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Veröffentlicht am 16.07.2019

Toller 2. Teil der Serie, auch gut für Einsteiger geeignet

Die Raben-Bande
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Der zweite Band rund um die Raben-Bande ist ein sehr gelungenes Kinderbuch. Mir hat es - bis auf einige Kleinigkeiten - gefallen.

Sandra König kommt in ihrem Buch gleich zur Sache. Sehr gefreut hat mich, ...

Der zweite Band rund um die Raben-Bande ist ein sehr gelungenes Kinderbuch. Mir hat es - bis auf einige Kleinigkeiten - gefallen.

Sandra König kommt in ihrem Buch gleich zur Sache. Sehr gefreut hat mich, dass das "Giftköder!" auch sehr gut gelesen werden kann, wenn man den ersten Teil nicht kennt. Sehr geschickt und zielgruppengerecht charakterisiert sie die einzelnen Mitglieder der Raben-Bande gleich am Anfang. Auch der "Giftköder"-Fall wird schnell eingeführt. Das hat mir sehr gefallen. Ich bin mir sicher, dass Kinder das ebenso empfinden.

Mich erinnerte die Raben-Bande immer wieder ein bisschen an "Die fünf Freunde", was aber sicher auch auf Nostalgie meinerseits zurückzuführen. Die Raben-Bande ist wesentlich moderner geschrieben, die Charaktere sind im Prinzip wenig vergleichbar mit denen der fünf Freunde. Trotzdem: Kinder/Jugendliche, die Fälle lösen - da muss ich eben an Enid Blytons Freunde denken, die ich als Kind verschlungen habe.

Aber zurück zur Raben-Bande: Im Park von Vellmar wurden in letzter Zeit Hunde vergiftet. Zum Glück ist bisher kein Hund an den Vergiftungen gestorben. Die Band wird dank eines Flugblatts auf die Gefahr für die Hunde aufmerksam und beschließt, den Fall zu lösen.

Aber bevor sich die Raben-Bande ins Abenteuer stürzt, gilt es, noch einige andere Probleme zu lösen - unter anderem ein Missverständnis mit Onkel Peer, der seit kurzem bei Bandenchef Bens Eltern und ihm im Haus lebt.

Das Buch ist in der Summe ausgewogen: Eher private Probleme sind genauso Bestandteil der Geschichte wie der Fall selbst. Gut ist auch, dass ganz nebenbei auch andere Themen ihren Weg ins Buch gefunden haben: zum Beispiel, weshalb Schokolade gar nicht gut für Hunde ist. So lernen die jungen Leserinnen noch ein bisschen.

Es gab ein paar Passagen im Buch, die ich als Erwachsene natürlich anders empfinde als die jungen Leser
innen. Zum Beispiel reagieren die Erwachsenen im Buch teilweise aus meiner Sicht extrem verständnisvoll, im Kontext aber wäre es für Kinder sicher zu viel, wenn zu einem Konflikt noch ein weiterer Konflikt käme. Insofern ist das nachvollziehbar und soll kein Kritikpunkt sein.

Das einzige, was ich in dem Buch tatsächlich vermisst habe, waren Minderheiten - egal, welche Minderheit man nimmt. Das Familienbild, das im Buch präsentiert wird, ist eher konservativ. Die Männer stehen am Grill, während die Frauen kochen und den Tisch decken, Mädchen tratschen, Persons of Color und Homosexuelle tauchen gar nicht auf und so weiter. Ich persönlich wünsche mir, dass Sandra König in den folgenden Bänden etwas mehr Vielfalt präsentiert, denn die Natur mag Vielfalt und es wäre schön, wenn sie auch etwas mehr repräsentiert würde.

Alles in allem hat mir das Buch ansonsten aber sehr gut gefallen. Klare Empfehlung für Kinder!

Veröffentlicht am 23.03.2019

Nichts für schwache Nerven

1793
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Was für ein Debüt! Mir hat es sehr gefallen, aber ich schreibe es am besten gleich am Anfang: Dieses Buch ist nichts für Zartbesaitete.

"1793" - man mag es kaum glauben - ist das Jahr, in dem dieses ...

Was für ein Debüt! Mir hat es sehr gefallen, aber ich schreibe es am besten gleich am Anfang: Dieses Buch ist nichts für Zartbesaitete.

"1793" - man mag es kaum glauben - ist das Jahr, in dem dieses Buch spielt. Und Niklas Natt och Dag beschönigt nichts. Menschen, die einer romantischen Vorstellung des Lebens im 18. Jahrhundert in Schweden im Speziellen und Europa im Allgemeinen frönen, werden enttäuscht werden und in die harte Realität der damaligen Zeit geworfen: Stockholm ist nämlich dreckig, es stinkt, die Menschen sind hart, das Leben noch härter, unfassbare Armut trifft auf unfassbaren Reichtum, es gibt keine Hemmungen, keine Moral.

In diesem Stockholm, von dem man annehmen sollte, dass die Menschen dort so abgehärtet sind, dass sie so leicht nichts aus der Fassung bringt, wird eine Leiche gefunden, die selbst den Hartgesottenen den Magen umdreht. Der tote Mann wurde vor seinem Tod nach und nach dermaßen verstümmelt, dass man sich fragt, wer zu so etwas fähig ist. Zwei Männer - Cecil Winge und Jean Michael Cardell, die der Leichnam zusammenführt - machen sich auf, den Täter zu finden.

Das Herausragende des Buches ist die Fähigkeit Natt och Dags diese vergangene Zeit realitätsnah und vor allem plastisch wiederaufleben zu lassen. Wer historische Romane mag, macht hier zunächst nichts falsch. Mir jedenfalls hat das Buch allein schon deshalb sehr gefallen, weil hier nichts beschönigt wird. Das Leben war hart. Dass Natt och Dag es nun schafft, in diese Welt, in der ein Leben wenig zählt, ein grausames Verbrechen zu transportieren, sagt schon einiges über die Gewalt, die der Leiche angetan wurde. Und ganz ehrlich: Die Leiche ist wirklich nicht schön, der Mensch, dem die Verstümmelungen am lebendigen Leib zugefügt wurden, muss unfassbare Qualen erlitten haben. Aber nicht nur die Schmerzen, die ihm zugefügt wurden, sind unfassbar. Die Grausamkeit der Tat wird am Ende des ersten Abschnitts, der im Herbst 1793 stattfindet, noch einmal multipliziert. Was dem armen Mann vor seinem Tod angetan wurde, ist von so unfassbarer Grausamkeit, dass ich schockiert war.

Dabei hält Natt och Dag aber immer die Waage. Ich hatte nie das Gefühl, eine Art "Torture Porn" zu lesen. Die Gewalt im Buch ist kein Selbstzweck. Nein, es macht keinen Spaß im herkömmlichen Sinn, "1793" zu lesen. Mir jedenfalls nicht. Aber die dargestellte Gewalt - zumindest die in den ersten zwei Abschnitten - ergibt jederzeit Sinn, ist kurz und knapp beschrieben, ohne dass sich der Autor darin suhlt, sondern dient immer der Geschichte. Und genau das macht einige Passagen umso grausamer. Denn das Dargestellte ist nicht witzig, es ist bierernst.

Der dritte und letzte Abschnitt sind einfacher zu bewältigen. Das Kopfkino wird immer noch bedient, aber es findet in einem Rahmen statt, der besser zu ertragen ist. Es wird nach wie vor die alltägliche Gewalt und Hoffnungslosigkeit dargestellt, aber monströse Tat selbst ist abgeschlossen, es gilt, die Fäden zusammenzuführen, den Täter zu präsentieren, einen Abschluss zu finden. Ich habe das fast als beruhigend empfunden.

Ich will ehrlich sein: Das Buch ist brutal, es ist sehr gut, aber das Ende, ach, das Ende! Es ist nicht schlecht, aber gemessen am Anfang ist es meiner Meinung nach banal und wird dem vorher Erzählten nicht ganz gerecht. Natt och Dag hat sich so viel Mühe gegeben, dem Jahr 1793 gerecht zu werden, hat es geschafft, Zeitsprünge innerhalb dieses Jahres einzubauen, die ich so nicht erwartet hatte, und dann fällt ihm kein besseres Ende, keine bessere Erklärung ein. Das ist ein bisschen schade.

Das Ende ist kein glatter Reinfall, keineswegs, aber das Buch, das so furios begonnen hat, wird zum Ende hin immer schwächer (nicht zwingend schwach) und das ist natürlich schade.

Noch eine abschließende Anmerkung: In der Inhaltsangabe zum Buches wird auf Sherlock Holmes verwiesen. Dieser Verweis ist Quatsch. Winge hat absolut nichts mit Sherlock Holmes zu tun und er ist auch nicht - wie behauptet wird - "genialer als Sherlock Holmes". Ich habe selten eine so unsinnige Behauptung gelesen. Manchmal frage ich mich wirklich, was die Verlage treibt, so einen Unsinn zu verbreiten. (Jaja, schon klar, Interesse schüren, Kaufreize bieten etc. pp, nur kann das eben auch zu Enttäuschung führen, wenn jemand diesem Quatsch Glauben schenkt und dann das Buch liest. Zumal das Buch gut genug ist, dass so ein Schwachfug nicht nötig ist.)

Veröffentlicht am 17.02.2019

Spannend bis zum Schluss

Ich bin der Schmerz
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Die Shepherd-Reihe steigert sich von Buch zu Buch. Zumindest bisher. Empfand ich den ersten Teil noch als sehr schwach und das Ende als hanebüchen, war der zweite Teil schon eine deutlich bessere und ausgegorene ...

Die Shepherd-Reihe steigert sich von Buch zu Buch. Zumindest bisher. Empfand ich den ersten Teil noch als sehr schwach und das Ende als hanebüchen, war der zweite Teil schon eine deutlich bessere und ausgegorene Angelegenheit. Nun habe ich den dritten Teil gelesen und bin durchaus angetan, denn Ethan Cross lässt Marcus Williams durch die Hölle gehen.


Wie auch schon beim Vorgänger gilt auch hier, dass man die Existenz der Shepherd-Organisation und ihre Fähigkeiten akzeptieren muss, um halbwegs Spaß am Buch zu haben. Mir persönlich ist das gelungen und Francis Ackerman jr. entwickelt sich mehr und mehr zu meinem Liebling, auch wenn seine Entwicklung - vor allem das rasante Tempo - etwas fragwürdig ist.

Wie auch immer: Die Shepherd-Organisation hat sich an die Fersen des "Anstifters" geheftet, einem üblen Serienmörder. Und ob Marcus Williams es will oder nicht, Ackerman jr. versucht, ihn zu unterstützen. Aber der Anstifter ist nicht allein...

Die Charaktere sind nicht zwingend realistisch angelegt. Tatsächlich ist vor allem Marcus Williams ein wandelndes Klischee. Ähnlich verhält es sich mit seinen Mitstreitern und natürlich auch mit Francis Ackerman jr. Interessanterweise ist es vor allem letzterer, dessentwegen ich überhaupt die Serie weiterlese. Denn er ist die einzige Person mit echten Ecken und kannten und - ausgerechnet - menschlichen Zügen. Alle anderen Personen sind dermaßen überzeichnet, dass eine Identifikation - zumindest mir - echt schwer fällt. Mitgefühl für diese Personen aufzubringen, fällt mir streckenweise wirklich schwer. Das ist auch einer der Gründe, weshalb ich die Reihe nicht als herausragend, sondern tendenziell als solide bezeichnen würde.

Immerhin: Ethan Cross hat es diesmal geschafft, einige überraschende Wendungen einzuarbeiten, die mir persönlich Lesespaß bereitet haben. Und auch wenn Ackerman jr. nicht mehr das personifizierte Böse darstellt, ist er derjenige, der innerhalb der Reihe für Unterhaltung sorgt - und das immerhin so gut, dass ich gleich den vierten Teil lesen werde.

Veröffentlicht am 06.02.2019

Macht Lust auf mehr! Tolles Buch!

Eisige Tage
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Ehrlich gesagt habe ich zunächst gar nicht viel erwartet. Ich habe mich allein auf die Inhaltsangabe verlassen und die hat mich bereits mit den ersten zwei Sätzen überzeugt: „Winter in Leipzig, die Stadt ...

Ehrlich gesagt habe ich zunächst gar nicht viel erwartet. Ich habe mich allein auf die Inhaltsangabe verlassen und die hat mich bereits mit den ersten zwei Sätzen überzeugt: „Winter in Leipzig, die Stadt erstarrt in Eiseskälte. In einem Auto am Elster-Saale-Kanal wird die steifgefrorene Leiche eines Anwalts gefunden.“ Den Rest der Inhaltsangabe habe ich schon wieder vergessen. Er ist nicht wichtig.

Wichtig ist: Das Buch ist gut. Der Fall ist vielschichtig, die Figuren sind vielschichtig, Alex Pohl schafft es, atmosphärisch dicht zu schreiben, ohne ausufernd zu werden – sowohl den Schreibstil als auch den Inhalt betreffend -, was ich als sehr angenehm empfunden habe.

Im Vordergrund steht das Ermittlerduo Seiler/Novic – beide mit einer nicht allzu erfreulichen Vergangenheit gesegnet, die sich den Leserinnen im Verlauf des Romans nach und nach eröffnet. Beide Hauptfiguren sind auf ihre Art sympathisch, so dass man deren Ermittlungsarbeit gerne folgt.

Und dann ist das noch der Fall, der Spuren bis nach Moskau zieht, und – sehr zum Leidwesen von Seiler und Novic – auch zur in Leipzig ansässigen Russenmafia führt. Das zieht nach sich, dass es auch etwas brutalere Szenen gibt, aber auch hier bleibt Pohl sich treu und suhlt sich nicht in unnötiger Gewalt, sondern deutet diese eher an – der Rest bleibt der Phantasie der Leser
innen überlassen (und die ist eh oft fieser als das, was Autoren oft niederschreiben).

Was Pohl hervorragend gelingt, ist das Herausarbeiten der Grautöne. Es gibt natürlich auch das reine Weiß und das reine Schwarz – aber vor allem gibt es viele Schattierungen, die gut herausgearbeitet wurden und so ein realistisches Gesamtbild ergeben. Mir hat außerdem die lakonische Art gefallen, mit der die Geschichte erzählt wird. Mich hat der Roman „gepackt“ in einer Art und Weise, die ich vorher nicht für möglich gehalten hätte.

Vor allem hat mir Spaß gemacht, dass ich nicht für dumm verkauft wurde. Pohl lässt lose Enden zu, traut den Leser*innen zu, dass sie selbst denken können. Nein, keine Sorge, man kommt natürlich genug erklärt, aber das alles in einem sehr angenehmen Maß.

Eigentlich bleibt mir nur noch eins zu schreiben: Wann kommt der zweite Fall für das Duo Seiler/Novic? Ich freue mich schon jetzt drauf!

Veröffentlicht am 20.01.2019

Tolles Debüt, sehr guter Kriminalfall

Hitze
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"Thriller" verkaufen sich offenbar so gut, dass selbst Romane wie Jane Harpers "Hitze" mit diesem Attribut versehen werden, auch wenn sie eher Kriminalromane - und in diesem Fall Kriminaldramen - sind. ...

"Thriller" verkaufen sich offenbar so gut, dass selbst Romane wie Jane Harpers "Hitze" mit diesem Attribut versehen werden, auch wenn sie eher Kriminalromane - und in diesem Fall Kriminaldramen - sind. Das ist schade, denn wer einen Thriller erwartet, wird von "Hitze" tendenziell eher enttäuscht sein. Dabei hat Jane Harpers Debüt das überhaupt nicht verdient, denn "Hitze" ist ein durch und durch gelungener (Kriminal-) Roman.

Hapers unaufgeregter, präziser Schreibstil passt hervorragend zu den Geschehnissen, die im fiktiven australischen Städtchen Kiewarra stattfinden: Aaron Falk reist nach 20 Jahren zurück in seine Heimatstadt, um an der Beerdigung seines ehemals besten Freunde Luke Hadler und dessen Familie beizuwohnen. Doch Lukes Eltern lässt der Tod ihres einzigen Kindes keine Ruhe und sie bitten Aaron, die Hintergründe der Familientragödie zu untersuchen. Schon bald vermengen sich Vergangenheit und Gegenwart.

"Hitze" in Kürze gerecht zu werden ist schwer, denn Harper hat ein wunderbar facettenreiches Buch geschrieben. Die Charaktere wirken durchweg realistisch, ebenso der Ort des Geschehens. Die Hitze, die Dürre ist ebenso spürbar wie die Kargheit, Tristheit und damit verbundene Härte des Lebens auf dem australischen Land. Das Leben ist dort alles andere romantisch. Geschickt verwebt Harper die dramatischen Erlebnisse aus Lukes und Aarons Kindheit/Jugend mit der Gegenwart und das Finale des Romans, die Aufklärung des Falls ist so dramatisch (und entwickelt echte Pageturner-Qualitäten) und gleichzeitig deprimierend, dass es auch dann noch nachwirkt, wenn das Buch längst beiseite gelegt wurde, auch wenn das Ende ein kleines bisschen konstruiert wirkt.

Ist die Konstruktion übertrieben? Verdirbt sie alles? Aus meiner Sicht nicht. Aus meiner Sicht ist am Ende alles durchaus nachvollziehbar, nur der Zufall ist zum Schluss doch etwas zu häufig freundlicher Helfer.

Alles in allem bin ich am Ende aber eine dankbare Leserin und froh, mir diesen Kriminalfall gegönnt zu haben. Vor allem bin ich gespannt, ob der zweite Roman von Jane Harper, der bereits erhältlich ist, ähnlich gut ist wie sein Vorgänger. Ich wünsche es mir sehr.