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Veröffentlicht am 04.04.2019

Der zweite Kriminalfall der Untersuchungsrichterin Mathilde de Boncourt

Die Richterin und die tote Archäologin
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Der zweite Kriminalfall der Untersuchungsrichterin Mathilde de Boncourt und ihrer Ermittler Rachid Bouraada und Felix Torrain ist nicht weniger verwickelt als ihr erster. Mathilde de Boncourt kämpft mit ...

Der zweite Kriminalfall der Untersuchungsrichterin Mathilde de Boncourt und ihrer Ermittler Rachid Bouraada und Felix Torrain ist nicht weniger verwickelt als ihr erster. Mathilde de Boncourt kämpft mit den Spätfolgen eines Attentats auf den Stufen des Justizplastes in Nîmes. Die gründliche Bearbeitung dieses Falles unterbricht sie auf dem großväterlichen Weingut mit kleinen Erholungspausen. Den Leser verzaubert die Langue d’Oc stärker als zuvor mit ihrer Landschaft, den bunten, vielfältigen und historischen Provinzstädten und lässt die Düfte nachahnen, die sie durchziehen. Zu verführerisch sind die Speisen und ihre Zubereitung. Der Mord an der Archäologin Flavia Leone auf dem nahegelegenen Grabungsfeld einer römischen Villa stört die beschauliche Idylle. Die Tote wurde vom deutschen Ehepaar Sievers zufällig gefunden, als sie verbotenerweise aus historischem Interesse den Grabungsort betreten hatten. Mathilde de Boncourt kannte die tote Archäologin aus ihrer gemeinsamen Schulzeit. Die grauenhaften Umstände ihres Todes durch Erdrücken werden mit der gerichtsmedizinischen Untersuchung noch rätselhafter. Wieso bedeckte eine Totenmaske aus Wachs das bei der Tötung entstellte Gesicht? Wann und mit welch großer Kraft fand die Tat statt? Warum gerade am Ausgrabungsort? Die Untersuchung ihrer recht unpersönlichen Wohnung in La Grande-Motte erweist sich als wenig ergiebig. Eine weitere Leiche wird aufgefunden, die ihres Mannes Roger Creteuil, Kapitän eines Frachtschiffs, in ihrer gemeinsamen Wohnung in Sète. Er wurde in gleicher Weise erstickt. Wie war ihre gemeinsame Beziehung? Waren Eifersucht oder Rache im Spiel? Wie eigentlich war der zeitliche Ablauf beider Morde? Welche Rolle spielt Flavia Leones Stellvertreterin Persephone Titeux, der anscheinend daran liegt, die Ergebnisse der Grabungen für sich in Anspruch zu nehmen? Die Suche nach Zeugen gestaltet sich schwierig. Fieberhaft wird Flavias Fitnesstrainer David Chabral gesucht, zunächst als Zeuge. Ihre Beziehung ging kürzlich auseinander. Als die beiden Ermittler seine langjährige Geliebte Bibiche Verviers ausfindig machen, erfahren sie Näheres zur Beziehung zwischen David Chabral und Flavia Leone. Aber war es denn seine DNA auf der Totenmaske? Sind die Ermittler vielleicht auf der falschen Spur? Geht es vielleicht gar nicht um persönliche Abrechnung, sondern um Antiquitätenschmuggel größeren Stils? Creteuil war regelmäßig in Ägypten, Flavia Leone plante eine Reise zu weiteren Ausgrabungen dort. Die Intensivierung der Ermittlungen kostet Flavia Leones Kollegin und Restaurateurin Sabine Chong beinahe das Leben. Die Kriminalgeschichte erfährt zum Schluss hin unerwartete Wendungen.

Veröffentlicht am 04.04.2019

Ein Einblick in das Leben einer Frau, die ihrer Zeit voraus ist

Die Erleuchtung der Welt
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Historische Romane verführen leicht dazu, sich in die Vergangenheit zu wünschen und den rauen Alltag von damals zu verklären. Nicht so ganz einfach ist es, sich von der heutigen rationalen Welt in das ...

Historische Romane verführen leicht dazu, sich in die Vergangenheit zu wünschen und den rauen Alltag von damals zu verklären. Nicht so ganz einfach ist es, sich von der heutigen rationalen Welt in das Denken des späten Mittelalters einzufühlen. Johanna von Wild ist es recht gut gelungen, Gefühle und Empfinden sechs Jahrhunderte mit zurückzunehmen. Es fällt nicht schwer, sich mit Helena zu identifizieren, einer Tochter des Tagelöhners Wigbert im kurpfälzischen Neckargemünd. Aufgewachsen in einer Kate, die Mutter nach zahlreichen Geburten bei der Geburt des jüngsten Kindes verstorben, mit zwölf vom Vater wegen Spielschulden an den Winzer Cuntz Wengerter verkauft, flieht sie in ein Kloster, als er sie wiederholt zu vergewaltigen sucht. Verletzt aufgefunden, wird sie im Zisterzienser-Kloster Lobenfeld gesund gepflegt und in die Gemeinschaft aufgenommen. Neben der Beschäftigung mit den Kräuterpflanzen im Klostergarten arbeitet sie im Skriptorium als Illustratorin, wird im Lesen und Schreiben unterwiesen. Auf der Suche nach heilenden Kräutern im Wald begegnet sie dem Medizinstudenten Toman Ostheim. Auf dem Rückweg von einer Krankenbehandlung im Waisenhaus zu Dilsberg gerät sie in den über die Ufer getretenen Neckar, wird von ihm gerettet und zum Haus seines Vaters, des Kaufmanns Caspar Ostheim, gebracht. Beim Besuch des Kurfürsten Ludwig in der kleinen Stadt rettet Helena das Leben seiner zehnjährigen Tochter Mechthild vor dem Überrollen durch die Kutsche. Vier Jahre zuvor hatte sie Helena in Neckargemünd ein Püppchen zugeworfen, da es ihr ähnlichsah. Mechthild erinnert sich daran und Helena wird zur Festtafel geladen. Helena wird Spielgefährtin der Fürstentochter. Mehrfach kreuzen sich die Wege Helenas und ihres Vergewaltigers, der ihre Familie erpresst und ausnutzt. Als sie beim Festessen das Leben des Kurfürsten rettet, kann sie erreichen, dass Wengerter den Hof nicht mehr beliefern darf. Ihr Bruder erhält einen eigenen Hof und Vieh, den Status eines Freibauern. Mechthilds Hochzeit führt sie nach Stuttgart, dem Tod des Kurfürsten Ludwig führt zum Bruderzwist der Wittelsbacher Linien. Als Helena ihren Bruder besucht, wird sie erneut von Cuntz Wengerter überfallen und vergewaltigt. Mit Mühe entkommen sie und ihr Bruder Siegfried dem Niederbrennen des Hofs. Nach dem Tod ihres Mannes heiratet Mechthild den Habsburger Erzherzog und in der Folge entzweien sich Mechthild und Helena. Auf einer Pilgerreise nach Italien kann Helena ihre Heilkünste anwenden. Erneut begegnet sie Toman Ostheim. Drei Jahre nach der Entzweiung kommt es zur Wiederaussöhnung zwischen Mechthild und Helena. Die Sprache Johanna von Wilds ist sehr blumig, sodass Leser sich liebend gerne auf die Zeitreise in die Vergangenheit einlassen und in die Kunstfigur Helena einzufühlen vermögen. Der Autorin gelingt es meisterlich, dem Leser die verschlungenen Herrschaftsverhältnisse im Südwesten Deutschlands, wie auch die verwobenen Familienstrukturen mit ihren auffälligen Namensgleichheiten, geduldig zu vermitteln.