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Veröffentlicht am 09.07.2018

Ein besonderes Buch

Die Unruhigen
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"Die Unruhigen" ist ein Buch von Linn Ullmann. Linn Ullmann? Ja, genau, die Tochter von Liv Ullmann und Ingmar Bergman. Ingmar Bergmann, der mit sechs Frauen neun Kinder hatte. Der Roman ist keine Biografie, ...

"Die Unruhigen" ist ein Buch von Linn Ullmann. Linn Ullmann? Ja, genau, die Tochter von Liv Ullmann und Ingmar Bergman. Ingmar Bergmann, der mit sechs Frauen neun Kinder hatte. Der Roman ist keine Biografie, aber doch ein sehr persönliches Buch, welches durchaus einiges aus der familiären Situation berichtet.

Das Cover finde ich besonders. Zum einen ist der Umschlag aus einem Papier, das sich ungewöhnlich anfühlt, dünner als andere. Das Bild auf dem Cover zeigt tatsächlich die Autorin mit ihrem Vater. Es passt für mich sehr gut zum Inhalt. Die beiden schauen schon ein wenig tough aus und doch wirkt die Aufnahme zerbrechlich.

Besonders ist auch der Schreibstil. Ich musste mich in ihn erstmal einlesen. Als ich das aber geschafft hatte, war ich angetan davon. Das Buch ist voll von Denkanstößen, die mir gefallen. Wenn sie über ihre Mutter sagt " Ihre tiefste Sehnsucht war möglicherweise, bedingungslos geliebt und gleichzeitig ganz in Ruhe gelassen zu werden", dann kann ich das ganz nachempfinden. Oder wenn sie ihren Vater sagen lässt: "Ein entflogenes Wort lässt sich nicht mehr einfangen", so kenne ich eine entsprechende Situation ebenfalls.
Auf Seite 99 schreibt Linn Ullmann, dass sie und ihr Vater immer geschickter darin waren, sich zu verabschieden, als sich zu begegnen. Und so ging es mir mit meinem Vater auch, besonders in der letzten Zeit seines Lebens.

Das Buch erzählt vom Erinnern und Vergessen, vom Aufwachsen und vom Alt werden. Und richtig ist sicher, dass das Alt werden eine harte, schwere, wenig glamouröse Arbeit mit sehr langen Arbeitszeiten ist. Wobei das Werk nicht traurig ist, sondern auch immer mal mit einer fast heiteren Note.
Einen großen Raum nehmen in dem Buch die Themen Zeit und Erinnerungen ein. Sind und bleiben Erinnerungen reale Wahrnehmung oder verwischen sie mit dem, was man sich wünscht und grenzen sie an Erfindungen?
Wie ein roter Faden ziehen sich sechs Interviews durch das Werk. Es handelt sich um tatsächlich existierende Tonbandaufnahmen, die Linn Ullmann mit ihrem Vater aufgenommen hat. In ihnen finden sich kaum klare direkte Antworten und doch zeigen sie vieles an Botschaften.

Für mich ist "Die Unruhigen" ein besonderes Buch, das mit viel Liebe über das Leben berichtet. Wenn man sich mit dem anfänglich ungewöhnlichen Schreibstil arrangiert, erfährt man viel davon, wie sich das Bild, das man von sich selbst und seiner Familie macht, sich immer wieder ändert.

Veröffentlicht am 04.02.2023

Schto ty lowisch

Sibir
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Das Cover zeigt eine Regenbogenforelle und im ersten Moment war ich mir nicht ganz sicher, was sie wohl mit der Geschichte zu tun hat. Im Verlaufe des Buches wird das aber klarer. So bedeutet dann die ...

Das Cover zeigt eine Regenbogenforelle und im ersten Moment war ich mir nicht ganz sicher, was sie wohl mit der Geschichte zu tun hat. Im Verlaufe des Buches wird das aber klarer. So bedeutet dann die von mir gewählte Überschrift für diese Zeilen auch übersetzt "Was angelst du?"

Die Autorin Sabrina Janesch war mir bis zu diesem Buch unbekannt. Ihre Biografie weist darauf hin, dass sie die Geschichte ihrer Eltern in dem Buch "Sibir" verarbeitet hat. Zudem führte sie Gespräche mit weiteren Zeitzeugen, las deren Tagebücher und reiste auch nach Kirgisistan und Kasachstan . Diese aufwendige Recherche merkt man dem Buch an und macht es in dieser Hinsicht ausgesprochen authentisch. Vertreibung, Verschleppung und Flucht sind leider keine Themen der Vergangenheit sondern absolut aktuell.

In dem Buch lernen wie Josef Ambacher kennen, als Kind und als alten Mann. Er wurde als Kind mit seiner Familie nach Sibirien deportiert und verschleppt. Sie lebten in einfachen Verhältnissen und hatten mit Kälte, Hitze, Wölfen und anderen Widrigkeiten zu kämpfen. Aber neben vielen Ängsten haben auch die Freundschaft und die Familie ihren Raum.
Der zweite Erzählstrang führt in die 1990er Jahren nach Mühlheide in Niedersachsen.

Die beiden genannten Erzählstränge wechseln sich ab, aber das geschieht einige Male eher ruckelig, so dass ich dann aus dem Lesefluss heraus gerissen wurde. Den sibirischen Part fand ich sehr intensiv und lebendig geschrieben.
Die Zeit um 1990 war mir teilweise zu zäh und langatmig.
Was mich auch wirklich gestört hat, waren die fehlenden Satzzeichen bei wörtlicher Rede.

Alles in allem gebe ich dem Buch 3,5 Sterne.

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Veröffentlicht am 05.09.2020

Zwischen 1946 und 2018

Jahresringe
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Das Cover des Buches ist schlicht, aber doch auch schön.
Das entwurzelte Maiglöckchen mit den kräftigen grünen Blättern und die rote Schrift des Titels passen gut zusammen. Und das zarte Pflänzchen passt ...

Das Cover des Buches ist schlicht, aber doch auch schön.
Das entwurzelte Maiglöckchen mit den kräftigen grünen Blättern und die rote Schrift des Titels passen gut zusammen. Und das zarte Pflänzchen passt auch zur Geschichte und zum Ort, der eine Karnevalsgesellschaft "Maiblömche" aufweisen kann.

Andreas Wagner schreibt das Buch in drei Zeitebenen. Von 1946 bis 1964 geht es vorwiegend um Leonore Klimkeit, eine junge evangelische Geflüchtete aus Ostpreußen, die nach Lich-Steinstraß kommt und dort eher zufällig auch bleibt.
Von 1976 bis 1986 wird von Paul berichtet, Leonores Sohn, der in den Jahren von etwa 1980 die Umsiedlung des Dorfes nach Jülich miterlebt.
Von 2017 bis 2018 lernt man Pauls Sohn Jan und dessen Schwester Sarah kennen, die sich im Hambacher Forst als Gegner gegenüberstehen.

Das Buch behandelt diverse Themen, angefangen über Flucht und Entwurzelung, die Leonore erlebt. Sie ist anders als die Mehrheit des Dorfes evangelisch, was damals bereits zur Ausgrenzung reichte. In ihre Geschichte bin ich schnell hinein gefallen. Wenn mich auch ihre Übersinnlichkeiten und letztlich auch der Beginn ihrer Schwangerschaft irritiert hat.
Der zweite Teil war meines Erachtens ein wenig zu kurz gehalten. Gerade die Umsiedlung, die wirklich stattgefunden hat, und die Auswirkungen auf das Leben hätte mehr Raum einnehmen dürfen.
Und der letzte Teil, mit der Thematik von Umweltschutz und Profit, endet mir einfach zu abrupt. Da war ich dann etwas konsterniert mit dem Buch in der Hand zurück geblieben.

"Jahresringe" ist ein Buch, das ich nicht einfach so weg lesen konnte, obwohl der Schreibstil sehr flüssig und angenehm ist. Jedoch die Vielzahl der Themen und die wahren Hintergründe ließen mich das Werk immer mal wieder zur Seite legen, um auch im Internet zu recherchieren.

Ich vergebe aus den genannten Gründen 4 Sterne und bin auf das nächste Buch des Autors gespannt.

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Veröffentlicht am 18.08.2019

Im Regen stehen

Als wir im Regen tanzten
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Das Cover hat mich absolut angesprochen. Ich fühlte mich sofort in das alte Berlin zurückversetzt, über das dunkle Wolken ziehen. Und es scheint vordergründig um eine Frau zu gehen.

Die Inhaltsangabe ...

Das Cover hat mich absolut angesprochen. Ich fühlte mich sofort in das alte Berlin zurückversetzt, über das dunkle Wolken ziehen. Und es scheint vordergründig um eine Frau zu gehen.

Die Inhaltsangabe hat es dann geschafft, mich total für das Buch zu interessieren. Eine spannende Zeit, Ende der 20er Jahre, zumal die Protagonistin als Jüdin in eine schwierige Zukunft schaut.

Die ersten Seiten fand ich als ansprechend geschrieben, und obwohl ich den ersten Band lediglich als Titel und Cover kannte, war der Einstieg in die Geschichte problemlos. Dann aber wurde der Schreibstil für meinen Geschmack immer mehr und etwas zu häufig mit Retrospektiven und Wiederholungen gespickt. Dadurch wurde das Lesen doch arg zäh und schleppend. So stand die Handlung teilweise mir zu lang im Regen.

Ich hatte das Gefühl, als wenn auch die Geschichte der Recha ein wenig in den Schatten gerückt wird und stattdessen eher die Anwältin Felice mit ihren Problemen um die von ihr aufgenommenen Nichten ins Rampenlicht kommen. Aber so ganz warm werde ich mit dieser Figur nicht.
Ganz besonders schade ist es, dass die geschichtlichen Aspekte einer Stadt Berlin zwischen den beiden Weltkriegen einfach zu kurz kommt. Da hab ich mir als geschichtsinteressierte Leserin doch ein wenig mehr erwartet.

Besonders gefallen haben mir die Einschübe "Es ist" von Kurt Tucholsky.

Alles in allem hat mich das Buch nicht ganz überzeugt. Vielleicht waren meine Erwartungen daran einfach nicht passend. Ich vergebe 3,5 Sterne und kann das Buch nicht eindeutig weiter empfehlen.

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Veröffentlicht am 29.05.2023

Diese Geschichte erzählt von Schwestern

Zwischen Himmel und Erde
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Dieses Buch ist in mancherlei Hinsicht ungewöhnlich.

Ungewöhnlich schön ist das Cover. Es ist DER Hingucker im Bücherregal mit der unglaublichen Farbexplosion. Das erregt auf jeden Fall große Aufmerksamkeit.

Ungewöhnlich ...

Dieses Buch ist in mancherlei Hinsicht ungewöhnlich.

Ungewöhnlich schön ist das Cover. Es ist DER Hingucker im Bücherregal mit der unglaublichen Farbexplosion. Das erregt auf jeden Fall große Aufmerksamkeit.

Ungewöhnlich ist der Hinweis, dass auf den Seiten ein Lied erklingen kann und man sich dieses anhören sollte.

Ungewöhnlich ist die Aufforderung, teilweise mit den Handelnden laut mitzusprechen.

Ungewöhnlich ist der hymnenartige Prolog und auch die immer mal wieder auftauchenden Seiten mit oft nur Zweiwortsätzen.

Mich haben diese Ungewöhnlichkeiten zunächst einmal irritiert und aus dem Lesekomfort gerissen.

Die britisch-brasilianische Autorin Yara Rodrigues Fowler erzählt in diesem Buch die Geschichten der nach Liebe und Zuneigung suchenden Londonerin Melissa und der aus Brasilien stammenden Caterina, die beide zusammen eine Wohngemeinschaft im Mile End bilden.
Die in London studierende Caterina öffnet den Lesenden den Blick auf die Politik in Brasilien, dazu gehört auch eine mehrseitige Auflistung aller in Brasilien lebenden indigenen Gruppen, von A - Z. Und Melissa, die ebenfalls brasilianische Wurzeln hat, bringt zudem britische Geschichte wie die Unruhen rund um den Brexit ins Geschehen ein.

Die von der Autorin aufgegriffenen Themen finde ich durchaus spannend und fesselnd.
Allerdings sollte man vor dem Lesen sich auf jeden Fall ein wenig intensiver vor allem mit der brasilianischen Geschichte auseinander setzen.
Die Handlung ist nicht immer einfach zu verfolgen, da es so viele unterschiedliche Erzählstränge und Zeitebenen gibt. Zudem muss man sich an die diversen stilistischen Komponenten gewöhnen. Da muss man wirklich bereit sein, sich darauf einzulassen. Wenn ich im Lesefluss war, gelang mir das recht gut. Probleme gab es dann beim Wiedereinstieg nach einer Pause. Zudem bleibt für mich die Frage, wie die persönliche Entwicklung von den geschichtlichen Ereignissen der Zeit beeinflusst wird, weitestgehend unbeantwortet.

Wer sich auf ein ungewöhnliches Buch einlassen kann und will, wird sicher einen interessanten Roman in "Zwischen Himmel und Erde" finden. Wem das nicht möglich ist, dessen Buchregal ist auf jeden Fall um ein wunderschönes Cover reicher.

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