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Veröffentlicht am 20.09.2018

Unsichtbare Verbindungen

Loyalitäten
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Théo Lubin ist erst zwölfeinhalb Jahre alt und hat bereits ein Alkoholproblem. Seine Eltern haben sich scheiden lassen. Nun kümmert sich der Junge um die unglückliche Mutter und den vereinsamten Vater. ...

Théo Lubin ist erst zwölfeinhalb Jahre alt und hat bereits ein Alkoholproblem. Seine Eltern haben sich scheiden lassen. Nun kümmert sich der Junge um die unglückliche Mutter und den vereinsamten Vater. Théos Lehrerin Hélène bekommt mit, dass etwas mit dem stillen Schüler nicht stimmt. Doch ihre Beobachtungen nimmt niemand so richtig ernst. Auch Thèos Freund Mathis Guillaume weiß nicht, was er tun soll, denn sein eigener älterer Bruder besorgt den Alkohol und plant ein gefährliches Spiel, das Théo das Leben kosten könnte…

„Loyalitäten“ ist ein berührender Roman von Delphine de Vigan.

Meine Meinung:
Der Roman besteht aus einigen kurzen Abschnitten. Im Wechsel werden die Kapitel aus unterschiedlichen Sichtweisen erzählt: Lehrerin Hélène (Ich-Perspektive), Théo, Mathis und Cécile (ebenfalls Ich-Perspektive). Dieser Aufbau ist gut durchdacht.

Der besondere Schreibstil ist eindringlich, einfühlsam und gleichzeitig intensiv. In sprachlicher Hinsicht tritt das ganze Können der Autorin zutage. Schnell entfaltet die Geschichte eine Sogwirkung, der ich mich nur schwer entziehen konnte, sodass ich das Buch nur ungern zur Seite gelegt habe.

Die Charaktere wirken sehr lebensnah, haben sie doch alle ihre Ecken und Kanten. Durch den Perspektivwechsel kann man sich gut in sie hineindenken und ihr Verhalten nachvollziehen.

Auch inhaltlich konnte mich der Roman überzeugen, denn trotz der eher wenigen Seiten mangelt es ihm nicht an Tiefgang. Eine Stärke ist es, dass gesellschaftskritische Komponenten nicht fehlen. Dabei geht es nicht nur um die Alkoholkonsum von Minderjährigen. Auch wichtige zwischenmenschliche Aspekte wie Liebe, Treue, Vertrauen, Schuld und andere Verflechtungen werden beleuchtet. Dabei dreht es sich um die Folgen der Loyalitäten, jene unsichtbare Verbindungen, die alle Personen betreffen. Dadurch regt die Geschichte zum Nachdenken an.

Trotz der ernsten Themen wird die Handlung nicht langweilig, sondern bleibt bis zum Ende spannend und fesselnd. Zudem gelingt es der Autorin, mit der Geschichte zu bewegen und betroffen zu machen.

Das schlichte, aber ansprechende Cover und der kurze, prägnante Titel, der sich stark am französischen Original („Les loyautés“) orientiert, passen nach meiner Ansicht dazu hervorragend.

Mein Fazit:
„Loyalitäten“ von Delphine de Vigan ist ein gelungener Roman über Themen, die uns alle angehen. Eine empfehlenswerte Lektüre, die nachdenklich macht und noch eine Weile bei mir nachklingen wird.

Veröffentlicht am 07.09.2018

Hast du genug geliebt?

Das rote Adressbuch
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Die 96-jährige Doris Alm lebt in Stockholm und ist auf die Hilfe von Pflegekräften angewiesen, als sie einen Blick zurück auf ihr Leben wirft. Aufgewachsen in einfachen Verhältnissen im Schweden der 1920er-Jahre, ...

Die 96-jährige Doris Alm lebt in Stockholm und ist auf die Hilfe von Pflegekräften angewiesen, als sie einen Blick zurück auf ihr Leben wirft. Aufgewachsen in einfachen Verhältnissen im Schweden der 1920er-Jahre, erhält sie im Alter von zehn Jahren von ihrem Vater Eric ein rotes Adressbuch als Geschenk. Darin soll sie die Menschen verewigen, die ihr etwas bedeuten. Auch im hohen Alter passt sie gut darauf auf. Sie beschließt, für ihre Großnichte Jenny anhand der Einträge im Adressbuch die Geschichte ihres sehr bewegten Lebens niederzuschreiben…

„Das rote Adressbuch“ ist der berührende Debütroman von Sofia Lundberg.

Meine Meinung:
Der Roman besteht aus 37 eher kurzen Kapiteln und endet mit einem Epilog. Passagen aus der Gegenwart wechseln sich mit solchen aus der Vergangenheit ab, wobei die Übergänge gut markiert sind. Die Erinnerungen von Doris werden in der Ich-Perspektive erzählt. Die unterschiedlichen Episoden werden mit Namen aus dem Adressbuch überschrieben. Der Aufbau ist durchdacht und funktioniert prima.

Der Schreibstil ist nicht nur angenehm und flüssig, sondern auch sehr einfühlsam und gefühlvoll. Mit einem liebevollen Blick für Details und die Hauptprotagonistin wird viel Atmosphäre transportiert. Schnell bin ich in die Geschichte eingetaucht und habe das Buch nur ungerne zur Seite gelegt.

Im Mittelpunkt des Romans steht Doris Alm, die ich als Hauptcharakter wegen ihrer sympathischen Art schon nach wenigen Seiten in mein Herz geschlossen habe. Sie wirkt ebenso authentisch wie die übrigen Personen. Zwar bleiben viele der Nebenfiguren dagegen blass. Dies hat mich jedoch beim Lesen nicht gestört.

Die Handlung ist dank der unterschiedlichen Episoden in Doris‘ Leben abwechslungsreich. Die Geschichte bleibt kurzweilig und konnte mich fesseln.

Eine Stärke des Romans ist es, dass er sehr emotional und bewegend ist. Es geht um Themen wie Liebe und Glück, aber auch um Verlust, Trauer und Einsamkeit. Immer wieder sind Lebensweisheiten eingeflochten. Dadurch regt die Geschichte zum Nachdenken an und wird wohl noch eine Weile bei mir nachklingen.

Die Grundidee hat mich gleich angesprochen. Schön finde ich, dass die Geschichte sogar auf einer wahren Persönlichkeit basiert, der unverheirateten und inzwischen verstorbenen Großtante der Autorin, die ebenfalls Doris hieß.

Das gekürzte Hörbuch wird gelesen von Beate Himmelstoß und Susanne Schroeder. Beide Sprecherinnen haben einen guten Job gemacht.

Sehr gut gefällt mir auch das Cover, das sich optisch an das rote Adressbuch anlehnt und sehr hübsch gestaltet ist. Der deutsche Titel ist erfreulicherweise sehr wortgetreu aus dem Schwedischen übersetzt und passt natürlich inhaltlich auch hervorragend zur Geschichte.

Mein Fazit:
„Das rote Adressbuch“ von Sofia Lundberg ist ein gelungener Roman, der mich bewegen und überzeugen konnte. Ich kann die Geschichte wärmstens empfehlen.

Veröffentlicht am 28.08.2018

Aussage gegen Aussage

Vier.Zwei.Eins.
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Cornwall im Sommer 1999: Kit und Laura sind noch jung, als sie eine totale Sonnenfinsternis erleben. Auf dem Weg zurück glaubt Laura eine brutale Vergewaltigung gesehen zu haben. Doch der Mann, Jamie, ...

Cornwall im Sommer 1999: Kit und Laura sind noch jung, als sie eine totale Sonnenfinsternis erleben. Auf dem Weg zurück glaubt Laura eine brutale Vergewaltigung gesehen zu haben. Doch der Mann, Jamie, bestreitet alles. Elizabeth Taylor, kurz Beth, die Frau, schweigt. Monate nach der Gerichtsverhandlung, bei der der Mann verurteilt wird, steht die Frau plötzlich vor Lauras und Kits Tür und schleicht sich in deren Leben. 15 Jahre später leben Laura und Kit unter falschem Namen und haben Angst vor Beth. Was ist damals wirklich passiert? Und ist Beth eine Bedrohung?

„Vier. Zwei. Eins“ ist ein ungewöhnlicher Psychothriller von Erin Kelly.

Meine Meinung:
Der Roman besteht aus fünf Teilen, die nach den einzelnen Phasen einer Sonnenfinsternis benannt sind – eine schöne Idee. Zudem gibt es insgesamt 66 Kapitel mit einer angenehmen Länge, die einheitlich und übersichtlich beschriftet sind. Vorangestellt ist ein Prolog. Erzählt wird abwechselnd aus der Sicht von Laura und Kit – jeweils aus der Ich-Perspektive. Die Handlung spielt einerseits im Jahr 2015 und andererseits im Jahr 2000. Dieser sorgfältig durchdachte Aufbau kommt gut bei mir an.

Der Schreibstil ist flüssig, anschaulich und detailliert. Von Anfang an herrscht eine bedrohliche, etwas düstere Atmosphäre, die mich schnell gefesselt hat. Obwohl die ersten Seiten ziemlich verwirrend sind und die Geschichte nur allmählich an Fahrt aufnimmt, habe ich das Buch wegen dieser unterschwelligen Spannung nur ungern zur Seite gelegt.

Die Personen des Romans bleiben lange Zeit schwer durchschaubar. Das gilt auch für die beiden Hauptprotagonisten Laura und Kit, deren Gedankenwelt man teils gut nachvollziehen kann, teils jedoch auch nicht, weil man immer wieder rätselt, worum es genau geht. Lange Zeit bleibt unklar, wer gut und wer böse ist. Die Charaktere werden realitätsnah dargestellt.

Inhaltlich hat der Roman einige Überraschungen zu bieten. Die Handlung kann mehrere kreative Wendungen bieten, mit denen ich nicht gerechnet hatte. Trotz der eher hohen Seitenzahl kommt beim Lesen keine Langeweile auf. Die Geschichte bleibt spannend und unterhaltsam. Die Auflösung erscheint mir absolut schlüssig.

Das Cover gefällt mir optisch und inhaltlich sehr gut. Der deutsche Titel macht neugierig. Allerdings finde ich die Formulierung im englischen Original („He said – she said“) etwas treffender.

Mein Fazit:
„Vier. Zwei. Eins“ von Erin Kelly ist ein clever konstruierter Psychothriller, der mich überraschen und überzeugen konnte. Eine empfehlenswerte Lektüre für Fans von Spannungsliteratur.

Veröffentlicht am 14.08.2018

Wie ein Unfall drei Menschen zusammenbringt

Ein unvergänglicher Sommer
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Brooklyn im Januar 2016: Während eines Schneesturms fährt Professor Richard Bowmaster mit seinem Wagen auf ein anderes Auto auf. Für ihn ist der Blechschaden zunächst nichts weiter als ein Versicherungsfall, ...

Brooklyn im Januar 2016: Während eines Schneesturms fährt Professor Richard Bowmaster mit seinem Wagen auf ein anderes Auto auf. Für ihn ist der Blechschaden zunächst nichts weiter als ein Versicherungsfall, bei der er seine Visitenkarte hinterlässt. Dann aber steht am Abend die Fahrerin des anderen Fahrzeugs vor seiner Tür. Evelyn Ortega, eine junge Frau, ein illegal beschäftigtes Kindermädchen, ist geschockt. Sie hat sich das Auto ihres Arbeitgebers ohne Erlaubnis genommen und im Kofferraum nach dem Unfall eine Leiche entdeckt. Die Polizei kann sie nicht rufen. Was soll sie nun bloß tun? Gastdozentin Lucía Maraz, Richards chilenische Untermieterin, soll helfen. Sie macht unmissverständlich klar: Die Leiche muss verschwinden. Schnell begeben sich die drei auf eine ungewöhnliche Reise…

„Ein unvergänglicher Sommer“ von Isabel Allende ist ein berührender Roman.

Meine Meinung:
Der Roman besteht aus mehreren Kapiteln sowie einem Epilog. Es gibt mehrere Zeitebenen: Dabei geht es nicht nur um das Geschehen in der Gegenwart, sondern in Rückblenden auch um die drei interessanten Lebensgeschichten von Richard, Lucía und Evelyn. Erzählt wird aus der Perspektive der drei Hauptfiguren. Dieser Aufbau gefällt mir gut.

Der Schreibstil belegt Allendes schriftstellerisches Können und hat mich begeistert. Er ist angenehm, flüssig und anschaulich, gleichzeitig auch liebevoll. Die Sprache ist dabei klar, aber eindringlich. Der Einstieg in die Geschichte fiel mir sehr leicht.

Im Mittelpunkt stehen drei reizvolle Charaktere, die authentisch dargestellt werden. Die Hauptprotagonisten werden vielschichtig beschrieben. Vor allem die beiden Frauen waren mir schnell sympathisch.

Eine Stärke des Romans liegt in den bewegenden Schicksalen, die geschildert werden. Dabei geht es um mehrere interessante Themen wie Armut und Kriminalität, Flucht und illegale Einwanderung, politische Entwicklungen und einiges mehr. Auch existenzielle Fragen werden angeschnitten. Somit regt die Geschichte zum Nachdenken an und konnte mich auch emotional erreichen.

Langeweile kommt beim Lesen nicht auf, denn die Handlung hat unter anderem mehrere Wendungen zu bieten. Neben traurigen Passagen dürfen auch humorvolle Momente nicht fehlen. Diese Mischung ist sehr unterhaltsam.

Das Cover finde ich sehr ansprechend und geschmackvoll gestaltet. Auch der Titel des Buches ist treffend gewählt.

Mein Fazit:
Mit „Ein unvergänglicher Sommer“ ist Isabel Allende ein lesenswerter Roman gelungen, den ich wärmstens empfehlen kann.

Veröffentlicht am 11.08.2018

Auf Du und Du mit Jane Austen

Jane Austen - Jagd auf das verschollene Manuskript
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England im September 1815: Dr. Rachel Katzman (33) und Prof. Liam Finucane (37), zwei Zeitreisende, landen auf einem Feld nahe dem ländlichen Leatherhead in der Grafschaft Surrey. Die Ärztin und der Schauspieler ...

England im September 1815: Dr. Rachel Katzman (33) und Prof. Liam Finucane (37), zwei Zeitreisende, landen auf einem Feld nahe dem ländlichen Leatherhead in der Grafschaft Surrey. Die Ärztin und der Schauspieler kommen aus einer technologisch fortgeschrittenen Zukunft und befinden sich auf einer heimlichen und heiklen Mission. Die beiden wollen die berühmte Jane Austen treffen und sich mit ihr anfreunden, um an das verschollene Manuskript von „The Watsons“ zu gelangen und Briefe, die die Autorin an ihre Schwester Cassandra geschrieben hat, zu stehlen. In ihren Rollen als Mary und William Ravenswood, ein Geschwisterpaar von den Westindischen Inseln, schleichen sie sich in das Leben von Janes Lieblingsbruder Henry ein und kommen dabei auch der bekannten Autorin nahe. Doch dann gibt es Komplikationen. Wird der Auftrag trotzdem noch gelingen?

„Jane Austen – Jagd auf das verschollene Manuskript“ ist der unterhaltsame, kreative Debütroman von Kathleen Flynn, der in die Regency-Epoche entführt.

Meine Meinung:
Der Roman besteht aus 20 Kapiteln. Erzählt wird in der Ich-Perspektive aus der Sicht von Rachel. Die Handlung umfasst einen Zeitraum von etwas über einem Jahr. Dieser Aufbau funktioniert gut.

Der Schreibstil ist angenehm, sehr flüssig und anschaulich. Dank vieler eindringlicher Beschreibungen fiel es mir leicht, in die Geschichte einzutauchen.

Gut gefallen hat mir, dass die beiden Hauptprotagonisten Rachel und Liam weder stereotyp noch klischeehaft wirken. Sie werden als Menschen mit Ecken und Kanten und somit sehr realitätsnah dargestellt. Vor allem bei Rachel ist eine Entwicklung festzustellen. Auch die sympathische Art und Weise, wie Jane Austen beschrieben wird, erscheint mir durchaus authentisch. Die übrigen Charaktere sind ebenfalls vielschichtig.

Die Grundidee finde ich ziemlich geistreich. Die Verbindung von Science-Fiction-Elementen mit einer Zeitreise und der Jane-Austen-Thematik erzeugt eine gelungene und reizvolle Mischung. Das Worldbuilding in Bezug auf die ferne Zukunft sowie die Erklärungen und Ereignisse in den Jahren 1815/1816 wirken glaubhaft und schlüssig. Zwar hatte ich im Vorfeld mit einem anderen Verlauf der Geschehnisse gerechnet, dennoch konnte mich der Inhalt des Romans überzeugen. Die Handlung ist abwechslungsreich und bietet einige Überraschungen und Wendungen, die dafür sorgen, dass es beim Lesen zu keinem Zeitpunkt langweilig wurde.

Ein Pluspunkt des Romans ist es, dass auf unterhaltsame Art interessante Infos über das Leben im 19. Jahrhundert und Gesellschaftskritik in die Geschichte eingewoben worden sind. Darüber hinaus erfährt man beim Lesen so einiges über die Familie Austen. Um Wahrheit und Fiktion zu trennen, wäre ein Nachwort schön gewesen. Aber auch so fühle ich mich dazu motiviert, mich weiter mit Jane Austen zu beschäftigen.

Das Cover ist für meinen Geschmack leider ein wenig zu kitschig und nicht so passend wie das Original. Auch der Titel weicht in der Übersetzung vom amerikanischen („The Jane Austen Project“) ab, ist aber dennoch treffend.

Mein Fazit:
Obwohl ich nach dem Lesen des Klappentextes eine andere Geschichte erwartet hatte, hat mich „Jane Austen – Jagd auf das verschollene Manuskript“ von Kathleen Flynn keineswegs enttäuscht. Der originelle Roman hat mir schöne Lesestunden beschert und ist nicht nur für eingefleischte Fans von Austen empfehlenswert.