Cover-Bild Schlaft gut, ihr fiesen Gedanken
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20,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Hanser, Carl
  • Genre: Kinder & Jugend / Jugendbücher
  • Seitenzahl: 288
  • Ersterscheinung: 10.11.2017
  • ISBN: 9783446259034
  • Empfohlenes Alter: ab 14 Jahren
John Green

Schlaft gut, ihr fiesen Gedanken

Sophie Zeitz (Übersetzer)

Die 16-jährige Aza Holmes hatte ganz sicher nicht vor, sich an der Suche nach dem verschwundenen Milliardär Russell Pickett zu beteiligen. Sie hat genug mit ihren eigenen Sorgen und Ängsten zu kämpfen, die ihre Gedankenwelt zwanghaft beherrschen. Doch als eine Hunderttausend-Dollar-Belohnung auf dem Spiel steht und ihre furchtlose beste Freundin Daisy es kaum erwarten kann, das Geheimnis um Pickett aufzuklären, macht Aza mit. Sie versucht Mut zu beweisen und überwindet durch Daisy nicht nur kleine Hindernisse, sondern auch große Gegensätze, die sie von anderen Menschen trennen. Für Aza wird es ein großes Abenteuer und eine Reise ins Zentrum ihrer Gedankenspirale, der sie zu entkommen versucht.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 10.11.2017

Wundervoll und intensiv

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„Hast du Angst?“
„Ein bisschen.“
„Wovor?“
„Kann ich nicht sagen. Es gibt kein Wovor. Ich habe einfach Angst.“ (S. 100)

Zusammenfassung. Aza kämpft mit vielem, vor allem mit ihren Gedanken. Sich mit diesem ...

„Hast du Angst?“
„Ein bisschen.“
„Wovor?“
„Kann ich nicht sagen. Es gibt kein Wovor. Ich habe einfach Angst.“ (S. 100)

Zusammenfassung. Aza kämpft mit vielem, vor allem mit ihren Gedanken. Sich mit diesem Hintergrund auf die Suche nach einem verschwundenen Milliardär zu machen, das war sicherlich nicht ihr Plan; und daran, dass sie sich bei der ganzen Sache verlieben könnte, hätte sie sicherlich im Vorfeld auch nicht gedacht. Und so begibt sie sich so weit in ihre eigene Gedankenspirale wie niemals zuvor…

Erster Satz. Als mir zum ersten Mal klar wurde, dass ich vielleicht Fiktion bin, verbrachte ich meine Tage an einer öffentlichen Bildungsanstalt namens White River High im Norden von Indianapolis, wo ich von fremden Kräften, die so übermächtig waren, dass ich sie nicht ansatzweise identifizieren konnte, dazu gezwungen wurde, jeden Tag zu einer bestimmten Uhrzeit Mittag zu essen, nämlich zwischen 12 Uhr 37 und 13 Uhr 14.

Cover. Man darf bei diesen Büchern ja nicht anfangen, die deutschen mit den originalen Coverbildern zu vergleichen. Denn obwohl mir das deutsche Cover echt ganz gut gefällt, fehlt ihm das Bedrohliche der Spirale, das einen nicht unerheblichen Teil dieses Buches ausmacht. Auch den Titel finde ich nicht optimal – Idee und Formulierung gefallen mir schon, er ist allerdings für meinen Geschmack zu wenig griffig. Ich musste schon mehrfach länger überlegen, wie das Buch noch gleich heißt; das wäre mir mit „Turtles All the Way Down“ vermutlich nicht passiert.

Inhalt. Die Story ist etwas weniger „Wir suchen einen Milliardär“ als ich erwartet hatte, und das fand ich gut. Allerdings kann man ihr so unter Umständen vorwerfen, dass insgesamt etwas zu wenig passiert – wir befinden uns stattdessen die meiste Zeit tief in den Abgründen von Azas Gedankenwelt.
Das, was uns als Geschichte vorgesetzt wird, das ist jedoch absolut lesenswert und hatte auch seinen Anteil daran, dass ich das Buch nicht weglegen mochte, nachdem ich begonnen hatte, es zu lesen.

Personen. Naturgemäß, bei einem Jugendroman, der hauptsächlich um die Gedankenwelt eines jungen Mädchens kreist, sind die Figuren ein wichtiger Faktor, der den Unterschied zwischen gut und mies ausmachen kann. Und obwohl ich den Hang dazu habe, mich von Figuren (gerade diesen Jugendlichen) nerven zu lassen, und obwohl Aza so viele anstrengende Charakterzüge besitzt, ist das bei diesem Buch nicht passiert. Es gelingt John Green einfach so unfassbar gut, die gedanklichen Zwänge im Ansatz nachfühlbar zu machen, dass in meiner Kehle ein Kloß zurückblieb und ich viel schlucken musste. Und auch die Charaktere um Aza herum sind großartig, besonders in Daisy konnte ich mich sehr gut hineinversetzen. So glaubwürdig muss man es erstmal beschreiben, das Gefühl, nur die Nebendarstellerin einer um sich kreisenden besten Freundin zu sein – es ist kein gutes.

Lieblingsstellen. „In die Augen kann man jedem sehen. Aber jemand zu finden, der dieselbe Welt sieht, ist ziemlich selten.“ (S. 13)
„Aber so was kann man nicht laut sagen, und man steht vor der Wahl, ob man lügen oder ernsthaft gestört wirken will.“ (S. 38)
„Sorgen sind die angemessene Reaktion auf das Leben. Das Leben ist besorgniserregend.“ (S. 45)
„Und obwohl ich mitlachte, hatte ich das Gefühl, ich würde das Ganze durchs Fenster beobachten, als sähe ich einen Film über mein Leben, statt es selbst zu erleben.“ (S. 73)
„Mir all die Zukunftsszenarien auszumalen, all die Azas, die ich sein konnte, war eine willkommene Auszeit von dem Leben mit dem Ich, in dem ich im Moment feststeckte.“ (S. 102)
„Das Leben reimt sich, aber nie an der Stelle, wo man es erwartet.“ (S. 110)
„Was ich an der Wissenschaft so liebe, ist, dass man beim Forschen eigentlich keine Antworten findet. Man findet nur bessere Fragen.“ (S. 125)
„Sie sagte – mehr als einmal –, der Meteorschauer findet statt, über den Wolken, auch wenn wir ihn nicht sehen. Wen interessiert, ob sie küssen kann? Sie kann durch die Wolken sehen.“ (S. 133)

Fazit. Ich bin sehr begeistert von den Figuren und von der Intensität, mit der hier dargestellt wird, wie schmerzhaft Gedanken sein können, wie beängstigend es sein kann, sich in sich selbst gefangen zu fühlen, und wie sehr die Psyche das tägliche Leben beeinflussen kann. Das macht die kleineren Schwächen, die die Story selbst in meinen Augen hat, mehr als wett; vielleicht ist es sogar eine der Stärken dieses Romans, nicht zu sehr auf tatsächliche Handlung zu setzen.

Veröffentlicht am 09.11.2017

Einfach John Green!

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Inhalt:
Die sechzehnjährige Aza Holmes hat ihr Leben nicht wirklich im Griff. Es wird bestimmt durch Zwangsgedanken und absurde Ängste. Wie gut, dass ihre beste Freundin Daisy immer für sie da ist.

Als ...

Inhalt:
Die sechzehnjährige Aza Holmes hat ihr Leben nicht wirklich im Griff. Es wird bestimmt durch Zwangsgedanken und absurde Ängste. Wie gut, dass ihre beste Freundin Daisy immer für sie da ist.

Als der Milliardär Russell Pickett verschwindet und eine Belohnung ausgesetzt wird, überredet Daisy Aza, Nachforschungen anzustellen, denn Aza kennt Picketts Sohn Davis von früher. Als Aza und Davis sich nun nach einigen Jahren wieder begegnen, scheint es, als würden zwei sich finden, die wie füreinander geschaffen sind …

Meine Meinung:
Ich habe das Glück, ein Exemplar der limitierten 1. Ausgabe zu besitzen. Neben dem farbigen Buchschnitt verfügt es über ein Wendecover und eine Nummerierung.

John Green hat mich gleich wieder von der ersten Seite an gepackt mit seiner ungewöhnlichen Protagonisten, die ein bisschen schräg daher kommt, aber sehr sympathisch ist. Denn Aza finde ich unheimlich interessant. Ich mag Protagonisten, die anders sind, die ein spezielles Problem haben. Es ist spannend, mitzuerleben, wie sie das Problem langsam in den Griff bekommen – oder auch nicht.

Ich wette, einige Menschen haben so wie Aza manchmal das Gefühl, dass ihr Leben nicht echt ist, dass sie selbst vielleicht nur Fiktion sind, eine Rolle in einer Geschichte spielen, die jemand anderes sich ausgedacht hat. Ständig überlegt sie, was das Ich ausmacht. Sind es die Gedanken, ist es der Körper, die Seele oder was sonst? Ist Aza also ihre krankhaften Gedanken?

Die Kombination von ernsthaft und humorvoll ist dem Autor wieder mal hervorragend gelungen. Es macht unheimlich Spaß, diese interessante, berührende, aber auch bedrückende Geschichte zu lesen. Ich habe viel über Zwangshandlungen und über Tuataras gelernt, musste aber auch immer wieder schmunzeln und das ein oder andere Tränchen aus dem Augenwinkel wischen.

John Green schreibt herrlich lebendig und zieht die Lesenden damit mitten in die Handlung hinein. Man hat das Gefühl, Aza und ihre Freunde schon ewig zu kennen. Dabei ist die Erzählung sehr abwechslungsreich. Neben reinem Bericht der Ereignisse aus Azas Perspektive in Ich-Form dürfen wir an Azas Gedanken und Ängsten teilhaben, Chat-Verläufe und Blogeinträge lesen. Das wirkt alles sehr authentisch.

Mehr als fünf Jahre liegen zwischen zwischen dem letzten Werk des Autors, „Das Schicksal ist ein mieser Verräter“, und „Schlaft gut, ihr fiesen Gedanken“. Hoffentlich dauert es bis zum nächsten nicht wieder so lange.

Fazit:
John Green konnte mich wie schon mit „Das Schicksal ist ein mieser Verräter“ auch mit seinem neuesten Werk begeistern. Ein gewisses Maß an Empathie sollten die Lesenden schon mitbringen, um sich mit der Protagonistin Aza anfreunden zu können, da sie nicht ganz einfach ist.

Veröffentlicht am 08.09.2018

Eine Reise, in die 'fiesen' Gedanken eines zwangsgestörten jungen Mädchens

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Mit 'Schlaft gut, ihr fiesen Gedanken' entführt uns John Green in den Kopf eines zwangsgestörten Mädchens und zeigt uns ihre Sicht auf die Welt schonungslos echt.

Aza Holmes ist 16 Jahre alt und lebt ...

Mit 'Schlaft gut, ihr fiesen Gedanken' entführt uns John Green in den Kopf eines zwangsgestörten Mädchens und zeigt uns ihre Sicht auf die Welt schonungslos echt.

Aza Holmes ist 16 Jahre alt und lebt in den USA. Als ein Milliardär spurlos verschwindet und sie bemerkt, dass es der Vater eines ehemaligen Schulfreundes ist, macht sie sich mit ihrer besten (und wohl auch einzigen) Freundin Daisy auf die Suche nach dem verschwundenen Mann. Vorerst nur um die Belohnung abzusahnen, doch nach und nach verschiebt sich der Sinn der Aktion immer weiter in eine andere Richtung.

Um ehrlich zu sein habe ich das Buch nur aus dem Grund gekauft, weil John Green, mein Lieblingsautor, es verfasst hat. Unter anderen Umständen hätte ich das Buch wohl nie gekauft, da mich der Klappentext nicht unbedingt ansprach. Zum Glück habe ich es trotz allem getan, sonst hätte ich ein großartiges Buch verpasst.

Mit dem neuen Buch nimmt uns John Green mit in die Gedankenspirale eines zwangsgestörten, aber trotz allem sympathischen Hauptcharakters. Identifizieren konnte ich mich mit ihr glücklicherweise nicht, aber trotzdem konnte mich ihre Art und natürlich vorallem ihre Gedankengänge fesseln.
Das faszinierende an dem Buch ist bei weitem nicht die Geschichte an sich, sondern die Art und Weise wie sie erzählt wird. Die Wortgefechte, Zitate, der Witz und vorallem die tiefgründigen Gespräche machen das Buch zu etwas ganz besonderem, zu etwas, dass es so nicht wieder geben wird.
Die Unterhaltungen über das Universum und die Fragen über die menschliche Existenz und über das Selbst, das undefinierbare 'Ich' fließen wie nebenbei in die Geschichte mit ein und versorgen den Leser einerseits mit Wissen und lassen einen andererseits nachdenklichn zurück.
Die Kombination aus Witz, Charme, aber auch Tiefe, die wir alle von John Green gewohnt sind, faszinieren mich auch wieder an diesem Buch und so kann ich sagen, dass meine hohe Meinung über John Green nun ein weiteres Mal bestätigt wurde und ich dieses Buch jedem nur zu tiefst ans Herz legen kann.

Veröffentlicht am 15.08.2018

Ein Sternenhimmel voller Gedanken

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„Ich kann mit drei Worten alles zusammenfassen, was ich über das Leben gelernt habe: Es geht weiter.“ Robert Frost


Aza Holmes ist in einer Gedankenspirale gefangen, die immer enger zu scheinen ...

„Ich kann mit drei Worten alles zusammenfassen, was ich über das Leben gelernt habe: Es geht weiter.“ Robert Frost


Aza Holmes ist in einer Gedankenspirale gefangen, die immer enger zu scheinen wird. Sie leidet unter einer Art Zwangsneurose und lebt sich durch ihre Ängste und Probleme, insbesondere ihrer Bakterienphobie und der Angst davor, sich an einer schlimmen Krankheit zu infizieren. Eines Tages überredet ihre beste Freundin Daisy sie dazu, bei der Suche nach dem abgetauchten Milliardär Russel Pickett mitzumachen, eine Hunderttausend-Dollar Belohnung steht auf dem Spiel. Auf der Suche nach ihm, kommt sie nicht nur seinem Sohn Davis immer näher, sondern auch ihrem eigenen Ich und dem Ende der Spirale...


„Schlaft gut ihr fiesen Gedanken“ ist John Green´s sechster Jugendroman und meine Erwartungen an ihn haben sich in ganzer Linie erfüllt. Er hat es auf ein Neues geschafft, ein Buch voller Tiefsinn und Wahrhaftigkeit zu schreiben, dass den Leser dazu anregt, über das Leben zu philosophieren.
Die Geschichte ist nicht sonderlich abgefahren oder actionreich, im Gegenteil, es ist eine Erzählung über das Leben und die Fiktion. Ich habe mich sofort in der Geschichte wiedergefunden und mitgelebt. Vor allem die Charaktere haben mir sehr gut gefallen, sie wachsen einem ans Herz und mit ihren teils schrägen Ticks und Eigenschaften kann man sich gut mit ihnen identifizieren und mitfühlen, wobei jede Person einzigartig und spannend zu verfolgen ist.
Das Buch ist sehr schön geschrieben, es liest sich schön leicht und irgendwann sind die Seiten bei mir nur noch so geflogen. Ich hatte es in 4 Tagen durch, und es macht wirklich Lust weiterzulesen! Mit vielen originellen Dialogen kommt Schwung in die Geschichte und man ist gespannt darauf, wie es mit der Suche weitergeht.
Die Thematik des Buches finde ich wagemutig gewählt. Psychische Erkrankungen, insbesondere Zwangsstörungen und Ängste, sind ein schwieriges Thema, das in Büchern auch mal nach hinten losgehen kann. John Green hat die Erkrankung Azas jedoch authentisch und seriös umgesetzt, und nachdem ich diese Buch jetzt gelesen habe, kann ich Menschen mit so einer Art von psychischer Erkrankung viel besser verstehen, wofür ich wirklich dankbar bin!
Insgesamt also ein Buch, das zum Nachdenken anregt. Über das Leben und die Fiktion, dem dünnen Band der Liebe, das viel zu schnell zerreißt und dem Plural von „Ich“. Über den Sog der Gedanken, die unser Leben bestimmen, und inwiefern wir über unsere Gedanken bestimmen. Darüber, dass Freundschaft das wichtigste Band der Liebe ist, das wir kennen und dass es nie zu spät für einen Neuanfang ist. Ein Buch über das lustigste auf dieser Welt - das Leben.
Und dennoch gibt es einzelne Punkte zu beanstanden. Die Spannung fällt leider etwas flach aus, gegen Ende hätte ich mir fast ein bisschen mehr gewünscht, wobei das vielleicht auch so gewollt war. Für actionliebende Fans, die gerne einen mega-spannenden Höhepunkt verfolgen, ist „Schlaft gut, ihr fiesen Gedanken“ vielleicht nicht unbedingt das richtige.
Das Cover gefällt mir eigentlich sehr gut, es passt zur Geschichte, allerdings finde ich es schade, dass auf die Schildkröten kaum Bezug genommen wurde. Der Originaltitel lautet: „Turtles All The Way Down“ und ich hätte mir eine andere Übersetzung ins Deutsche gewünscht, oder einfach den Titel so gelassen, ich finde ihn nämlich absolut passend!

Ich würde das Buch trotzdem sofort weiterempfehlen, für Jugendliche, wie für Erwachsene.
Jedoch ist es glaube ich nicht unbedingt eine Thematik, die jeden interessiert. Ich persönlich interessiere mich sehr für diese Art von Genre, und wer gerne Geschichten über das Leben und die Liebe liest und ein gewisses Interesse an psychischen Erkrankungen aufbringen kann, für den ist dieses Buch ein absolutes Muss! Allen anderen würde ich es trotzdem empfehlen, einen Blick auf die Seiten zu werfen, denn eine Spirale wird in die eine Richtung zwar immer kleiner, in die andere jedoch auch immer größer.

Veröffentlicht am 28.02.2018

Ein echter John Green: berührend, verstörend, authentisch!

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Allgemeines:

Titel: Schlaft gut, ihr fiesen Gedanken
Autor: John Green
Verlag: Carl Hanser Verlag (10. November 2017)
Genre: Roman
ISBN-10: 3446259031
ISBN-13: 978-3446259034
Vom Hersteller empfohlenes ...

Allgemeines:

Titel: Schlaft gut, ihr fiesen Gedanken
Autor: John Green
Verlag: Carl Hanser Verlag (10. November 2017)
Genre: Roman
ISBN-10: 3446259031
ISBN-13: 978-3446259034
Vom Hersteller empfohlenes Alter: 14 - 17 Jahre
Seitenzahl: 288 Seiten
Originaltitel: Turtles All the Way Down
Preis: 15,99€ (Kindle-Edition)
12€ (gebundene Ausgabe)


Inhalt:

"Das wahre Grauen ist nicht, Angst zu haben; es ist, keine andere Wahl zu haben."

Die 16-jährige Aza Holmes hatte ganz sicher nicht vor, sich an der Suche nach dem verschwundenen Milliardär Russell Pickett zu beteiligen. Sie hat genug mit ihren eigenen Sorgen und Ängsten zu kämpfen, die ihre Gedankenwelt zwanghaft beherrschen. Doch als eine Hunderttausend-Dollar-Belohnung auf dem Spiel steht und ihre furchtlose beste Freundin Daisy es kaum erwarten kann, das Geheimnis um Pickett aufzuklären, macht Aza mit. Sie versucht Mut zu beweisen und überwindet durch Daisy nicht nur kleine Hindernisse, sondern auch große Gegensätze, die sie von anderen Menschen trennen. Für Aza wird es ein großes Abenteuer und eine Reise ins Zentrum ihrer Gedankenspirale, der sie zu entkommen versucht.


Bewertung:

"Du bist ein Wir. Du bist ein Du. Du bist eine Sie, ein Es, Sie Mehrzahl. Ein Königreich für ein Ich."

"Schlaft gut, ihr fiesen Gedanken" ist wie alle anderen Romane John Greens kein Buch, was man mal eben so weg liest, vom Inhalt, den Charakteren und auch der Sprache nicht. Natürlich war für mich gleich nach der Veröffentlichung klar, dass diese Geschichte früher oder später den Weg zu mir finden wird, auch wenn sie mal wieder auf viel Gegen- wie Rückenwind gestoßen ist.


„Die Leute tun immer so, als gäbe es eine klare Grenze zwischen der Erinnerung und der Fantasie, aber die gibt es nicht, jedenfalls nicht bei mir. Ich erinnere mich an das, was ich mir ausgedacht habe, und denke mir aus, woran ich mich erinnere.“


Das Cover gefällt mir grundsätzlich sehr gut. Zusehen ist eine schwarze Spirale auf blau-weißem Untergrund, welche Azas seelische Unruhe und Gedankenspiralen verkörpern soll. Der orangefarbene Titel fügt sich gut in die Lücken zwischen den dunklen Strichen ein. Im Gegensatz zum englischen Original wirkt es viel zurückhaltender und weniger aufdringlich, mir gefällt die düsterere Ausgabe mit dem dunkelblauen Hintergrund, dem angedeuteten Boot und den winzigen Sternen aber viel besser. Schade, dass sich die Leserschaft bei der Befragung, welches Cover die deutsche Ausgabe zieren soll, für das jetzige entschieden hat und ich auch keines der limitierten Erstausgaben mit dem Wendecover ergattern konnte. Gut gefallen mit hier die zwei kleinen Schildkröten am Rand, welche auf den englischen Titel "Turtles all the way down" anspielen. Das somit wenigstens ein Element des perfekt passenden Titels in der Hanser-Ausgabe erhalten wurde, wenn schon der wunderbare Hintergrund des Titels entkernt wurde, ist ein kleiner Trost. Auch wenn man nach der Lektüre des Buches durchaus nachvollziehen kann, wie der Titel gemeint ist, fehlt ihm einfach die Tiefgründigkeit des Originaltitels. "Schildkröten bis untenhin" hätte auf der anderen Seite aber auch nicht besonders ansprechend geklungen...


Erster Satz: "Als mir zum ersten Mal klar wurde, dass ich vielleicht Fiktion bin, verbrachte ich meine Tage an einer öffentlichen Bildungsanstalt namens White River High im Norden von Indianapolis, wo ich von fremden Kräften, die so übermächtig waren, dass ich sie nicht ansatzweise identifizieren konnte, dazu gezwungen wurde, jeden Tag zu einer bestimmten Uhrzeit Mittag zu essen, nämlich zwischen 12 Uhr 37 und 13 Uhr 14."


(Puh, das ist wohl die Königin aller Schachtelsätze! Wenn sich mein Deutschlehrer bei meiner nächsten Klausur beschwert, meine Sätze seien zu lang, werde ich ihm diesen Beweis hier vorlegen. Wenn John Green das darf - und er wurde mehrfach mit etlichen wichtigen Preisen auf der ganzen Welt ausgezeichnet - beweist das wohl, dass Schachtelsätze keine grundsätzlich schwarze Seele haben, oder nicht?)


"Die Schritte meiner Mutter, waren so leise,
ich hörte sie kaum, als sie ging. (...)
Das Leben reimt sich, aber nie an der Stelle, wo man es erwartet"


Naja, bleiben wir beim Thema.
Im Fokus der Geschichte steht die 16-jährige Aza, die aus der Ich-Perspektive zuerst einmal von ihrem Teenager-Alltag erzählt, welcher sich neben den gewöhnlichen Problemen einer Heranwachsenden wie Schule, Familie und Freunde durch eine Angststörung beherrscht wird. Jeden Tag und jede Minute muss sie gegen ihre inneren Dämonen ankämpfen, um ein halbwegs normales Leben führen zu können. Um sich von ihren immer wiederkehrenden Gedankenspiralen abzulenken stürzt sie sich zusammen mit ihrer besten Freundin Daisy in die Suche nach dem verschollenen Milliardären Russel Pickett, welcher gleichzeitig der Vater ihres Kindheitsfreundes Davis ist. Als sie beginnen nach dem Verschollenen zu suchen, wissen beide noch nicht, wie sehr sich dabei ihre Beziehung und ihr ganzes Leben verändern werden...


„Ich konnte mein Leben lang nicht geradeaus denken oder auch nur einen Gedanken zu Ende denken, weil meine Gedanken keine Linien, sondern ineinander verknotete Schleifen waren, Treibsand, Wurmlöcher, die alles Licht verschluckten“


Ich muss zugeben, die Geschichte startet mit angezogener Handbremse, während Aza von ihrem Alltag erzählt. Nachdem wir Azas Alltag und die Hintergründe ihres Lebens besser kennengelernt haben, scheint die Suche nach Pickett in den Fokus der Geschichte zu rücken. Doch die detektivischen Tätigkeiten der beiden Freundinnen beschränken sich auf minimalistischer Suche im Internat und einem Besuch bei der Familie des Milliardärs. Schon bald wird klar, dass eigentlich Aza als Mensch Haupthandlung ist, und man außer ihren Gedanken, Ängsten und ihrem drohenden Kontrollverlust angesichts ihrer Angststörung nicht besonders viel an Handlung präsentiert bekommt. Das fand ich als Gegenstand der Geschichte unheimlich spannend, hätte das aber trotzdem gerne vorher gewusst: der Klapptext ist in dieser Hinsicht recht irreführend.


"Ich denke: Du wirst nie frei davon sein."
Ich denke: "Du suchst dir deine Gedanken nicht aus.
Ich denke: "Du stirbst, und du hast Keime in dir, die sich am Ende von innen durch deine Haut fressen."
Ich denke und denke und denke."


Wer hier eine abenteuerliche Hinweissuche nach einem verschollenen Milliardär sucht, ist also eindeutig an der falschen Adresse. Doch das bedeutet aber noch lange nicht, dass wir es hier mit einer Geschichte zu tun haben die langweilig ist. Manchmal habe ich das Gefühl dass John Green einfach über erzähltechnischen Elementen wie unvorhersehbaren Wendungen, einer komplexe Story Line mit rotem Faden, einen zum bersten gespannten Spannungsbogen oder schockierender Action steht - all das, was das durchschnittliche Buch spannend und lesenswert macht, scheint er einfach nicht zu brauchen. Oft haben seine Bücher eigentlich nicht besonders viel Handlung, sind aber trotzdem spannender als jeder Krimi. Die ganze Welt fragt sich beim Lesen seiner Bücher: Wie bekommt er das bloß hin? Der Autor weiß einfach mit ganz besonderen Figuren, Lebensweisheiten und einer fantastischen Atmosphäre zu überzeugen und mit leisen Tönen still und heimlich den Leser um den Finger zu wickeln, zu packen und bis zum Schluss nicht mehr loszulassen.
Auch wenn das Buch anders ist als seine vorhergehende Romane, ernster, ruhiger und in sich ruhender daherkommt ist es doch wieder ein echter John Green: berührend, verstörend, authentisch.


„Hast du Angst?“
„Ein bisschen.“
„Wovor?“
„Kann ich nicht sagen. Es gibt kein Wovor. Ich habe einfach Angst.“


Berührend und authentisch, klar, aber warum verstörend? Die Konfrontation mit Azas Angst- und Zwangsstörung hat mich durchaus überrumpelt und sowohl unangenehme Fakten über das menschliche Mikrobiom als auch selbst verletzende Züge wie das zwanghafte Öffnen einer nie ganz verheilenden Wunder an ihrem Mittelfinger können dem Leser schon mal auf den Magen schlagen. Wer will schon wissen, dass der eigene Körper zu 50% aus fremden Organismen besteht oder beim küssen über 80 Millionen Bakterien übertragen werden? Ich nicht, und Aza eigentlich auch nicht, doch ihre Angst lässt sie immer wieder Wikipedia Artikel über solche Fakten lesen. Oder sie zwingt sie dazu, an nichts anderes denken, als an C. difficile, ein Bakterium, das sich in ihrem Körper vermehren und zu einer lebensbedrohlichen Erkrankung führen könnte, während sie eigentlich in der Cafeteria sitzt und versucht, sich ganz normal mit ihren Freunden zu unterhalten.


"Sorgen sind die angemessene Reaktion auf das Leben. Das Leben ist besorgniserregend."


John Green beschreibt sehr intensiv und nachvollziehbar schockierend wie Aza sich immer wieder in ihren eigenen Gedankenspiralen verläuft, unfähig ihrem eigenen Kopf zu entfliehen. Obwohl Azas Reaktionen auf ihre Angst und viele ihrer Handlungen, wie zum Beispiel Desinfektionsmittel zu trinken oder zwanghaft das Pflaster an ihrem Finger zu wechseln, rein rational betrachtet gar keinen Sinn machen und für den Durchschnittsmenschen verrückt und unlogisch erscheinen, schafft der Autor es, dem Leser klarzumachen, warum Aza so handelt, warum sie so handeln muss. Als Leser hab ich mit ihr gelitten und ihr versucht mental Kraft zu schicken, aus ihren Gedankenspiralen auszubrechen. Dass John Green ebenfalls an Störungen aus dem Angst- und Zwangsbereich leidet, wie man in seiner Danksagung nachlesen kann, gibt dem Buch nochmal einen viel ernsteren Beigeschmack.


„Aber was ich mich frage, ist, gibt es überhaupt ein Selbst, unabhängig von den Umständen? [...] Ich entscheide nicht, ob ich schwitze, oder ob ich Krebs oder C. difficile kriege oder so was, also ist es auch nicht wirklich mein Körper. Ich entscheide überhaupt nichts - es wird alles von äußeren Kräften entschieden. Ich bin eine Geschichte, die jemand anderes erzählt. Ich bin eine Verkettung von Umständen.“


Trotz der ernsten Thematik schafft es John Green wie wir es von ihm gewohnt sind, ab und zu durch trockenen Humor, wunderschöne philosophische Sätzen und eine ruhige, leichte Liebesgeschichte, die sich aber hier eher am Rand abspielt, aufzulockern. Im Gegensatz zu seinen anderen Werken schafft er es hier nicht, der Handlung die ganze Schwere zu nehmen, trotzdem ist sein Stil mal wieder wunderschön und etwas anspruchsvoller als sonst in Jugendbüchern. Mit vielen unterschiedlichen Metaphern und Formulierungsweisen versichert er, dass auch wirklich jeder Leser verstehen kann, was er meint und bringt Gefühle und Gedanken seiner Figuren wunderbar direkt und erlebbar auf den Punkt. Feinfühlige Zitate berühmter Personen, die in Auszügen von Davis´ Blog vorkommen, unterstützen die philosophischen Überlegungen der Charaktere, die aber immer so bodenständig und dezent bleiben, dass keine plumpe Belehrungssituationen zu Stande kommen.


"Wenn man lange genug in den Himmel hoch sieht, fängt man an die eigene Winzigkeit zu spüren. Der Unterschied zwischen lebendig oder nicht lebendig - das ist etwas. Aber von den Sternen aus betrachtet, gibt es fast keinen Unterschied zwischen den verschiedenen Arten von lebendig, zwischen mir und dem frisch gemähten Gras, auf dem ich liege. Beide sind wir Unwahrscheinlichkeiten: das, was im Universum einem Wunder am nächsten kommt."



Das Kernstück der Geschichte ist hier aber wie so oft die Vielfalt an skurriler aber liebenswerter Protagonisten. Natürlich handelt die Geschichte in erster Linie von Aza und ihrem Kampf gegen ihre Zwangsstörung, charakterisiert sie als ganz besondere Person und erzählt von ihren Beziehungen zu anderen Personen: ihrer Freundschaft zu Daisy, ihre Beziehung zu Davis, das Verhältnis mit ihrer Mutter, die Liebe zu Harold, ihrem Auto...


"Unsere Herzen waren an der gleichen Stelle gebrochen. Das ist so etwas wie Liebe, aber vielleicht nicht ganz dasselbe."



Das Buch handelt aber auch von Davis, dessen Vater verschwunden ist, der sich furchtbar einsam fühlt und nicht bereit dazu ist, die Verantwortung für seinen kleinen Bruder zu übernehmen. Es handelt von Daisy, Azas bester Freundin, die sich in Starwars Fanfiction vor der Armut ihrer Eltern flüchtet und aus Angst vor der Stille ununterbrochen plappert. Und von Noah, Davis‘ kleinem Bruder, der auf der einen Seite den großen Macker raushängen lässt, sich aber vor allem nach Geborgenheit und Sicherheit sehnt und deshalb nachts weinend zu Davis ins Bett schlüpft, wenn es keiner sieht. Es handelt von Verlust und Ohnmacht, Liebe, Kraft und Hoffnung. Es handelt von realistisch geschriebenen Charakteren, die mit dem Leben kämpfen. Das Problem: "Keiner versteht den anderen, nicht richtig. Wir sind alle in uns selbst gefangen."
Das Ende hat es dann nochmal in sich. Auf der einen Seite hasse ich es, weil es kein wirkliches Happyend ist, auf der anderen Seite muss ich John Green leider zustimmen wenn er durch Aza sagt:


„Das Problem bei Happy Ends ist, dass sie entweder nicht richtig glücklich sind, oder sie sind kein richtiges Ende. Im richtigen Leben werden manche Dinge besser und manche Dinge werden schlechter und irgendwann stirbst Du“


Ja, irgendwann stirbt man dann, und wenn das passiert kann man es nicht ändern, doch man kann dieses Buch gelesen haben, was das zurückgelegte Leben dann um ein winziges bisschen besser macht!

Zum Schluss noch mein Lieblingszitat:

"In die Augen kann man jedem sehen. Aber jemand zu finden, der dieselbe Welt sieht, ist ziemlich selten."


Fazit:

Ein echter John Green: berührend, verstörend, authentisch. Leider ist es schleppender und erdrückender als seine anderen Werke, dennoch voller leisem Tiefgang, wundervollen Charakteren und Mut.