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Veröffentlicht am 23.06.2019

Emotionales Zeitzeugnis

Zeit aus Glas
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1938. Die Reichskristallnacht lässt die 17-jährige Ruth Meyer und ihre Familie langsam erahnen, was ihnen als Juden in Deutschland bevorsteht. Die Anzeichen waren vorher schon da, doch das Leben wird für ...

1938. Die Reichskristallnacht lässt die 17-jährige Ruth Meyer und ihre Familie langsam erahnen, was ihnen als Juden in Deutschland bevorsteht. Die Anzeichen waren vorher schon da, doch das Leben wird für sie alle immer schwieriger, denn ihr geliebtes Krefelder Zuhause ist zerstört. Viel zu spät bemühen sie sich um eine Ausreise in die USA, sie haben eine Wartezeit bis 1941, doch was geschieht mit ihnen bis dahin? Werden sie dies gemeinsam durchhalten? Seit der verhängnisvollen Nacht ist Ruths Kindheit schlagartig vorbei. Als ihr Vater wegen angeblichem Schmuggel von den Nazis verhaftet wird und ihre Mutter in Lethargie verfällt, hängt es an Ruth, die Familie zu beschützen und Entscheidungen zu treffen. Ruth gelangt als Kindermädchen über Holland nach England und erlebt immer wieder eine Welle der Hilfsbereitschaft. Als ihr Vater nach Dachau überstellt werden soll, muss sie alle Hebel in Bewegung setzen, damit ihre Familie nach England einreisen darf…
Ulrike Renk hat mit „Zeit aus Glas“ eine fulminante Fortsetzung ihrer Familiensaga um die Krefelder Familie Meyer vorgelegt, der nahtlos an den ersten Band „Jahre aus Seide“ anknüpft und auf den echten Tagebuchaufzeichnungen von Ruth Meyer beruht. Die autobiographischen Züge sowie der gefühlvolle, bildhafte und flüssige Schreibstil der Autorin verleihen der Geschichte Lebendigkeit und eine gehörige Portion Realismus. An Ruths Seite erlebt der Leser das Grauen der Pogromnacht sowie die Hatz der Nazis auf die jüdische Bevölkerung und das von den Braunen gesäte Misstrauen innerhalb der Bevölkerung, wo ein Wort zu viel schon die Verhaftung oder den Tod bedeuten kann. Mit viel Einfühlungsvermögen verwebt die Autorin die dramatische Veränderung innerhalb Deutschlands mit ihrer Handlung und lässt den Leser eine Achterbahn der Gefühle erleben, während er bei der Lektüre um die Familie Meyer bangt und hofft. Im Anhang setzt die Autorin den Leser ins Bild über die fiktiven und tatsächlichen Anteile in ihrer Geschichte und macht auch deutlich, dass es durchaus auch viele Menschen gab, die sich gegen die Nazis gestellt und heimlich geholfen haben, um sich und ihre Familien nicht in Gefahr zu bringen, was von großem Mut zeugt und unser aller Respekt verdient.
Die Charaktere sind seit dem ersten Teil bereits liebgewonnene Freunde, denen die Autorin viel Leben eingehaucht hat. Sie wirken sehr präsent und realitätsnah, weshalb sich der Leser gut mit ihnen identifizieren und mitfühlen kann. Ruth hat sich von dem jungen Mädchen in einen Teenager gewandelt, deren Kindheit abrupt vorbei ist, als ihr Zuhause zerstört wird. Die Grausamkeit der Nazis und die dauerhafte Angst lassen sie ständig auf der Hut sein. Sie übernimmt Verantwortung für ihre jüngere Schwester Ilse und auch ihre Mutter Martha, die der Situation nicht mehr gewachsen ist und ihre Tochter zusätzlich zu ihrer eigenen Angst mit allem allein lässt. Gerade dies bringt sie dem Leser noch näher, denn Ruth unternimmt alles nur Menschenmögliche, um ihre Lieben zu retten. Mit Martha hadert man als Leser oft, denn eine Mutter sollte ihren Kindern Sicherheit und Geborgenheit vermitteln, auch wenn die Zeiten schlecht sind, und sich nicht so gehen lassen. Hier zeigt sich allerdings, dass Martha keine Stärke und noch weniger Mut besitzt, um dies umzusetzen. Besonderes Highlight ist auch in diesem Buch wieder die Familie Aretz, die den Meyers in Freundschaft ergeben sind und sie in jeder Hinsicht unterstützen.
Mit „Zeit aus Glas“ zeigt die Autorin einmal mehr ihr großartiges Talent, autobiografischen Stoff mit Fiktion wunderbar zu verweben und den Leser in den Bann zu ziehen. Sehr empathisch erzählt, wird man automatisch zu einem Teil der Meyer-Familie und durchlebt bei dieser dramatischen Handlung das gesamte Gefühlsbarometer, wobei die Hoffnung immer mitschwingt, das alles doch noch gut ausgeht. Absolute Leseempfehlung für ein Stück Zeitgeschichte!

Veröffentlicht am 22.06.2019

Viva la vita a Roma

Viva la vita - Es lebe das Leben
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Endlich kann die deutsche Frauenärztin Tanja ihre neue Wohnung in der römischen Altstadt beziehen, doch das vom Makler als renoviert bezeichnete Domizil erweist sich als Bruchbude. Trotzdem lässt Tanja ...

Endlich kann die deutsche Frauenärztin Tanja ihre neue Wohnung in der römischen Altstadt beziehen, doch das vom Makler als renoviert bezeichnete Domizil erweist sich als Bruchbude. Trotzdem lässt Tanja den Kopf nicht hängen und macht es sich nach und nach wohnlich. Dabei lernt sie ihre Nachbarschaft kennen: den schwulen Valentino, dem die Boutique nebenan gehört und Giulia, die ein recht frequentiertes Café führt. In dem Café treffen Giulia und Tanja auch auf die geschiedene und alleinerziehende Roberta sowie Luigi, der auf der Suche nach der für ihn perfekten Frau ist und sich deshalb immer wieder mit neuen Blind Dates in Giulias Café verabredet. Die drei Frauen werden schnell Freundinnen und erleben neben männlichen Eroberungen, Herzschmerz und Betrug auch allerlei Kurioses wie eine Verhaftung, die vor Gericht endet…
Kathrin Corda hat mit „Viva la vita – Es lebe das Leben“ eine sehr unterhaltsamen und gefühlvollen Roman vorgelegt, der den Leser mit seinem flüssigen und eingängigen Erzählstil mit den ersten Zeilen in die pulsierende italienische Hauptstadt mitnimmt und dort mal an der Seite von Tanja, mal von Giulia oder Roberta durch Rom zu flanieren und den drei Frauen bei ihrem Alltag über die Schulter zu sehen. Geschickt versteht es die Autorin mit ihrer kurzweiligen Erzählweise, die Stadt Rom sowie die italienische Lebensfreude dem Leser zu transportieren. So lässt sie so manchen Mann als notorischen Fremdgänger avancieren, die Carabinieri hart durchgreifen und den Leser „la familia“ als italienische Lebensform miterleben. Auch die alltäglichen Sorgen und Nöte ihrer Protagonisten werden genauso gut dargestellt wie ihre Gefühle, so dass der Leser sich sofort mit ihnen verbunden fühlt, weil er vieles nachvollziehen kann.
Die Charaktere sind ein schöner bunter Strauß sehr individuell angelegter Personen, die durchweg realitätsnah wirken, als wäre sie dem normalen Alltagsleben entsprungen. Das macht sie greifbar und liebenswert, so fällt es dem Leser leicht, sich an ihre Fersen zu heften und ihre Erlebnisse hautnah mitzuerleben. Tanja ist eine sympathische Frau, die in Rom ein zweites Zuhause gefunden hat. Sie geht offen auf die Menschen zu, ist hilfsbereit und freundlich. Ihr römischer Freund war ein Flop, doch sie steckt den Kopf nicht in den Sand, sondern genießt das Leben. Schwester Katrin ist eine gestresste Mutter mit Kleinkind, die den Kontakt zu Tanja schon längst verloren hat. Giulia ist eine römische Frohnatur, die mit ihrem Café alle Hände voll zu tun hat und mit Männern nichts am Hut. Aber gerade eine Fahrstuhleroberung wird ihr zum Verhängnis. Robert ist eine liebevolle Mutter, die Stress mit dem Ex hat und wieder bei den Eltern wohnt. Sie träumt von einer neuen Liebe, die sie aber erst auf den zweiten Blick erkennt. Luigi ist ein netter Kerl, der sich im Partnersucheportal immer die falschen Frauen für ein Blind Date aussucht, aber nie die Hoffnung aufgibt. Valentino ist immer wie aus dem Ei gepellt, dabei freundlich und hilfsbereit, aber für Frauen anscheinend tabu. Fabio ist ein von sich eingenommener Mann, der ziemlich schnell auf die Nase fällt und den Schwanz einzieht. Auch die weiteren Protagonisten überzeugen mit ihren kleinen Auftritten und machen die Geschichte rundum kurzweilig und unterhaltsam.
„Viva la vita – Es lebe das Leben“ ist ein toller Sommerroman angefüllt mit römischem Flair, italienischem vita quotidiana und Zufallsbekanntschaften, aus denen gute Freunde und mehr werden. Wunderbar und mit viel Gefühl erzählt, so dass der Leser sich als Teil der Gemeinschaft empfindet. Hier ist eine Leseempfehlung auf jeden Fall verdient!

Veröffentlicht am 16.06.2019

Der Traum von einem besseren Leben

Das Flüstern der Freiheit
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1923 China. Aus einer armen Familie stammend, springt Mai Ling für ihre kranke Schwester ein und wird an einen amerikanischen Heiratsvermittler verkauft, um der Familie ein Auskommen zu sichern. Mei Ling ...

1923 China. Aus einer armen Familie stammend, springt Mai Ling für ihre kranke Schwester ein und wird an einen amerikanischen Heiratsvermittler verkauft, um der Familie ein Auskommen zu sichern. Mei Ling wird mit einem für sie völlig fremden Mann verheiratet und mit dem Schiff nach Amerika verbracht. Auf der beschwerlichen Überfahrt begegnet sie dem kleinen Waisenmädchen Shiya, dem sie schon bald eng verbunden ist. Als sie nach vier Wochen San Francisco erreichen, muss Mei Ling bald enttäuscht feststellen, dass ihr neuer Ehemann gar nicht wohlhabend ist. Die Eingewöhnung in die fremde Umgebung fällt Mei Ling schwer, sie vermisst ihre Heimat und vor allem ihre Familie, deshalb stürzt sie sich mit aller Kraft in die Aufgabe, die kleine Shiya zu beschützen. Doch dafür muss sie Opfer bringen…
Laila Ibrahim hat mit „Das Flüstern der Freiheit“ einen sehr berührenden und spannenden Roman vorgelegt, der das Schicksal chinesischer Einwanderer in die USA thematisiert und aufzeigt, welche Hürden und unter welch teilweise grausamen Bedingungen sie ihre Hoffnungen in einem fremden Land suchten, um sich für ihre Zukunft Wohlstand und ein besseres Leben zu erarbeiten. Der Schreibstil ist flüssig und nimmt den Leser direkt mit an den Anfang des letzten Jahrhunderts ins Reich der Mitte, wo arme Familie keinen anderen Ausweg sahen, als ihre eigenen Kinder zu verkaufen, um zu überleben. Unsichtbar an die Fersen von Mei Ling geheftet, erfährt der Leser hautnah von ihrem Schicksal, einen ihr völlig unbekannten Mann zu ehelichen und ihre Heimat zu verlassen. Völlig allein und einsam muss sie ihr Schicksal über mehrere Wochen meistern ohne zu wissen, was mit ihr passieren wird. Gefühle wie Angst, Hoffnung und Schmerz sind allseits präsent. Die Autorin hat hier wieder sehr viel auf Authentizität gelegt, denn ihre Handlung basiert auf realen Begebenheiten, die sie im Anhang des Buches auch belegt.
Die Charaktere sind sehr liebevoll ausgestaltet und hinterlassen mit ihren individuellen Eigenschaften einen sehr intensiven und realistischen Eindruck beim Leser. Mei Ling ist eine junge Frau, die nicht über ihr eigenes Leben bestimmen darf. Sie ist zurückhaltend, fügsam und sorgt sich um das Wohl ihrer Familie. Aber sie zeigt nach und nach auch eine andere Seite von sich bei dem Kampf um Shiya. Hier beweist sie Mut und Stärke sowie eine Selbstlosigkeit, die nur eine Mutter aufbringen kann. Chinn Kai Li ist Mei Lings Ehemann, der sie auf Händen trägt. Er ist liebevoll, hilfsbereit und großherzig. Die kleine Shiya schleicht sich sofort in das Herz des Lesers und lässt ihn um ihr Schicksal konstant bangen und hoffen.
„Das Flüstern der Freiheit“ ist ein wunderbarer Roman mit historischem Hintergrund, der sich eindrucksvoll mit dem Schicksal chinesischer Einwanderer beschäftigt, die sich hoffnungsvoll auf die beschwerliche Reise in die USA machten, um dort eine Zukunft zu finden. Einfühlsam und berührend erzählt ist hier eine absolute Leseempfehlung mehr als verdient.

Veröffentlicht am 15.06.2019

Ein Sommer voller Sonnen

Der glücklichste Sommer unseres Lebens
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Die 9- jährige Colline ist ein außergewöhnliches Mädchen, denn sie ist nicht nur sehr empfindsam gegenüber allen Geschöpfen, sondern erlebt das Leben mit Herz und Seele. Sie liebt Farben und hat ein feines ...

Die 9- jährige Colline ist ein außergewöhnliches Mädchen, denn sie ist nicht nur sehr empfindsam gegenüber allen Geschöpfen, sondern erlebt das Leben mit Herz und Seele. Sie liebt Farben und hat ein feines Gespür für die Stimmungen in ihrer Umwelt. Ihre Eltern, die ein Bäckereiunternehmen führen, wollen sich scheiden lassen, was Colline völlig aus der Bahn wirft. Die pensionierte Clélie, eine ehemalige Angestellte der Bäckerei und eine alte Vertraute der Familie, ist die einzige, bei der Colline sich sicher fühlt und der sie sich anvertraut. Deshalb erklärt sich Clélie dazu bereit, das kleine Mädchen während Sommerferien bei sich aufzunehmen, damit Colline etwas Abstand zu ihrer Familie bekommt und sich etwas erholen kann, denn seit der Eröffnung ihrer Eltern hat sie aufgehört zu essen. Nicht nur Clélie, sondern auch ihre Hausnachbarn Rosa und Theodore sowie einige andere Bewohner schließen Colline sofort in ihr Herz und wollen nur eines: dass das Mädchen wieder lacht, glücklich ist und endlich etwas isst. Dafür fallen ihnen so einige besondere Dinge ein…
Ondine Khayat hat mit „Der glücklichste Sommer unseres Lebens“ einen wunderschönen, anrührenden und tiefgründigen Roman vorgelegt, der in des Lesers Herz und Seele Platz nimmt, um dort noch lange zu verweilen. Der Schreibstil ist flüssig mit leicht poetischen Zügen und nimmt den Leser gleich mit den ersten Worten mit ins Leben von Colline und ihrem Umfeld in Paris. Die Autorin lässt den Leser mit viel Fingerspitzengefühl in das Seelenleben der kleinen Colline blicken, wobei sie deren hochempfindliche Antennen für die Stimmungen der Erwachsenen ebenso hervorhebt, wie die bewundernswerte kindliche Welt der Gedanken, die mit bestimmten Ereignissen Glück, Geborgenheit, Trauer und Leid verbinden. Besonders gelungen ist auch die Darstellung der sehr viel älteren Erwachsenen, die sich durch die kindliche Betrachtungsweise dazu hinreißen lassen, in ihre eigene Vergangenheit zurückzureisen, aber auch den Beschützerinstinkt in ihnen wecken und durch einigen Ideenreichtum wie Meditation im Garten, das Betrachten von Gemälden sowie das Deklinieren von philosophischen Texten und deren Auslegung das Interesse des Kindes wecken. Dabei sind auch so profane Dinge wie ein Picknick hilfreich. Nebenbei lenkt die Autorin den Leser durch das pulsierende Paris mit seinen vielen verschiedenen Kulturen und Besonderheiten, was hier einen wunderbaren Hintergrund ergibt.
Die Charaktere wirken aufgrund ihrer detaillierten und authentischen Darstellung mit Leben gefüllt und lassen den Leser sie schnell ins Herz schließen. Sie sind wie alte Bekannte oder gute Freunde, deren Wohl einem wichtig ist. Colline ist ein zauberhaftes kleines Mädchen, das hochsensibel auf ihr Umfeld reagiert. Sie nimmt sich alles sehr zu Herzen und sucht oftmals auch die Schuld für die Misere bei sich. Sie liebt ihre Eltern, und gerade die Entscheidung, bei wem sie nach der Scheidung leben soll, macht ihr sehr zu schaffen. Colline ist rundum liebenswert, fürchtet aber geradezu die Ablehnung, besonders durch ihren Vater, der oftmals desinteressiert und unaufmerksam ist. Clélie ist eine alte Dame, die ihren Ruhestand genießt. In ihrem Leben gab es einige Schicksalsschläge, die mit dem Besuch von Colline zaghaft an die Oberfläche dringen. Sie hat ein großes Herz, ist mitfühlend, offen und bei vielen sehr beliebt. Rosa ebenso wie Theodore ein Hausnachbar von Clélie. Die beiden sind ebenfalls sehr sympathische und herzliche Menschen, denen der Besuch von Colline ebenso gut tut wie Colline selbst. Aber auch die weiteren Nebendarsteller haben alle ihren Platz in dieser wunderbaren und berührenden Geschichte.
„Der glücklichste Sommer unseres Lebens“ ist ein wunderschöner und tiefgründiger Roman über eine sensible Kinderseele, die an vielen Seelen rührt und so einiges zutage fördert. Zauberhaft und mit viel Einfühlungsvermögen geschrieben, kann man das Buch nicht aus der Hand legen und noch weniger vergessen. Absolute Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 09.06.2019

Auf der Flucht die Liebe gefunden...

Die Sterne über den Black Mountains
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Für die Schriftstellerin Caitlin könnte es momentan gerade nicht besser laufen, denn sie fühlt sich im schottischen Glasgow pudelwohl und die Kunden greifen gern zu ihren Krimis, was sie auch ihrer Freundin ...

Für die Schriftstellerin Caitlin könnte es momentan gerade nicht besser laufen, denn sie fühlt sich im schottischen Glasgow pudelwohl und die Kunden greifen gern zu ihren Krimis, was sie auch ihrer Freundin Rachel zu verdanken hat, die ihr als Agentin den Rücken frei hält, während sie sich ihre Geschichten ausdenkt. Als nun allerdings der Termin für eine Autorenlesung bevorsteht, verlässt Caitlin der Mut, denn öffentliche Auftritte sind so gar nicht ihr Ding. Doch diesmal kann sie sich nicht drücken, allerdings endet es in einem absoluten Fiasko. Mit einem totalen Filmriss findet sich Caitlin am nächsten Morgen in einem Hotelzimmer wieder zusammen mit dem Zettel eines Unbekannten. Ihr Auftritt bei der Lesung wird öffentlich zerrissen und veranlasst Caitlin, sich auf eine abgelegene Farm in den Black Mountains zu flüchten, um dort Abstand zu gewinnen und auch ihrer Schwester zu entkommen, die unerwartet bei ihr aufgetaucht ist und ihre Wohnung in Beschlag genommen hat. Ausgerechnet auf der Farm trifft sie in Tierarzt Ben den Unbekannten wieder, der ihr am Lesungsabend aus der Klemme geholfen hat…
Alexandra Zöbeli hat mit „Die Sterne über den Black Mountains“ einen unterhaltsamen, leicht turbulenten und gefühlvollen Roman vorgelegt. Der Schreibstil ist locker-flüssig und mit einer Spritze Humor gewürzt, der Leser wird regelrecht in die Seiten hineingesaugt, um sich an Caitlins Fersen zu heften und einige Abenteuer zu erleben. Mit wechselnden Erzählperspektiven zeigt die Autorin dem Leser nicht nur Caitlins Seite auf, sondern lässt ihn auch am Leben von Emma, Jack, Rachel, Jamie, Ben und anderen teilhaben. Geschickt erfährt er so von den verschiedenen Verflechtungen und den zwischenmenschlichen Beziehungen untereinander. Die Beschreibungen der Örtlichkeiten sind bildgewaltig und farbenfroh, die Farm und deren Umgebung entstehen während der Lektüre vor dem inneren Auge des Lesers und vermitteln ein Wohlgefühl. Die Geschichte ist zwar vorhersehbar, mindert aber nicht im Geringsten den Lesespaß, da die Autorin mit kleinen überraschenden Wendungen aufwartet, die die Handlung durchweg interessant und kurzweilig gestalten.
Ihren Protagonisten hat die Autorin regelrecht Leben eingehaucht, sie bestechen durch individuelle Ecken und Kanten, überzeugen durch Authentizität und Glaubwürdigkeit. Der Leser fühlt sich ihnen schnell nah und verbunden, was das Mitfühlen und –fiebern sehr erleichtert. Caitlin ist eine sehr sympathische Frau, die mit ihrer Phantasie gutes Geld verdient. Sie liebt die Abgeschiedenheit und bekommt schon einen Herzkasper, wenn sie in der Öffentlichkeit auftreten muss. Manchmal möchte man sie schütteln, denn sie ist viel zu freundlich und gutmütig, was andere sehr wohl für ihren Vorteil zu nutzen wissen. Ben ist ein freundlicher und offener Mann, der Einfühlungsvermögen und Empathie besitzt. Rachel ist Caitlins Freundin, die sie in allen Lebenslagen unterstützt. Schwester Kendra ist eine Nervensäge, die sich immer wieder ungefragt in Caitlins Leben drängt. Aber auch Emma, Jack und Jamie machen die Handlung durchweg kurzweilig mit ihren Auftritten.
„Die Sterne über den Black Mountains“ ist ein sehr unterhaltsamer Liebesroman, der chaotische Familienbande, gute Freundschaften und alte Geschichten in sich vereint. Verdiente Leseempfehlung für eine schöne romantische Auszeit in Wales.