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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 08.01.2019

Bedingungslose Liebe in einer Welt des Lugs und Trugs

Stella
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Friedrich wächst zwischen den Kriegen zunächst wohlbehütet am Genfer See auf, bis ihm ein schrecklicher Unfall zustößt, der einiges verändert. Seine Mutter, eine Alkoholikerin, bindet ihn sehr stark an ...

Friedrich wächst zwischen den Kriegen zunächst wohlbehütet am Genfer See auf, bis ihm ein schrecklicher Unfall zustößt, der einiges verändert. Seine Mutter, eine Alkoholikerin, bindet ihn sehr stark an sich, sie hat große Pläne mit ihm, die durch den Unfall aber ins Wanken geraten. Sie verfällt immer mehr dem Alkohol, und Friedrich ist recht einsam. Die politische Entwicklung hält man weitgehend von ihm fern, bis er sich als junger Mann entscheidet, sich endlich einmal vom Elternhaus zu lösen, er will auf Reisen gehen. Seine erste Station ist Berlin, wo er schauen will, ob die vermeintlichen Judentransporter wirklich existieren oder nur erfunden sind. Schnell lernt er Kristin kennen und verliebt sich in sie. Kristin akzeptiert ihn, wie er ist, bringt ihm positive Gefühle entgegen und öffnet ihm so manche Tür zum Leben...doch eines Morgens wird Friedrich mit der Wahrheit konfrontiert: Kristin heißt in Wirklichkeit Stella und ist Jüdin, sie wurde von der Gestapo gefoltert und soll andere Juden ausliefern....
Zunächst waren meine Gefühle für den Hauptprotagonisten positiv und voller Mitleid, endlich wird er geliebt und übt sich im Vertrauen, doch bald fragt man sich, ob er an der Realität vorbei lebt. So blind kann man doch nicht sein! Und außerdem so egoistisch, denn Friedrich lebt ein Luxusleben in dieser ärmlichen Umgebung, weil er Geld hat und als Schweizer politisch nichts befürchten muss. Er liebt Stella bedingungslos und ohne jedes Misstrauen, obwohl sie oft einfach verschwindet, ohne zu sagen warum....
Immer wieder schiebt der Autor kurze authentische Gerichtsprotokolle ein, sie wurden dem Prozess gegen Stella Goldschlag entnommen. Dies hinterlässt ein beklemmendes Gefühl und zeigt die Hilflosigkeit der Verfolgten im 2.Weltkrieg. Im Gegensatz dazu werden auch ganz banale Sachen aufgelistet, die während des Schicksalsjahres 1942 geschahen, Fußballereignisse oder Paul McCartney wird geboren.....unfassbare Geschehnisse, wenn man in der Handlung des Buches verwurzelt ist.
Würgers Schreibstil ist klar und angenehm, er benutzt keine überladenen Beschreibungen und trotzdem kommt sehr viel Atmosphäre rüber, z.B. der brechend volle Musikclub oder auch die Suite im Luxushotel. Die Sätze sind überwiegend kurz und übersichtlich. Die Dialoge wirken authentisch und nicht inszeniert. Man könnte das Buch in einem durchlesen, es hat mich gefesselt. Am Ende legt man das Buch nicht einfach beiseite, es wirkt nach, es bleiben so viele Fragen, speziell zu der Liebe zwischen Friedrich und Stella, aber auch zu der damaligen Zeit und ihren Menschen.
Alles in allem ein sehr lesenswertes Buch, das ich ohne Zögern mit 5 Sternen belohne.

Veröffentlicht am 29.12.2018

Das grausame Spiel mit der Angst

Kälter als die Angst
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Eine Frau wird brutal erschlagen, als Täter wird sehr bald der Ehemann verhaftet, weil einige Umstände gegen ihn sprechen. In der Vergangenheit hat diese Frau jedoch Angst einflößende Drohbriefe erhalten, ...

Eine Frau wird brutal erschlagen, als Täter wird sehr bald der Ehemann verhaftet, weil einige Umstände gegen ihn sprechen. In der Vergangenheit hat diese Frau jedoch Angst einflößende Drohbriefe erhalten, steckt vielleicht doch jemand anderes hinter der Tat? Denn auch als der Ehemann in Untersuchungshaft sitzt, werden weiterhin mysteriöse Drohbriefe an andere Frauen geschrieben. Es ergibt sich ein verschlungenes Verdachtsgeflecht, dominiert von Angst, und ich habe mitgerätselt, wer als Täter in Frage käme. Die Aufklärung des Falls bringt eine zusätzliche böse Überraschung mit sich.
Es handelt sich hier um den 5.Band der Ermittler-Reihe, was aber kein Problem ist. Der Fall ist in sich abgeschlossen, und es finden sich ab und an Hinweise auf die Vorgängerbände. Für mich war es das erste Buch von Christine Drews, aber sicher nicht das letzte....
Die Personen und ihre Beweggründe bzw. Handlungen sind allesamt authentisch, wenn auch teilweise bizarr. Aber alles wird durch die Autorin gut vorbereitet und umgesetzt, nichts erscheint konstruiert. Ein solcher Fall könnte in jedermanns Nachbarschaft vorkommen.
Für mich ist es wichtig, dass das Krimigeflecht logisch aufgebaut ist, so dass ich Spuren verfolgen kann. Dies ist in diesem Krimi der Fall, ich habe ihn gern gelesen und konnte teilweise nicht einfach unterbrechen, ohne noch kurz in den nächsten Abschnitt hineinzulesen. Der Schreibstil der Autorin ist flüssig und abwechslungsreich, so dass das Buch mich in seinen Bann gezogen hat. Falsche Fährten und der Perspektivwechsel haben auch dazu beigetragen.
Sehr positiv fand ich, dass das Privatleben der beiden Kommissare nicht so stark in den Vordergrund gestellt wird. Wir erfahren zwar ein paar private Dinge, aber diese werden nur angedeutet, und im wesentlichen geht es um die Polizeiarbeit. Die beiden sind für mich auch absolute Sympathieträger, souverän in ihren Ermittlungen, ehrgeizig und zuverlässig, keine coolen, unglaubwürdigen Draufgänger. So muss es sein!
Alles in allem kann ich dieses Buch allen Krimiliebhabern empfehlen, die gerne mit auf Ermittlertätigkeit gehen und keine Action- Szenen brauchen. Von mir erhält das Buch 5 Sterne!

Veröffentlicht am 02.11.2018

Tödliche Eiskunst

Winterkalt: Thriller
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In einer kalten Winternacht wird eine angestrahlte Eisskulptur entdeckt, in die eine Leiche eingefroren wurde. Nach und nach tauchen mehr Skulpturenleichen auf, und es wird klar, dass hier nur ein Eiskünstler ...

In einer kalten Winternacht wird eine angestrahlte Eisskulptur entdeckt, in die eine Leiche eingefroren wurde. Nach und nach tauchen mehr Skulpturenleichen auf, und es wird klar, dass hier nur ein Eiskünstler am Werk sein kann. Die aufregende Suche nach dem Täter beginnt, es gibt einige Spuren, die aber auch wieder im Sande verlaufen. Auf jeden Fall wird deutlich, dass man es hier mit einem Psychopathen zu tun hat und dass dieser nicht zurückschrecken wird, weitere Opfer zu finden.
Auch dieser Krimi von Catherine Shepherd ist ein Meisterwerk, voller Irrungen und Wirrungen, und das ist genau das, was der Krimi/Thriller-Fan mag. Die Autorin legt Spuren, die sich als falsch erweisen, sie baut Cliffhanger ein, die es einem fast unmöglich machen, das Buch mal beiseite zu legen, und immer wieder gibt es überraschende Wendungen, die aber durchaus logisch sind. Man rätselt die ganze Lektüre über mit, man überlegt hin und her, sogar vor dem Einschlafen habe ich mir noch Gedanken zum möglichen Täter gemacht. Einfach herrlich!
Dazu kommt der flüssige Schreibstil, klar und übersichtlich, ohne unnötige Detailbeschreibungen. Das Lesen macht einfach Spaß. Dieses Buch gefällt mir noch eine Idee besser als der 'Flüstermann', weil hier der Täter länger verborgen bleibt.
Auch die Darstellung der Protagonisten gefällt mir, denn sie werden authentisch gezeichnet, mit Stärken und positiven Eigenschaften, wie z.B. die neue Rechtmedizinerin Lenja, aber auch mit Fehlern und Schwächen, z.B. die etwas naive Balletttänzerin. Sehr sympathisch ist mir Kommissar Florian Kessler, ruhig und kompetent. Nicht so sehr anfreunden kann ich mich mit Rechtsmedizinerin Julia Schwarz, sie ist mir zu perfekt und wirkt etwas affektiert, besonders was ihren Ex angeht, der ihr Chef werden soll. Auch diese Vielfalt an Charakteren sagt mir sehr zu.
Alles in allem möchte ich eine klare Leseempfehlung aussprechen, das Buch ist unterhaltsam und spannend. Von mir gibt es dafür 5 Sterne!

Veröffentlicht am 31.10.2018

Eindrucksvolle Charakterbilder (Hemingway und seine 3.Ehefrau)

Hemingway und ich
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Hemingway lernt seine 3. Frau, Martha Gellhorn, in Florida kennen, als sie dort mit Mutter und Bruder Urlaub macht. Martha erkennt ihn sofort, denn sie schwärmt schon lange für diesen herausragenden Schriftsteller. ...

Hemingway lernt seine 3. Frau, Martha Gellhorn, in Florida kennen, als sie dort mit Mutter und Bruder Urlaub macht. Martha erkennt ihn sofort, denn sie schwärmt schon lange für diesen herausragenden Schriftsteller. Martha selbst möchte auch schreiben, aber große Erfolge lassen auf sich warten. Sie ist hocherfreut, als sie auf Hemingways Sympathie trifft, die sich schnell in eine Beziehung verwandelt. Dabei ist er 10 Jahre älter als Martha und verheiratet, er hat auch Kinder. Ohne Rücksicht darauf beginnen die beiden eine sehr intensive Liebesbeziehung, die zunächst beiden Flügel verleiht, und das nicht nur im übertragenen Sinne. Sie reisen in Kriegsgebiete, wohnen mal hier und mal dort, schreiben beide und genießen das Leben mit vielen Freunden und reichlich Alkohol. Schließlich heiraten sie sogar, und es sieht nach einem Happy End aus.
Das sind die realen Grundlagen, aus denen Paula McLain einen fesselnden Roman zaubert, den sie mit fiktiven Elementen vermischt. Sehr authentisch sind in meinen Augen die Charaktere der Protagonisten beschrieben: Hemingway ist souverän, erfolgsgewohnt, egozentrisch, launisch und fordernd, immer auf Abenteuer aus, sei es in privater oder beruflicher Mission. Martha ist selbstbewusst, reiselustig und auch auf Abenteuer aus, aber irgendwo in ihrem Inneren sehnt sie sich nach einem beständigen Zufluchtsort. Als sie den jedoch gefunden hat, hält sie es nicht lange aus und sucht wieder das Abenteuer und die Freiheit. Sie muss aber immer wieder Kompromisse eingehen, um Hemingway als Lebenspartner zu halten. Und dieser hat seine Methoden, um sie unter Druck zu setzen...
Schließlich erreicht Martha den Punkt, wo sie erkennt, dass ihre schriftstellerischen Erfolge und ihre Beliebtheit in hohem Maße von Hemingway abhängig sind, und nun sieht sie sich zu einer Entscheidung genötigt. Soll sie ihre eigenständige Karriere weiterverfolgen, oder soll sie als Frau Hemingway im Schatten des berühmten Mannes stehen? Dies ist keine leichte Entscheidung, aber Hemingways zunehmend drangsalierendes Verhalten ihr gegenüber hilft bei der Wahl.
Paula McLain hat hervorragende Recherchen durchgeführt, denn sie vermittelt hinter der eigentlichen Handlung ein authentisches Bild dieser Zeit. Der eingegliederte historische Hintergrund ist gut verständlich und war für mich sehr hilfreich .Etwas langwierig fand ich nur die detaillierten Kriegsberichte von der jeweiligen Front.
Ansonsten hat mich das Buch überzeugt, ich habe es sehr gern und mit Spannung gelesen, konnte es teilweise nicht weglegen, ohne noch ein weiteres Kapitel zu lesen.....deshalb kann ich eine klare Leseempfehlung aussprechen!

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Veröffentlicht am 22.10.2018

Leben MIT der Natur

Das Vogelhaus
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Len Howard hat die Liebe zu wild lebenden Vögeln von ihrem Vater gelernt, denn auch dieser beobachtete Vögel, pflegte verletzte Tiere wieder gesund und band Len in all diese Tätigkeiten ein. Sie wird Geigerin, ...

Len Howard hat die Liebe zu wild lebenden Vögeln von ihrem Vater gelernt, denn auch dieser beobachtete Vögel, pflegte verletzte Tiere wieder gesund und band Len in all diese Tätigkeiten ein. Sie wird Geigerin, durchlebt eine turbulente Pubertät und verdient danach ihr Geld als Geigerin in einem Londoner Orchester. Nach einigen Jahren und einer zerbrochenen Liebe beschließt sie, die laute Großstadt zu verlassen, ihren Job zu kündigen und endlich das zu tun, was sie am meisten mag: sich der Vogelbeobachtung widmen. Sie kauft von ihrem Erbe (nach dem Tod des Vaters) ein kleines Cottage am Waldrand und beginnt ihre Studien.
Sie verbindet sich mit der Natur, die sie vorfindet, macht Entdeckungen und Erfahrungen, die im schnell vorbeiziehenden Alltag keinen Platz finden können. Sie beobachtet die Vögel um sie herum, kümmert sich um sie und gewinnt ihr Vertrauen. Sie teilt ihr Leben mit diesen wunderbaren Tieren, lässt sich völlig auf sie ein und bietet ihnen sogar den Zutritt zu ihrem Haus. Und auch die Vögel merken schnell, dass dieser Mensch es gut mit ihnen meint und keine Gefahr darstellt. Die entstehenden Beziehungen zwischen Len und ihren Mitbewohnern werden von der Autorin sehr einfühlsam und authentisch beschrieben, so dass ich manchmal Tränen in den Augen hatte. Kein Mensch muss die Natur bekämpfen, man kann ganz wunderbar mit ihr leben. Das zeigt uns Len Howard am Beispiel ihrer Vögel.
Ich denke, dass die Autorin selbst auch ein gutes Verhältnis zur Natur hat, denn sonst könnte sie Lens Geschichte nicht so überzeugend darstellen. Ihre Recherchen zu dieser einzigartigen Frau waren intensiv und erfolgreich. Len Howard ist für mich eine bewundernswerte Frau, die ihren Idealen treu bleibt und dafür kämpft.
Der Schreibstil lässt sich gut lesen und vermittelt einprägsam die Atmosphäre der jeweiligen Situation. Die Sätze sind einfach gehalten, oft kurz, so wie die Gedanken im Kopf herumschwirren.
Ich liebe dieses Buch und möchte es jedem nahelegen, der sich als Freund der Natur sieht oder ein besonderes Verhältnis zu unseren gefiederten Freunden hat. Es ist ein Buch, das nachwirkt und indirekt Anregungen für den Umgang mit der Natur und ihren Lebewesen gibt.