Profilbild von Krimine

Krimine

Lesejury Star
offline

Krimine ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Krimine über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 26.12.2018

Ein wunderbar authentisches Hörbuch, das den Wandel eines Dorfes und seiner Bewohner beschreibt

Mittagsstunde
0

Ein Dorf hoch im Norden, das geprägt wird von den Eigenheiten seiner Bewohner, steht im Mittelpunkt der Erzählung von Dörte Hansen, die das Leben innerhalb der eingeschworenen Gemeinschaft beschreibt. ...

Ein Dorf hoch im Norden, das geprägt wird von den Eigenheiten seiner Bewohner, steht im Mittelpunkt der Erzählung von Dörte Hansen, die das Leben innerhalb der eingeschworenen Gemeinschaft beschreibt. Dort grüßt jeder jeden, zum Feierabend gibt es im Dorfkrug ein Bier und Alt und Jung verstehen sich ohne, dass viel geredet wird. Doch ganz allmählich schleichen sich in das geregelte Dorfleben Änderungen ein und die Dinge sind plötzlich nicht mehr so, wie man sie kennt. Denn nicht nur die Kinder werden flügge und ziehen weg, auch das Land fällt einer Flurbereinigung zum Opfer und wird neu aufgeteilt. Und mittendrin verrichten die Alten ihr Tagwerk, als wäre nichts geschehen, während um sie herum neue Wohngebiete und Straßen entstehen.

"Mittagsstunde" ist nach "Altes Land" der zweite Roman von Dörte Hansen, in dem es um das veränderte Leben auf dem Land und um seine neuen und alten Bewohner geht. Mit viel Empathie versteht sie es, ihren Figuren einen nachvollziehbaren Charakter zu verleihen und sie so zu schildern, wie sie sind. Angefangen mit Söhnke, der im Alter noch einmal die Rolle des Vaters annimmt und sein im Stich gelassenes Enkelkind wie den eigenen Sohn aufzieht. Über seine Tochter Merit, die nicht ganz richtig im Oberstübchen ist, im Dorf aber einen festen Platz einnimmt oder Ella, die plötzlich in fließenden Gewässern lebt und ihn mit Vorliebe kneift. Und dann gibt es da noch die Kinder, die ihren Nachbarn ähnlicher, als den eigenen Eltern sehen und den Pfarrer, der mehr Herzblut in die Bestattung der toten Tiere legt, als in den Gottesdienst zuvor. Ein sehr eigenes Volk, das über Jahrzehnte zusammengewachsen ist und nun den Ausläufern des Fortschritts weichen muss.

Gelesen wird der von einem unumgänglichen Neubeginn erzählende Roman von Hannelore Hoger, die das authentische Geschehen in einer eher emotionslosen Weise darzubieten versteht. So drängt sie den völlig unterschiedlichen Figuren und den mit ihnen einhergehenden Begebenheiten weder einen eigenen Stempel auf, noch wertet sie diese. Vor allem dadurch verhilft sie ihnen zum Leben, weil sie sie in ihrer ganzen Knorrigkeit in Erscheinung treten lässt und ihnen die ans Licht drängenden Mängel in gewisser Weise verzeiht. Manchmal dadurch, indem sie für sie singt, ein anderes Mal, weil sie ihren Dialekt annimmt. Eine Interpretation, die vor allem wegen ihrer Schlichtheit als gelungen bezeichnet werden kann und viel von den Gefühlen und Eigenheiten der Dorfbewohner verrät.

Fazit:
Ein wunderbar authentisches Hörbuch, das völlig unspektakulär den Wandel eines Dorfes und seiner Bewohner beschreibt und dabei angenehm kurzweilig und unterhaltsam ist.

Veröffentlicht am 19.12.2018

Ein emotional fesselnder Thriller

Ich vernichte dich
0

Melanie Barrick hat in ihrem Leben schon viel durchgemacht. Nach Alkoholexessen ihres Vaters und Problemen in der Familie wurde sie in Kinderheimen und Pflegefamilien untergebracht und musste erfahren, ...

Melanie Barrick hat in ihrem Leben schon viel durchgemacht. Nach Alkoholexessen ihres Vaters und Problemen in der Familie wurde sie in Kinderheimen und Pflegefamilien untergebracht und musste erfahren, wie schwer es ist, auf sich gestellt zu sein. Nun aber ist sie glücklich verheiratet und hat in ihrem Mann Ben einen Partner gefunden, der sie liebt und ihrem Sohn Alex ein guter Vater ist. Allerdings nur bis zu dem Tag, als sie verdächtigt wird, eine Drogenhändlerin zu sein und das Jugendamt ihr den Sohn wegnimmt. Ein Desaster, das sie nicht alleine lösen kann. Doch ihr Mann Ben ist plötzlich verschwunden und der vom Gericht gestellte Anwalt scheint auch keine große Hilfe zu sein. Deshalb geht Melanie den Anschuldigungen selbst auf den Grund und kommt einem Komplott auf die Spur, dessen Drahtzieher sie mit allen Mitteln vernichten will.

"Ich vernichte dich" ist nach "Nicht ein Wort" der zweite Thriller des amerikansichen Journalisten und iserfolgreichen Autors Brad Parks, der seinen Weg in die deutschen Buchläden fand. In ihm steht erneut das Schicksal einer ganzen Familie im Mittelpunkt des Geschehens, während ein perfider Täter sein böses Spiel mit ihnen treibt. Ein Szenario, das unter die Haut zu gehen versteht und gleichzeitig die Frage aufwirft: Wie kann so etwas Schreckliches in einem Rechtsstaat geschehen? Denn obwohl die Geschichte von Melanie Barrick frei erfunden ist und alle weiteren Figuren auf frei erfundene Charaktere des Autors beruhen, entbehrt sie nicht einer gewissen Realität. Und genau dieses Wissen macht dem Leser zu schaffen und sorgt dafür, dass er von vielfältigen Gefühlen getrieben, nur so über die Seiten fliegt.

Erzählt wird die Geschichte eines unvorstellbar grausamen Verbrechens in zwei Handlungssträngen, von denen einer durch Melanie als Icherzählerin bestritten wird und der andere die Ereignisse rund um die stellvertretende Staatsanwältin Amy Kaye beschreibt. So erhält der Leser einen guten Einblick in beide Seiten und kann verfolgen, wie Melanie mit den unfassbaren Anschuldigungen klarzukommen versucht, während die Behörden immer wieder neue Vorwürfe gegen sie erheben. Und dann gibt es noch die Pflegeeltern von Alex, deren Umgang mit ihrem neuen Familienmitglied in einigen kurzen Passagen geschildert wird und die Ermittlungen zu einem flüsternden Vergewaltiger, die die Staatsanwältin im Alleingang führt. Ein sehr vielschichtiger Plot, der trotz einiger Schwächen im Mittelteil, mit interessanten Figuren und unvorhersehbaren Wendungen daherkommt und fesselnde Unterhaltung beschert.

Fazit:
Ein emotional fesselnder Thriller mit viel Atmosphäre, einer bewundernswert starken jungen Mutter und einem unvorhersehbaren Handlungsverlauf. Eine gute Empfehlung für Leser, die spannende Familientragödien kombiniert mit undurchsichtigen Verbrechen mögen.

Veröffentlicht am 17.12.2018

Ein ungewöhnlicher Hamburgkrimi und ein Schriftsteller, der mit seinen Dämonen kämpft

Mordflüstern
0

Der erfolgreiche Schriftsteller Lars Faber kehrt nach der Trennung von seinem Lebenspartner George nach Hamburg zurück, wo er an einem neuen Buchprojekt über Serienmörder arbeiten will. Doch egal, ob er ...

Der erfolgreiche Schriftsteller Lars Faber kehrt nach der Trennung von seinem Lebenspartner George nach Hamburg zurück, wo er an einem neuen Buchprojekt über Serienmörder arbeiten will. Doch egal, ob er in Wien an einer bekannten Krimireihe schreibt oder im Hamburg die Spuren von Mehrfachmördern verfolgt. Immer wieder hört er sie, die Stimme seiner verstorbenen Mutter, die von despotischen Männern und dem Drang, sie zu ermorden spricht. Deshalb begibt er sich von einer merkwürdigen Unruhe geplagt in Therapie und hofft, den Dämonen der Vergangenheit beizukommen. Ein Irrtum, wie sich bald herausstellen wird. Denn kaum ist sein Buch erschienen, geschieht ein Mord, der der auf die gleiche Weise verübt worden ist, wie er es dort beschrieben hat.

"Mordflüstern" ist ein ungewöhnlicher Hamburgkrimi, der von dem österreichischen Romanschriftsteller Josef J. Preyer stammt, der vielen Lesern durch die Serienromane um Jerry Cotton oder Sherlock Holmes bekannt sein dürfte. Nun hat er mit dem Hamburger Schriftsteller Lars Faber eine neue Figur ins Rennen geschickt, die durch ihre Zwielichtigkeit und ihre merkwürdigen Traumfantasien nur schwer zu durchschauen ist. Und obwohl die Ereignisse aus seiner Sicht geschildert werden und der Leser tief in seine Gedanken schauen kann, weiß er lange Zeit nicht, ob er dem angeblich nur mit Worten mordenden Schriftsteller trauen kann oder ob dieser verantwortlich für die in Hamburg mit einem Rasiermesser verübten Morde ist.

Der Schreibstil von J.J. Preyer zeichnet sich durch eine gute Lesbarkeit aus, verwirrt aber anfänglich durch die Vermischung von tatsächlichen Ereignissen mit immer wieder auftauchenden Gedankensplittern aus der Vergangenheit. Deshalb dauert es einige Zeit, bis sich der Leser zurechtfinden kann und genau, wie Lars Faber zu ermitteln beginnt. Dann aber wird er gleich mit einer ganzen Handvoll an Verdächtigen konfrontiert, die das immer turbulenter werdende Geschehen ordentlich aufzumischen verstehen. Beginnend mit Fabers Therapeut, der öfter einmal merkwürdige Andeutungen macht, über seinen Verleger, der die Situation des unsicheren Schriftstellers gut für seine Zwecke auszunutzen versteht, bis hin zu seinem Freund, dem er gerne in allen Belangen trauen möchte, scheinen alle auf die eine oder andere Art in die Mordserie verwickelt zu sein. Wer aber letztendlich der wahre Täter ist, bleibt bis ganz zum Schluss geheim.

Fazit:
Ein unterhaltsamer Hamburgkrimi, der durch die Verknüpfung von Vergangenheit und Gegenwart zunächst einmal verwirrt, später aber wunderbar spannend und vielseitig in Erscheinung tritt.

Veröffentlicht am 11.12.2018

Ein wunderbar atmosphärischer Gruselthriller

Bevor es dunkel wird
0

Die amerikanische Künstlerin Zoe Adams mietet auf einer kleinen schottischen Insel ein altes Haus, in dem sie sich nach der Trennung von ihrem Ehemann erholen will. Doch kaum ist sie dort angekommen, wird ...

Die amerikanische Künstlerin Zoe Adams mietet auf einer kleinen schottischen Insel ein altes Haus, in dem sie sich nach der Trennung von ihrem Ehemann erholen will. Doch kaum ist sie dort angekommen, wird sie von den Inselbewohnern mit unheimlichen Geschichten konfrontiert und muss erfahren, dass das abgelegene Anwesen ein Spukhaus ist. Schon öfter wurden in seiner Nähe geisterhafte Gestalten gesehen, während im vergangenen Jahr ein elfjähriger Junge dort verschwand. Zoe, die nicht an übernatürliche Dinge glaubt, misst den Gerüchten wenig Bedeutung bei. Ein Fehler, wie sich bald herausstellen wird. Denn in den Nächten rauben ihr laute Poltergeräusche und schauerliche Gesänge den Schlaf, während sie gleichzeitig seltsam reale Träume erlebt. Deshalb geht sie den Ursachen auf den Grund und befindet sich schon bald in höchste Gefahr.

Stephanie Merritt hat mit „Bevor es dunkel wird“ einen gut funktionierenden Gruselthriller erdacht, der angelehnt an eine alte Legende, angenehm zwielichtig unterhält. Dabei sind es vor allem die unerklärlichen Vorkommnisse und ständig kursierenden Gerüchte, die den Glauben entfachen, dass seit dem Tod einer dort lebenden und von Geistern heimgesuchten Witwe ein Fluch auf dem alten Anwesen liegt. Doch anstatt es in Ruhe zu lassen, hat der Pubbesitzer und Erbe des Hauses hat etwas ganz anderes vor. Er vermietet das von ihm auf Vordermann gebrachte Haus an Zoe, die sich bereits in der ersten Nacht den Geistern der Vergangenheit stellen muss. So wird sie von merkwürdigen Geräuschen erschreckt, erlebt Dinge, die sie sich in keiner Weise erklären kann, und findet auf ihrem Anrufbeantworter Nachrichten vor, die überaus seltsam sind. Aber auch das Gefühl beobachtet zu werden, lässt sie nicht los, wie auch die Befürchtung, dass hinter den mysteriösen Vorfällen etwas ganz anderes steckt.

Stephanie Merritt ist eine britische Autorin, die bereits mit denen von ihr unter dem Pseudonym S.J. Parris/Stephanie Parris verfassten historischen Romanen bekannt geworden ist. Nun wagt sie sich an ein neues Genre heran und hat mit "Bevor es dunkel wird" einen Furcht einflößenden Thriller zu Papier gebracht, der durch die in ihm verwendeten Gruselelemente gut funktioniert. Dabei ist es egal, ob die merkwürdigen Ereignisse realistisch in Erscheinung treten oder eher an den Haaren herbeigezogen sind. Denn kombiniert mit den Gefühlen einer emotional angegriffenen und allein lebenden Frau entwickeln sie schnell ihr Angst einflößendes Potenzial. Hinzu kommt eine Atmosphäre, die wie geschaffen für Panik auslösende Momente ist und eine Vielzahl an alten Geschichten, die in einem engen Zusammenhang mit den parapsychologischen Experimenten des einstigen Hausbesitzers stehen. Und obwohl es Situationen gibt, die unnötig ausgeweitet worden sind oder überspitzt in Erscheinung treten, überwiegt das mit der Geschichte einhergehende unheimliche Gefühl und sorgt dafür, dass das Buch nur schwer aus der Hand zu legen ist.

Fazit:
Ein gelungener Gruselthriller, der romantische und mystische Elemente in sich birgt und seinen Lesern einige Stunden spannende Unterhaltung beschert


Veröffentlicht am 18.11.2018

Ein raffiniert durchdachter zweiter Fall für die Hobbydetectivin aus St. Mary Meat

Die Tote in der Bibliothek
0

In der Bibliothek der Bantrys wird die Leiche einer jungen Frau entdeckt, die niemand zu kennen scheint. Dabei weisen vor allem ihr kitschiges Abendkleid und das schlecht gefärbte Haar darauf hin, dass ...

In der Bibliothek der Bantrys wird die Leiche einer jungen Frau entdeckt, die niemand zu kennen scheint. Dabei weisen vor allem ihr kitschiges Abendkleid und das schlecht gefärbte Haar darauf hin, dass sie keinesfalls in die gediegene Umgebung des alten Herrenhauses passt. Und so nimmt neben dem am Tatort erscheinenden Colonel Melchett auch Miss Marple die Ermittlungen auf, die von ihrer Freundin Mrs. Bantry dorthin gebeten worden ist. Schließlich passiert sonst nie ein Mord im eigenen Haus und deshalb ist die Versuchung für die Hausbesitzerin, ihn selbst aufzuklären, besonders groß. Ein waghalsiges Unterfangen, das durch die tatkräftige Unterstützung von Miss Marple auch gelingt und ein Motiv aufdeckt, das genauso alt wie die Menschheit ist.

"Die Tote in der Bibliothek" ist nach Mord im Pfarrhaus" der zweite Fall für die in die Jahre gekommenen Hobbydetektivin Jane Marple, der auch unter dem Titel "Das Rätsel der Tänzerin" erschienen ist. In ihm geben sich gleich eine ganze Handvoll Ermittler die Klinke in die Hand, um herauszufinden, wer hinter der unbekannten Toten steckt und warum diese ausgerechnet in der Bibliothek der Bantrys lag. So wird der Leser neben den Bemühungen von Colonel Melchett und Miss Marple auch mit den Recherchen vom zuständigen Superintendenten Harper und von Sir Henry Clithering konfrontiert, der einst für Scotland Yard tätig war. Schon allein dadurch offenbart sich, wie wichtig die Klärung des unglückseligen Falles für das Ansehen des ehrwürdigen Colonels Arthur Bantry ist, der in der Grafschaft eine wichtige Rolle einnimmt.

Die Figuren in dem mit einer menschlichen Tragödie einhergehenden Fall wurden von Agatha Christie mit viel Kalkül erdacht. Dadurch gelingt es dem Leser lange Zeit nicht hinter ihre unscheinbaren Fassaden zu schauen und zu ergründen, worum es in dem immer gefährlicher werdenden Spiel wirklich geht. Ein weiterer Mord, mehrere Verdächtige, wasserdichte Alibis und fehlende Motive tun ihr Übriges dazu, dass der mit einer ordentlichen Portion verbrecherischem Potenzial angereicherte Fall bis zum Schluss spannend bleibt. Und erst, als eine ins rechte Licht gerückte Beobachtung von Miss Marple das Rätsel um die ermordete Tänzerin lösen kann, wird der Gerechtigkeit Genüge getan und der Täter überführt.

Fazit:
Ein raffiniert durchdachter zweiter Fall für die Hobbydetektivin aus St. Mary Meat, die wieder einmal von ihrer Menschenkenntnis profitiert und mit ihrem Scharfsinn die Bemühungen erfahrener Polizisten in den Schatten stellt.