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Veröffentlicht am 22.03.2019

Befreiend - ermutigt Frauen zu neuen bestärkenden Erzählungen

Weiblich, ledig, glücklich - sucht nicht
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"Du siehst doch super aus, ich versteh gar nicht, warum dich keiner will." Danke für nichts, denke ich bei solchen Sätzen immer. Muss also mein beschissener Charakter sein. - Dr. Gunda Windmüller

In einer ...

"Du siehst doch super aus, ich versteh gar nicht, warum dich keiner will." Danke für nichts, denke ich bei solchen Sätzen immer. Muss also mein beschissener Charakter sein. - Dr. Gunda Windmüller

In einer unterhaltsamen Mischung aus Anekdoten, aktuellen Studien und Zitaten aus Pop- und Fachliteratur beleuchtet die Autorin das Ideal der romantischen Liebe.

Im Schatten dieses leuchtenden Ideals kauert dem Vorurteil nach die einsame, unglückliche Single-Frau.
Denn das Glück ist scheinbar nur in einer romantischen Beziehung zu finden.

"Ich habe es so satt. Immer wenn es mir schlechtgeht, denken alle, es sei, weil ich keinen Freund habe." - Zitat einer Freundin der Autorin

Windmüller nimmt sich jeden Baustein des Stereotyps vor:
Dating, Individualisierung in der Moderne, Kinderlosigkeit, fehlende Anerkennung für Frauen in der Gesellschaft, Glück, Geschlechterrollen, Sex, Selbstverwirklichung -
alles was ich hier so trocken aufgezählt habe, hat die Autorin auf eingängige Weise analysiert.

Übrigens sind von den Vorurteilen nicht nur Singles betroffen. Auch manche Frau in einer unbefriedigenden Beziehung wird sich mehrfach überlegen, ob sie diese beendet - aus Angst, dass sie 'keinen mehr abkriegt'.

"Aber wie unglücklich schlechte Beziehungen machen, darüber reden wir vermutlich zu wenig.
Schlechte Beziehungen machen unglücklich. Und schaden uns mehr, als es das Singlesein an sich je könnte."

Dr. Gunda Windmüller hat kräftig aufgeräumt unter falschen Zuschreibungen und veralteten Studien und macht Platz für neue, bestärkende Erzählungen.

Mein Fazit:
Es geht darum seine Haltung zu ändern. Von einer Haltung des Defekts und Mangels zu einer Haltung der Neugier auf neue Möglichkeiten. Und das vorliegende Buch liefert die Motivation und die Fakten dazu.



Veröffentlicht am 04.10.2019

Wiedersehen mit alten Bekannten

Ainias Schweigen
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Die Zustände in Citey werden immer dramatischer. Die Krankenversorgung und damit der Schutz vor Seuchen ist schon lange zusammengebrochen. Es wird zunehmend schwierig, sich zu ernähren. Ainia geht auf ...

Die Zustände in Citey werden immer dramatischer. Die Krankenversorgung und damit der Schutz vor Seuchen ist schon lange zusammengebrochen. Es wird zunehmend schwierig, sich zu ernähren. Ainia geht auf die Jagd und versucht es mit Selbstversorgung:

Ich hätte dem Bauern auch gerne eine Kuh abgekauft, aber Shirokko hatte es mir strikt verboten.
„Das ist hier keine Farm, sondern eine Fabrikhalle.“
„Milch im Kaffee?“, versuchte ich ihm meinen Vorschlag schmackhaft zu machen. „Kuhfladen am Stiefel?“, gab er voller Sarkasmus zurück, und damit war meine Idee abgeschmettert.

Ainia ist nicht lieb und nett. Gerade das mag ich an ihr. Sie erzählt schnoddrig und trocken und denkt zuerst an sich selbst. Leider werden diese Charaktereigenschaften, die bei Männern sympathisch und sexy wirken, bei Frauen oft als negativ angesehen. Aber jetzt mal ehrlich. In einer harten Welt mit marodierenden Banden und geplünderten Supermärkten muss man tough sein, benötigt Stärke und Durchsetzungsvermögen.
Oder man muss sich einen Mann suchen, der einen beschützt. Dann kann man lieb und kuschelig bleiben. Aber Ainia ist nun mal eine Amazone und passt auf sich selbst auf. Oft ist ihr abweisendes Verhalten nur Fassade und wenn es drauf ankommt, steht sie hinter ihren Freunden und Themiskyra.
Einen guten Protagonisten macht für mich seine Glaubwürdigkeit aus. Und Ainia ist sehr glaubhaft in ihrem Kampf mit Zweifeln und Versuchungen, die ihr der kleine Pan auf ihrer Schulter wie ein Teufelchen ins Ohr flüstert.

Die Liebesgeschichte hat in diesem Band etwas weniger Tiefe. Als Leserin möchte ich den Love-Interest sympathisch finden und mitfiebern. Durch die Vielzahl der Männer ist mir dies bei Ainia nicht in dem Maße möglich wie in der Themiskyra-Reihe mit Ell. Zumal ein Mann zwischen Ell und Ainia steht. Da fällt es mir schwer, nicht für Ell Partei zu ergreifen.

Im dritten Band überschneiden sich die Handlungsstränge der “Themiskyra-Reihe” und Pollys-Tagebuch mit der Geschichte Ainias. Wie die Autorin diese Komplexität schreibtechnisch gelöst hat, bewundere ich sehr. Allerdings war für mich durch die Wiederholung (auch wenn die Handlung nun aus Ainias Perspektive erzählt wird) die Spannung nicht mehr in dem hohen Maße gegeben, wie ich es von Dani Aquitaine gewohnt bin. Teilweise habe ich die unerwarteten Wendungen vermisst.

Grandios ist das Setting in einer Stadt nach der Apokalypse und die Beschreibung des langsamen Zerfalls der gewohnten Gesellschaft. Das Vokabular aus der Welt der Amazonen unterstreicht die abenteuerliche Stimmung.

Dani Aquitain erzählt unterhaltsam und mitreißend.
Ich habe schon mit dem vierten Band angefangen, und verrate schonmal…. es wird ein furioses Finale folgen! Ganz schnell weiterlesen.

Veröffentlicht am 30.09.2019

Liebe und Spannung - eine gelungene Mischung

Im Fokus der Vergangenheit
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“Ich wollte immer einen Liebeskrimi schreiben. Denn die Krimis, die ich bisher gelesen hatte, enthielten mir zu wenig Liebe und die Liebesromane waren mir zu wenig krimihaft”, schreibt die Autorin.

Geschickt ...

“Ich wollte immer einen Liebeskrimi schreiben. Denn die Krimis, die ich bisher gelesen hatte, enthielten mir zu wenig Liebe und die Liebesromane waren mir zu wenig krimihaft”, schreibt die Autorin.

Geschickt verwebt Juliane Schmelzer mehrere Handlungsstränge, bis sich nach und nach ein komplettes Bild für den Leser ergibt.
Lange fiebert man, wer der Unbekannte ist, der auf Rache sinnt. Und warum die Polizistin Joselyn Davies damals aus New York in ihre Heimat San Diego zurückgekehrt ist.

Bei ihrem neuen Job begegnet die 34-jährige dem attraktiven Detective Eric Coleman. Beide fühlen sich voneinander angezogen, doch die Vergangenheit ist nicht so leicht abzuschütteln und kommt immer näher.

Ein spannendes Debüt. Es geht nicht nur um die Liebe, sondern auch um Leben und Tod.

Veröffentlicht am 16.09.2019

Sehr positiv überrascht - spannende Hamburger Geschichte und starke Frauen

Die Hafenschwester (1)
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Wart ihr schon mal im Innenhof des Hamburger Rathauses? Dort wurde 1896 ein Brunnen gebaut, der daran erinnern soll, wie wichtig sauberes Wasser ist. Man sieht die Göttin Hygieia und zu ihren Füßen einen ...

Wart ihr schon mal im Innenhof des Hamburger Rathauses? Dort wurde 1896 ein Brunnen gebaut, der daran erinnern soll, wie wichtig sauberes Wasser ist. Man sieht die Göttin Hygieia und zu ihren Füßen einen kleinen Drachen, der symbolisch für die besiegte Cholera steht.

Vor gerade einmal 120 Jahren gab es in Hamburg eine schwere Choleraepidemie. Hamburg hat diese Seuche besonders schwer getroffen, da auf politischer Ebene mehrere falsche Entscheidungen gefällt worden waren.

Zum Buch:
Die 14-jährige Martha lebt mit ihrem kleinen Bruder Heinrich und den Eltern in einer Wohnung im Hamburger Gängeviertel.

Über dieses Viertel sagte der Bakteriologe Robert Koch: „Ich habe noch nie solche ungesunden Wohnungen, Pesthöhlen und Brutstätten für jeden Ansteckungskeim angetroffen wie in den sogenannten Gängevierteln, die man mir gezeigt hat, am Hafen, an der Steinstraße, an der Spitalerstraße oder an der Niedernstraße.[...] Ich vergesse, daß ich mich in Europa befinde.“ (Quelle: wikipedia)

Als Marthas Mutter stirbt, beginnt der Vater zu trinken. Er hatte bisher als Schauermann im Hamburger Hafen Schiffe be- und entladen und verliert seinen Job. Die junge Martha arbeitet im Allgemeinen Krankenhaus von St. Georg, um Geld für die Familie zu verdienen. Später wird sie als Lernschwester im modernen Eppendorfer Krankenhaus angenommen.
Weil die Schwestern des Krankenhauses eigentlich aus dem bürgerlichen Milieu kommen sollten, hat Martha einen schweren Stand. Eine der anderen angehenden Krankenschwestern spinnt Intrigen gegen sie.
Marthas Jugendfreundin Mili wird von ihrem Vater zur Prostitution gezwungen.

Am Beginn des Buches ist Martha 14 Jahre alt, und die Geschichte reicht bis zu ihrem achtzehnten Lebensjahr. Wegen des Krankenschwesternumfeldes (Klischee “Arztroman”) hatte ich mit mehr Romantik gerechnet.
Aber die Handlung hat mich sehr positiv überrascht. Eine Liebesgeschichte entwickelt sich erst relativ spät und wird auch nicht zum Fokus des Buches. Das fand ich sehr gut, denn Bücher für Frauen müssen sich nicht immer nur um Liebe drehen.

Die Autorin Melanie Metzenthin schreibt im Nachwort, dass sie von Familienfotos und Erzählungen ihrer Urgroßmutter inspiriert worden sei. Ihr Buch zeichnet ein detailliertes Bilde der damaligen Zeit - von Doppelmoral, Abhängigkeiten und schlechten Arbeitsbedingungen. Erschreckend zu lesen, wie stark das Schicksal der Menschen durch ihre Herkunft bestimmt war.

Ich fand es sehr spannend mehr über die damalige Zeit zu erfahren. Vor allem, da ich selbst in Hamburg lebe und die Orte kenne.
Ende des 19. Jahrhunderts war die Frauenbewegung am erstarken, wichtige medizinische Entdeckungen werden gemacht, die Gewerkschaften streikten im Hamburger Hafen.
Die Frauenrechtlerin Lida Gustava Heymann richtete während des Streiks eine Suppenküche für die Familien der Hafenarbeiter ein und eröffnete später eine Beratungsstelle für Frauen.

Kleine Kritikpunkte: Die Beschreibung der politischen Inhalte war grundsätzlich interessant, und ich stimme auch mit ihnen überein. Teilweise hat es jedoch Überhand genommen und las sich fast wie eine Werbebroschüre der Sozialdemokraten.

SPOILER
Letzten Endes waren Ehemänner die Lösung für Martha und Mili. Ich hätte mir gewünscht, dass zumindest eine von ihnen hätte unabhängig bleiben können. Wobei auch mal festzuhalten ist, dass sozialdemokratische Männer nicht zwingend feministisch sind.
Einerseits war mir Martha zu tüchtig und andererseits konnte ich manche Entscheidungen von ihr moralisch nicht nachvollziehen.

Fazit:
Trotz der kleinen Minuspunkte ist “Die Hafenschwester” ein fantastisches Buch. Auch da es uns nochmal vor Augen führt, wie die Situation noch vor gut hundert Jahren war und was man mit Solidarität erreichen kann.
Bitte mehr solcher Romane.

Veröffentlicht am 16.09.2019

Sehr positiv überrascht - spannende Hamburger Geschichte und starke Frauen

Die Hafenschwester (1)
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Wart ihr schon mal im Innenhof des Hamburger Rathauses? Dort wurde 1896 ein Brunnen gebaut, der daran erinnern soll, wie wichtig sauberes Wasser ist. Man sieht die Göttin Hygieia und zu ihren Füßen einen ...

Wart ihr schon mal im Innenhof des Hamburger Rathauses? Dort wurde 1896 ein Brunnen gebaut, der daran erinnern soll, wie wichtig sauberes Wasser ist. Man sieht die Göttin Hygieia und zu ihren Füßen einen kleinen Drachen, der symbolisch für die besiegte Cholera steht.

Vor gerade einmal 120 Jahren gab es in Hamburg eine schwere Choleraepidemie. Hamburg hat diese Seuche besonders schwer getroffen, da auf politischer Ebene mehrere falsche Entscheidungen gefällt worden waren.

Zum Buch:
Die 14-jährige Martha lebt mit ihrem kleinen Bruder Heinrich und den Eltern in einer Wohnung im Hamburger Gängeviertel.

Über dieses Viertel sagte der Bakteriologe Robert Koch: „Ich habe noch nie solche ungesunden Wohnungen, Pesthöhlen und Brutstätten für jeden Ansteckungskeim angetroffen wie in den sogenannten Gängevierteln, die man mir gezeigt hat, am Hafen, an der Steinstraße, an der Spitalerstraße oder an der Niedernstraße.[...] Ich vergesse, daß ich mich in Europa befinde.“ (Quelle: wikipedia)

Als Marthas Mutter stirbt, beginnt der Vater zu trinken. Er hatte bisher als Schauermann im Hamburger Hafen Schiffe be- und entladen und verliert seinen Job. Die junge Martha arbeitet im Allgemeinen Krankenhaus von St. Georg, um Geld für die Familie zu verdienen. Später wird sie als Lernschwester im modernen Eppendorfer Krankenhaus angenommen.
Weil die Schwestern des Krankenhauses eigentlich aus dem bürgerlichen Milieu kommen sollten, hat Martha einen schweren Stand. Eine der anderen angehenden Krankenschwestern spinnt Intrigen gegen sie.
Marthas Jugendfreundin Mili wird von ihrem Vater zur Prostitution gezwungen.

Am Beginn des Buches ist Martha 14 Jahre alt, und die Geschichte reicht bis zu ihrem achtzehnten Lebensjahr. Wegen des Krankenschwesternumfeldes (Klischee “Arztroman”) hatte ich mit mehr Romantik gerechnet.
Aber die Handlung hat mich sehr positiv überrascht. Eine Liebesgeschichte entwickelt sich erst relativ spät und wird auch nicht zum Fokus des Buches. Das fand ich sehr gut, denn Bücher für Frauen müssen sich nicht immer nur um Liebe drehen.

Die Autorin Melanie Metzenthin schreibt im Nachwort, dass sie von Familienfotos und Erzählungen ihrer Urgroßmutter inspiriert worden sei. Ihr Buch zeichnet ein detailliertes Bilde der damaligen Zeit - von Doppelmoral, Abhängigkeiten und schlechten Arbeitsbedingungen. Erschreckend zu lesen, wie stark das Schicksal der Menschen durch ihre Herkunft bestimmt war.

Ich fand es sehr spannend mehr über die damalige Zeit zu erfahren. Vor allem, da ich selbst in Hamburg lebe und die Orte kenne.
Ende des 19. Jahrhunderts war die Frauenbewegung am erstarken, wichtige medizinische Entdeckungen werden gemacht, die Gewerkschaften streikten im Hamburger Hafen.
Die Frauenrechtlerin Lida Gustava Heymann richtete während des Streiks eine Suppenküche für die Familien der Hafenarbeiter ein und eröffnete später eine Beratungsstelle für Frauen.

Kleine Kritikpunkte: Die Beschreibung der politischen Inhalte war grundsätzlich interessant, und ich stimme auch mit ihnen überein. Teilweise hat es jedoch Überhand genommen und las sich fast wie eine Werbebroschüre der Sozialdemokraten.

SPOILER
Letzten Endes waren Ehemänner die Lösung für Martha und Mili. Ich hätte mir gewünscht, dass zumindest eine von ihnen hätte unabhängig bleiben können. Wobei auch mal festzuhalten ist, dass sozialdemokratische Männer nicht zwingend feministisch sind.
Einerseits war mir Martha zu tüchtig und andererseits konnte ich manche Entscheidungen von ihr moralisch nicht nachvollziehen.

Fazit:
Trotz der kleinen Minuspunkte ist “Die Hafenschwester” ein fantastisches Buch. Auch da es uns nochmal vor Augen führt, wie die Situation noch vor gut hundert Jahren war und was man mit Solidarität erreichen kann.
Bitte mehr solcher Romane.