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Veröffentlicht am 25.08.2019

Neues wagen

Es wird Zeit
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Die fast 50-Jährige Judith hat eigentlich alles, was für ein gutes Leben nötig ist. Als Zahnarztgattin ein sicheres Auskommen, drei liebenswerte Kinder und doch ist nicht alles gut – ganz im Gegenteil. ...

Die fast 50-Jährige Judith hat eigentlich alles, was für ein gutes Leben nötig ist. Als Zahnarztgattin ein sicheres Auskommen, drei liebenswerte Kinder und doch ist nicht alles gut – ganz im Gegenteil. Nun ist in ihre alte Heimat zurückgekehrt, dabei sollte sie das nie. Ihr blieb jedoch nichts anderes übrig, da sie ihre Mutter bestatten muss. Dort trifft sie auch auf ihre frühere Freundin und ihre Jugendliebe. Es wird manches ganz schön auf den Kopf gestellt…

Die Ich-Erzählerin Judith nimmt den Leser an die Hand und gewährt Einblicke in das Leben einer Frau, die von außen betrachtet alles hat, was man so braucht. In ihr sieht es jedoch ganz anders aus. Ihren Mann liebt sie nicht richtig, sie leidet unter dem Empty-nest, denn alle drei Söhne sind mittlerweile ausgezogen und sie hadert mit der Vergangenheit. Nun ist der familiäre Zusammenhalt komplett weg, dafür sind Selbstzweifel und schlaffe Haut da. Was soll sie mit ihrem restlichen Leben noch anfangen? Vielleicht eine alte Jugendliebe aufwärmen? Mitten rein trifft sie auch noch der eine oder andere Schicksalsschlag und es ist Zeit sich zu öffnen. Längst Vergangenes kommt nochmal zur Sprache und die Emotionen spielen schier verrückt.
Ich gehöre altersmäßig noch nicht zur Zielgruppe, trotzdem konnte man sich in das Geschehen gut einfühlen – nicht selten habe ich auch ganz schön mit den Augen rollen müssen, weil Judith doch das eine oder andere Klischee ganz schön bedient, aber so ist sie nun mal. Es passt an dieser Stelle. Vieles ist heiter, die Selbstironie gekonnt auf den Punkt gebracht, manches tief traurig und anderes einfach unter Midlife-Crisis zu verbuchen. Gefallen haben mir die Bezüge zur Vergangenheit, denn auch wenn ich nicht so alt bin, sind mir viele der Dinge durchaus ein Begriff gewesen und haben Erinnerungen an meine Mutter und Oma geweckt.

Ich hatte bisher nur „Mondscheintarif“ von ihr gelesen und fand es furchtbar, aber ich wollte der Autorin noch eine Chance geben. Hier hatte sie mich auch schnell mit ihrem recht amüsanten Schreibstil gefangen genommen, mit ihren Anekdoten gut unterhalten, nachdenklich gestimmt und die Aussage des Buches ist bei mir auch angekommen. Manchmal muss man sich einfach verändern, mutig seinen Weg gehen und nicht nur das tun, was die anderen von einem erwarten.

Veröffentlicht am 19.08.2019

Endlich mal an den Sauerteig gewagt - mit Erfolg

Brot backen mit Christina
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Brot gehört für mich einfach zum Alltag, darum backe ich es auch immer wieder gerne selbst und bin gelegentlich auch auf der Suche nach neuen Ideen. Geschmacklich mal was Neues reinbringen, vielleicht ...

Brot gehört für mich einfach zum Alltag, darum backe ich es auch immer wieder gerne selbst und bin gelegentlich auch auf der Suche nach neuen Ideen. Geschmacklich mal was Neues reinbringen, vielleicht auch Rezepte, die weniger Zeit in Anspruch nehmen – genau solche suche ich immer wieder mal und habe sie hier gefunden.
Den klaren Aufbau mit allgemeinen Infos, bevor es ans Eingemachte geht, fand mich gelungen. Gerade als Deutscher muss man da schon etwas aufmerksamer lesen, denn die Autorin ist Österreicherin und es gibt schon einige Unterschiede, die es zu beachten gilt, sonst könnte das Brot misslingen – hier hätte ich übrigens mehr zu den möglichen Fehlerquellen und Vermeidungsmöglichkeiten erwartet. Schade war auch, dass manche Mehlsorte zumindest in meiner Kante nicht zu bekommen war. Ansprechende Bilder, leichte Erklärungen und klare Handlungsschritte machen das Nachbacken zumindest für jene, die schon mal gebacken haben, ziemlich leicht.
Ich bin also kein Neuling im Brot backen, aber ich habe immer größten Respekt vor Sauerteig gehabt. Mit diesem Buch habe ich mich endlich mal allein daran getraut und das Ergebnis konnte sich auch sehen lassen. Optisch wie geschmacklich wurde das Brot einwandfrei, auch wenn ich mir ziemlichen Stress gemacht habe. Auch die süßen Brote oder die Hefevarianten habe ich teilweise getestet und die Ergebnisse kamen meist – nicht immer und bei allen – recht gut an. Weißbrot und Co sind aber eben auch nicht jedermanns Ding. Komisch fand ich auch, dass mein Backofen vor allem gegen Ende reguliert werden musste – hätte ich mich da strikt an die Anleitung gehalten, wäre manches Brot schwarz geworden. Da ich nach ihren Rezepten auch Kuchen backe und dort alles passt, hat mich das ein wenig irritiert. Läge es an meinem Ofen, müsste sich das dort ja auch bemerkbar machen (!?).
Unter dem Strich war ich aber nicht ganz so begeistert wie von ihrem „Kuchen backen mit Christina“, daher nur vier Sterne und trotzdem eine Empfehlung – nicht nur an Anfänger.

Veröffentlicht am 09.08.2019

Emotionale Geschichte, die Augen öffnen kann

Das Versprechen des Bienenhüters
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Nuri und seine Frau Afra müssen aus Aleppo flüchten. Dem Bienenzüchter und seine Frau bleibt keine andere Wahl – Ziel ist England, wo sie hoffen Nuris Verwandten zu treffen. Doch davor müssen sie erst ...

Nuri und seine Frau Afra müssen aus Aleppo flüchten. Dem Bienenzüchter und seine Frau bleibt keine andere Wahl – Ziel ist England, wo sie hoffen Nuris Verwandten zu treffen. Doch davor müssen sie erst einmal die Flucht überstehen. Ihren gemeinsamen Sohn Sami haben die beiden bei einem Bombenanschlag verloren, Afra auch ihr Augenlicht.

Ich lese an sich recht schnell und meist auch immer nur ein Buch, doch hier war mir das nicht möglich. Um die Geschichte zu verarbeiten habe ich immer wieder Pausen eingelegt, weil mir die Schilderungen teilweise zu hart waren, manches emotional schwierig und vieles dramatisch erschien. Das lag natürlich auch am anschaulichen, aber trotzdem irgendwie poetischen Schreibstil, aber in erster Linie daran, dass Menschen dies erleiden (mussten). Ja, hier ist die Geschichte fiktiv, aber doch basierend auf realen Schicksalen – nur das es jenen Menschen nicht möglich war ein Buch zuzuschlagen, bis sie sich wieder für den nächsten Abschnitt bereit fühlten. Die beiden treffen auf Schlepper, denen ihr Portemonnaie wichtiger ist als ein Menschenleben, aber auch auf herzensgute Menschen, die versuchen zu helfen. Es ist eine lange Reise mit vielen Hürden und auch wenn sich zwischendurch immer und immer wieder Hilflosigkeit breit macht, so verlieren Nuri und Afra nie die Hoffnung. Gelegentlich erschwerten mir die Zeit- und Ortssprünge ein wenig den Wiedereinstieg in die Geschichte, aber das gab sich schnell. Die einzelnen Charaktere sind gut dargestellt und man hat sie förmlich vor Augen und mir gefiel auch, dass mit dem Bienensterben ein wichtiges Thema ihr Raum einnimmt. Zwischendurch hatte das Buch immer wieder mal paar Seiten und Aspekte, die langatmig auf mich wirkten. Ich weiß nicht genau, ob das Absicht war, weil das Warten ein Problem der Flüchtlinge ist, die immer auf irgendwas warten müssen – ob nun Absicht oder nicht, dass ist einer meiner Hauptkritikpunkte an diesem Buch.
Ich habe nun schon einige Bücher rund um die Flüchtlingssituation und den Krieg in Syrien/Afghanistan, etc. gelesen und immer wieder bin ich entsetzt. Entsetzt von den entsetzlichen Ereignissen in Kriegsgebieten, den Bedingungen der Flucht und wie solche Menschen immer noch alle über einen Kamm geschoren werden, im besten Fall als Sozialschmarotzer. Ja, diese gibt es auch, aber es ist ja auch nicht jeder Deutsche ein Nazi…
Eine emotionale Geschichte die nachdenklich macht, die Augen öffnen kann und auch Hoffnung vermittelt.

Veröffentlicht am 14.07.2019

Kein Thriller, aber eine emotionale Achterbahnfahrt

Harz
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Liv ist mit sechs Jahren gestorben und doch nicht tot, denn ihr Vater hat sie nur tot gemeldet, um zu verhindern, dass sie zur Schule gehen muss. So hat ihr Vater Jens, der mit ihr und seiner Frau allein ...

Liv ist mit sechs Jahren gestorben und doch nicht tot, denn ihr Vater hat sie nur tot gemeldet, um zu verhindern, dass sie zur Schule gehen muss. So hat ihr Vater Jens, der mit ihr und seiner Frau allein und einsam am Kopf einer Insel wohnt, alles zusammen was er liebt und von anderen Menschen will er zur Sicherheit seiner Familie nichts mehr wissen.

Zunächst einmal muss ich festhalten, dass ich ein solches Buch noch nicht gelesen habe. Erwartet hatte ich einen Thriller, gelesen jedoch eine Art Horrormärchen. Die von der Autorin geschaffene Welt und das Familienleben sind schier unfassbar und fesseln den Leser irgendwann so, dass man unbedingt wissen muss, wie alles endet.

Meist berichtet die Tochter Liv und da wird es nicht selten auch mal traurig, denn das Mädchen empfindet Dinge als normal, die einfach furchtbar sind – nur kennt sie es ja von klein auf nicht anders. Sie lernt sehr viel von ihrem Vater und der ist, wie der Leser auch sehr schnell bemerkt; alles andere als ein normaler Mann. Dieser Mann hat jedoch auch eine sehr liebevolle Seite und meint es an sich immer nur gut, mit allem was er tut und das macht auch einen Teil des Schockers aus. Der Schreibstil ist insgesamt rund und gelungen. Manchmal habe ich gar nicht so richtig wahrgenommen, wie etwas vermittelt wird, denn das Geschilderte war so heftig, dass das Kopfkino stärker war, als jedes Wort. Die Atmosphäre des Buches ist beeindruckend geschildert, das Zuspitzen bis zur Katastrophe ist genial und lässt einen das Buch kaum mehr aus den Händen legen und welche Rolle das titelgebende Harz spielt, ist auch nicht schlecht. Lest selbst!

Doch es gibt durchaus auch Kritikpunkte. Einerseits hatte ich zu Beginn meine Schwierigkeiten in diese extreme Welt von Liv und ihrer Familie einzutauchen, andererseits handelt es sich für meine Begriffe nicht um einen Thriller. Ja, es ist an manchen Stellen sehr spannend, aber das allein reicht dafür nicht aus. Vielmehr handelt es sich um ein sehr psychologisches Buch, welches von seinen Protagonisten und ihrer „kranken“ Welt lebt.

Wer keine Scheu vor extremen Geschichten hat, ist mir Harz gut beraten, denn auf 300 Seiten bietet die Autorin eine emotionale Achterbahnfahrt, die auch nach dem Ende des Buches noch ein paar Runden dreht…

Veröffentlicht am 28.05.2019

Kein platter Liebesroman

Sterne sieht man nur im Dunkeln
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Anni hat einen sicheren Job, einen langjährigen Freund und scheint recht zufrieden in Bremen – doch nun jetzt auf gleich kommt einiges ins Wanken. Ihr Freund Thies will sie überraschend heiraten und auch ...

Anni hat einen sicheren Job, einen langjährigen Freund und scheint recht zufrieden in Bremen – doch nun jetzt auf gleich kommt einiges ins Wanken. Ihr Freund Thies will sie überraschend heiraten und auch im Job als Gamedesignerin ist Sand im Getriebe, parallel dazu könnte sie nach Berlin ziehen, um eine Niederlassung aufzubauen. Da kommt eine Postkarte ihrer alten Schulfreundin Maria, mit der sie vor Jahren gebrochen hatte, gerade recht. Anni nimmt sich eine Auszeit auf Norderney und versucht zu sich selbst zu finden.

Liebesgeschichten und solche Urlaubsromane lese ich selten, aber ich habe ihn gebraucht, nachdem ich in der vergangenen Zeit ziemlich harte, recht brutale Bücher gelesen hatte. Einfach mal abschalten, sich treiben lassen und ein „leichtes“ Buch lesen – der Plan ging mit diesem Buch voll und ganz auf. Ein einfühlsamer Roman, der nicht gerade vor Spannung trieft, aber doch immer zu unterhalten wusste. Es lag so manches im Argen und zwischendurch fragt man sich, ob Erzählerin Anni nochmal alles hinbekommt.
Anni ist eine freundliche, nette Person, auch ihre alte Freundin Maria hat – bis auf ein NoGo in der Vergangenheit, was recht spät gelüftet, aber an sich schon sehr früh klar ist – nur positive Seiten. Auch die anderen Charaktere wurden schön ausgearbeitet – nur fehlten genretypisch die Ecken und Kanten bei den meisten, aber sei´s drum. Norderney wird schön und anschaulich beschrieben. Neben emotionalen, gibt es einige lustige Momente, die die Geschichte gut abrunden.

Der Schreibstil ist extrem flüssig und gut zu lesen – entsprechend war es nur ein kurzes Vergnügen, allerdings wird mancher Spruch der Postkartendesignerin Anni so schnell nicht in Vergessenheit geraten. Überhaupt waren die Postkarten mit schlauen Sprüchen, wovon ich manchen tatsächlich nicht kannte, eine tolle Idee.

Kein platter Liebesroman mit einer scheinbar obligatorischen Portion Inselflair, sondern eine durch und durch positive Überraschung, die ich gerne Lesern des Genres empfehle!