Symbolhaft, genial!
WolfWir schreiben das Jahr 1820 in einem kleinen Schwarzwalddorf namens Schrötten. Dort lebt die Bäuerin Antonia mit ihrem Mann, der durch einen Unfall nicht mehr ansprechbar ist, und vor sich hinvegetiert. ...
Wir schreiben das Jahr 1820 in einem kleinen Schwarzwalddorf namens Schrötten. Dort lebt die Bäuerin Antonia mit ihrem Mann, der durch einen Unfall nicht mehr ansprechbar ist, und vor sich hinvegetiert. So muss Antonia mit der Tochter Marie und den Knechten den Hof selber bewirtschaften. Als eines Tages im Dorf dann ein junger Mann erscheint, fängt für die Familie ein neues Leben an. Gabriel, so wird der junge Mann genannt, hilft auf Antonias Hof wo er nur kann, und wird unersetzlich für die Familie. So hilft Gabriel nicht nur auf dem Bauernhof als Arbeiter mit, er verdingt sich auch als Heilkundiger, und verarztet allerlei Krankheiten, und dies sehr erfolgreich. Das weiß auch das naheliegende Kloster sehr zu schätzen, die den mysteriösen jungen Mann auch hin und wieder aufgenommen haben. Doch die Anwesenheit des jungen Mannes bringt nicht nur Glück. Jeder möchte von dem Glück haben: So buhlt nicht nur Antonia um die Gunst des jungen Fremden, sondern auch Maria. Dies ruft die Eifersucht Ruperts auf die Tagesordnung, der eigentlich Maria heiraten wollte, um selber Bauer zu werden. Als schließlich dann ein neuer Lehrer ins Dorf kommt, lichtet sich langsam das Geheimnis um Gabriel.
Das Dorf Schrötten mit dem nahe gelegenen Kloster ist für sich eine abgekapselte Welt. Von dem Krieg, der ringsherum herrscht, haben die Bewohner wenig bis fast gar nichts mitbekommen. So sind die Bewohner mehr mit sich selber beschäftigt und leben wie in einer kleinen Blase. Abwechslung gibt es nur durch den Besuch der Klosterbewohner. Da ist Gabriel doch eine willkommene Abwechslung und bringt frischen Wind in diese kleine Welt. Marie Brunntaler verwendet gekonnt verschiedene Stilmittel in ihrem Buch. So wird der fremde Unbekannte ja eigentlich schon zu einem Erzengel erkoren, weil er so hübsch ist, so perfekt, und hilfreich ist. Doch die Zweifler erkennen schnell: es ist nicht alles Gold, was glänzt. Viele fragen sich, ob man nicht den Wolfs im Schafspelz im Dorf hat. Langsam erkennen die Dorfbewohner, dass der Schein trügt.Hinter jeder Fassade steckt eine Geschichte. Aber auch im ach so frommen Kloster menschelt es, und auch hier spinnt sich manche Intrige, die nur durch Zufall aufgedeckt wird.
„Wolf“ ist ein Buch, das mir gerade wegen seiner Tiefe und Symbolhaftigkeit sehr sehr gut gefallen hat. Marie Brunntaler hat sich sehr viel Mühe gegeben, auf kleinstem Raum viele Metaphern bewusst zu platzieren, ohne das sie einen erschlagen hätten. Die Romantik des Schwarzwaldes gegenüber der harten Arbeit und Mangel an Luxus, der Wunsch nach Veränderung gegenüber der Bereitwilligkeit, diese Veränderung auch wirklich anzunehmen. All dies wurde gekonnt sprachlich und bildlich umgesetzt. Auch dass das Buch ohne großes Happy End auskommt, hat mich überzeugt.