch mit 'falschen Freunden' umgegangen ist. Durch häufige Zeitsprünge versteht es die Autorin Erklärungen einzubringen und Ursachen zu enthüllen.
Eine Sympathieträgerin ist Ida auf keinen Fall, denn sie stößt viele Leute vor den Kopf durch Sturheit und Arroganz, z.B. ihren eigenen Sohn, auch als er schon erwachsen ist. Und sie möchte immer die dominante Rolle spielen, worunter auch engste Familienangehörige leiden. Empathie fehlt ihr weitgehend! Auf der anderen Seite gibt sie nicht auf, sondern kämpft mit allen Kräften, um aus einer ausweglos scheinenden Situation zu entkommen. Letzteres zeigt sich besonders, als der Nationalsozialismus den Juden das Leben immer schwerer macht und sie sich zur Emigration entschließt.
Die Beschreibung der Hintergründe, besonders während des 1.Weltkriegs, fand ich zu detailliert beschrieben, was mich etwas gelangweilt hat, aber ansonsten ein prachtvolles Buch. Ich kann es jedem empfehlen, der Biographien über starke Persönlichkeiten liebt und auch Freudianern, denn hier werden die Anfänge der Psychoanalyse an einem authentischen Fall geschildert.

Veröffentlicht am 17.06.2018

Brutale Morde im Outback

Die Schlingen der Schuld
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Detective Daniel Clement ist nach erfolgreicher Polizeiarbeit in Perth auf Grund privater Veränderungen (Scheidung) in die Einsamkeit des Outback zurückgekehrt und arbeitet nun in der ruhigen Polizeidienststelle ...

Detective Daniel Clement ist nach erfolgreicher Polizeiarbeit in Perth auf Grund privater Veränderungen (Scheidung) in die Einsamkeit des Outback zurückgekehrt und arbeitet nun in der ruhigen Polizeidienststelle seines früheren Heimatortes. Ein äußerst brutaler Mord an einem Deutschen in den Mangrovensümpfen beendet jedoch bald sein ruhiges Polizistenleben, denn nun sind intensive Recherchen erforderlich, die Spuren nach Deutschland und in das Hamburger Drogenmilieu der 80er Jahre aufdecken. Schon bald passiert ein zweiter Mord....
Sehr positiv zu erwähnen sind zunächst die landeskundlichen Informationen zum Outback, die den Leser die Einsamkeit und die Weite dieser Region fühlen lassen und zugleich auch die damit verbundenen Probleme. Auch das Cover ist sehr schön gestaltet und präsentiert ein Stimmungsbild zu diesem Krimi.
Der Fall selbst ist recht komplex, erfordert gründliche Ermittlungsarbeit, weist auch einige falsche Spuren auf, wird schließlich aber logisch durchdacht gelöst. Am Anfang noch ziemlich unspektakulär, wird die Handlung dann aber immer spannender und löst beim Leser ein vielseitiges Miträtseln aus, das öfters in die falsche Richtung läuft, aber das macht es ja umso aufregender. Es erfolgen immer wieder informative Rückblicke auf die Hamburger Zeit, die allmählich Licht ins Dunkel bringen. Der Showdown vollzieht sich, als ein Zyklon über den Outback hinwegfegt und schafft eine unheimliche Szenerie.
Was mir überhaupt nicht gefallen hat (deshalb der Punktabzug) sind die Längen in der Beschreibung des Detective Clement, angefangen bei seinen Gedanken an seine Exfrau und seine Tochter, weiter mit seinen Erinnerungen an seine Kindheit und die damalige Rolle seines Vaters und letztendlich z.B. auch sein Zahnweh, das ihn über längere Zeit beschäftigt. Ein wenig Information zum Privatleben des Ermittlers ist ja interessant und sinnvoll, aber hier gibt es zuviel davon. Diese Passagen waren sehr langatmig und minderten die Spannung. Demzufolge ist mir der Protagonist weder sympatisch noch unsympathisch und hinterlässt keine bleibende Erinnerung.
Ich kann das Buch sowohl Krimi- als auch Australienfans empfehlen, würde mir aber wünschen, dass bei weiteren Clement-Krimis, die wohl geplant sind, die privaten Ausführungen deutlich gekürzt werden.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Atmosphäre
  • Spannung
  • Charaktere
  • Geschichte
Veröffentlicht am 23.03.2018

Hass hat viele Gesichter

Ich bin der Hass
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Dieser Fall stellt Special Agent Marcus Williams und seinen Bruder Francis Ackerman, der früher ein gefährlicher Serienkiller war, vor eine schwierige Aufgabe. Zunächst sollen sie den berüchtigten Demon ...

Dieser Fall stellt Special Agent Marcus Williams und seinen Bruder Francis Ackerman, der früher ein gefährlicher Serienkiller war, vor eine schwierige Aufgabe. Zunächst sollen sie den berüchtigten Demon in eine Hochsicherheitsgefängnis begleiten, wobei aber eine Panne passiert. Daraufhin zwingt Demon die beiden, den 'Gladiator' zu finden, der schon zahlreiche äußerst brutale Morde begangen hat und unerkannt geblieben ist. Außerdem sind einige Frauen spurlos verschwunden sowie ein FBI-Agent, wobei auch die Vermutung besteht, dass der Gladiator seine Finger im Spiel hat. Die beiden Brüder begeben sich auf den mühsamen Weg, den Gladiator zu finden und unschädlich zu machen, wobei sie in so manche extrem gefährliche Situation geraten.
Der Gladiator ist der Bruder von Dr Gladstone, der es sich zur Aufgabe gesetzt hat, seine eigene Welt zu schaffen, weit entfernt auf einer einsamen Insel. Um dieses Ziel zu erreichen, geht er in grausamer Weise über viele Leichen. Viele brutale Szenarien schildern das rücksichtslose Vorgehen.
Sehr geschickt hat der Autor die verschiedenen Handlungsstränge miteinander verknüpft, so dass aus der anfänglichen Verwirrung wegen der vielen Namen für mich eine sinnvolle Story entstand. Allerdings ist mir keiner der Protagonisten wirklich sympathisch, denn alle haben ihre mehr oder weniger extremen Schattenseiten.
Ich habe den Thriller als Hörbuch kennengelernt, in gekürzter Fassung, und ohne eines der Vorgängerbücher zu kennen. Dadurch ergaben sich für mich einige Verständnisprobleme, die sich aber nach zweimaligem Hören weitgehend auflösten.
Besonders möchte ich schließlich den Sprecher Thomas Balou Martin hervorheben, dessen Präsentation der verschiedenen Charaktere mir sehr gefallen hat. Mit seiner markanten Stimmer gibt er jedem Charakter seine eigene Nuance und bringt auf diese Weise viel Lebendigkeit in den vorgelesenen Text. Ein Extralob auf ihn! Das Hörbuch würde ich auf Grund seiner hervorragenden Interpretation wärmstens empfehlen. Einen Punktabzug gibt es aber von mir wegen der inhaltlichen Fragwürdigkeiten, denn einige Aktionen wirken unrealistisch und für mich zu bluttriefend.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Charaktere
  • Originalität
  • Spannung
  • Stil