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Veröffentlicht am 11.04.2019

Endzeitszenario im Zeitraffer

Das Feuer der Erde
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Einleitung:

Titel: Das Feuer der Erde
Autor: Leo Aldan
erschienen: 01.03.2019, VA-Verlag
Genre: Krimi

Ohne den Hinweis von Leo Aldan wäre ich wohl nie auf dieses Buch gestoßen, weil Katastrophen ...

Einleitung:

Titel: Das Feuer der Erde
Autor: Leo Aldan
erschienen: 01.03.2019, VA-Verlag
Genre: Krimi

Ohne den Hinweis von Leo Aldan wäre ich wohl nie auf dieses Buch gestoßen, weil Katastrophen und Endzeitszenarien nicht ganz oben in meiner Beliebtheitsskala rangieren. Nachdem ich aber die Leseprobe gelesen hatte und mich an Dan Brown erinnert fühlte (den ich übrigens sehr gern lese), nahm ich das Buch zur Hand.

Handlung:

Dr. Georgina Finley ist Geologin und entdeckt auf einer Expedition in die Antarktis, dass die Erderwärmung deutlich weiter voran geschritten ist als angenommen. Wetterveränderungen werden deutlich, die Vulkane unter der Antarktis drohen bald auszubrechen, die tektonischen Platten beginnen sich zu verschieben und die Vernichtung der Menschheit steht kurz bevor. Sie sieht sich in der Pflicht, ihre Daten schnellstmöglich auszuwerten um die verbleibende Zeit berechnen zu können und die Medien und die Menschen zu informieren. Aber niemand hört ihr zu – im Gegenteil, Politiker und Industrielle wollen ihr eher den Mund verbieten um eine Panik zu vermeiden. Und ganz besonders ihr größter Gegner Jayden Turkov! Ein Kampf gegen Windmühlen beginnt. Erst als die Katastrophe(n) die Erde heimsuch(en)t sind sie bereit auf das zu hören, was Georgina zu sagen hat.

Meine Meinung:

Mir gefällt das Tempo der Story, welches von Anfang bis zum Ende nicht abnimmt. Man gewinnt ein bisschen den Eindruck, als befände man sich in einem Zeitraffer. An vielen verschiedenen Orten auf der Welt brechen gleichzeitig unterschiedliche Katastrophen aus – Tsunamis, Erdbeben, Vulkanausbrüche. Während des Lesens kam mir öfter der Gedanke, dass ich nicht wüsste, wohin ich zuerst sehen sollte. Und alles ist darauf zurück zu führen, dass die Antarktis abtaut – ausgelöst u.a. durch die Treibhausgase.
Georgina ist eine Frau, in die ich mich hineinversetzen kann. Sie weiß um die Situation, versteht sie vor allem und will im Grunde nur helfen. Aber niemand will ihre Hilfe. Vielmehr hat man das Gefühl, als würden die „hohen Herren“ sich belästigt fühlen und lieber sperren sie sie weg, als dass sie darüber nachdenken, ob etwas an dem wahr sein könnte, was sie sagt… Sie haben Angst vor einer Panik… bis es zu spät ist. Manchmal erscheint Georgina mir etwas zu wenig diplomatisch, ein bisschen zu vorschnell vielleicht, aber dies sei der Situation geschuldet, in der sie sich befindet.
Turkov ist eine Figur, die aalglatter und selbstgerechter nicht sein könnte. Einzig sein Profit zählt und dafür geht er über Leichen. Schade, dass er etwas zu kurz kommt. Es sind immer nur eingestreute kurze Szenen, in denen er auftaucht – obwohl er so viel Macht zu haben scheint.
Georgina hat Freunde, die – egal, was passiert – mit ihr durch dick und dünn gehen. Ich mag sie alle, eben weil sie absolut loyal sind und nicht fragen, ob etwas eine Aussicht hat, sondern immer irgendeinen Sinn in dem sehen, was sie tun.
Das Ende des Buches mag ich nicht. Es erscheint mir zu aufgesetzt, zu unglaubwürdig. Wäre Georgina am Ende gestorben, wäre sie als Heldin gegangen und es hätte für meine Begriffe besser gepasst, wenngleich natürlich auch immer jemand überleben muss, damit es weiter geht.

Der Schreibstil des Autors ist leicht zu lesen. Man kann sich ganz in die Geschichte fallen lassen anstatt sich auf lange Sätze und viele Fremdworte konzentrieren zu müssen. Ein schwieriges Thema in einen guten Roman zu verpacken ist sicherlich nicht einfach, aber hier ist es gelungen, selbst wenn der Ablauf einer solchen Geschichte in groben Zügen vorhersehbar ist.

Weil das Thema in der heutigen Zeit so präsent ist – es vergeht kaum ein Tag, an dem nichts in den Nachrichten über Umwelt, Erderwärmung und deren Auswirkungen zu hören ist – macht das Buch auch nachdenklich. Ich habe mich gefragt, wie weit ist es wirklich schon mit der Erde gekommen? Und können wir den Prozess, der ja völlig real in Gang gekommen ist, wirklich aufhalten oder zumindest verlangsamen?

Fazit:

Das Buch ist absolut lesenswert, spannungsgeladen und temporeich. Man kann die Leidenschaft spüren, mit der der Autor geschrieben hat. Vielleicht wirkt es an mancher Stelle etwas pathetisch, aber möglicherweise auch nur, weil das Drama Umwelt tatsächlich viel zu sehr unterschätzt wird.
Leser, die Endzeitszenarien und Romane über Katastrophen mögen, sind hier bestens beraten. Und für alle anderen gilt: einfach rein lesen, es lohnt sich auf jeden Fall!

Veröffentlicht am 31.03.2019

Gelungene Fortsetzung einer großen Familiengeschichte

Möge die Stunde kommen
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Einleitung:

Titel: Möge die Stunde kommen
Autor: Jeffrey Archer
erschienen: 2016
Genre: Historischer Roman
Zeitraum: 1970 - 1978

Der Prozess zum Anfang des Buches ist die perfekte Überleitung ...

Einleitung:

Titel: Möge die Stunde kommen
Autor: Jeffrey Archer
erschienen: 2016
Genre: Historischer Roman
Zeitraum: 1970 - 1978

Der Prozess zum Anfang des Buches ist die perfekte Überleitung von Band 5 zu Band 6. Als ich am Ende des 5. Teils mitten im Prozess das Buch zuklappen musste, lag nichts näher, als unbedingt den 6. Teil zu lesen. Jeffrey Archer versteht es vortrefflich an der spannendsten Stelle aufzuhören um genau dort auch wieder einzusetzen.
Meine Erwartungshaltung an den 6. Teil war entsprechend hoch.

Handlung:

Zum Auftakt steht Emma Clifton wegen des Verleumdungsprozesses, den Virginia Fenwick gegen sie angestrengt hat, wieder im Gerichtssaal. Obwohl Virginia der Meinung ist, dass sie den Prozess so gut wie gewonnen hat und sie Emma endlich den wirtschaftlichen und persönlichen „Todesstoß“ verpassen kann, gewinnt Emma den Prozess. Nach diesem Prozess nimmt sie ihren Platz als Vorstandsvorsitzende bei Barringtons wieder ein. Später wird sie auch Mitglied eines Klinikbeirates in dem sie in der Folge zur Vorsitzenden wird. Zusätzlich nimmt sie ein Engagement als Mitglied des Parteiausschusses der Torries an und wird damit zur politischen Gegnerin von Giles. Aber Margaret Thatcher ist ihre Favoritin, die sie aktiv unterstützen will.

Harry Clifton widmet sich in diesen Jahren intensiv der Schreiberei. Seine Bücher werden erfolgreich in den USA verlegt und er schafft es mit jedem Buch auf die Bestsellerlisten. Vor allem Anderen versucht er jedoch das Buch „Onkel Joe“ des russischen Autors Anatoli Babakow in den USA verlegen zu lassen. Dies erweist sich als sehr schwierig und wieder einmal hat Harry es mit den Behörden zu tun und landet sogar im russischen Gefängnis.

Giles Barringtons politische Karriere ist geprägt von Skandalen und vielen Höhen und Tiefen. Eine Zeitlang scheint es, als müsse er seine politische Karriere ganz beenden. Da er aber beliebt und ein fähiger Politiker ist, landet er trotz allem immer wieder auf den Füßen und schafft es bis zum Leader of the Lords – dem Führer des Oberhauses. Privat ist er mit der Deutschen Karin Brandt liiert, die er heiratet. Es sieht so aus, als hätte er nach 2 gescheiterten Ehen endlich die Frau gefunden, mit der er glücklich wird. Aber Karin birgt ein dunkles Geheimnis, um das Harry weiß und ihn in einen inneren Konflikt stößt.

Sebastian Clifton macht Karriere. Nachdem Samantha ihn verlassen hat, arbeitet er teilweise exzessiv im Vorstand der Farthings Bank. Sein ärgster Feind Adrian Sloane erschleicht sich den Vorstandsvorsitz, doch schon bald kann Sebastian ihn mithilfe eines fremden Geschäftsmannes – Hakim Bishara – aus dem Unternehmen drängen. Bishara und Sebastian werden nicht nur Kollegen sondern auch Freunde, die sich vielen Problemen gegenüber sehen.
Privat hat Sebastian zunächst wenig Glück. Das indische Mädchen Priya Ghuman hat es ihm angetan, doch diese soll verheiratet werden. Bei dem Versuch, sie aus Indien zurück nach England zu entführen, wird Priya erschossen. In den USA hat er seine Ex-Verlobte Samantha und ihre gemeinsame Tochter Jessica ausfindig gemacht. Nach dem Tod von Sams Ehemann schafft es Jessica mit viel Witz, Intelligenz und Charme ihre Eltern wieder zu vereinen und diese sogar zur Hochzeit zu bewegen.

Virginia Fenwick entwickelt sich nachhaltig zu einer Intrigantin, die allen, die in ihrer Nähe sind, das Leben schwer macht. Stets auf ihren eigenen Vorteil bedacht, nutzt sie jede Gelegenheit ihren ausschweifenden Lebensstil mit fremdem Geld zu finanzieren. Darüber hinaus verfolgt sie nach wie vor das Ziel Emma zu stürzen und Giles‘ Karriere zu ruinieren.

Meine Meinung:

Emma und Harry Clifton nehmen in diesem Teil des Buches deutlich weniger Platz ein, als in den 3 vorangegangenen Teilen. So manche Entwicklung in ihrem Leben wird zwar erwähnt, aber nicht weiter ausgeführt. Das fand ich einige Male schade, weil ich glaube, dass dort noch mehr Geschichte hätte liegen können. Zum Beispiel wird Emma zu Giles‘ politischer Gegnerin, aber dies kommt überhaupt nicht weiter zum Tragen, obwohl hier sicherlich Interessenskonflikte zu erwarten gewesen wären.
Emma arbeitet viel und man fühlt mit ihr, aber offensichtlich hat sie endlose Energie, denn nie beklagt sie sich oder fällt aus. Aber die eigentliche Arbeit kommt in dieser Geschichte etwas kurz. Darüber hinaus hat jeder von uns auch schlechte Tage. Emma nicht! Man fühlt sich bisweilen etwas entfremdet. Bisher waren Emma und Harry die Hauptfiguren für mich, jetzt hat sich eine gewisse Distanz aufgebaut und ich hatte das Gefühl, als sollte ich an ihrem Leben nicht mehr so intensiv teilnehmen.

Über Harry erfahren wir diesmal wie er versucht das Buch „Onkel Joe“ in den USA verlegen zu lassen und mit welchen Schwierigkeiten er dabei konfrontiert wird. Allerdings erscheint mir dieser Handlungsstrang sehr weit hergeholt. Dass sich ein Mensch mit fotografischem Gedächtnis eine Liste mit Namen merken kann, ist für mich nachvollziehbar. Dass er sich ein ganzes Buch merken kann, welches er vom Autor in 3 Tagen erzählt bekam, und aus dem Kopf aufschreibt, halte ich aber doch für eher unglaubwürdig. Darüber hinaus kann ich mir nicht vorstellen, dass die Russen ihn ausgerechnet mit dem Autoren in eine Zelle setzen würden.
Kurz vor der Verleihung des Nobelpreises stirbt Babakow und bis zum Ende des Buches wird nicht klar, ob er wirklich eines natürlichen Todes gestorben ist oder ob er umgebracht wurde. Ich könnte mir letzteres gut vorstellen. Jelena Babakowa nimmt den Nobelpreis stellvertretend für ihren Mann in Empfang und Harry hält eine Rede vor dem Publikum in Gedenken an Babakow. Diese Rede brachte mir mit ihrer Gefühlsgewalt eine Gänsehaut. Sie hat mich tief berührt und der letzte Satz dieser Rede wird mir wohl im Gedächtnis bleiben: „Die Feder ist stärker als das Schwert!“ Mit diesem Satz löste Harry auch und gerade im russischen Volk etwas aus. Wo immer er hinkam hielten Menschen in stummem Protest einen Stift in Höhe. Das erinnerte mich daran, dass gerade die stummen, immer wieder kehrenden Proteste es sind, die am Ende ihr Ziel erreichen.
Trotz aller Fiktion war diese Episode spannend beschrieben und ich habe mit Harry und Anatoli mitgefiebert, ob Harry es schafft.

Über das Privatleben von Harry und Emma erfährt man bedauerlicherweise nicht mehr viel. Konflikte scheint es in ihrer Beziehung nicht zu geben und als Leser stellt man sich die Frage, ob möglicherweise für Konflikte im Privaten gar keine Zeit mehr ist.

Maisie Clifton wird 70. Diese Gelegenheit nutzt der Autor um eine Rückblende auf die ersten Teile zu schreiben. Das gefiel mir ausgesprochen gut und ich fand sie am Anfang des Buches gut platziert. Mir hat dieser Rückblick geholfen mich zu erinnern, aber ich denke, für jemanden der die ersten Teile nicht gelesen hat, reicht sie nicht aus. Ich habe mich auch gefreut, überhaupt etwas von Maisie zu lesen. Sie war in den letzten beiden Teilen überhaupt nicht mehr präsent, obwohl ich diese Figur wegen ihrer Stärke wirklich mochte. Die Geburtstagsfeier ist überaus lebendig beschrieben, sodass der Leser das Murmeln der vielen Gespräche beinahe hören kann.
Später stirbt Maisie und ich habe mit Harry geweint und getrauert. Einmal mehr hat Jeffrey Archer nicht mit Gefühl gespart. Die bedrückte Stimmung war spürbar insbesondere durch die emotionale Rede, die Harry hält. Ich habe mich am Ende des Buches gefragt, ob Jeffrey Archer während seiner Zeit als Politiker auch solche Reden gehalten hat.

Giles Barringtons Karriere erfährt durch die Veröffentlichung des Briefes, der Emma zum Freispruch verhilft, zunächst einen Knick. Dennoch muss er der Politik nicht gänzlich den Rücken kehren. Dies hätte ich auch außerordentlich bedauert, denn er ist einerseits ein Sympathieträger und andererseits wäre er für Virginia Fenwick nicht mehr angreifbar. Er ist nicht frei von Skandalen, aber seinem Ruf schadet dies nie lange. Im Gegenteil, eben diese Vorfälle machen ihn menschlich und für den Leser glaubwürdig.
Einer seiner Skandale heißt Karin Brandt, eine junge Deutsche aus der DDR, die er bei einer Reise dorthin kennen- und lieben lernt. Dass die Gefühle auf Gegenseitigkeit beruhen, habe ich lange bezweifelt. Karin ist Stasiagentin, die auf Giles angesetzt ist. Als Karin vom MI6 enttarnt wird, wird sie als Doppelagentin angeworben. Ein interessantes Katz- und Mausspiel beginnt, welches für meine Begriffe deutlich mehr Potential gehabt hätte. Leider erfährt der Leser zu wenig darüber. Gleichzeitig vertiefen sich ihre Gefühle für Giles und ich hätte mir gewünscht, dass Giles eines Tages hinter ihr Geheimnis kommt und ihr dennoch vergibt. Insgesamt hatte ich gehofft, dass dieser Handlungsstrang intensiver würde. Mich hätten die persönlichen Konflikte interessiert, die Karin mit sich und Giles gegenüber auszustehen hatte, wie sie sich immer wieder herauswindet um nicht ertappt zu werden usw. Auch habe ich mir immer die Frage gestellt, wie Karin überhaupt zur Stasi gekommen ist. Bis zum Ende bleiben die Verstrickungen von Stasi, MI6 und dem Premierminister unklar.

Sebastian Clifton ist inzwischen zum Mann gereift, der seine ganz eigenen persönlichen und beruflichen Schlachten zu schlagen hat. War er im letzten Teil noch sehr jung und in der Rolle des Rebellen zu finden, hat er sich jetzt zum Businessman entwickelt, der hart an seiner Karriere arbeitet. Er sieht sich den gleichen Feinden wie seine Mutter gegenüber und in Hakim Bishara findet er einen vertrauenswürdigen Mitstreiter und Freund. Interessant fand ich, wie die beiden sich kennenlernten und ich habe mich gefragt, ob beide oder zumindest einer von ihnen tatsächlich so viel Menschenkenntnis haben kann, wie notwendig gewesen sein muss. Zunächst ist die Figur Hakim Bishara nur eine Nebenrolle, die sich jedoch schnell zu einer Hauptfigur entwickelt, die sicherlich auch im nächsten Teil eine Rolle spielen dürfte.
Im Privaten geht es für Sebastian drunter und drüber. Nach der Trennung von Sam war er an einer neuen Beziehung nicht interessiert – bis Priya Guhman seinen Weg kreuzt. Und weil bei den Cliftons nie etwas glatt geht, soll Priya in Indien verheiratet werden. Sebastian versucht sie in einer nervenaufreibenden Aktion nach England zurück zu entführen. Eine wirklich tolle Szene bei der man einfach nur hofft, dass sein Plan aufgehen möge. Das Tempo steigert sich teilweise ins Unerträgliche und genau in dem Moment, in dem man meint, jetzt haben sie es geschafft, kommt der große Knall. Man bedauert Sebastian und hofft, dass er sich von diesem Fehlschlag wieder erholen möge. Mit dem Schusswechsel endet diese Szene. In der nächsten Perspektive ist Sebastian wieder wohlauf und einsatzfähig. Was in der Zwischenzeit passiert, bleibt unklar.
Sebastians Tochter Jessica hat offenbar die Empathie von Maisie und die Intelligenz der Clifton-Familie geerbt, denn sie ist es, die es schafft ihre Eltern unter schwierigen Umständen wieder zu vereinen. Auch hier sind die Abfolgen spritzig, mit Wortwitz und sehr viel Charme geschrieben. Das kleine Mädchen wird zum neuen Star des Buches und man möchte noch so viel mehr über sie wissen. Hier setze ich auf Teil 7.

Jedes gute Buch braucht seine Feinde. In diesem Fall sind dies Virginia Fenwick, Adrian Sloane und Desmond Mellor. Alle drei sind daran interessiert den Cliftons und Barringtons zu schaden – egal wie. Bei jeder neuen Intrige habe ich gedacht, ihr schafft das sowieso nicht. Ich muss gestehen, dass sich so etwas wie Schadenfreude breitmachte, wann immer ihr Plan nicht aufging. Als Mellor im Gefängnis landet, habe ich gedacht „das hast Du verdient“. Die Figur der Virginia Fenwick hat sich im Laufe der Zeit auch mehr und mehr zu einer Hauptrolle entwickelt und ich vermute, dass sie auch in Teil 7 weiter ihr Unwesen treibt – gerade jetzt, da sie an allen Fronten verloren hat. Jegliche Geldquellen, auf die sie dauerhaft gesetzt hatte, sind versiegt. Ein Grund mehr, dass sie keinen Grund hat, in Teil 7 klein beizugeben.

Zum ersten Mal ist mir aufgefallen, dass Jeffrey Archer mit dem Stilmittel des offenen Endes arbeitet. In den Vorgängerromanen war dies nicht so präsent. Sowohl bei Dialogen, die mitten im Satz enden als auch in seinem Epilog. Während er bei Teil 1 bis 5 genau ein offenes Ende stehen ließ, bei dem er im nächsten Teil direkt ansetzte, hat er diesmal viele offene Enden gelassen. Ich bin sehr gespannt, wann und wie er diese vielen offenen Enden wieder aufnehmen will.

Eine Ungereimtheit, die sich aber vielleicht ebenfalls in Teil 7 klärt, ist die Frage, woher Giles plötzlich wusste, dass die Baroness Cynthia Forbes-Watson beim MI6 war. Bislang war er darüber nicht in Kenntnis und hat sich stets gefragt, welche Position sie einnimmt. Aber plötzlich im Epilog wusste er davon. Woher?

Jeffrey Archers eigene Biographie findet sich immer mal wieder in dieser Reihe. So dürfte er selbst die Vorlage für Giles Barringtons politische Karriere sein ebenso wie die für Harrys Schriftstellerei. Auch die Gefängnistagebücher aus einem früheren Teil entstammen seiner eigenen Vita. Im 6. Teil will Desmond Mellor durch Virginia Fenwick in den Adelsstand gehoben werden. Auch hier hat Archer ganz eigene Erfahrung und weiß mit Sicherheit, dass Virginia hier hätte gar nicht helfen können, selbst wenn sie es gewollt hätte. Hakim Bishara muss sich vor der Ethikkommission der Bank of England wegen Insidergeschäften verantworten. Auch diesen Vorwurf hat er selbst ertragen und vereitelt. Der Prozess gegen Emma wegen Verleumdung wird meiner Meinung nach auch auf dieses Konto gehen. Ich finde es spannend und interessant zu lesen, wie Menschen aus ihrem eigenen Leben einen solch schillernden Roman machen können. Es ist durchaus empfehlenswert sich auch einmal mit dem Menschen Jeffrey Archer zu befassen.

Fazit:

Das Buch hat mit seiner spritzigen Art meine Erwartungen erfüllt, auch wenn die Geschichte diesmal viel im Finanzwesen und in der Politik, dafür aber weniger im privaten Bereich der Familien Clifton und Barrington angesiedelt ist. Darüber hinaus findet sehr deutlich ein Generationenwechsel statt. Während der 3. bis 5. Teil von Emmas, Harry und Giles‘ Leben getragen wurden, steht diesmal eher Sebastian im Vordergrund. Die vermeintlichen Nebenfiguren nehmen mehr Platz ein, sodass sich die Geschichte aus dem Schoß der Familie nach außen verlagert.
Das Buch ist – ebenso wie seine Vorgänger - absolut lesenswert und der Schluss mit den vielen losen Enden macht Lust auf den 7. Teil. Wer die anderen Teile gelesen hat, wird dieses Buch mit ebenso viel Freude lesen. Wer die ersten Teile jedoch nicht kennt, sollte eher erst diese lesen, damit er die Zusammenhänge verstehen kann.
Da mir das eine oder andere Thema nicht ausführlich genug beschrieben ist, gibt es von mir 4 Sterne.

Veröffentlicht am 17.03.2019

Gegensätzliches Ermittlerduo löst brisanten Fall

Gott schütze dieses Haus
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Eher zufällig habe ich beim Stöbern in der Onlinebibliothek den Roman „Gott schütze dieses Haus“ von Elizabeth George entdeckt und, weil er gerade verfügbar war, ausgeliehen ohne eine besonders hohe Erwartung ...

Eher zufällig habe ich beim Stöbern in der Onlinebibliothek den Roman „Gott schütze dieses Haus“ von Elizabeth George entdeckt und, weil er gerade verfügbar war, ausgeliehen ohne eine besonders hohe Erwartung daran zu knüpfen, nicht zuletzt deshalb, weil es der erste Roman von Elizabeth George war, den ich las.

Handlung:

Pater Hart bittet New Scotland Yard persönlich um Hilfe in einem Mordfall, der in einem kleinen Dorf in Yorkshire geschehen ist. Der Fall wird Inspector Lynley übertragen, der gemeinsam mit der wenig beliebten Barbara Havers ermitteln soll. Während die beiden in einem grausamen Fall von Kindesmissbrauch versuchen den Täter zu finden, lernen sie sich wie nebenbei besser kennen, was anfangs aufgrund diverser Vorurteile als unmöglich erschien.
Barbara unterstellt Lynley, er sei ein Snob und Weiberheld, der quasi schon jede Kollegin verführt hätte – außer ihr selbst natürlich. Sie fühlt sich hässlich und tut alles dafür, dass sie genau das nach außen trägt. Auch ist ein Hauch von Neid auf seine adelige Herkunft ein Grund für ihre Vorurteile gegen ihn. Immerhin entstammt sie einer völlig anderen Klasse.
Lynley hingegen weiß um Barbaras schlechten Ruf und die Tatsache, dass sie wegen persönlicher und dienstlicher Verfehlungen degradiert wurde. Und ausgerechnet er, der als einer der besten Ermittler bekannt ist, soll nun mit ihr ermitteln. Konflikte sind also vorprogrammiert.
Dennoch bringen Inspector Lynley und Sergant Havers alles Können mit, was ein gutes Ermittlerteam ausmacht. Es muss – zumindest in Barbaras Fall – nur abgefordert werden. Und Lynley scheint hier die passende Persönlichkeit zu sein.

Während der Ermittlungen stoßen Lynley und Havers auf zahlreiche Ungereimtheiten, viele Menschen, die etwas zu berichten haben, ohne dass einem sofort klar wäre, in welchem Zusammenhang die Aussagen zum Fall stehen. Überdies müssen sie sich den Anfeindungen einiger Dorfbewohner und insbesondere der ansässigen Polizei stellen, welche auch dazu führen, dass es für Lynley schwierig ist an alle Informationen und Ermittlungsberichte heran zu kommen. Schließlich ist es St. James, Lynleys bester Freund und frisch gebackener Ehemann seiner Ex-Verlobten Deborah, der ihm während seiner eigenen Flitterwochen dabei hilft, früher sichergestelltes Beweismaterial ein weiteres Mal labortechnisch zu untersuchen um zur Aufklärung des Falles beizutragen…

Bewertung:

Nachdem ich ungefähr das erste und zweite Kapitel brauchte um mich in die Welt von Lynley und Havers einzulesen, empfand ich die Protagonisten als glaubwürdig. Barbara ist mit ihrer ablehnenden Haltung zu allem zunächst überaus unsympathisch, im Verlauf der Handlung beginnt man aber zu verstehen, warum sie so denkt und handelt, wie sie es tut. Sehr langsam gewinnt sie an Sympathie oder zumindest an Verständnis.
Lynley mochte ich auf Anhieb, wenngleich er mir sehr weit weg erschien, etwas abgehoben vielleicht. Später ist es so, als würde man ihn – zusammen mit Barbara – kennen lernen.

Der Schreibstil von Elizabeth George ist angenehm zu lesen und der Handlung kann man gut folgen. Es dauert nur eine Weile bis man sich mit den vielen Nebenfiguren zurecht findet. Da der Fall in einem kleinen Dorf spielt, sind viele Dorfbewohner miteinander verwandt oder verschwägert, sodass man den Überblick über die Verwandtschaftsverhältnisse verlieren kann.
Interessant finde ich das Verhältnis zwischen den Schwestern Gillian und Roberta und ich hätte mir ein längeres Gespräch zwischen den beiden gewünscht, welches etwas mehr über ihr früheres Verhältnis zueinander und zu ihrem Vater offenbart und vielleicht auch die Frage geklärt hätte, warum Gillian Roberta nicht mitgenommen hat, da sie doch wusste, was ihr möglicher Weise bevor steht.
So grausam das Thema Kindesmissbrauch auch ist, ich finde es gut und in der Handlung nachvollziehbar beschrieben. Irgendwann, je mehr von dem ans Licht kommt, was das Opfer wirklich getan hat, kommt der Moment, in dem man beinahe froh ist, dass der Mörder es gefunden hat. Ich habe mir die Frage gestellt – auch vor dem aktuellen Hintergrund in der katholischen Kirche – ob es tatsächlich so einfach sein kann, pädophile Neigungen hinter Gottesfürchtigkeit zu verstecken.

Fazit:

Alles zusammengenommen halte ich dieses Buch für einen kurzweiligen Krimi mit einem Ermittlerduo, welches schon wegen seiner Gegensätzlichkeit für Spannung sorgen kann. Das Buch macht auf jeden Fall Lust auf den nächsten Teil.
Deshalb gibt es 4 Sterne.


Veröffentlicht am 18.04.2021

Falsche Fährten halten die Spannung hoch

Als Luca verschwand
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Das Buch:
Dieses Buch ist mein erstes von Petra Hammesfahr. Da ich bereits ohne Erfolg versucht hatte, es bei Leserunden zu lesen, war ich natürlich sehr gespannt darauf. Es ist ein Einzelroman, der in ...

Das Buch:
Dieses Buch ist mein erstes von Petra Hammesfahr. Da ich bereits ohne Erfolg versucht hatte, es bei Leserunden zu lesen, war ich natürlich sehr gespannt darauf. Es ist ein Einzelroman, der in sich abgeschlossen ist.

Worum geht’s?
Vor einem Drogeriemarkt verschwindet der 9 Monate alte Luca aus seinem Kinderwagen. Relativ schnell ist die erste Verdächtige ausgemacht. Aber hat sie wirklich etwas mit Lucas Verschwinden zu tun? Klinkhammer, einer der ermittelnden Kommissare, kennt die Familie ziemlich gut. Kann er Licht ins Dunkel bringen oder warten hier neue Komplikationen?

Die Charaktere:
Petra Hammesfahr liefert dem Leser eine ziemlich große Anzahl an Charakteren. Dabei versteht sie es wirklich gut, zunächst Bilder zu zeichnen und diese dann ganz langsam einstürzen zu lassen. Fakten, die anfänglich völlig logisch erscheinen, werden kurz darauf auf einen schönen Schein reduziert.

Alles beginnt mit der völlig aufgelösten Melisande Martell - allein der Name klingt schon sehr wuchtig, wie ich finde - deren Sohn aus dem Kinderwagen entführt wird. Und während ihr von der Polizei absolut nachvollziehbare Fragen gestellt werden, kommt beim Leser der erste Verdacht auf, dass hier etwas nicht stimmen könnte. Welche Mutter lässt denn ihr Baby unbeaufsichtigt vor dem Laden stehen? Kurz darauf wendet sich allerdings das Blatt und der Leser hat eine völlig andere Meinung. Jedenfalls ging es mir so. Zeitweise habe ich diese Frau bedauert, weil es aussieht, als hätte sich die ganze Welt gegen sie verschworen. Gefangen in einer unglücklichen Ehe mit Martin, fremdgesteuert von ihrem herrischen Bruder Joris und zutiefst abgelehnt von ihrer Schwiegermutter Gabi. Andererseits ging sie mir über kurz oder lang auch auf die Nerven - eben weil sich so gar nichts mehr änderte. Ihre ersten Verhaltensweisen hat sie bis zum Schluss aufrecht erhalten - weinen, anklagen, rechtfertigen, wieder weinen - und telefonieren! Telefonieren kann Mel ganz besonders gut. Mehr und mehr kam es mir so vor, als würde sie sich in ihr Schicksal fügen. Eine Kämpfernatur ist Mel wirklich nicht!

Die sofort verdächtige Anni Erzig ist für mich der interessanteste Charakter der Geschichte. Sie ist ganz offenbar geistig verwirrt, aber dennoch ist ihr Verhalten irgendwie auch nachvollziehbar. In kleinen Häppchen liefert die Autorin über den gesamten Roman verteilt ihre Lebensgeschichte, die am Ende ein rundes Bild ergibt. Mit Anni Erzig muss der Leser Mitleid haben. Ich möchte sie nicht als sympathisch bezeichnen, aber das schwere Schicksal, das ihr widerfahren ist, wünscht man niemandem. Dass sie - die einst glückliche Frau - den Verstand verliert, ist nur allzu nachvollziehbar. Diesen Charakter mochte ich unglaublich gern, er hat mich immer wieder berührt und am Ende war ich mir nicht sicher, ob ihr Tod für sie eher eine Erlösung oder ein weiterer Schicksalsschlag ist.

Eine ebenfalls sehr spannende Lebensgeschichte erzählt die Autorin über Gabi - die Hexe. Gabi ist Mels Schwiegermutter und ein nicht eben einfacher Charakter - möchte man meinen. Anfänglich bin ich dieser Figur auch tatsächlich eher mit Ablehnung begegnet, doch je tiefer ich hinter ihre Kulissen schauen durfte, desto interessanter fand ich diese Figur. Und auch ihr Verhalten wird nachvollziehbarer, je weiter man die Geschichte liest. Ihr ständiger Disput mit ihrem Sohn Martin ist ebenfalls so ein Fall, bei dem sich der Leser ganz bereitwillig auf Martins Seite stellen möchte. Am Ende sehe ich das etwas differenzierter.

Eine wirkliche Hauptfigur gibt es meiner Meinung nach nicht. Dazu sind zu viele Personen in den Fall involviert. Was mich etwas stört, ist der Umstand, dass der Ermittlerin Rita Voss, über die ich gern mehr gelesen hätte, eine überdurchschnittlich gute Verhörtechnik nachgesagt wird, die sie jedoch über die ganze Länge des Romans nicht unter Beweis stellen kann. Dabei hätte mich das wirklich sehr interessiert. Auch etwas widersprüchlich fand ich die Aussage von Kommissar Klinkhammer, dass er sich wegen seiner privaten Kontakte, aus dem Fall heraushalten wolle, dann aber doch mitten drin war und auch selbst ermittelte. Allerdings kann man ihm zu keiner Zeit nachsagen, dass er seine privaten Eindrücke und Erfahrungen mit der Familie über Gebühr einfließen lässt.

Insgesamt betrachtet lässt Petra Hammesfahr ein rundes Bild einer recht verkorksten Familie auferstehen, das nachvollziehbar ist und im Verlauf des Romans immer vollständiger wird. Dennoch fühlte ich mich als Leser etwas außen vor. Einzig Anni Erzig konnte mich tatsächlich berühren.

Schreibstil:
Die Konstruktion des Falles hat mir gut gefallen. Die Auflösung - also die alles erklärende Verbindung, nach dessen Bekanntwerden sich tatsächlich alles fügt - kommt sehr spät, was den Spannungsbogen hoch hält. Gut gefallen hat mir auch, dass es sich hierbei um einen unblutigen Fall handelt, sodass die Spannung eher auf den eigenen Vorstellungen des Lesers basiert, als wie schlimm oder nicht schlimm man diesen empfindet. Ich mag mir jedenfalls nicht vorstellen, dass mein Kind einfach so verschwindet.

Den Schreibstil der Autorin habe ich häufiger als anstrengend empfunden. Ich habe lange überlegt, woran das gelegen haben könnte, denke aber, dass es ihren teilweise recht konstruierten Satzbauten und manchmal angehängten Halbsätzen geschuldet ist. Manche Sätze musste ich mehrfach lesen um ihren Sinn gänzlich zu erfassen. Das stört den leichten Lesefluss.

Der Aufbau der Geschichte wiederum hat mir richtig gut gefallen. Die Einzelgeschichten werden in Häppchen aufgeteilt, sodass der Leser mitraten kann, in welcher Verbindung die einzelnen Personen stehen und wie sie in den Fall involviert sind. Auch, dass die Autorin jede Figur betitelt - die Hexe, der Frontmann, der Vermittler usw. - hat mir gut gefallen. Es dauert einen Moment, bis man alles zuordnen kann, aber jene Person, die in einer Überschrift benannt wird, steht für diesen Abschnitt im Fokus.
Außerdem erzählt Petra Hammesfahr - ohne es besonders deutlich zu machen - auf zwei Zeitebenen. Die Geschichten von Anni Erzig, Martin Martell und Gabi werden von der Vergangenheit bis in die Gegenwart erzählt bis zu dem Moment, in dem sie sich mit dem aktuellen Fall in der Gegenwart kreuzen. Diese Art zu erzählen gefällt mir gut.

Durch die anfänglichen Bilder, die die Autorin im Laufe ihrer Geschichte wieder zerstört, legt sie gleichermaßen falsche Fährten. Damit erreicht sie einen Spannungsbogen, der über die ganze Geschichte oben gehalten wird. Längen erlaubt sie sich ebenso wenig. Die Geschichte ist knackig erzählt, manchmal jedoch fehlt es mir an der Tiefe bei einigen Figuren.

Fazit:
Der Fall ist durch viele falsche Fährten spannend bis zum Schluss, hat eine späte Auflösung und eine interessante Erzählweise. Mir sind zu viele Figuren beteiligt, was teilweise auf Kosten ihrer Tiefe geht. Alles in Allem eine gute Geschichte, die sich lohnt zu lesen. 3,5 von 5 Sternen.

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Veröffentlicht am 05.12.2022

Wunderschöne Illustrationen, aber eine etwas undurchsichtige Geschichte

Die schreckliche Adele im Land der unerzählten Märchen
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Adele fragt sich, warum Prinzessinnen im Märchen immer in Schwierigkeiten stecken und die Prinzen sich überhaupt nicht anstrengen müssen… und schon findet sie sich in Zaubersam, dem Land der unerzählten ...

Adele fragt sich, warum Prinzessinnen im Märchen immer in Schwierigkeiten stecken und die Prinzen sich überhaupt nicht anstrengen müssen… und schon findet sie sich in Zaubersam, dem Land der unerzählten Märchen wieder. Hier kämpfen die kleinen Prinzessinnen alljährlich um den begehrten Titel der Sternenprinzessin und ihr eigenes Märchen.

Mich hat diese Geschichte etwas ambivalent zurückgelassen. Einerseits finde ich die Frage, die sich Adele stellt, wirklich interessant, denn sie verändert den Blick auf die Märchen im Allgemeinen. Es wird auch in der Geschichte wunderbar dargestellt, was Adele genau damit meint, sodass es für jeden verständlich und total ersichtlich ist. Andererseits fand ich es doch etwas fragwürdig, wie gemein und teilweise bösartig die Prinzessinnen untereinander sind, bis hin zu dem Umstand, dass eine der Prinzessinnen die anderen mit einer Dampfwalze plattwalzen will, um sich so den Sieg zu sichern. Auch hier ist es wieder so, dass ich es einerseits total klasse finde, dass einer Prinzessin die Fähigkeit (nämlich Dampfwalze zu fahren) zugesprochen wird, die normalerweise eher einem männlichen Helden angepasst wird, aber andererseits ist ihr Ansinnen wieder so überhaupt nicht das, was ich tolerieren möchte, da es fast schon etwas gewalttätiges hat.

Ich mag Adele irgendwie, aber auch sie hat einige Eigenschaften, die ich nicht so sehr schätze, wie zum Beispiel Dinge nur zum eigenen Vorteil zu tun oder andere gegeneinander aufzubringen. Natürlich ist mir bewusst, dass dies alles eine Geschichte ist. Wenn ich jedoch darüber nachdenke, dass diese Geschichte für Kinder ab 8 geschrieben wurde, dann frage ich mich, welchen Eindruck die lesenden Kinder wohl bekommen und welche Schlüsse sie aus dem Gelesenen ziehen.

Zu Adeles richtig positiven Eigenschaften zähle ich hingegen, dass sie für sich selbst und ihre Überzeugungen einsteht und vor allem auch den Mut dazu hat, selbst wenn alle anderen ganz anderer Meinung sind und auch, dass sie gar nicht Sternenprinzessin werden möchte. Das macht mir diese Figur überaus sympathisch. Äußerlichkeiten sind nicht so wichtig (sie reißt einfach das unpraktische Kleid ab, der Titel Sternenprinzessin ist ihr nicht wichtig usw.) und die Fragen, die sie sich - und damit dem Leser - stellt, finde ich teilweise wirklich tiefgründig.

Die Bilder sind wunderschön gezeichnet. Da ich bisher noch nicht viele Comics gelesen habe und auch nach wie vor Geschichten in Romanform bevorzuge, fällt es mir normalerweise recht schwer, auch Illustrationen wahrzunehmen, da mir eigentlich die Bilder in meinem Kopf ausreichen. In diesem Fall jedoch habe ich mir die Bilder lange angesehen und ich fand so manche Situation wirklich witzig, z.B. der lila Bär, der mit dem Eichhörnchen lieber kuschelt, als es zu fressen oder der Tiger, der in Eveline, die amtierende Sterneprinzessin, verliebt ist.

Adele bemerkt diese - für sie verkehrte - Welt und versucht Ordnung zu schaffen. Die Idee, die sie am Ende entwickelt, finde ich ausgesprochen schön, denn sie sorgt dafür, dass alle zufrieden sein können - fast wie im richtigen Märchen, in dem am Ende auch alles gut wird.

Die Zeichnungen finde ich außerdem deshalb sehr gelungen, weil sie Tempo ausstrahlen und damit die Geschichte lebendig werden lassen.

Ich bin mir nicht sicher, ob ich mein 8jähriges Kind diese Geschichte allein lesen lassen würde. Liest ein Erwachsener mit dem Kind zusammen, hat man immer noch die Möglichkeit, die Handlungen zu reflektieren und mit der realen Welt in Einklang zu bringen. Allein könnte ein Kind hier vielleicht einen falschen Eindruck bekommen.

Fazit:
Wunderschöne Zeichnungen, die die erzählte Geschichte lebendig werden lassen. Die Geschichte selbst lässt mich ambivalent zurück, da ich einige Eigenschaften der handelnden Figuren nicht mag.

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