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Veröffentlicht am 27.07.2019

Mehr als Ein-Spruch

Dirty Rich – Verbotene Leidenschaft
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Abgesehen vom nichtssagenden Titel nervte mich an diesem Buch, dass sich alle emotionalen Probleme des Weibchens in Luft auflösen, sobald ihr das Männchen versichert, sie zu lieben. Über Grenzen wird sehr ...

Abgesehen vom nichtssagenden Titel nervte mich an diesem Buch, dass sich alle emotionalen Probleme des Weibchens in Luft auflösen, sobald ihr das Männchen versichert, sie zu lieben. Über Grenzen wird sehr oft gesprochen, jedoch fragwürdig gehandelt. Das macht leider die guten Dialoge zunichte.

Rezi enthält Spoiler.

Worum geht es?

Kolumnistin Cat hat früher als Anwältin gearbeitet, wechselte jedoch in die Medien. Nun schreibt sie Kolumnen über Gerichtsfälle für ein Online-Magazin. Im Café begegnete sie Reese, der nicht nur Staranwalt ist, sondern im Aufsehen erregenden Mord-Prozess einen Millionär verteidigt. Man mag sich, doch Cat hat ein Problem mit Nähe. Und eine Familie, die es nicht gutheißt, dass sie sich für einen niedrigeren Beruf entschieden hat.

Charaktere

Cat war mir lange Zeit sympatisch, weil sie eine starke Persönlichkeit hat. Sie ist kein problem-beladenes Girlie, sonderne eine Frau, die weiß, was sie tut.

Reese ist der liebestolle Kerl, dessen Zweck es ist, seine Partnerin zu mögen. Er hat Ahnung vom Jura und wirkt, in beruflicher Sicht, nicht überzeichnet.

Die Neckereien zwischen beiden habe ich sehr genossen, weil sie gehaltvoll waren und nicht zu schnell aufgelöst wurden. Die beiden haben wirklich diskutiert. Für mich war das Niveau im Bereich Jura manchmal aber zu hoch.

Die Nebenfiguren waren besonders am Ende etwas farblos. Die Autorin bemüht sich, jeder Figur Raum zu geben, aber manche wurden einfach vergessen.

Anwälte als übergreifendes Thema

Der Text wirkt, als hätte die Autorin Ahnung vom Gebiet. Es zieht sich durch den ganzen Roman, ist nicht nur Beiwerk. Für mich waren die Schlussfolgerungen manchmal nicht nachvollziehbar, aber es ließ sich gut lesen.

Auch die journalistischen Texte im Buch waren authentisch geschrieben - oft ein Manko in Büchern, weil sie zu erzählend geschrieben sind.

Das zentrale Thema: Grenzen

Grenzen spielen im Roman eine wichtige Rolle, aber nur Cat übertritt sie. Zu leicht. Sie leistet kaum Widerstand und das war gruslig.

Prägnant fand ich, dass Reese sie bittet, Alkohol zu trinken, damit sie lockerer wird. Cat verneint das, weil sie Alkohol nicht gut verträgt. Er versucht sie zu überreden, ihre Grenze zu übertreten. Und auch wenn Cat es nicht zugibt: Einen Absatz später will sie plötzlich doch trinken. Eine ähnliche Manipulation gibt es, als Cat oral aktiv wird. Hier argumentiert Reese, man wollte den Akt gemeinsam genießen. Er denkt, er wisse, was das beste für sie ist. Auch den Einzug in die Wohnung steuert Reese indirekt, in dem er von "unserem Zuhause" redet.

Reese ist ein netter Kerl, aber ... er denkt, mit genügend Liebe bekommt er alles.

Das zweite Thema: Familie

Beide Figuren haben eine ähnliche Geschichte: Der Vater hat die Mutter nicht gut behandelt, aber während Cats Mutter an einem gebrochenen Herzen starb, löst sich Reese Mutter schließlich. Die Verbindung zwischen beiden hat mir gefallen - dass Reese Mutter als Parallelfigur zu Cats aufgebaut wird, aber ein positives Ende findet. Leider wirkt das Thema ansonsten sehr oberflächlich. Cat hat der Verrat (?) des Vaters geprägt, sie kann keine Bindungen aufbauen. Für Reese hat das keine Folgen gehabt. Das war sehr schade, denn damit wurde die Chance verschenkt, Reese sein Päckchen mitzugeben. In anderen Romanen wurde ausgeführt, dass ein betrügender Vater dazu führt, dass Mann besser sein will und sein Objekt mit Liebe überschüttet. Dass er ständig die Bestätigung braucht, das Ideal zu erfüllen und seine Partnerin ein Stück einengt. Das war hier nicht spürbar. Außerdem wurde oft über die Familie geredet, aber sie tritt selten in Erscheinung.

Das dritte Problem: "die Presse"

Ein wichtiges Thema im letzten Drittel ist "die Presse". Cat hat Angst, dass ihre Familie Loyalität erwartet und, sofern sie diese versagt, die Presse auf sie und Reese hetzt. Das erreicht seinen Höhepunkt, indem sie in ihrer Kolumne schreibt:

"Und wir erreichen es [die Aufweichung der Grenze zwischen Krieg und Frieden] auch nicht, wenn wir der Presse erlauben, unsere Geschichte zu bestimmen." (S. 287)

Cat grenzt hier den Begriff extrem ein. Während der Duden notiert "Gesamtheit der Zeitungen und Zeitschriften, ihrer Einrichtungen und Mitarbeiter" oder die Beurteilung durch die Presse, mein Cat damit eher die Regenbogenpresse. Ich verstehe das Argument - Journalisten sind nie komplett objektiv. Aber die Spanne ist riesig - es gibt Journalisten, die den Pressekodex sehr ernst nehmen, und es gibt Medien, die das bewusst vernachlässigen. Paradoxerweise ist auch Cat ein Teil davon. Sie versucht, durch die Kolumne auf die öffentliche Meinung Einfluss zu nehmen, u.a. das Bild von Verdächtigen in Frage zu stellen oder Fehler des Staatsanwaltes anzudeuten.

Erotik

Beide Figuren waren sehr aktiv in bekannten Techniken. Man hätte den Roman gut um 50 Seiten kürzen können. Unschön war, dass selbst der finale Heiratsantrag mit einer Pseudo-SM-Szene untermalt werden musste ...

Fazit

Ich fand den Roman anfangs interessant, später nur noch nervig. Wie so oft wurden Probleme konstruiert bzw. die Autorin traute sich nicht, diese tief genug auszuführen. Gut gefallen hat mir jedoch, dass das Setting relativ realistisch wirkte.

Veröffentlicht am 02.01.2019

Komplexität ist ...

Die Stadt der Zukunft
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Die Autoren haben es geschafft, ein interessantes und gesellschaftlich wichtiges Thema mit Fachsprache auszutrocknen. Das war sehr anstrengend.

Aber ich mag das Cover - es ist ein tolles Design, das die ...

Die Autoren haben es geschafft, ein interessantes und gesellschaftlich wichtiges Thema mit Fachsprache auszutrocknen. Das war sehr anstrengend.

Aber ich mag das Cover - es ist ein tolles Design, das die Brücke zwischen "Comic" und digitalem Zeitalter schlägt. Es transportiert das Thema sehr gut!

Inhalt

Das Buch beschäftigt sich mit dem Zustand der Städte, im letzten Drittel mit der Entwicklung zur Smart City.

Gestaltung

Obwohl der Text in grobe Abschnitte gegliedert ist, die mit einem Foto untermalt werden, konnte ich schwer einen roten Faden erkennen. Die Autoren beschreiben vieles und bauen philosophische Überlegungen ein. Es gibt (fast) keine Erklärungen, aber viele Fußnoten. Das ist besondes bitter, weil die Menschen in der Stadt leben - aber der "gemeine" Bürger das Buch nicht versteht. Und nur selten das Thema Bürgerbeteiligung angeschnitten wird.

Ich hatte vermutet, dass es sich um einen Essay handelt - aber dazu fehlt der fordernde Unterton. Es sind viele Beschreibungen, Analyen enthalten.

Dennoch schaffte es das Buch, mir eine Gefühl für die "Stadt" zu geben - welche Interessengruppen beteiligt sind, welche Auswirkungen die Gestaltung eines Platzes hat, wie sich die Gliederung der Städte verändert hat. Umso trauriger war, dass nur wenig ausgeführt wird.

Die Sprache

Der Text enthält viele Fremdwörter und komplexe Satzkonstruktionen. An wenigen Stellen wird er humorvoll, am Ende sogar pathetisch: "Die öffentliche Hand darf nicht resignieren. Sie muss sich – nicht zuletzt mittels gut ausgebildeter und engagierter Menschen – den Herausforderungen stellen." (S. 283)

Ich hatte nicht das Gefühl, dass der Text bewusst Füllwörter und Phrasen einsetzt, aber die wissenschaftliche Sprache bläst den Text auf. Ich glaube, er reflektiert über Fakten, fügt ihnen aber nichts Neues hinzu.

Wenn man das Buch lesen will, sollte man eine wissenschaftliche Vorbildung haben oder mit der Sprache vertraut sein. Laien empfehle ich das Buch nicht.

Fazit

Für mich ein Flop-Buch. Der Text ist unnötig kompliziert und ich bezweifle, dass Neues erzählt wird. Trotzdem hat er ein Bewusstsein geschaffen für die Komplexität des Themas. Es tat mir weh, dass das schöne Thema unterging.

Veröffentlicht am 25.12.2018

Abgefahren lahm.

Willkommen im Real Life
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Als ich LeFloid zum ersten Mal gesehen habe, stand er in seinem Wohnzimmer. Die Möbel waren dunkel, das Licht schien hinein. LeFloid erklärte witzig die Welt, mit ein paar Explosionen als gut gewähltes ...

Als ich LeFloid zum ersten Mal gesehen habe, stand er in seinem Wohnzimmer. Die Möbel waren dunkel, das Licht schien hinein. LeFloid erklärte witzig die Welt, mit ein paar Explosionen als gut gewähltes Stilmittel. Das war vor Merkel, vor dem Hype um ihn. Heute wirken seine Videos auf mich sehr provokant, nicht facettenreich. Und er hat zwei Firmen, arbeitet 80 Stunden in der Woche in einem schick eingerichteten Studio. Was ist passiert? Und was ist die Verbindung?

Funfact: Der Co-Autor des Buches hat "Bernd das Brot" erfunden.

Worum geht es?

Das Buch besteht aus Fragen, die LeFloid im Laufe eines mehrtägigen Interviews (so wirkt es) gestellt wurden und seinen Antworten. Sie sind in unterschiedliche Bereiche zusammengefasst und mit einer Feststellung des Autors überschrieben bzw. einer Eingangsfrage.

Zentrale Themen im Buch sind Youtube, Politik, Werte. Und ein bisschen Vergangenheit.

Gestaltung, Stil usw.

Im Buch gibt es ein paar Anekdoten aus LeFloids Vergangenheit, die ich interessant und teilweise witzig fand. Mir fiel auf, dass er früher aus Trotz gehandelt und gern provoziert hat, was heute seine Videos ausmacht. Auch seine Erfahrungen aus der Arbeit im Bereich Schulpsychologie fand ich spannend! Und seine Anmerkungen über sein Beinahe-Burnout (?) nach seiner Weltreise habe mich traurig gemacht. Das Bild des erfolgreichen, perfekten Youtubers noch ein bisschen mehr zerstört :) Leider gab es keine Tipps, wie er es geschafft hat, besser zu werden.

Bei den Themen Politik und Japan blühlt LeFloid auf, diese Themen nehmen viel Raum ein.

Was auffällt ist, dass LeFloid gern über Werte und Politik redet, den Bereich Privates oft ausklammert oder ablenkt, gern auch mit Anglizismen und Neologismen und Superlativen. Daher fand ich es interessant, dass der Fragesteller an den passenden Stellen eingreift z.B. auf S. 143: "NACH DEM ERSTEN Tag unseres Marathoninterviews hatte ich eine Menge über LeFloid erfahren, aber viel zu wenig über den privaten Flo. [...] Beim abendlichen Durchschauen des Videomaterials fiel mir aber auf, dass er sich bei Definitionsfragen über Begriffe, Werte und dergleichen tatsächlich wie von selbst öffnete."

Trotzdem sieht man im Buch eher LeFloid als Florian Mundt. Einerseits verstehe ich das, weil er als Youtuber weiß, wie man sein Privatleben schützen soll. Andererseits macht es das Buch inhaltsleer, weil man vieles aus Videos kennt.

Es wäre übrigens schön, wenn man Links zu weiterführenden Videos eingefügt hätte.

Schreibstil

LeFloid "spricht" im Buch, wie man ihn kennt - wenige Anglizismen nutzt er sehr häufig und andere "jugendtypische" Begriffe. Der Text enthält keine Füllworte, wie man sie im komplett gesprochenen Text findet, aber ich fand das ein bisschen anstrengend.

Dennoch war es ein Buch, das ich gern gelesen habe und das sich für mich leicht lesen lies. LeFloid redet nicht besonders kompliziert und ich fand es interessant eine Biografie zu lesen.

Der schwierige Teil

Auf S. 12 notiert LeFloid darüber, was er nicht ist: "Ich bin auch kein Infoportal, kein Newsfeed [...] Stattdessen würde ich das, was ich tue, so beschreiben: Alles, was du in den letzten drei Tagen zu diesem Thema gehört hast, reflektiere ich auf meinem Kanal noch mal. Aber Achtung, ich habe dazu eine Meinung, die sich vielleicht von dem unterscheidet, was du bisher gesehen oder gelesen hast." Auch wenn es "nur" eine Beschreibung ist, ist das Ziel sehr hoch. Und er wird dem an manchen Stellen nicht gerecht. Oder vielleicht war nicht genügend Platz? Bei der Gema-Youtube-Frage wird bespielsweise erklärt, dass Gema-Bashing doof ist, aber er die Gema unsympatisch findet, obwohl sie ihre Berechtigung hat. Und dass er das umgeht, in dem er das über Bezahlung freier Kreativer usw. regelt. Die Selbstreflexion ist gut, aber das Thema hat soviele Fascetten. Es gibt z.B. Musiker, die von ihren Gema-Einnahmen leben können. Und das Medium spielt wahrscheinlich eine Rolle.

Auch die Idee, Themen statt in Talkshows mit echten Experten zu disktutieren, auch wenn es länger dauert, mag ich. Aber er vergisst, dass sich viele Experten nur innerhalb ihres Fachgebietes ausdrücken können. Für die Öffentlichkeit müsste das "übersetzt" werden?

Für mich ist das Buch an vielen Stellen zu kurz. Andererseits: Vielleicht benötigt das der "typische LeFloid-Zuschauer" - keine Pro-Contra-Aufstellung, sondern eine Gegenmeinung, damit er aus seiner Filterblase kommt?

Außerdem entfaltet das Buch im letzten Drittel tatsächlich einen Sog - wenn LeFloid wiederholt betont, wie doof Trump ist und wie wichtig Wählen ist, dann animiert das sicher dazu, wählen zu gehen.

Ich habe aber oft das Gefühl, dass inmitten der Provokation der Sinn für das wirkliche Diskutieren untergeht. Ähnliches in den Videos.

Fazit

Der Titel passt überhaupt nicht, aber: Wer LeFloid möchte, bekommt ihn in diesem Buch. Man kann sich stattdessen ein paar Videos angucken, dann wirkt es authentischer und tiefer. Aber es ist ein Buch, mit dem ich Spaß hatte.

Trotzdem frage ich mich, wer die Zielgrppe ist: Leute, die seine Videos gucken, lernen nichts Neues. Leute, die seinen Namen gehört haben, bekommen einen guten Überblick, könnten aber von der Sprache abgeschreckt sein. Warum sollte man dieses Buch lesen? Ich weiß es nicht.

Veröffentlicht am 19.12.2018

Bitte aufwärmen!

Coming Soon
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Ein Zitat, das dieses Buch für mich charakterisiert, ist "Der Aufwand umfasst mehrmaliges Üben pro Woche, und das über drei Monate." (S. 33; Auszug aus einer Beratung einer Patientin) - Sex ist erlernbar, ...

Ein Zitat, das dieses Buch für mich charakterisiert, ist "Der Aufwand umfasst mehrmaliges Üben pro Woche, und das über drei Monate." (S. 33; Auszug aus einer Beratung einer Patientin) - Sex ist erlernbar, Orgasmen sind erlernbar. Das DASS wird erklärt, aber weniger das WIE. Der Reihe nach.

Inhalt im Groben



Das Buch ist (für mich) unterteilt in Anatomie (= anfassen), "Wo stehe ich?" (= anfassen, mit mehr Hintergrundwissen), Vergangenheit (= Wie man sich erregt hat und das zukünftig machen sollte + Gesellschaftskritik), Bewegung (= Bewegung beim Sex), Beckenboden, Fantasien (+ Stichwort Erregungsreflex), Beckenschaukel, Egoismus, Partner.

Schwerpunkte sind: sich selbst entdecken und bewegen, besonders die Beckenschaukel.

Mein Eindruck ist, dass es weniger um VAGINALE Orgasmen geht als um Orgasmen allgemein.

Gestaltung und Auswirkungen

Das Buch kombiniert Erklärungen, häufig gestellte Fragen und praktische Beispiele. Es gibt kaum wissenschaftliche Zitate, keine Fußnoten, aber ein Literaturverzeichnis und weiterführende Links. Das macht das Buch für mich weniger zu einem Sachbuch als zu einem Meinungsbild. Zwischendurch auch die Anmerkung, man könne sich an einen Sexualtherapeuten wenden.

Lediglich am Ende gibt es Erregungstypen, aber diese werden negativ geschildert - abgesehen vom letzten Typus, der der vermeintlich beste ist.

Der Schreibstil erinnerte mich an Dr. Sommer und ich bin mir nicht sicher, was die Zielgruppe ist. Der Tonfall wirkt, als würde er zu jungen Mädchen passen, inhaltlich wendet sich das Buch aber an Frauen, die sich bewusst für den vaginalen Orgasmus entscheiden. Aus dem Du-Stil spricht eine Fürsorglichkeit, die für mich trügerisch ist.

Denn der Text wirkt konstruiert. Er betont ein Problem, um die Lösung noch stärker zu betonen. Die Geschichten sind, trotz einiger Rückschläge, erfolgreich.

Richtig gut ist das Buch an Stellen, in denen es um die Analyse von Probleme geht z.B. darum, welche Auswirkung zuviel Spannung hat oder welche Motive hinter dem Sex mit dem Partner stecken. Ich konnte diese Sätze gut nachvollziehen. Leider mündet alles in einer Lösung.

Das Grundthema



Sex ist erlernbar. Im Laufe der persönlichen Entwicklung hat jeder Techniken gelernt, mit denen er zum Orgasmus kommt - und man kann diese um-lernen. Oder "sensibilisieren". Für mich: konditionieren.

Die Autorin gibt dafür ein klares Schema vor: mit üblicher Technik erregen, dann etwas verändern, und sobald die Erregung nachlässt, zur alten Technik zurück kehren.

Ich kann diesen Ansatz schwer nachvollziehen, weil er für mich nicht fließend wirkt, sondern starr. Der Ausgangspunkt ist, sich zu entdecken - aber dieser mündet im "üben" Auf mich wirkt das tatsächlich leistungsorientiert, denn wenn es nicht klappt, muss man wohl nochmehr üben. Und ich fragte mich, wieviel (vaginale) Orgasmen tatsächlich bedeuten. Der Körper als ganzes Instrument, um sich Freude zu verschaffen, wird nicht betont.

Oft wird auf die Metapher des Klavierspielens zurückgegriffen - aber nicht jeder, der gut spielt, tut das mit Leidenschaft. Empfinde ich Freude, weil ich gut spielen kann oder empfinde ich Freude, weil ich mich gern mit dem Klavier beschäftige?

"Immer wieder hören wir von Frauen, bei denen es »einfach so« funktioniert. Aber das ist ein Trugschluss. Entweder sind diese Frauen nicht ganz ehrlich, oder sie haben schlichtweg nicht gemerkt, wie viel sie zuvor geübt haben – vielleicht, weil es sich für sie ganz natürlich angefühlt hat." (S. 24) Auch wenn der letzte Teilsatz ein Stück relativiert, steuert das Buch wieder zum Punkt "Übung macht den Meister" - ich denke aber, dass das Körpergefühl und Bewusstsein förderlich sind. Wer Sport macht oder sich viel mit seinem Körper beschäftigt, dem kann es leichter fallen, eine Verbindung zu sich und seiner Vagina herzustellen. Oder sie haben einen passenden Partner. Ich denke, "üben" sollte man nicht so eng sehen.

Ohnehin werden "Partner" wenig behandelt. Männer bekommen am Ende ihre "Beckenschaukel", sind aber ansonsten diejenigen, die die Veränderung der Frau mit der Angst sehen, die Erektion nicht halten zu können. Weil sie durch die veränderte Technik weniger spüren. Ich denke, manche Männer wollen berührt werden - jenseits ihres Geschlechtsteils. Und Männer finden es, lt. Buch, toll, wenn Frau besser kommt.

Selbst für den Orgasmus verantwortlich sein, das kann Vor- und Nachteile haben. Einerseits entlastet es von Perfektion. Man muss nicht den perfekten Partner mit der perfekten Technik haben und man muss auch nicht in der perfekten Stimmung sein oder das Wetter muss perfekt sein. Ich glaube, dass das manchen Frauen viel Kraft gibt. Andererseits sollte das nicht ins Negative kippen. Wenn ich selbst für meinen Orgasmus verantwortlich bin, wozu der Partner? Welche Teil steuere ich zum GEMEINSAMEN Erleben bei? Das diskutiert das Buch nicht.

Außerdem kann das eine anfängliche Verschlimmerung des Problems auslösen - man konzentriert sich zu sehr auf die Veränderung. Ähnlich wie bei anderen Lern-Prozessen. Man sollte sich fragen, ob man diesen Aufwand auf sich nehmen will.

Fazit



"Coming Soon" ist ein geradliniger Ratgeber, der sich mit Freude seiner Zielgruppe widmet - Frauen, die gern lernen und die Struktur brauchen, die Halt brauchen. Menschen, die eher intuitiv agieren, die Vorkenntnisse mitbringen und Anregungen suchen, würde ich vom Buch abraten. Abgesehen von der Beckenschaukel.

Der Text ist unnötig lang, wiederholt sich, bietet Diskusionsstoff, aber zuwenig Vielfalt. Dennoch konnte ich einige Ansätze mitnehmen.

Es gibt interessante Interviews mit der Autorin und anderen, in denen "Sex lernen" breiter und interessanter geschildert wird. Daher ist es für mich ein Buch, das zu eingeschränkt ist, um die interessanten Ansichten der Autorin wirken zu lassen.

Veröffentlicht am 01.12.2018

Und plötzlich ....

Rosenstern – Das Haus der schönen Stoffe
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Ich wollte mich an einer historischen Roman herantrauen und da mir das Cover gefallen hat und Nähen ein interessantes Thema ist, habe ich es gelesen. Leider war der Erzählstil nicht meins.

Das Buch erschien ...

Ich wollte mich an einer historischen Roman herantrauen und da mir das Cover gefallen hat und Nähen ein interessantes Thema ist, habe ich es gelesen. Leider war der Erzählstil nicht meins.

Das Buch erschien 2015 unter dem Titel "Metropolis Berlin - Champagner, Charleston und Chiffon"

Worum geht es?

Elly kommt aus einer Kleinstadt nach Berlin und arbeitet dort beim Kleider-An-und Verkauf Rosenstern. Als der Eigentümer stirbt, wird der Laden zum Modeatelier. Parallel dazu arbeitet sie im renomierten Modekaufhaus "Goldstein & Lange". Außerdem lernt sie den Ex-Kameramann und Firmenchef Joachim kennen. Aber was ist mit dem Personalchef Armin? Für wen entscheidet sie sich?

Die Charaktere

Die Figuren bilden ein buntes Pottpurri: Ellys Bruder Viktor, der keinen Job halten kann, das Pärchen Henriette (ruppig und frech) und Olga (ruhiger), die resolut-mütterliche Ruth Perlmann, die die Vorführdamen im Kaufhaus betreut. Dazwischen Journalistin Martha (mit Geheimnis) und eine mysteriöse Fotografin. Und Filou Armin und der schüchterne Joachim.

Alle Figuren sind einprägsam und haben Auftritte, aber leider keine Geschichten, abgesehen von Viktor. Außerdem habe ich Joachim/Achim und Armin manchmal verwechselt, weil sich die Namen ähneln.

Elenore ist schüchtern und naiv, sie denkt sehr, sehr viel. Sie begeistert sich für Mode - manchmal mehr als ihr Umfeld Komisch fand ich, dass sie sich sehr schnell zum Akt überrumpeln lässt.

Das Flair

Die Schilderung der Historie hat mir sehr gut gefallen - Markennamen und Persönlichkeiten werden genannt, aber nicht betont, sodass man mehr in der Handlung denn als Beobachter wirkt. Das ist sehr gut gelungen!

Berlin wirkt offen, aber der Kontrast zur "Spießigkeit" wird besonders am Ende deutlich. Das war spannend! Außerdem wird die aufkommene NSDAP kurz aufgegriffen bzw. Politisches diskutiert. Gut fand ich, dass das "Sündige" nur an wenigen Stellen erwähnt wird, der Text ist nicht zu düster.

Dramaturgie / Erzählstil / Schreibstil

Der Roman ist interessant geschrieben und nimmt im letzten Drittel Fahrt auf. Das passt, aber ich hätte mir gewünscht, dass manche Ereignisse noch besser geplant sind. Vieles hat sich überschlagen. Außerdem wünsche ich mir mehr Schwerpunkte z.B. die Reimann-Schule und das Leben im Laden. Das Buch wirkt nicht gehetzt, aber es gibt wenig, an dem man sich festhalten kann.

Was mich sehr gestört hat ist, dass viele Absätze abgeschnitten wirken - die Szene wird nicht ausgeleitet, sondern nach dem Wichtigsten wird zur nächsten Szene geblendet. Erinnerte mich an einen alten Film. Außerdem gibt es plötzliche Szenenwechsel und Zeitsprünge.

S. 79/80: [Dialog zwischen Martha und Joachim] "'Nur hilft dir das im Moment wohl kaum weiter.' [Leerzeile] Zurück in seinem Büro, fand Lange eine handgeschriebene Notiz auf seinem Schreibtisch vor:"

S. 207: [Dialog zwischen Elly und einer Kundin] "'Ja. Sie haben genau die richtige Figur dafür!' Während Elly, Olga und Henriette sich gemeinschaftlich über 'Jabuschs gute Wurst' hermachten, saß Martha Goldstein mit knurrendem Magen im Adlon und studierte zum x-ten Mal die Speisekarte."

Schwierigkeiten hatte ich bei einer Szene am Anfang, als Elly das erste Mal mit Armin spricht und sich der Dialog in rascher Folge mit Beschreibungen und ihren Gedanken wechselt. Es war schwer, dem zu folgen.

Und das Ende wirkt plump.

Mir fehlt im Text oftmals Rhythmus. Es fehlt Ruhe, es fehlt Genießen.

Gut gefallen hat mir, dass alte Wörter verwendet werden, aber der Text nicht "alt" wirkt, sondern gut lesbar ist. Die Sprache ist sanft.

Außerdem mochte ich, dass Henriette im ganzen Roman Berliner Dialekt spricht. Ich habe das bisher kaum in Texten gelesen und ich fand das sympatisch. Ich hatte kein Problem damit, das Gesagte zu verstehen. Wer mit Dialekten Probleme hat, für den könnte das aber anstrengend werden.

Fazit

"Rosenstern" hat einen interessanten Ausgangspunkt und viel Liebe zur Materie. Ich fand den Schreibstil angenehm und nicht überladen. Erzählerisch fehlt mir einiges, ich bin bei Szenenenden oft aus dem Takt gekommen. Und es fehlen manchmal Details. Ich denke, mit doppelt sovielen Seiten hätte man mehr erzählen können.