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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 07.08.2018

Gutes Debut mit leichten Schwächen

Der Alphabetmörder (Ein Grall-und-Wyler-Thriller 1)
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Mit „Der Alphabetmörder“ liefert Autor Lars Schütz seinen ersten Thriller ab. Darin präsentiert er einen Serienmörder, der in der deutschen Provinz sein Unwesen treibt. Allen seinen Opfern tätowiert er ...

Mit „Der Alphabetmörder“ liefert Autor Lars Schütz seinen ersten Thriller ab. Darin präsentiert er einen Serienmörder, der in der deutschen Provinz sein Unwesen treibt. Allen seinen Opfern tätowiert er einen Buchstaben ein, dabei geht er alphabetisch vor.

Gleichzeitig ist dieser Thriller auch der Auftakt zu einer Serie um den Profiler Jan Grall. Allerding betont Grall immer wieder, dass Profiling nicht die richtige Bezeichnung für seine Tätigkeit beim LKA ist. Er ist ein sensibler, eigenbrötlerischer Mann, der einen ganzen Rucksack voller Probleme mit sich herum trägt. Leider wurde ich mit ihm nicht besonders warm, obwohl er definitiv kein unsympathischer Mann ist. Weil Grall u.a. aufgrund seiner besonderen Ernährung als hagerer Typ beschrieben wird, hatte ich immer Thomas Tuchel vor Augen, was nicht unbedingt ein Pluspunkt war.
Besser gefiel mir dagegen die Figur der Rabea, Gralls Assistentin. Hier würde ich mich freuen, wenn ich zukünftig noch mehr über sie lesen dürfte. Das Geheimnis um ihre Schwester wird sicherlich in einem der folgenden Bücher eine wichtige Rolle spielen.

Unterteilt ist die Handlung in zahlreiche kurze Kapitel. Viele davon enden mit einem Cliffhanger, sodass das Buch kaum zur Seite gelegt werden kann. Da auch der Schreibstil nicht zu kompliziert und umständlich ist, lässt sich der Thriller innerhalb kürzester Zeit lesen.
Auch wenn es immer mal wieder einzelne Kapitel gibt, in denen der Leser die Aktivitäten des Mörders quasi hautnah verfolgen kann, bleiben seine Identität und sein Motiv lange im Dunkeln. Dem Autor ist es hier gut gelungen, den Leser lange rätseln zu lassen um dann eine überraschende Auflösung zu präsentieren. Auch wenn ich mit einer Vermutung richtig lag, die gesamte Komplexität hatte ich so nicht erwartet.

Lars Schütz hatte leider das Pech, dass ich direkt vor dem Alphabetmörder einen Thriller einer Autorin, die ausgebildete Ermittlerin war, gelesen habe. Dadurch fiel natürlich mehr ins Auge, dass Schütz selbst nicht aus diesem Bereich kommt - was nicht heißen soll, dass mir Fehler aufgefallen sind, aber es fehlte mitunter etwas die Tiefe der Beschreibung der Ermittlertätigkeiten.

Fazit: Ein gutes Thrillerdebut mit leichten Schwächen, dennoch fesselnd bis zum überraschenden Ende.

Veröffentlicht am 31.07.2018

Wettlauf gegen die Zeit

Vier Tage in Kabul
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„Vier Tage in Kabul“ ist der Auftakt zu einer mehrteiligen Reihe um die schwedische Unterhändlerin Amanda Lund. Da mit dem Ende dieses Buchs der Fall abgeschlossen ist, gehe ich davon aus, dass lediglich ...

„Vier Tage in Kabul“ ist der Auftakt zu einer mehrteiligen Reihe um die schwedische Unterhändlerin Amanda Lund. Da mit dem Ende dieses Buchs der Fall abgeschlossen ist, gehe ich davon aus, dass lediglich die Figuren den rote Faden der Reihe darstellen.

Nach einem actionreichen Beginn, in dem es in Afghanistan zu einem lebensgefährlichen Schusswechsel mit den Taliban kommt, verläuft die spätere Handlung etwas ruhiger. Spannung gibt es natürlich auch noch, aber der anderen Art. Da ich persönlich kein Fan von langen Baller- oder ähnlichen Kampfszenen in Thrillern bin, kam mir das sehr entgegen.
Während Amanda Lund in einem Entführungsfall in Kabul ermittelt, ist ihr Vorgesetzter in Schweden aktiv, denn bald sich heraus, dass ein Mann, der ermordet in Stockholm gefunden wurde, Verbindungen zur Botschaft in Afghanistan hat. Inwieweit ein Zusammenhang zu den Entführungen besteht, stellt sich erst nach und nach heraus.
Sowohl Amanda als auch ihr Chef sehen sich Problemen bei den Ermittlungen ausgesetzt, weil ihre Arbeit manipuliert oder zumindest „in die richtige Richtung“ gesteuert werden soll. Es wird je nach Motiv verheimlicht, vertuscht oder etwas unter den Tisch fallengelassen.
Atemraubender Nervenkitzel stellt sich zwar nicht ein, aber das Buch ist von Anfang bis zum Ende spannend. Während vor allem in Schweden per Detektivarbeit ermittelt wird, handelt es sich in Kabul vor allem um einen Wettlauf gegen die Zeit - und der Gegenspieler scheint immer einen Schritt voraus zu sein.

Ohne dass ich jetzt selbst wirklich viel Ahnung von Polizeiarbeit zu haben, wirken die Schilderungen jedoch auf mich sehr realistisch, dabei aber jedoch überhaupt nicht trocken und mit unnötigen Details überlastet. Meiner Meinung nach wird deutlich, dass die Autorin jahrelange Erfahrungen in diesem Bereich hat. Auch die Beschreibungen des Lebens in Kabul wirken plastisch und eindrucksvoll. Ich hatte immer sofort einen heißen, staubigen Ort vor Augen und exotische Gerüche in der Nase.

Amanda Lund ist eine sympathische Hauptfigur, die intelligent, aber nicht allwissend ist. Außerdem hat sie mit privaten Problemen zu kämpfen, die sicherlich auch in den weiteren Teile eine wichtige Rolle spielen werden.
Zwar wird Amanda als Unterhändlerin bezeichnet, aber zumindest im ersten Teil der Reihe hat sie noch keine Chance, ihre Fähigkeiten zu präsentieren.

Veröffentlicht am 27.07.2018

Leichen pflastern ihren Weg

Ed ist tot
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Noch am Morgen hatte sich Buchhändlerin Jen von ihrem Freund Ed getrennt, am Ende des Tages liegt er plötzlich tot in ihrer Wohnung, versehentlich von Jen erstochen. Doch auch nachdem der Tote beiseite ...

Noch am Morgen hatte sich Buchhändlerin Jen von ihrem Freund Ed getrennt, am Ende des Tages liegt er plötzlich tot in ihrer Wohnung, versehentlich von Jen erstochen. Doch auch nachdem der Tote beiseite geschafft wurde, häufen sich in Jens Leben nicht nur die Probleme, sondern auch die Leichen.

Wie es schon das Cover andeutet, geht es in dem Kriminalroman „Ed ist tot“ skurril zu. Während sich der Bodycount Schlag auf Schlag erhöht, gerät Jens bis dato beschauliches Leben immer mehr aus den Fugen. - Hoppla, schon wieder eine Leiche. Okay, kann schon mal passieren, also müssen wir die Beweise für dieses kleine Missgeschick irgendwie zügig beseitigen. - Dass es dabei zu teilweise aberwitzigen Situationen kommt, ist natürlich klar. Mit unverhohlenem Vergnügen schildert der Autor, wie erstochen, erschossen oder mit einer profanen Bratpfanne erschlagen wird. Natürlich wird die Entsorgung der Leichen ähnlich morbid-vergnügt zelebriert.
Für Logik ist da nicht immer Platz, wird von mir aber auch in einem solchen Buch nicht unbedingt erwartet. Deshalb habe ich mich auch nicht lange mit der Frage aufgehalten, warum Schottlands meistgesuchte Frau bei ihrer Mutter unterschlüpfen kann, ohne dass die Polizei wenigstens einmal vorbei schaut.
Wenig überraschend dürfte ebenfalls sein, dass keine feinsinnige Charakterstudie betrieben wird, Jen bleibt naturgemäß recht eindimensional und macht sich kaum einen Kopf darüber, wie sehr sie die ganzen Todesfülle beeinflussen, natürlich abgesehen von der erforderlichen Flucht vor Polizei und Unterwelt.

Wie seine Hauptfigur Jen war auch der schottische Autor Russel D McLean jahrelang Buchhändler in Glasgow. Bleibt nur zu hoffen, dass seine neue mörderische Karriere sich nur auf das Schreiben von Büchern konzentriert und nicht so abdriftet wie bei Jen. Die Affinität zu Büchern ist diesem Roman übrigens deutlich anzumerken, immer wieder gibt es Verweise auf bekannten Autoren und ihre Werke.

Im gleichen Verlag erscheinen übrigens auch Joe R. Lansdales Thriller um Hap Collins und Leonard Pine. Wer den abgedrehten Humor dieser Romane mag, sollte es auch mit dem etwas zahmeren „Ed ist tot“ versuchen.

Fazit: Wer es gerne skurril mag und kein Problem damit hat, dass sich die Leichen stapeln, liegt mit diesem Kriminalroman aus Schottland genau richtig. Für meinen Geschmack könnte es aber noch schwarz-humoriger und brachialer zugehen.

Veröffentlicht am 22.07.2018

Informativ und gleichzeitig unterhaltsam

Scharfstellung
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Auf etwas mehr als 230 Seiten analysiert Paar- und Sexualtherapeutin Dr. Med. Heike Melzer sowohl anschaulich als auch unterhaltsam, welchen Einfluss die neuen Medien und das Internet auf das Sexualleben ...

Auf etwas mehr als 230 Seiten analysiert Paar- und Sexualtherapeutin Dr. Med. Heike Melzer sowohl anschaulich als auch unterhaltsam, welchen Einfluss die neuen Medien und das Internet auf das Sexualleben und somit auf Beziehungen, das Privat- und Arbeitsleben haben.
In elf Kapiteln setzt sich die Autorin mit dem Thema auseinander. Quasi als Vorbereitung geht es erst um Masturbation, Pornos, Sex-Toys , Prostitution und Casual Dating, bis der Bogen zur Sexualität im Wandel, Sex- und Pornosucht sowie die heutige Aufklärung geschlagen wird. Dabei erhebt die Autorin nicht den moralischen Zeigefinger, sondern liefert interessante Informationen und klärt auf. In einem Unterkapitel werden so beispielsweise neurologische Grundlagen verständlich erklärt, sodass auch für Laien nachvollziehbar dargelegt wird, wie eine Sucht entstehen kann und was sich dabei in Kopf und Körper abspielt.
Geschickt werden Fakten mit Erfahrungen aus der eigenen Praxis gemischt, präsentiert in einem sehr lockeren und unterhaltsamen Schreibstil.

„Scharfstellung“ ist kein Selbsthilfebuch, sondern soll sensibilisieren und darauf aufmerksam machen, welche Folgen übermäßiger Konsum von u.a. Pornos auf das Sexleben haben kann. Dabei ist alles eine Frage der Dosis. Besonders für Kinder und Jugendliche, die früh mit Pornos in Berührung kommen, kann dies weitreichende Folgen haben. Eltern sollten sich dessen bewusst sein und nicht zu sorglos mit der Thematik umgehen, Kinder bekommen häufig mehr mit, als man denkt.

Natürlich sollte der Leser grundsätzlich ein gewisses Interesse für das Thema Sexualität aufbringen und generell dafür offen sein. Ein Schmuddelbuch ist „Scharfstellung“ jedoch nicht und den Voyeurismus befriedigt es auch nur bedingt. Das Thema Fetisch wird beispielsweise nur am Rande angesprochen.
Manch einem Leser mag dieses Buch sogar einige Anregungen geben, so werden einige Internetseiten oder besonderes Spielzeug genannt. Besonders die Beschreibung der Spielzeuge für Männer und Frauen war durchaus interessant, erinnert manchmal aber sehr an einen Marketingauftritt.

Veröffentlicht am 04.07.2018

fesselndes Debut

Der Kreidemann
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Als einen Thriller würde ich diesen Roman nicht bezeichnen, denn wer hier einen Haufen von Leichen erwartet, dürfte enttäuscht werden. Zwar bietet dieses Buch eine dichte Atmosphäre, aber die Spannung ...

Als einen Thriller würde ich diesen Roman nicht bezeichnen, denn wer hier einen Haufen von Leichen erwartet, dürfte enttäuscht werden. Zwar bietet dieses Buch eine dichte Atmosphäre, aber die Spannung wird nicht durchgehend gehalten. Wer dagegen die Romane von Stephen King mag, dem dürfte „Der Kreidemann“ gefallen. Zwar gibt es keine übernatürlichen Elemente, aber die Autorin schildert die Kindheit in eine englischen Kleinstadt so, dass Erinnerungen Kings „Es“ oder „Stand By Me“ wach werden.
C. J. Tudor schildert eindringlich, wie die scheinbar idyllische Kindheit sich langsam aber sicher mit dem Älterwerden verabschiedet, Freundschaften zerbrechen und auch das Böse Einzug nimmt - sei es durch Krankheiten, Eifersucht, Missgunst oder aber auch durch Gewalt.
Es dauert lange, bis der Mord, um den es im Prolog geht, tatsächlich passiert. Bis dahin baut sich aber eine immer bedrohlichere Stimmung auf, das Kindheitsparadies zerfällt immer mehr, es bilden sich Risse in der Freundschaft der fünf Kinder.

Mit fast jedem Kapitel wird zwischen den Jahren 1986 und 2016 gewechselt. Alle Hauptfiguren sind ambivalent dargestellt und haben ihre Geheimnisse. Eddie, der Erzähler, ist als Erwachsener ein bindungsscheuer Einzelgänger, der ein Alkoholproblem hat, was er sich und dem Leser erst nach und nach eingesteht. Dies alles macht ihn zwar für den Leser interessant, aber ein ganz großer Sympathieträger ist er nicht.

Geschickt spielt die Autorin mit den Erwartungen der Leser. Doch was die richtige Lösung zu sein scheint, entpuppt sich am Ende als falsch. Wie sagt es Eddie so passend? Der Mensch stellt sich nur Fragen, zu denen er sich die richtigen Antworten erhofft.
Apropos Ende: die letzten Seiten des Buchs gehören für mich zum Höhenpunkt. Vieles wird auf den Kopf gestellt, Theorien über den Haufen geworfen und ich hatte tatsächlich ein wenig Gänsehaut.

Fazit: Ein Debut, das manchmal an Stephen King erinnert. Kein Thriller im herkömmlichen Sinne, aber dennoch fesselnd.