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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 06.08.2018

Louisa

Die Schwestern von Mitford Manor – Unter Verdacht
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Im Klappentext wird ausdrücklich erwähnt, dass die Autorin Jessica Fellowes einen starken Bezug zu der Fernseh-Serie Downton Abbey hat. Fans dieser Filme werden sich in dem Buch "Die Schwestern von Mitford ...

Im Klappentext wird ausdrücklich erwähnt, dass die Autorin Jessica Fellowes einen starken Bezug zu der Fernseh-Serie Downton Abbey hat. Fans dieser Filme werden sich in dem Buch "Die Schwestern von Mitford Manor" sofort wohlfühlen, denn auch hier spielt sich ein Großteil der Geschichte in einem großen englischen Herrenhaus ab. Die Zeit zwischen den beiden Weltkriegen ist für die Bevölkerung sehr schwer. Viele Männer sind im Krieg geblieben, und die Heimkehrer sind oft Versehrte. Viele Menschen sind sehr arm. Auch Louisa muss schon früh ihrer Mutter helfen, die als Wäscherin gerade das Nötigste verdient, um zu überleben. Ein zwielichtiger Onkel hat sich bei ihnen breitgemacht. Als er versucht, Louisa in die Prostitution zu treiben, erwischt sie mit wirklich riesengroßem Glück eine Stelle als Kindermädchen. In dem herrschaftlichen Haushalt findet sie Geborgenheit und in ihrem ältesten Schützling Nancy sogar etwas wie eine Freundin. Nancy ist recht kess für ihr Alter, leider auch sehr wissbegierig. Sie sammelt mit Louisa alle Fakten, um den mysteriösen Mord an einer Krankenschwester, der übrigens wirklich stattgefunden hat und nie aufgeklärt wurde. Louisa hat Kontakte zu einem Polizisten, der ein Auge auf sie geworfen hat. Zu dritt kommen sie dem Täter auf die Spur und können ihn in einer rasanten Aktion festnehmen. Dieser Kriminalfall ist zwar der rote Faden, der sich durch den Roman zieht, aber zugleich wird auch wie in Downton Abbey das Leben der Herrschaften oben und der Dienerschaft unten porträtiert. Man sieht, dass eigentlich jeder in seiner Rolle und seinen Konventionen feststeckt. Louisa ist eine rühmliche Ausnahme, denn mit Glück konnte sie dem Arbeiterelend entfliehen und sich eine gehobene Stellung in der Mitford-Familie erarbeiten.
Das Buch muss man eigentlich in einem Rutsch durchlesen, weniger, weil man den Mord aufgelöst sehen will, sondern weil man so regen Anteil an den menschlichen Schicksalen nimmt. Außerdem erzählt Jessica Fellowes sehr mitreißend, so dass man gespannt auf die Folgebände wartet.

Veröffentlicht am 02.08.2018

Kleinstadtdrama

Hinter verschlossener Tür
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Im idyllischen Sycamore Glen ist die Nachbarschaft noch in Ordnung. Jeder kennt jeden, man hilft sich, man trifft sich bei Festen und Veranstaltungen, und ganz besonders im Freibad während des Sommers. ...

Im idyllischen Sycamore Glen ist die Nachbarschaft noch in Ordnung. Jeder kennt jeden, man hilft sich, man trifft sich bei Festen und Veranstaltungen, und ganz besonders im Freibad während des Sommers. Dieser Sommer jedoch ist anders. Ein kleines Mädchen ist spurlos verschwunden, eine Frau verlässt ihre Familie, eine andere kommt mit ihren Kindern zurück ins Elternhaus. Die Geschichte dieses besonderen Sommers wird durch ständig wechselnde Erzähler berichtet. So lernt man die Akteure besonders gut kennen, ihre Emotionen und somit ihr Leben. Man mag dieses Buch nicht aus der Hand legen, denn man ist gefesselt von diesen Menschen mit ihren anfänglichen Alltagsproblemen. Allmählich dringt man immer tiefer in ihr Leben ein. Man erkennt die Zusammenhänge und hofft auf einen glücklichen Ausgang der Dinge.
Ganz ungewöhnlich, aber absolut perfekt finde ich am Schluss des Buches die 12 Fragen, die die Autorin als Denkanstoss für Diskussionsgruppen oder Leserunden mit auf den Weg gibt.

Veröffentlicht am 30.07.2018

Mutige Frauen

Töchter der Lüfte
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"Töchter der Lüfte" ist wieder mal ein Buch aus dem Aufbau Taschenbuch Verlag, dass sich mit menschlichen Schicksalen unter der Nazidiktatur befasst.
Da ist einmal die blutjunge Holländerin Isa, der eine ...

"Töchter der Lüfte" ist wieder mal ein Buch aus dem Aufbau Taschenbuch Verlag, dass sich mit menschlichen Schicksalen unter der Nazidiktatur befasst.
Da ist einmal die blutjunge Holländerin Isa, der eine einzige unüberlegte Nacht mit einem deutschen Soldaten zum Verhängnis wird. Der Vater treibt sie aus dem Haus, das Neugeborene wird ihr in einer Lebensborn-Einrichtung entrissen. Sie hat von Tag zu Tag nur das Minimum zum Überleben, trotzdem rettet sie einen jüdischen Säugling vor der Vernichtung. Zusammen kommen sie im Zirkus Neudorf unter, wo sie in allerkürzester Zeit zur Trapezakrobatin angelernt wird. Sie arbeitet mit Astrid zusammen, die als jüdische Artistin ebenfalls den Schutz des Zirkusdirektors genießt. Astrid schikaniert sie, wo es nur möglich ist. Dennoch wachsen sie zu einem funktionierenden Team zusammen, werden schließlich so enge Freundinnen, dass eine für die andere ihr Leben geben würde.
Pam Jenoff hat eine Geschichte geschrieben, die das Herz berührt. Natürlich ist sie größtenteils Fiktion, aber es ist wichtig, immer wieder ins Gedächtnis zu rufen, dass es auch in Zeiten der furchtbaren Nazidiktatur immer noch Menschen gab, die ihre Menschlichkeit nicht geopfert, sondern im Gegenteil, lieber ihr Leben für andere gegeben haben. Das gut zu lesende Romanformat verhindert auch, dass diese schlimmen Zeiten in Vergessenheit geraten. Jeder Tote ist ein Mensch mit einem Schicksal gewesen, und daran sollte man sich erinnern.
"Töchter der Lüfte" beruht teilweise auf Fakten, von denen mich zwei ganz besonders berührt haben:
-Isa rettet ihren Pflegesohn aus einem Güterwagon, in dem jüdische Säuglinge bei bitterster Kälte wie Müll gestapelt zu ihrer Vernichtung gefahren wurden. Dieser Transport soll tatsächlich existiert haben und das wird nicht nur meine eigeneVorstellungskraft überstiegen haben. Obwohl man von den Greueltaten weiß, macht einen diese Tatsache fassungslos.
-Als Vorbild für den Zirkus Neudorf gilt der Zirkus Althoff, der tatsächlich während der Nazizeit einigen Juden geholfen haben soll.
Mir hat das Buch gefallen und mich nachdenklich gemacht. Gerne werde ich weitere Bücher von Pam Jenoff lesen.

Veröffentlicht am 25.07.2018

Sonniges Sizilien

Nie wieder Amore!
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Mit sehr viel Schwung und Humor zieht Tessa Henning ihre Leser auf die wunderschöne Insel Sizilien, öffnet die Augen für die traumhafte Landschaft, die geschichtsträchtige Architektur, die herzlichen Menschen ...

Mit sehr viel Schwung und Humor zieht Tessa Henning ihre Leser auf die wunderschöne Insel Sizilien, öffnet die Augen für die traumhafte Landschaft, die geschichtsträchtige Architektur, die herzlichen Menschen und das gute Essen.
Ihre Hauptperson, die pensionierte Apothekerin Moni, folgt den Spuren ihrer ersten grossen Liebe, Vincenzo. Damals brach der Kontakt abrupt ab. Moni landete in einer mittelmäßigen Ehe und nun rafft sie sich mit 67 Jahren noch einmal auf, und gibt ihrem Leben neuen Schwung. Sie findet Unterkunft in einer zauberhaften alten Villa, die eigentlich bald eine Sprachschule beherbergen soll, doch leider hat die Mafia ihre Finger im Spiel. Die gute Lage wäre ideal für ein Touristenhotel. Immer neue Schikanen bedrohen Monis neue Freundinnen, die sich durch nichts entmutigen lassen. Auch Monis Tochter und Enkel Jan sind erst einmal sehr skeptisch. Bei jeder Gefahr schlägt die Handlung neue, unerwartete Haken, es gibt kluge Schachzüge und glückliche Schicksalsfügungen und hinterher für alle, bis auf die Mafia natürlich, eine gute Lösung.
"Nie wieder Amore!" ist die perfekte Urlaubslektüre.
Oder Vorurlaubslektüre, um sich auf den Urlaub einzustimmen.
Oder Winterlektüre, wenn man mit literarischen Sonnenstrahlen dem Winterblues entfliehen will.

Veröffentlicht am 24.07.2018

Grimmig

Der Schatten
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Nach einer gescheiterten Beziehung bricht die Journalistin Norah Richter alle Brücken ab und zieht von Berlin nach Wien. Sie ist keine sympathische Frau, sehr introvertiert und abweisend, aber im Job wohl ...

Nach einer gescheiterten Beziehung bricht die Journalistin Norah Richter alle Brücken ab und zieht von Berlin nach Wien. Sie ist keine sympathische Frau, sehr introvertiert und abweisend, aber im Job wohl recht erfolgreich. Von Beginn an taucht immer wieder der Name Arthur Grimm in ihrem Leben auf. Eine Bettlerin weissagt, dass Norah ihn töten wird. In ihrer neuer Wohnung verschwinden Dinge, andere tauchen auf. Norah wird immer verwirrter, erst recht, als sie anonyme Nachrichten auf ihrem Handy erhält und Freunde sich von ihr abwenden. Bis sie endlich ihre Situation sachlich analysiert und den Hintergründen auf die Spur kommt, dümpelt der Thriller mehr als Roman vor sich her. Melanie Raabes Sprachkunst ist bildhaft und imponierend, weil aber die Distanz zur Protagonistin nicht überwunden wird, zieht sich das Buch unangenehm in die Länge. Erst als Norah aus ihrer Handlungsstarre erwacht, selbst an den Fäden zieht, gewinnt der Plot an Tempo und mündet in einem grandiosen Finale, das endlich die Bezeichnung Thriller verdient. Im Nachhinein bin ich von dem Buch begeistert, denn die Grundidee ist außergewöhnlich. "Der Schatten" ist eins dieser Bücher, die den Leser über den Buchdeckel hinaus noch beschäftigen