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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 19.08.2019

intensiv

Moskito-Küste
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Paul Theroux ist für mich ein wichtiger amerikanischer Autor. Klasse, das nach langer Zeit dieser Roman wieder herausgebracht wird. Vor 30 Jahren hatte er für einigen Wirbel gesorgt und wurde auch verfilmt, ...

Paul Theroux ist für mich ein wichtiger amerikanischer Autor. Klasse, das nach langer Zeit dieser Roman wieder herausgebracht wird. Vor 30 Jahren hatte er für einigen Wirbel gesorgt und wurde auch verfilmt, sogar mit Harrison Ford.

Protagonist ist Ally Fox, ein wütender US-Amerikaner, der Paranoid wirkt und mit seiner Familie herumzieht und das Land Richtung Honduras verlassen will. Das hat einen Hauch von Das Herz der Finsternis (Joseph Conrad).

Erzählt wird aus der Perspektive seines 13jährigen Dohnes, der unter der Situation leidet. Er darf nocht zur Schule oder Fernsehen, die ständigen Wutreden seines Vaters verstören ihn (und den Leser!). Es ist teilweise schmerzhaft zu lesen, auch weil der Handlungsverlauf nicht unrealistisch ist.

Der Protagonist lehnt aber jegliche Obrigkeit ab und ist ziemlich unberechenbar. Ist er noch ein idealistischer Aussteiger, der das Maß verloren hat oder doch schon auf dem Weg zu einem amerikanischen Reichsbürger.

Die Schilderungen sind dermaßen intensiv, das man als Leser am Ende nahezu erschöpft ist, dennoch würde ich gerne mal die Verfilmung sehen.

Veröffentlicht am 19.08.2019

The lost South

Verratenes Land
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Schauplatz des Romans ist der US-Bundesstaat Mississippi. Das ist sehr reizvoll, auch weil ich nur selten Bücher aus dieser Gegend gelesen habe. Es wird atmosphärisch, aber auch verhältnismäßig ruhig und ...

Schauplatz des Romans ist der US-Bundesstaat Mississippi. Das ist sehr reizvoll, auch weil ich nur selten Bücher aus dieser Gegend gelesen habe. Es wird atmosphärisch, aber auch verhältnismäßig ruhig und ausführlich erzählt. Man kann nicht von einem harten Thriller sprechen, zum Glück. Dafür gibt es einen angenehmen Stil und eine ansprechende Handlung.

Der Journalist Marshall McEwan ist eine gute Hauptfigur, da sein Denken und Fühlen dem Leser Nähe ermöglicht. Außerdem ist Marschall der Icherzähler.
Als sein väterlicher Freund Buck Ferris, ein Archäologe, ermordet wird, recherchiert Marschall in dem Fall.
Das weckt auch Erinnerungen.
Ein Ereignis aus der Vergangenheit belastet ihn bis heute. Als Kind starb sein älterer Bruder, der sehr beliebt war und Marschall trug eine Mitschuld, so empfindet er es zumindest und das Verhältnis zum Vater hat es geschädigt.
Jahre später folgte ein weiterer Schicksalsschlag. Marschalls kleiner Sohn ertrinkt.
In seiner Heimatstadt will er neu anfangen.

Es ist offensichtlich, dass mächtige Interessengruppen von Buck Ferris Tod profitieren. Dann wird Marschall persönlich involviert, da der Poker Club seine Zeitung schließen will, Dann gibt es auch noch Verwicklungen um Jet, die Frau seines Freundes, mit der er seine heimliche Liebschaft hat. Mit der sympathischen Buchhändlerin Nadine versteht er sich aber auch gut.

Iles lässt sich Zeit, seine komplexe Handlung zu entwickeln und davon profitiert der Roman letztendlich.
Greg Iles gelingt mehr als nur einen Thriller, es wird auch ein Gesellschaftsportrait der Bewohner eines der ärmsten Bundesstaaten der USA.

Veröffentlicht am 19.08.2019

Plädoyer für Offenheit

Roadtrip mit Gott
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Mira Ungewitters Roadtrip ist eine Autobiografie der jungen Autorin und da sie Pastorin ist, gleichzeitig ist es ein hoffnungsvolles Portrait einer jungen, progressiven Kirche, das Glauben befürwortet, ...

Mira Ungewitters Roadtrip ist eine Autobiografie der jungen Autorin und da sie Pastorin ist, gleichzeitig ist es ein hoffnungsvolles Portrait einer jungen, progressiven Kirche, das Glauben befürwortet, unsinnige Verbote aber aushebelt. Auch Christen dürfen leben und lieben und feiern.
Mira Ungewitters Schreibstil ist humorvoll, locker und unbeschwert.
Die Kindheit war behütet, ihr Vater glaubte nicht, kümmerte sich aber als Hausmann sehr um sie. Ihre Mutter war gläubig. Mira wuchs also mit verschiedenen Ansichten auf. Es gab auch Probleme, Miras schulische Leistungen waren nicht die besten, später schaffte sie es doch, zu studieren. Auch das werte ich wieder so, dass die Autorin den jungen Lesern Hoffnung geben will, das man nicht perfekt sein muss.

Veröffentlicht am 17.08.2019

sich selbst verlieren

Du gehörst mir
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Das Gefühl, sich verächtlich zu fühlen, nagt an einem Menschen. Über lange Zeit gesehen, zerstört es einen Teil des Wesen. Das Menschsein verlassen ist das schlimmste. Die meisten, die so fühlen, werden ...

Das Gefühl, sich verächtlich zu fühlen, nagt an einem Menschen. Über lange Zeit gesehen, zerstört es einen Teil des Wesen. Das Menschsein verlassen ist das schlimmste. Die meisten, die so fühlen, werden keine Täter, aber es kann wohl dazu beitragen. Tille ergibt sich in sein Leben als wäre es vom Schicksal vorgegeben. Der Vater Bauer, also wird er es auch. Ada war das einzige Mädchen, das sich für ihn interessierte, also heiratete er sie. Eine echte Lebensgestaltung ist das nicht.

Peter Middendorp zeichnet die Figuren ehrlich, wie man es nicht immer in der Literatur findet. Eine große Stärke des Autors. So kann man Vater und Mutter von Tille so nehmen wie sie sind. Ada auch und die gemeinsamen Kinder.
Die Geschichte ist wirklich tragisch. Streckenweise ist es schmerzhaft zu lesen.

Veröffentlicht am 15.08.2019

Eine Malerin von Format

Die Malerin des Nordlichts
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Lena Johannson ist eine erfahrene Schriftstellerin, die weiß, wie man einen Stoff einleitet. Mit dem Prolog zu Die Malerin des Nordlichtes übertrifft sie sich. Am Strand eines norwegischen Fjordes lässt ...

Lena Johannson ist eine erfahrene Schriftstellerin, die weiß, wie man einen Stoff einleitet. Mit dem Prolog zu Die Malerin des Nordlichtes übertrifft sie sich. Am Strand eines norwegischen Fjordes lässt sie Licht entstehen, wie auch den Geruch des Wassers, die Rufe der Seevögel, das Murmeln der Wellen. Das sind poetische Momente. So sensibilisiert liest man genauer, nimmt auch das besondere wahr. 

Es geht dann los in Kristiania, 1922. Die norwegische Malerin Signe Munch ist 38 Jahre alt und geschieden und widmet sich jetzt ganz ihrer Malerei.
Signe ist entfernt mit Edvard Munch verwandt, trifft auch den Literaturnobelpreisträger Knut Hamsun und kennt den Sohn des Malers Paul Gauguin.

Im Buch werden ihr Leben und Schicksal nachgezeichnet und in einen interessanten Plot gesetzt. Der warmherzige Erzählton der Autorin ist genau passend. In Form eines Romans gelingt es besser, die Malerin zu portraitieren als mit einer Biographie. Aufbau unterstützt die Stimmung noch durch ein farblich und motivisch ansprechendes Cover.

Signe Munchs Werk ist leider verschollen. Daher ist es von Lena Johannson auch eine großartige Leistung, die Persönlichkeit Signe Munch bekannt zu machen und sie dem Vergessen zu entreißen.