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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 22.09.2018

»Wenn die Welt es dir zu schwer macht, nimm dir ein Buch und geh in eine andere.«

Für immer ist die längste Zeit
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Madeline ist vom Bibliotheksgebäude gestürzt. Selbstmord heißt es. Ihr Mann Bradley und ihre Tochter Eve sind am Boden zerstört und geben sich die Schuld an Madelines Tod. Warum sonst hätte sie sich das ...

Madeline ist vom Bibliotheksgebäude gestürzt. Selbstmord heißt es. Ihr Mann Bradley und ihre Tochter Eve sind am Boden zerstört und geben sich die Schuld an Madelines Tod. Warum sonst hätte sie sich das Leben nehmen sollen, wenn nicht weil sie unglücklich war und sich nicht geliebt gefühlt hat?

Der Roman "Für immer ist die längste Zeit" setzt sich profund mit dem Thema Trauer auseinander. Die Autorin lässt uns sowohl an Eves und Bradleys als auch an Madelines Innenleben teilhaben - denn Madelines Geist nimmt weiterhin am Leben ihrer Liebsten teil, sie möchte sie in ihrem Schmerz trösten, aber auch einen Ersatz finden - Bradley kommt doch nie ohne Frau zurecht und Eve braucht doch eine Mutter! Doch die Zeit drängt, denn Madeline schwebt immer mehr in die Höhe...

Alle drei Protagonisten des Romans setzen sich mit ihrer Vergangenheit und der Rolle, die sie in der Familie gespielt haben, auseinander. Dabei geht es nicht nur um die Verhältnisse Bradley-Madeline und Eve-Madeline, sondern auch um weitere, wie z.B. Madelines Verhältnis zu ihrer eigenen Mutter, die Alkoholikerin war und sich das Leben nahm - die Auseinandersetzung mit ihrer eigenen Schuld ist meiner Meinung nach der erschütterndste und gelungenste Teil des Romans, da er äußerst wahrhaft scheint.

Zweifellos lässt sich Abby Fabiaschi eine eingehende Beschäftigung mit dem Thema des Verlusts und der Trauer zusprechen, leider ist der Roman jedoch insgesamt zu bemüht - zu bemüht locker oder zu bemüht tiefgründig. Ich konnte mich oftmals auch leider des Eindrucks nicht erwehren, dass sich die Autorin bzw die Figuren im Ton vergreifen. Ein Absatz, ein Satz, ein Halbsatz, ja, manchmal auch nur ein Wort schienen fehl am Platz, der Situation nicht angemessen.

Man vergisst beim Lesen nie, dass es sich um reine Fiktion handelt. Trotzdem ist die Intention der Autorin zu loben. Der Roman gibt Anstöße, das eigene Handeln in der Familie zu überdenken.

Veröffentlicht am 18.09.2018

Das eigene Leben augenzwinkernd (ver)achten

Man muss auch mal loslassen können
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Drei Frauen sehen keinen Ausweg mehr, sie wollen sich das Leben nehmen. Bloß wie, welche Methode ist die beste?

Charlotte ist ein schlankes Persönchen von 44 Jahren. Sie ist sensibel, versonnen und sehr ...

Drei Frauen sehen keinen Ausweg mehr, sie wollen sich das Leben nehmen. Bloß wie, welche Methode ist die beste?

Charlotte ist ein schlankes Persönchen von 44 Jahren. Sie ist sensibel, versonnen und sehr zerstreut. Um sich ganz ihrem literarischen Werk widmen zu können, kündigt sie sogar ihre gesetzliche Krankenversicherung. Als Charlotte erfährt, dass sie an Bauchspeicheldrüsenkrebs erkrankt ist, sie ihre Geschwister vor dem finanziellen Ruin bewahren möchte und zudem erkennt, dass ihr Werk nichts taugt, gibt es für sie nur die eine Lösung – den Freitod.

Wilma, 59 Jahre alt, hat ihr Lebenlang als Gastwirtin gearbeitet, drei Kinder selbst großgezogen und war immer für jeden da, der sie brauchte. Ihre ganze Lebensfreude bezog sie aus ihrem Wirtinnendasein, da sie gerne für andere sorgte und für das ihr im Gegenzug entgegengebrachte Vertrauen und Sympathiegefühl dankbar war. Das ändert sich schlagartig, als sie wegen missachtetem Rauchverbot ihre Konzession verliert. Um den Politikern einen Denkzettel zu verpassen möchte sie Selbstmord begehen.

Jessy, die 21jährige Aldi-Kassiererin, spitzzüngig, extrovertiert und hochbegabt, möchte alles anders machen in ihrem Leben als ihre Mutter, die Alkoholikerin, die nie für ihre Tochter dagewesen ist. Als Jessy ihren Freund, Jossip, den Jura-Studenten, in flagranti mit einer anderen erwischt, gibt sie ihren Kampfgeist und Lebenswillen auf. Jossip soll für seinen gedankenlosen „Tagesausflug“, wie er seinen Seitensprung nennt, bezahlen – mit ihrem eigenen Leben.

Charlottes, Wilmas und Jessys Wege kreuzen sich bei der Suizid-Beratungsstelle „Dare it“ und sie beschließen ihr Selbstmordvorhaben gemeinsam zu meistern. Nach drei missglückten Versuchen geraten sie an einer Tankstelle in einen Raubüberfall. Kurzerhand werfen sie sich den Dieben an den Hals, um als Geiseln mitgenommen zu werden. Und vielleicht haben die zwei ja mehr Mumm als sie selbst und können die unangenehme Aufgabe des Tötens für sie übernehmen?‮

Der Leser nimmt abwechselnd am inneren Erleben Charlottes, Wilmas, Jessys und der beiden Möchtegern-Gangster, Ralle bzw. Moritz, teil. Je nach Vorlieben wird sich der Leser in unterschiedlichem Maße mit den Figuren identifizieren. Mein persönlicher Liebling war Charlotte. Mit Jessy konnte ich dagegen am wenigsten anfangen; obwohl ihr von den anderen Figuren so viele positive Eigenschaften zugeschrieben wurden, empfand ich sie als ichbezogen, flach und taktlos.

Abgesehen von einigen Plot- und Plausibilitätsschwächen liefert uns Monika Bittl mit „Man muss auch mal loslassen können“ einen lebhaften und spritzigen Roman. Von der Grundidee her liegt dem Roman zwar der Gedanke des schwarzen Humors zugrunde, mit der Innensicht der Romanfiguren und ihrem gedanklichen Austausch untereinander übt die Autorin allerdings eher Gesellschafts- und Sozialkritik aus – natürlich mit dem nötigen Augenzwinkern und einer ordentlichen Portion Humor. Jede Figur lernt von der anderen und so entscheidet jede für sich, nicht aufzugeben, sondern ihr Leben von neuem in die Hand zu nehmen. Sie erkennen auch, dass man sich selbst nicht immer so ernst nehmen sollte – eine Erkenntnis, die sicherlich jedem und jeder von uns ebenfalls zugute käme!

Veröffentlicht am 04.09.2018

Zu hohe Erwartungen?

Die Schwestern von Mitford Manor – Unter Verdacht
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Die skandalumwitterten Mitford-Schwestern, der unaufgeklärte Mord an Florence Nightingale Shore und auch noch aus der Feder Jessica Fellowes, der Nichte Julian Fellowes, der die Drehbücher zu der Serie ...

Die skandalumwitterten Mitford-Schwestern, der unaufgeklärte Mord an Florence Nightingale Shore und auch noch aus der Feder Jessica Fellowes, der Nichte Julian Fellowes, der die Drehbücher zu der Serie „Downton Abbey“ geschrieben hat! Diese Kombination verspricht einen erstklassigen Lesegenuss!

Das (oder so ähnlich) mag sich manche Person gedacht haben, als sie zu dem Roman „Die Schwestern von Mitford Manor. Unter Verdacht“ griff. Leider werden die auf diese Weise hochgeschaukelten Erwartungen nur zum Teil erfüllt.

Kommen wir zunächst auf die Mitford-Familie zu sprechen. Wählt man als Autor(in) bekannte historische Persönlichkeiten, so hat man den Vorteil, dass man die Figuren nicht mehr einführen und dem Leser erst sympathisch machen muss, der Nachteil dagegen besteht darin, dass je nach Wissensstand des Lesers, gewisse Erwartungen den Figuren gegenüber nicht erfüllt werden, was ich in dem vorliegenden Fall bestätigt sehe. Von dem spezifischen Flair der schockierenden aber trotzdem (oder gerade deshalb!) faszinierenden Mitford-Schwestern ist in dem Roman Jessica Fellowes nichts zu spüren. Natürlich kann man das zum Teil darauf zurückführen, dass in dem ersten Band der Mitford-Schwestern-Serie nur Nancy Mitford fast erwachsen ist, die restlichen Mitford-Schwestern dagegen noch Kinder sind, doch hätte in diesem Fall zumindest Nancy so herausgearbeitet werden können, dass sie für den Leser direkten Erkennungswert hätte. Trotzdem bleibt abzuwarten, ob die Autorin in den weiterführenden Bänden das Charakteristikum der Mitford-Schwestern gezielter herausarbeiten wird, hat sie doch, eigenen Angaben zufolge, die Primär- und Sekundärliteratur zu den Mitford-Schwestern eingehend studiert!

Was den kriminalistischen Aspekt in dem Roman betrifft, so zieht er sich über drei Viertel des Romans in die Länge, um im letzten Viertel rasant an Tempo zuzunehmen, um dann ebenso schnell wieder zu verklingen und sich zusammen mit all den anderen im Laufe der Romanhandlung aufgebauten Konflikten in Wohlgefallen aufzulösen.

Auch eine kleine Liebesgeschichte wird einem geboten, die den Leser jedoch auch nur mäßig fesseln kann. Vielmehr dient sie wohl dem Zweck, den personalen Erzähler auf zwei Figuren aufzuteilen, deren Schicksal miteinander verwoben wird und die doch separat für sich agieren können und so den Mordfall gemeinsam lösen können.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Roman leicht und flüssig zu lesen ist, er jedoch weder in erzählerischer noch sprachlicher Hinsicht als herausragend zu bezeichnen wäre. Der Roman ist zwar nicht schlecht zu nennen, es fehlt ihm jedoch an Leben, Individualität, Glaubwürdigkeit und Authentizität. Sicherlich hat Jessica Fellowes für den ersten Band der Mitford-Manor-Serie viel Recherche betrieben und das sollte man ihr auch zugute halten, doch wirkt alles – die Figuren, die Situationen, die Gespräche – viel zu konstruiert, als dass man den Roman zu wirklich guter Literatur zählen könnte.

Veröffentlicht am 27.09.2019

55 Frauenporträts

Was würde Frida tun?
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Elizabeth Foley und Beth Coates haben sich zusammengesetzt und fünfundfünfzig Frauenporträts inspirierender Frauen erstellt. Die Palette erstreckt sich von der Hohepriesterin Enheduana über Mary Wollstonecraft ...

Elizabeth Foley und Beth Coates haben sich zusammengesetzt und fünfundfünfzig Frauenporträts inspirierender Frauen erstellt. Die Palette erstreckt sich von der Hohepriesterin Enheduana über Mary Wollstonecraft bis hin zu Betty Ford. Während uns in ihrem Sachbuch Frauen begegnen, die wir gut kennen bzw. gut zu kennen glauben, wie Königin Victoria, Coco Chanel oder Mae West, lernen wir auch Frauen kennen, von denen wir entweder wenig gewusst oder noch gar nichts gehört haben. Aufgelockert werden die kurzen Porträts von den sehr ansprechenden Illustrationen aus der Feder Bijou Karmans.

Während uns die beiden Autorinnen sowohl einen guten Überblick über das Leben der berühmten Frauen geben als auch das Besondere der jeweiligen Person herausarbeiten, versuchen sie auch jedes Mal eine Lektion für uns Leserinnen abzuleiten. Leider gelingt dies meines Erachtens nicht immer gut. Bei einer Piratin beispielsweise von einer Work-Life-Balance zu sprechen, finde ich persönlich mehr als gewöhnungsbedürftig. Manche Exkurse driften so weit von der porträtierten Person ab, dass sie völlig fehl am Platz wirken. Von einer Politikerin und ihren Errungenschaften zu sprechen, um dann zu schreiben, wie schwierig es wäre gleichzeitig Snapchat, Instagram und Twitter zu jonglieren, ist mehr als fraglich. Viele Begriffe, die die beiden Autorinnen in ihrem Buch benutzen, erinnern eher an Frauenzeitschirftenjargon, als dass sie den Anspruch auf Authentizität und Ernsthaftigkeit aufrechtzuerhalten versuchen. So erwarte ich, dass Begriffe wie „cool“, „daten“, „die Nase voll haben“, „auf den Wecker gehen“, „total erwischt“, „echt krass“, „ziemlich was auf dem Kasten haben“, „Scheißangst“, „Toyboy“, „Schiss haben“, „ausrasten“, „ziemlich durch den Wind sein“, „chillen“, „eine Show abziehen“, „sich voll reinhängen“ und „ihr Ding durchziehen“ in Sachliteratur, die ernst genommen werden möchte und einen gewissen Anspruch auf Objektivität stellt, nicht vorkommen. Das Tüpfelchen auf‘s i stellte hierbei der – laut der Autorinnen – „schwanzgesteuerte“ Lord Byron dar, doch indem männliche Personen herabgewürdigt werden, werden nicht automatisch weibliche Individuen aufgewertet. Der oftmals aggressiv feministische Ton der beiden Autorinnen hat meines Empfindens eher den gegenteiligen Effekt, als ihn die beiden Damen anstreben. Das Zielpublikum des Buches ist auch nicht ganz eindeutig. Während Foley und Coates derart angestrengt „cool und hype“ zu sein versuchen sowie Dinge erklären, die einer erwachsenen Person nicht erklärt werden müssen, würde ich eindeutig auf Mädchen im Teenageralter tippen, doch leider sprechen die beiden Autorinnen viel zu oft vom Beruf, Ehefrau und Mutterdasein, als dass man diese These aufrechterhalten wollte.

Zusammenfassend ist zu sagen, dass die Intention der beiden Autorinnen zu loben ist. Sie haben augenscheinlich viel Recherchearbeit betrieben und sich Gedanken gemacht, was wir von den in dem Buch aufgeführten Frauen lernen können. Leider ist ihnen dieses Vorhaben nicht immer optimal gelungen, doch ich kann mir vorstellen, dass dieses Buch ihre Anhängerinnen finden wird.

Veröffentlicht am 21.12.2018

Ein kitschiger Roman, aber mit Potenzial

Das rote Adressbuch
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Doris ist alt. Sechsundneunzig Jahre alt. Alle, die ihr in ihrem langen Leben etwas bedeutet haben, sind tot. Nur ihre über alles geliebte Großnichte Jenny ist noch am Leben. Doch sie wohnt mit ihrer Familie ...

Doris ist alt. Sechsundneunzig Jahre alt. Alle, die ihr in ihrem langen Leben etwas bedeutet haben, sind tot. Nur ihre über alles geliebte Großnichte Jenny ist noch am Leben. Doch sie wohnt mit ihrer Familie in San Francisco – das ist so weit weg von Stockholm, wo Doris lebt. Als sie fühlt, dass ihre Tage gezählt sind, schreibt sie für Jenny ihre Lebensgeschichte nieder. Ausgangs- und Anhaltspunkt dafür ist ihr rotes Adressbuch, das sie von ihrem Vater zu ihrem zehnten Geburtstag geschenkt bekam und das sie ihr ganzes Leben begleitet hat. Doris schildert ihr bewegtes Leben mit seinen Höhen und Tiefen: die goldenen Zwanziger, die schweren Kriegsjahre, ihre große Liebe zu Allan und die vielen Jahre mit ihrem getreuen Freund Gösta. Als Doris ins Krankenhaus geliefert wird, kommt Jenny zu ihr, da sie fühlt, dass Doris nicht mehr lange zu leben hat. Aber bevor sie stirbt, erfüllt Jenny ihr noch einen großen Herzenswunsch, wenn nicht sogar ihren größten...

„Das rote Adressbuch“ lebt von Dramatik und Gefühl. Nun besteht zwischen Literatur und Kitsch eine sehr schmale Gratwanderung, die nur zu leicht in Richtung des zweiten kippen kann. Nicht so sehr das Thema als vielmehr die Umsetzung entscheiden darüber, ob ein Werk zum Kitsch oder zur Literatur gezählt werden kann. „Das rote Adressbuch“ zeugt von noch nicht ganz ausgereiftem Literaturverständnis. Das wahrhaft Poetische ist hier nur in Ansätzen vorhanden, aber es hat durchaus Potenzial und so bleibt abzuwarten, wie sich die Autorin in ihren folgenden Werken weiterentwickeln wird. In „Das rote Adressbuch“ wirkt das Geschehen noch sehr konstruiert. Die Übergänge sind viel zu fließend. Auch die Gespräche, die sich zwischen Doris und Jenny stets wiederholen, wirken nicht natürlich. Es ist alles zu sehr Fiktion. Kitschige Fiktion, die aber natürlich wohl gerade deshalb so eine große Anziehungskraft ausübt, denn eine gewisse Dosis Kitsch braucht jeder Mensch ab und zu. Falls auch Du gerade danach dürstest, dann greif ohne zu zögern zu diesem Roman.