Cover-Bild Die Unruhigen
22,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Luchterhand
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: allgemein und literarisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Erzählende Literatur
  • Seitenzahl: 416
  • Ersterscheinung: 11.06.2018
  • ISBN: 9783630874210
Linn Ullmann

Die Unruhigen

Roman
Paul Berf (Übersetzer)

Sehen, sich erinnern, verstehen. Alles hängt davon ab, wo du stehst.

Als sie zum ersten Mal nach Hammars kam, war sie ein knappes Jahr alt und ahnte nichts von der großen und umwälzenden Liebe, die sie dorthin geführt hatte. Im Grunde waren es drei Lieben.

Vater und Tochter sitzen mit einem Aufnahmegerät zwischen sich zusammen. Ihr Plan lautet, das Altern in einem Buch zu dokumentieren, das sie gemeinsam schreiben wollen. Als sie ihn endlich in die Tat umsetzen wollen, hat das Alter ihn in einer Weise eingeholt, die ihre Gespräche unvorhersehbar und unzusammenhängend macht.

"Die Unruhigen" ist ein genreüberschreitender Roman über ein Kind, das es nicht erwarten kann, erwachsen zu werden, und Eltern, die am liebsten Kinder sein wollen, über Erinnerungen und Vergessen und die vielen Geschichten, die ein Leben ausmachen.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 12.06.2018

Über das Altwerden

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Diese interessante Biografie (oder überwiegen doch fiktionale Elemente?) füllt die norwegische Schriftstellerin Linn Ullmann – Tochter der norwegischen Schauspielerin Liv Ullmann und des schwedischen Regisseurs ...

Diese interessante Biografie (oder überwiegen doch fiktionale Elemente?) füllt die norwegische Schriftstellerin Linn Ullmann – Tochter der norwegischen Schauspielerin Liv Ullmann und des schwedischen Regisseurs Ingmar Berman – mit schönen Aspekten über sich selbst und ihre Eltern, die sich trennen, als sie erst drei Jahre alt war. Nachvollziehbar schildert sie, dass es nicht gerade leicht war, das Kind dieser berühmten Eltern zu sein. Beide Künstler mögen ihre Tochter, doch ist ihre Beziehung auch von Problemen überschattet. Die Mutter erstickt sie mit ihrer Liebe, allerdings nur, wenn sie nicht wie meistens in der Welt umherreist und die Tochter rasch wechselnden Kindermädchen überlässt. Der Vater, immerhin 48 Jahre älter, weiß sich mit ihr angesichts des Altersunterschiedes nicht zu unterhalten; er will seine Ruhe haben, Regeln befolgt wissen und sieht die Tochter ohnehin nur einmal jährlich während der Sommerferien. Gegen Ende des Lebens ihres Vaters, der dann schon fast 90 ist, planen beide ein Buch über sein Altwerden zu schreiben. Das Projekt wird nicht beendet, weil der Vater gesundheitlich rasant verfällt. Erst nach sieben Jahren lauscht Linn den aufgenommenen Kassetten und führt sie und ihre Erinnerungen zu einem Buch, dem vorliegenden, zusammen. Das Buch ist eine Mischung aus Transkriptionen der Gespräche und Rückschauen auf die Beziehung zu Vater und Mutter. An sich liest es sich gut, wenngleich häufige Zeitsprünge, nicht chronologische Ereignisse und Wiederholungen vorzufinden sind. Letztere mögen das schwindende Erinnerungsvermögen des Vaters betonen.
Wer sich für da Leben der Ullmanns/Bergmans interessiert, sollte das Buch unbedingt lesen. Aber auch andere werden wie ich an ihm Gefallen finden.

Veröffentlicht am 11.06.2018

Bilderwandel

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Eine Lebensgeschichte. Aber nicht vollständig. Dafür viele kleine detaillierte Momente. Vater – Mutter, Vater – Tochter, Mutter – Tochter, allerdings nie alle drei auf einmal. Das hat das Erzählen mit ...

Eine Lebensgeschichte. Aber nicht vollständig. Dafür viele kleine detaillierte Momente. Vater – Mutter, Vater – Tochter, Mutter – Tochter, allerdings nie alle drei auf einmal. Das hat das Erzählen mit dem Fotografieren gemeinsam. Einer muss immer das Bild machen bzw. die Geschichte erzählen. Und so sind Fotos mit der ganzen Familie selten. Zumal die Eltern der Erzählerin getrennt leben und sich die Momente vor allem in Mutter – Tochter und Vater – Tochter unterteilen lassen. Im Mittelpunkt stehen Gespräche und zwischenmenschliche Interaktionen, die den roten Faden der Erzählung bilden.

Autobiographie? Fiktion? Vielleicht biographische Fakten fiktiv in Szene gesetzt? „Die Unruhigen“ verweigert sich einer genauen Einordnung. Fakt ist, dass Linn Ullmanns Vater tatsächlich Drehbuchautor und Regisseur war und ihre Mutter auch tatsächlich Schauspielerin ist. Ihre Erzählweise, sowie der Verzicht auf Namen, entziehen den Roman ein Stück weit der Realität. Ebenso der Umstand, dass die Erzählerin von sich mitunter in der dritten Person spricht. Hinzu kommt der filmische Aspekt. Die Erzählerin schafft Momentaufnahmen. Der Titel „Die Unruhigen“ bezieht sich dabei ebenso auf die Charaktere, wie auch auf die Bilder, die in diesen Momentaufnahmen geschaffen werden. Denn unruhige, womöglich laufende, Bilder ergeben einen Film und genau das ist es, was Linn Ullmann mit ihrem Detailreichtum schafft.
Aber auch die Personen sind Unruhige. Immer in Bewegung und immer auf der Suche.

Der Erzählton ist dagegen eher weniger unruhig, sondern ruhig und bedächtig. Zusammen mit den vielen kleinen Details entsteht Atmosphäre und es fällt leicht, in die erzählte Welt einzutauchen. Wenn man sich darauf einlässt. Der Roman verlangt Aufmerksamkeit. So werden immer wieder Dialogausschnitte, Briefe und Tagebucheinträge in die Erzählung mit eingebunden. Diese bilden die Ausgangspunkte für verschiedene Episoden aus der Vergangenheit, in denen vieles ungesagt bleibt und trotzdem keine Lücken entstehen.

Veröffentlicht am 17.08.2020

sehr berührend

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Das Buch behandelt die Beziehung zwischen Vater und Tochter und ist an vielen Stellen autobiografisch. Es geht im Buch um den Versuch, dass Vater und Tochter das Altern in einem gemeinsamen Buch festhalten. ...

Das Buch behandelt die Beziehung zwischen Vater und Tochter und ist an vielen Stellen autobiografisch. Es geht im Buch um den Versuch, dass Vater und Tochter das Altern in einem gemeinsamen Buch festhalten. Die Autorin ist die Tochter von zwei Berühmtheiten, was ein Aufwachsen nicht unbedingt einfacher macht. Das Cover zeigt ein Foto der beiden, das fand ich sehr schön.
Das Buch an sich hat mich aber vor einige Herausforderungen gestellt: Man erfährt zwar viel über die Lebensgeschichte, auch spannende Banalitäten sind darunter, an den Schreibstil muss man sich aber gewiss gewöhnen. Die Autorin springt in ihren Methoden hin und her, sie schwelgt in festgehaltenen Erinnerungen und dann transkribiert sie Tonaufnahmen. Ein nettes Buch, aber für mich kein überaus großes Lesevergnügen, leider.

Veröffentlicht am 25.01.2019

Ausdauer erforderlich

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Die Unruhigen ist die Geschichte der Patchworkfamilie um Ingmar Bergman mit besonderem Fokus auf seine Geliebte zwischen Ehefrau Nummer vier und Ehefrau Nummer fünf, Liv Ullmann, und der gemeinsamen Tochter ...

Die Unruhigen ist die Geschichte der Patchworkfamilie um Ingmar Bergman mit besonderem Fokus auf seine Geliebte zwischen Ehefrau Nummer vier und Ehefrau Nummer fünf, Liv Ullmann, und der gemeinsamen Tochter Linn. Obwohl ihre Liebesbeziehung nur kurz war, verbindet ihn mit Liv etwas Besonderes dauerhaft auf der Arbeitsebene.

Die beiden zeigen, dass es nicht unbedingt erstrebenswert ist, als Kind von zwei Berühmtheiten aufzuwachsen. Linns Eltern sind jeweils intensiv mit sich selbst beschäftigt. Für ihre Tochter nehmen sie sich kaum Zeit.

Der Vater wirkt auf mich wie ein Kontrollfreak. Essen und Trinken gibt es nur an festgelegten Orten im Haus. Man darf Ihn niemals bei seiner Arbeit stören, im Haus muss es immer ruhig sein. Im ganzen Haus sind die Fenster und Türen dauerhaft geschlossen zu halten, damit es zum einen nicht zieht und niemand sich erkältet und damit keine Fliegen ins Haus kommen. Mit seinen Kindern beschäftigt er sich nie spontan. Dafür werden Termine vereinbart. Wie beim Arzt bekommt jedes Kind hin und wieder eine Sprechzeit. Das ist für mich schon sehr befremdlich, auch dass die Gemeinsame Zeit jeweils nur ein Kind betrifft und dass es mehr eine geschäftsmäßige Aussprache ist als eine kindgerechte Auseinandersetzung. Die Organisation und Planung der eigenen Beerdigung ist am Ende nur folgerichtig.

Die Mutter ist Schauspielerin. Sie macht stets einen gehetzten Eindruck, von Rolle zu Rolle, von Liebhaber zu Liebhaber, von einem Wohnort zum nächsten und wieder zurück. Um ihre Tochter kümmert sie sich überhaupt nicht. Dafür beschäftigt sie Angestellte.

Diese Art Familienleben lässt mich Liebe und tiefe Zuneigung vermissen. Trotzdem fühlt sich Linn durchgehend zu ihren Eltern hingezogen. Jede längere Abwesenheit der Mutter schmerzt sie sehr. Sorgenvoll hofft sie inständig, die Mutter bald unversehrt wiederzusehen oder aber mindestens von ihr zu hören. Den Vater besucht sie jeden Sommer für mehrere Wochen.

Der Schreibstil von Linn Ullmann war für mich recht anstrengend zu lesen. Ich vermute, es lag an den Erzählperspektiven. Über lange Strecken hinweg wird über die Charaktere in der dritten Person, „der Vater“ oder „das Mädchen“, geschrieben. Mutter, Vater und Tochter wurden kein einziges Mal beim Namen genannt. Nur die Nebenrollen werden benamt. Zwischendurch wird dann plötzlich in die Ich-Perspektive gewechselt. So kam ich keinem Charakter richtig nahe. Erst zum Ende hin gab es eine längere Ich-Phase, die sich auch gut lesen lies. Gewöhnen musste ich mich auch erst an die eingestreuten Dialoge.

Dennoch hat das Buch einen Eindruck bei mir hinterlassen. Während des Innehaltens beim Lesen, um eigentlich die stückhaften Erinnerungen von Linn Ullmann in ein Gesamtbild zu sortieren, kam es immer wieder dazu, dass mich eigene Erinnerungen an meine Kindheit, insbesondere auch an meine Oma eingeholt haben. Ich bin dann gedanklich etwas abgeschweift. Für den Anstoß dazu bin ich dankbar.

Gefallen haben mir auch einige ganz wunderbar formulierte Textstellen. Zwei davon möchte ich hier zitieren:

„Ihre tiefste Sehnsucht war möglicherweise, bedingungslos geliebt und gleichzeitig ganz in Ruhe gelassen zu werden.“ (S. 28),

„Ein entflogenes Wort lässt sich nicht mehr einfangen.“ (S.74).

Fazit: Interessante Geschichte, komplex aufbereitet.

Veröffentlicht am 20.07.2018

Kunstvolles Geflecht

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Der Roman „Die Unruhigen“ von Linn Ullmann, auf den ersten Blick sowohl fiktiv als auch autobiografisch, lässt sich nicht gleich und leicht in ein Genre einordnen. Es ist ein Buch über das Erwachsenwerden ...

Der Roman „Die Unruhigen“ von Linn Ullmann, auf den ersten Blick sowohl fiktiv als auch autobiografisch, lässt sich nicht gleich und leicht in ein Genre einordnen. Es ist ein Buch über das Erwachsenwerden einer ungeduldigen Tochter, über das Kindseinwollen ihrer berühmten Eltern, über das Vergessen und das Erinnern.

Linn Ullmann schreibt ihre unvollständige Lebensgeschichte über das Aufwachsen, über ihr berühmten und getrennt lebenden Eltern, die Schauspielerin Liv Ullmann und den Filmregisseur Ingmar Bergmann. Nicht gemeinsam erlebend und erzählend, sondern immer mit Erzählerblick von außen auf zwei Personen des getrennten Dreiergespanns: Vater-Tochter, Mutter-Tochter, Mutter-Vater. Jeweils einer führt Regie, hält die Linse auf das Geschehen, erzählt. Im Mittelpunkt des Buches stehen Gespräche, was dem ursprünglichen Plan der Autorin entspricht, nämlich das Altern ihres Vaters zu dokumentieren und ein gemeinsames Buch darüber zu schreiben. Umsetzen konnte Linn Ullmann dieses Projekt so nicht, das Alter ihres Vaters machen ihr einen Strich durch die Rechnung, und so kam dieser genreüberschreitende Roman heraus, bei dem die transkribierten Gespräche mit ihrem Vater zwar den roten Faden bilden, aber durch Momentaufnahmen, Detailreichtum und unruhige Suche verliert sich diese Linie wieder in fast cineastisch anmutenden Einzelszenen.

Wenn man sich darauf einlassen kann fällt es nicht zuletzt durch den entspannten Erzählstil leicht, in diese Welt einzutauchen, und auch wenn etwas Unruhe im Buch entsteht durch immer wieder eingeschobene Briefe, Tagebuchauszüge, Momente mit Dialogauszügen, was hohe Aufmerksamkeit beim Lesen erfordert, wirkt die Atmosphäre insgesamt ruhig und gemütlich.

Auch wenn ich die Idee zum Buch und die Umsetzung sehr gut finde, modern und ein bisschen gewagt, interessant und spannend, ist es einfach nicht wirklich die Art des Lesens für mich, und ich habe mich etwas schwer damit getan. Die Geschichten und Erinnerungen selbst sind aufschlussreich und fesselnd, aber das wirklich kunstvolle literarische Geflecht war mir stellenweise einfach zu viel.