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Veröffentlicht am 22.09.2019

Ein sehr wendungsreicher und emotional mitreißender Harry-Hole-Krimi

Messer (Ein Harry-Hole-Krimi 12)
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Der brillante Osloer Kommissar Harry Hole ist nach der Trennung von seiner Ehefrau Rakel und dem Verlust des Dozentenjobs an der Polizeihochschule nur noch ein Schatten seiner selbst. Lediglich einige ...

Der brillante Osloer Kommissar Harry Hole ist nach der Trennung von seiner Ehefrau Rakel und dem Verlust des Dozentenjobs an der Polizeihochschule nur noch ein Schatten seiner selbst. Lediglich einige der früheren Kollegen stehen ihm noch bei, während er viel zu oft in betäubende Alkoholexzesse versinkt. Doch an dem Tag, als er ohne Erinnerungen an die letzte durchzechte Nacht erwacht und das viele Blut an seiner Kleidung nicht erklären kann, wendet sich das Blatt. Denn er erfährt, dass Rakel ermordet worden ist und niemand weiß, von wem.

„Messer“ ist der 12. Fall für Harry Hole, der seinen inneren Dämonen erlegen ist und nur noch an unbedeutenden Fällen arbeiten darf. Eine Maßregelung, die dem genialen Ermittler überhaupt nicht passt. Vor allem, weil der gefährliche Sexualstraftäter und Serienmörder Svein Finne nach 20 Jahren Haft aus dem Gefängnis entlassen worden ist und erneut seinen kranken Fantasien ausleben kann. Und plötzlich werden in Oslo Frauen missbraucht und umgebracht und niemand will den Zusammenhang zu dem entlassenen Psychopathen sehen.

Jo Nesbø besticht auch in Harry Holes neuem Fall mit einer gut erdachten Mordgeschichte und einem Ermittler, der einerseits genial und andererseits zum Scheitern verurteilt ist. Denn der von Harry Hole vehement geführte Kampf gegen den Alkohol scheint aussichtslos, weil sein unstetes Wesen und seine Sturheit hinderlich für dauerhafte Erfolge sind. Dafür aber gelingt es ihm, wie keinem anderen Ermittler im Team, die Gedanken von Straftätern zu durchschauen und sie mit seiner verbissenen und unkonventionellen Art zu stellen.

Jede Menge falsche Spuren, viele Verdächtige und immer neue Ermittlungsansätze halten die Spannung hoch und lassen den Leser nur so über die Seiten fliegen. Dabei sind es vor allem abwechslungsreich erdachte Szenen und wirklichkeitsnah beschriebene Figuren, die ihn tief in das dramatische Geschehen ziehen, während der flüssige und bildgewaltige Schreibstil ein mitreißendes und emotional aufwühlendes Leseerlebnis garantiert. Allerdings ist die zwiegespaltene und vom Alkohol gezeichnete Figur des Harry Holes nicht jedermanns Sache, sodass die Meinung zu diesem Roman durch sein grenzwertiges Verhalten schnell ins Gegenteil umschlagen kann.

Fazit:
Ein sehr wendungsreicher und emotional mitreißender Kriminalroman, der auf der ganzen Linie zu überzeugen weiß und ungemein zu fesseln versteht.

Veröffentlicht am 11.07.2019

Ein dramatischer Wettlauf gegen die Zeit

Stirb ewig
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Während eines Junggesellenabschieds wird ein zukünftiger Bräutigam in einen Sarg gelegt und unter großem Johlen begraben. Nur eine Taschenlampe, ein Herrenmagazin, eine Flasche Whiskey und ein Handy wurden ...

Während eines Junggesellenabschieds wird ein zukünftiger Bräutigam in einen Sarg gelegt und unter großem Johlen begraben. Nur eine Taschenlampe, ein Herrenmagazin, eine Flasche Whiskey und ein Handy wurden ihm von seinen bereits stark angetrunkenen Freunden zur Unterhaltung beigelegt, bevor diese mit dem Auto in eine nahe liegende Bar aufgebrochen sind. Dort allerdings kommen sie nicht mehr an. Bei einem Verkehrsunfall werden sie getötet und von nun an weiß niemand mehr, was mit dem Bräutigam geschehen ist.

Inspektor Roy Grace übernimmt den merkwürdigen Fall und ist sich bald sicher, dass hier etwas ganz und gar nicht stimmt. Denn ausgerechnet der enge Geschäftspartner des Bräutigams hat wegen einer Flugverspätung bei der feucht fröhlichen Runde gefehlt und behauptet nicht zu wissen, was für den verhängnisvollen Abend geplant gewesen ist. Wie auch die in Tränen aufgelöste Braut, die den lang geplanten Hochzeitstag nun ohne ihren zukünftigen Ehemann verbringen muss. Ein Unglück, das neben vielen Fragen auch arge Zweifel aufwirft und die Vermutung nährt, dass ein perfider Plan hinter allem steckt.

„Stirb ewig“ ist ein spannender Thriller, der von Beginn durch eine fatale Kette an Ereignissen und den darauf folgenden Überlebenskampf seine Sogwirkung entfacht und diese bis ganz zum Schluss zu halten versteht. So leidet der Leser Seite für Seite mit dem im Sarg eingesperrten Bräutigam mit, spürt neben der viel zu selten aufkommenden Hoffnung auch seine nur schwer zu beherrschende Angst und kann nachvollziehen, dass dieser sich aufgrund seiner Gutgläubigkeit und des viel zu starken Alkoholkonsums schwere Vorwürfe macht. Denn nur so konnte es geschehen, dass er in eine Lage geraten ist, aus der er sich selbst nicht mehr befreien kann.

Zur gleichen Zeit werden die verworrenen Geschehnisse außerhalb des Grabes aufgerollt und überraschen zum einen durch die in ihnen wohnende Kaltblütigkeit. Zum anderen wird durch ein arglistiges Komplott der Glaube an ein gutes Ende zerstört. Da nutzt auch das am Ort des Geschehens liegen gebliebene Walkie-Talkie nichts, da die Kontaktaufnahme zu dem lebendig begrabenen Bräutigam durch einen geistig behinderten Jugendlichen erfolgt, der die lebensbedrohliche Situation einfach nicht erfassen kann. Ein Dilemma, das an die Nieren geht und ein wahrhaft clever erdachter Plot, der mit einer guten Mischung aus actionreicher Handlung, akribischer Ermittlungsarbeit und glaubwürdigen Figuren zu fesseln versteht.

Fazit:
Der erste Fall für Inspektor Roy Grace überzeugt mit einem dramatischen Wettlauf gegen die Zeit, der neben spannenden und wendungsreichen Momenten, auch eine ordentliche Portion Gänsehaut beschert.

Veröffentlicht am 07.07.2019

Ein emotional aufwühlender und enorm spannender Psychothriller

WO IST JAY?
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Nach einem gemeinsamen Wochenende verschwindet Mias Freundin Jay spurlos und niemand weiß, was geschehen ist. Auch Jays Ehemann Hugo nicht, dem sie zwar eine Nachricht hinterlassen hat, der aber nicht ...

Nach einem gemeinsamen Wochenende verschwindet Mias Freundin Jay spurlos und niemand weiß, was geschehen ist. Auch Jays Ehemann Hugo nicht, dem sie zwar eine Nachricht hinterlassen hat, der aber nicht nach ihr suchen will. Eine grauenvolle Situation für Mia, die sie verwirrt und ihr Angst einjagt. Schließlich wurde erst vor Kurzem im Aachener Stadtgarten eine junge Frau brutal zusammengeschlagen, die Jay zum Verwechseln ähnlich sieht und der Täter ist noch immer auf freiem Fuß. Doch egal, welchen ihrer gemeinsamen Freunde Mia befragt, niemand nimmt ihre Befürchtungen ernst und ist gewillt, ihr bei den Nachforschungen behilflich zu sein.

Die Frage: „Wo ist Jay?“ zieht sich wie ein roter Faden durch das Buch und sorgt dafür, dass der Leser gemeinsam mit der nach ihrer Freundin suchenden Mia hofft und bangt. Dabei merkt er recht schnell, dass ausgerechnet Jay es war, die die ungleiche Freundesclique zusammengehalten hat, während sie nun, ohne sie zu zerbrechen droht. Und anstatt gemeinsam an einem Strang zu ziehen und zu ergründen, wo Jay geblieben ist, beschäftigt sich jeder nur mit sich selbst. Eifersüchteleien, unerwiderte Gefühle und der schwelende Hass auf einen Menschen, dem immer alles gelang, werden an den Pranger gestellt und eine längst fällige Abrechnung nimmt ihren Lauf.

Emotional aufwühlend und enorm spannend präsentiert sich die Handlung rund um die verschwundene Ehefrau und Mutter Jay und mündet in ein Ende, das in jeder Hinsicht überrascht. Doch bevor ein klug erdachtes Verwirrspiel gelöst werden kann, kommen die beteiligten Figuren abwechselnd zu Wort und berichten jeweils aus ihrer Sicht, was am Tag des Verschwindens von Jay und an den Tagen davor und danach geschehen ist. Dadurch erfährt der Leser aus erster Hand, was sie denken und was sie bewegt und erkennt, auf welche Weise alle miteinander verbunden sind. Schon bald weiß er mehr, als der Einzelne selbst, ohne dass es ihm gelingen wird, die verhängnisvollen Qualen einer gepeinigten Seele von Anfang an zu durchschauen.

Fazit:
Mit einem guten Gespür für menschliche Schwächen und glaubhafte Wendungen erzählt, fesselt „Wo ist Jay?“ bis zum Schluss und sorgt dafür, dass der Leser nach der Lektüre des Thrillers seinen eigenen Freundeskreis noch einmal genauer beäugt.

Veröffentlicht am 29.06.2019

Ein spannender Krimi voller menschlicher Abgründe

Totenweg
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Im August 1998 wird in einem kleinen Dorf in der Elbmarsch die vierzehnjährige Marit tot aufgefunden, die von einem Unbekannten erwürgt worden ist. Kriminalhauptkommissar Bjarne Haverkorn übernimmt den ...

Im August 1998 wird in einem kleinen Dorf in der Elbmarsch die vierzehnjährige Marit tot aufgefunden, die von einem Unbekannten erwürgt worden ist. Kriminalhauptkommissar Bjarne Haverkorn übernimmt den Fall, schafft es aber nicht, ihn aufzuklären. Eine Niederlage, die ihm auch 18 Jahre danach noch schwer zu schaffen macht. Deshalb nutzt er die Chance, als Marits beste Freundin Frida zurück nach Hause kehrt, weil ihr Vater brutal niedergeschlagen im Koma liegt. Und prompt kommt ans Tageslicht, dass Frida mehr über die damaligen Vorkommnisse weiß und Haferkorn bei der erneuten Aufnahme seiner Ermittlungen helfen kann.

„Totenweg“ ist der erste Fall für die junge Polizistin Frida Paulsen, die gemeinsam mit dem kurz vor der Pensionierung stehenden Bjarne Haverkorn alten Fällen nachgeht. Ein Cold Case Team, das sich erst zusammenraufen muss, bevor es ihm gelingt, Marits Mörder zu fassen. Denn Frida ist anfangs wenig kooperativ, als Haferkorn sie zu den damaligen Ereignissen befragt. Zu schwer wiegt die Vergangenheit und die Erinnerung an das Internat, auf dass Frida nach dem Tod von Marit gebracht worden ist. Doch kaum sind die Zwistigkeiten mit ihrer Mutter beigelegt, zieht sie mit dem betagten Kommissar an einem Strang und setzt alles daran, den Schuldigen von einst zu strafen.

Wunderbar spannend, mit viel Atmosphäre und glaubhaften Figuren präsentiert sich Romy Fölcks Kriminalroman, in dem sie zwei Ermittler in Rennen schickt, deren Privatleben nicht einfach ist. So plagt sich Haferkorn mit einer desolaten Ehe und immer wieder aufflammenden depressiven Schüben seiner Frau herum, während Frida die Dämonen ihrer Kindheit einfach nicht beiseiteschieben kann. Aber nicht nur die beiden völlig unterschiedlichen Polizisten sorgen dafür, dass der Leser tief in das Leben der Dorfbewohner dringt. Auch das Schicksal von Fridas Vater lässt ihn nicht los, der gravierende Probleme vor der eigenen Ehefrau verheimlicht hat.

Gelesen wird das authentische und wendungsreiche Geschehen von Michael Mendl, der die im Dorf vorherrschende düstere Stimmung akustisch gut abzubilden versteht. Sei es durch Haferkorns brummige Art, weil er niemanden die Wahrheit entlocken kann oder durch die spürbare Scham einiger Nachbarn, die einem skrupellosen Großgrundbesitzer auf den Leim gegangen sind. Doch vor allem die zutage tretende Angst der Menschen im Dorf, als plötzlich ein weiteres Mädchen verschwunden ist, stellt er durch die ins Mark und Bein gehende Interpretation ihrer Befürchtungen und Mutmaßungen nachvollziehbar dar.

Fazit:
Ein spannender Krimi voller menschlicher Abgründe und der gelungene erste Fall für ein Ermittlerteam, das hoffentlich noch oft auf die Jagd nach Mördern geht.

Veröffentlicht am 23.06.2019

Ein rasanter, undurchsichtiger und wendungsreicher Thriller

Die Stille des Todes
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Während der Restaurationsarbeiten werden in der alten Kathedrale von Vitoria zwei Leichen entdeckt, die genauso hergerichtet worden sind, wie bei einer Serie von Ritualmorden zwanzig Jahre zuvor. Mit einer ...

Während der Restaurationsarbeiten werden in der alten Kathedrale von Vitoria zwei Leichen entdeckt, die genauso hergerichtet worden sind, wie bei einer Serie von Ritualmorden zwanzig Jahre zuvor. Mit einer Hand an die Wange des anderen Opfers gelegt, bieten sie einen Anblick, der den anwesenden Kriminalisten Gänsehaut über den Rücken jagt. Denn der Mörder von einst wurde gefasst und sitzt seine Strafe noch immer im Gefängnis ab. Doch wer hat dann das junge Pärchen in der Krypta umgebracht?
Ein schockierender Fall, den der Profiling-Experte Ayala gemeinsam mit seiner Kollegin Inspectora Gauna übernimmt und sich plötzlich nicht mehr sicher ist, ob der Mörder wirklich seit 20 Jahren gut bewacht in einer Einzelzelle sitzt.

„Die Stille des Todes“ ist ein beeindruckender erster Fall für Inspector Unai López de Ayala, genannt Kraken, der bei der Kriminalpolizei von Vitoria tätig ist und die damalige Mordserie noch völlig unbedarft als jugendlicher Zuschauer begleitet hat. Nun aber agiert er als Spezialist, der verantwortlich für den Verlauf der Ermittlungen ist und schwört beim Anblick der beiden Toten eine gnadenlose Jagd. Dabei wird er nicht nur mit Argusaugen von seinen Vorgesetzten und den Geier der Presse kritisch beäugt, sondern auch und der einstige Mörder meldet sich zu Wort und bietet ihm seine Hilfe an.

Die aus dem Baskenland stammende Autorin Eva García Sáenz hält die Spannung von der ersten Seite an hoch und schafft es die Gedanken und Gefühle des ermittelnden Ich-Erzählers Ayala dermaßen intensiv darzustellen, dass der Leser gefangen von dessen schon an Besessenheit grenzenden Ermittlungen ist. Dabei gewährt sie interessante Einblicke in die Vergangenheit, in eine Zeit, als die ungewöhnliche Mordserie die Bewohner von Vitoria verängstigt hat und zutage trat, dass der psychopathische Mörder bei der Auswahl seiner Opfer und Tatorte ein bestimmtes Muster zugrunde hat. Ergänzt wird das Ganze von wunderbar bildhaften Beschreibungen der geschichtsträchtigen Orten, die eine unrühmliche Rolle in dem Schreckensszenario spielen und so makaber es auch klingen mag, Lust auf einen Besuch derselben machen.

Fazit.
Ein rasanter, undurchsichtiger und wendungsreicher Thriller mit einem fesselnden Kriminalfall, interessanten Figuren und einem Ende, das auf jeden Fall überrascht. Eine gute Empfehlung für Krimi- und Thrillerfans.