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Veröffentlicht am 15.07.2019

Leben im Wald

Kaffee mit Käuzchen
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Ein eigenes Häuschen ist sicher der Traum vieler Menschen, und natürlich darf es auch gern idyllisch in der Natur liegen. Die Wenigsten meinen aber mit in der Natur - allein im Wald, ohne richtigen Zufahrtsweg, ...

Ein eigenes Häuschen ist sicher der Traum vieler Menschen, und natürlich darf es auch gern idyllisch in der Natur liegen. Die Wenigsten meinen aber mit in der Natur - allein im Wald, ohne richtigen Zufahrtsweg, ohne direkte Nachbarn, ohne Internet, fernab von Geschäften, Restaurants, oder einem Krankenhaus. Genau in so ein einsam gelegenes Haus verlieben sich die Autorin und ihr Ehemann, und innerhalb kürzester Zeit leben Beide dauerhaft ohne Wasser und Heizung im Wald.


Die Autorin erzählt sehr echt und authentisch von ihrer Entscheidung ihr Leben für dieses Haus auf den Kopf zu stellen. Man kann als Leser an ihrer Entscheidungsfindung teilhaben, auch wenn man teils nur fassungslos den Kopf schüttelt, wie sie trotz großer Zweifel ihren Plan in die Tat umsetzt. Ihre Gewissheit das Richtige zu tun ist im ganzen Buch spürbar, genauso wie der unerschütterliche Optimismus ihres Ehemanns.

Das Buch ist kein klassischer Roman, sondern ja eher ein Tatsachenbericht, daher finde ich es sehr schön, das die Autorin nicht versucht ihre Ängste, Gefühle, Erlebnisse mit gekünstelten Beschreibungen aufzuhübschen. Für mich hätte das nicht zum Buch gepasst und mir das Lesevergnügen eher gedämpft. Die aufs Wesentliche im Leben bezogene Grundaussage des Buches wäre verfälscht worden.

Im Verlauf des Buches kann man schön an der Entwicklung der Autorin als Person teilhaben. Ihre Wandlung von der kostümtragenden Karrierefrau zur bodenständigen, trekkingstiefelliebenden Waldbesizerin. Der Autorin ist es gelungen, ihre Erlebnisse leicht und humorvoll in Worte zu fassen. Das Buch bietet den perfekten Zeitvertreib für einen Sommertag. Nach der Lektüre unbedingt kurz die Augen schließen und dem Gefühl nachspüren, das das Buch hinterlässt.

Veröffentlicht am 09.06.2019

Heftig

Der Seelenhirte
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Mit diesem Buch legt der Autor den dritten Fall der eigenwilligen Leipziger Kommissarin Klara Frost vor, und zugleich auch ihren härtesten wie ich finde. Elias Haller hat ja generell einen Stil, der nichts ...

Mit diesem Buch legt der Autor den dritten Fall der eigenwilligen Leipziger Kommissarin Klara Frost vor, und zugleich auch ihren härtesten wie ich finde. Elias Haller hat ja generell einen Stil, der nichts für zarte Gemüter ist, aber hier legt er an Rohheit und menschlichem Irrsinn nochmal kräftig nach. Er schildert dabei die Taten seines Killers aber nur zu deren Beginn und lässt den Leser im Nachhinein an der Brutalität und dem Schrecken teilhaben, wenn die Beamten den Tatort untersuchen. Vieles der Gewalt bleibt somit auch der Phantasie des Lesers überlassen.


Hallers Figuren sind speziell, ebenso wie ihre Taten. Wer Klara kennt weiß was ich meine. Die Nebenfiguren sind sehr vielschichtig angelegt und lassen so dem Leser Spielraum für Spekulationen zu ihrer Rolle innerhalb der Geschichte. Das macht es aber nicht leicht hinter die, teils gutbürgerliche Fassade zu blicken. Im Lauf der Geschichte tun sich immer mehr Abgründe auf und das Böse, oder was der Täter dafür hält, kommt zum Vorschein. Gegen dieses Böse muss nun zu Felde gezogen werden. Der Täter sieht sich dabei als Hirten, der den Sünder, gleich einem schwarzen Schaf, aus der Herde entfernt.

Mich hat das Buch gefesselt. Als Leipzig-Liebhaber reizt mich die Verbindung von realen und fiktiven Schauplätzen. Ich habe stets das Gefühl, ich könnte Klara in der Stadt tatsächlich begegnen. Auch mag ich in dieser Geschichte die Balance zwischen der Polizeiarbeit bei der Jagd nach dem Täter und dem Privatleben von Klara. Geschickt wird Beides so verwoben, dass man als Leser, wie auch als Hauptfigur des Buches, nicht weiß, ob die Geschehnisse zusammen gehören. Das ist nervenaufreibend.

Eigentlich hatte ich relativ schnell einen Verdächtigen. Immer wenn ich mir sicher war den Täter zu kennen, blätterte ich zur nächsten Seite und derjenige konnte es doch nicht gewesen sein. Bis zuletzt bin ich so auf der falschen Spur gewesen, hab zum Schluss fast jeden verdächtig und war letztendlich von der Auflösung total überrumpelt.
Wenn man jetzt kleinlich sein wollte, könnte man dem Ende natürlich etwas die Nachvollziehbarkeit absprechen, ich kann damit aber gut leben und finde es plausibel.

Der Autor bleibt seinem Stil treu, erzählt eine durchaus eigenständige Geschichte, die man gut ohne Vorkenntnisse lesen kann. Es werden Figuren eingeführt, die das Potenzial haben in weiteren Teilen erneut in Aktion zu treten. Davon wird es hoffentlich noch einige mehr geben!

Veröffentlicht am 18.05.2019

Freundschaft

Alte Sorten
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Dieses wundervoll gestaltete Buch aus dem Dumont Verlag gehört zu jenen, die eigentlich gar nicht unbedingt mein Genre sind. Ich hätte es im Buchladen allerdings allein der Optik wegen zur Hand genommen. ...

Dieses wundervoll gestaltete Buch aus dem Dumont Verlag gehört zu jenen, die eigentlich gar nicht unbedingt mein Genre sind. Ich hätte es im Buchladen allerdings allein der Optik wegen zur Hand genommen. Der Einband ist sehr einfach und doch unglaublich schön gestaltet, und nach der Lektüre des Buches erschließt sich dem Leser natürlich auch die Bedeutung von Titel und Druck.


Im Buch begegnen wir zwei sehr ähnlichen und doch total verschiedenen starken Frauenfiguren. Sie nehmen fast ausschließlich den gesamten Raum des Buches ein.
Die junge, ständig wütende Sally, ausgerissen aus einer Klinik, mit allem und jedem im Hader, und die ältere Liss, Bäuerin auf einem Hof, allein, gemieden von ihrem Umfeld, belastet mit einem tiefen Groll auf ihre Vergangenheit.
Zwei so kontroverse Figuren werden ungewollt wichtig füreinander. Nicht bloß eine Zufallsbekanntschaft!

Der Autor schreibt sein tiefgehendes Buch mit einer unglaublichen Wortgewalt. Seine Beschreibungen von alltäglichen Arbeiten auf dem Hof, die Obsternte, das Ansetzen eines Sauerteiges, banale Tätigkeiten werden besonders. Für mich selbst sind diese Beschreibungen so intensiv gewesen, ließen Erinnerungen aufkommen an meine eigene Kindheit im bäuerlichen Umfeld, mit eben genau diesen Tätigkeiten. Der Autor schafft es mir Gerüche, Bilder, Emotionen zu zaubern, wie es mir selten passiert ist.

Auch die Beschreibung seiner Figuren ist sehr emotional. Er versteht es ihre Charaktere zu beschreiben, durch Gesten, Worte, ihre Reaktionen in bestimmten Situationen. Der Leser kommt ihnen nahe, trotz ihrer unnahbaren Art, genauso wie sie sich selbst nahe kommen.

Im Buch geht es um Freundschaft, Nähe, das Zulassen eben dieser, es geht um Ängste, Zorn, um Vergangenheitsbewältigung.
In Sallys Fall wird zudem eine Essstörung thematisiert, der Umgang der Familie damit, die Unfähigkeit Sallys sich in einer konventionellen Therapie zu finden. Das Thema beherrscht Sallys Figur, macht sie aus, beherrscht aber nicht das Buch. Der Autor bietet keine Patentlösung für psychische Störungen an, sondern zeigt ein absolut nachvollziehbares Einzelergebnis. Ein Ergebnis, dass den Leser berührt, nachdenklich stimmt, wehmütig macht, und das den Blick auf das Wesentliche lenkt.

Alte Sorten ist ein warmer Tag auf einer Streuobstwiese. Man hört das Summen der Insekten, beobachtet das Schattenspiel der Blätter und wird beim Geschmack der Birnen ganz nostalgisch.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Geschichte
  • Erzählstil
  • Charaktere
  • Atmosphäre
Veröffentlicht am 21.04.2019

Zurück in Zons

Sündenkammer: Thriller
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Ich habe die ersten Zeilen gelesen und war wieder in Zons.


In Zons 1500, wo Bastian Mühlenberg Probleme mit der Arbeitsmoral der Soldaten der Stadtwache hat, und anscheinend Geister auf dem Friedhof ...

Ich habe die ersten Zeilen gelesen und war wieder in Zons.


In Zons 1500, wo Bastian Mühlenberg Probleme mit der Arbeitsmoral der Soldaten der Stadtwache hat, und anscheinend Geister auf dem Friedhof ihr Unwesen treiben. Als am nächsten Morgen ein toter Knabe gefunden wird, ist zwar klar wer der Geist gewesen ist, aber nicht warum und woran er starb.
Im Zons der Gegenwart geht ebenfalls die Angst um. Ein Unbekannter entführt Frauen, um sie wie Hexen auf dem Scheiterhaufen zu verbrennen. Hier steht Oliver Bergmann vor der schwierigen Aufgabe den Täter zu fassen.

Die Autorin schafft es wieder wunderbar, die verschiedenen Zeitebenen miteinander zu verknüpfen. Immer abwechselnd folgt der Leser dem Geschehen im Heute und in der Vergangenheit. Beide Handlungsstränge haben auf den ersten Blick keinerlei Berührungspunkte, außer dem Ort. Im Verlauf der Geschichte werden dann aber doch Zusammenhänge erkennbar, die beide Zeitebenen am Ende zusammen führen.

Obwohl jede Zeit für sich eine eigenständige Geschichte erzählt, gibt es keine harten, oder störenden Übergänge. Die Wechsel von einer Zeit zur Anderen sind immer so gewählt, dass man nicht aus der Geschichte herausgerissen wird. Verbindendes Detail zwischen Gegenwart und Vergangenheit ist die Sünde. Heute wie Damals ist der Täter der Meinung, es wäre seine Aufgabe die Sünden zu ahnden und die Opfer zu bestrafen. Was ihre Sünde ist, liegt dabei ganz in seinem Ermessen.

Die Bücher um die Stadt Zons sind als Reihe angelegt und es gibt schon einige Vorgänger. Man kann die Bücher durchaus auch unabhängig voneinander lesen. Vorkenntnisse zu einem Detail, dass sich durch die kompletten Bücher zieht, erklären den Umstand, warum die Geschichte in Vergangenheit und Gegenwart aufgespalten ist. Hat man diese nicht gleich, tut das meiner Meinung nach, dem Lesevergnügen keinen Abbruch.

Veröffentlicht am 21.04.2019

Ermittlung in Serie

Ostseeangst
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Mit Ostseeangst liefert die Autorin bereits den 14. Fall um ihre Ermittlerin Pia Korittkis von der Lübecker Mordkommission. Ich kannte die Bücher bisher noch nicht, bin aber auch ohne Vorkenntnisse gut ...

Mit Ostseeangst liefert die Autorin bereits den 14. Fall um ihre Ermittlerin Pia Korittkis von der Lübecker Mordkommission. Ich kannte die Bücher bisher noch nicht, bin aber auch ohne Vorkenntnisse gut durch die Geschichte gekommen.


Im aktuellen Fall findet eine Gruppe Jugendliche während eines Ausflugs, eine abgetrennte Hand in den Resten eines Lagerfeuers. Kurz danach verschwindet die Betreuerin der Gruppe spurlos, und bei ihrer Suche stolpert die Kommissarin über eine Drogenplantage in einer alten Scheune.

Die Autorin beschreibt die verschiedenen Handlungsstränge, die sich alle irgendwie um eine Familie drehen, sehr spannend. Der Leser kann die teils schwierigen Ermittlungen verfolgen, genauso wie die Unstimmigkeiten innerhalb verschiedener Polizeiabteilungen, die nun gezwungenermaßen zusammen arbeiten müssen. Zwischendurch ist da auch noch das Gefühlschaos der Kommissarin zu spüren, die noch immer nicht den Tod ihres Freundes überwunden hat, und ihr schwieriger Spagat zwischen Familie und Beruf.

Das Buch ist sehr vielschichtig, die Autorin öffnet gleich mehrere Schauplätze, ohne genau zu verraten, ob und wie das Ganze in Verbindung zueinander steht. Sie macht das sehr geschickt, ohne das es dem Leser zu unübersichtlich wird. Man wird förmlich zum Spekulieren eingeladen, um am Ende doch wieder überrascht zu werden. Es ist spannend zu lesen, wie sich alle Puzzleteile zu einem Bild formen.

Einen wichtigen Anteil am funktionieren der Geschichte haben die speziellen, aber absolut glaubhaften Nebencharaktere. Hier hat die Autorin ganze Arbeit geleistet.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Spannung
  • Erzählstil
  • Figuren
  • Atmosphäre