Profilbild von Tamagotchi

Tamagotchi

Lesejury Star
offline

Tamagotchi ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Tamagotchi über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 28.06.2020

Exzessives Leben in NY

City of Girls
0

Vivian Morris führt ein behütetes und sorgenfreies Leben in der Provinz, ihre Ambitionen sind nicht groß, und deshalb wird sie vom College verwiesen. Was tun? Sie kann nicht viel, außer Nähen, das ihr ...

Vivian Morris führt ein behütetes und sorgenfreies Leben in der Provinz, ihre Ambitionen sind nicht groß, und deshalb wird sie vom College verwiesen. Was tun? Sie kann nicht viel, außer Nähen, das ihr ihre Großmutter beigebracht hat. Die Familie beschließt, Vivian zu ihrer Tante Peg nach NY zu schicken, um ihren Horizont zu erweitern und in der Hoffnung, dass sie dort vielleicht etwas aus sich macht. Tante Peg besitzt in NY ein heruntergekommenes Revue-Theater, wo sich Vivian durch ihr Nähtalent nützlich machen kann. Sie freundet sich mit einer Tänzerin an, und gemeinsam stürzen sie sich jeden Abend in das New Yorker Nachtleben. Dies betreiben sie sehr exzessiv und abseits von allen Moralvorstellungen. Affären und Alkoholmissbrauch bestimmen ihr Leben, sie nennt es Freiheit, ich sehe darin ihre endlose Naivität, die an jeder Realität vorbeischaut. Eines Tages jedoch begeht sie in ihrer grenzenlosen Einfältigkeit einen Fehler, der vieles in Bewegung setzt.
Elizabeth Gilbert lässt nun die alt gewordene Vivian einen Brief schreiben an eine gute Freundin, in dem sie ihr Leben in allen Details beschreibt. Es ist quasi eine Biographie, die wir per Brief präsentiert bekommen.
Der Schreibstil der Autorin gefällt mir, er ist flüssig, detailreich und teilweise humorvoll. Allerdings befinden sich in dem Buch etliche Längen, die man nicht brauchte. Z.B. werden Kostüme und ein neues Theaterstück so intensiv beschrieben, dass man das Ende herbeisehnt. Auch die Vielzahl der ausschweifenden Liebesaffären oder Saufgelage, die beschrieben werden, langweilten auf Dauer.
Die Hauptprotagonistin Vivian wurde mir schon ziemlich schnell unsympathisch, denn sie führt ein oberflächliches Leben ohne tieferen Sinn. Aber sie beschreibt sich selbst mit einem erstaunlich hohen Selbstwertgefühl, das nicht der Realität entspricht. Sie ist sehr selbstgefällig, aber vor Problemen läuft sie einfach davon, da sie nicht bereit ist, Verantwortung zu tragen. Und so sind noch mehrere Charaktere in diesem Buch eitel und arrogant, so dass ich keinen Zugang zu ihnen finden konnte.
Ich hatte von der Beschreibung ausgehend einen anderen Buchinhalt erwartet, ich hatte mir vorgestellt, dass es um Sinnfindung im Leben geht, nachdem Vivian das Elternhaus verlassen hat und dass sie ihre Rolle als Frau in den 40er Jahren richtig versteht und auslebt. Aber hier erleben wir eine junge Frau, die sich gedankenlos der dominierenden Männerwelt dieser Zeit unterordnet.
Interessant fand ich den historischen Hintergrund, die USA angesichts des 2. Weltkriegs, anfängliches Ignorieren und allmähliches Erkennen der realen Situation.
Alles in allem ist mir der Roman gerade mal 3 Sterne wert, wobei ich lange zwischen zwei und drei geschwankt habe.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 16.02.2020

Skandinavischer Softkrimi

Doggerland. Tiefer Fall (Ein Doggerland-Krimi 2)
0

Es ist Weihnachtszeit auf Doggerland, als Leser stellt man sich eine schön verschneite Landschaft und ein gemütliches Beisammensein der ganzen Familie am warmen Feuer vor. Aber dies gefällt der Kommissarin ...

Es ist Weihnachtszeit auf Doggerland, als Leser stellt man sich eine schön verschneite Landschaft und ein gemütliches Beisammensein der ganzen Familie am warmen Feuer vor. Aber dies gefällt der Kommissarin Karen Eiken Hornby in diesem Jahr nicht, denn sie leidet noch unter den Auswirkungen des vorigen Falls, der wohl ziemlich gefährlich war und seine Spuren bei der Ermittlerin hinterlassen hat, sowohl körperlich als auch psychisch. Sie ist noch krank geschrieben, aber fühlt sich in dieser Situation nicht wohl, denn ihr ist nicht nach Feiern und ihre Familie geht ihr auf die Nerven. Deshalb nimmt sie dankbar an, als ihr Chef sie beauftragt, in einem Mordfall auf der nördlichsten Insel Noorö zu ermitteln. Sie beendet ihren Krankenstand und sucht Ablenkung in der Arbeit.
Dies ist der 2. Band der Doggerland-Trilogie, und nachdem ich so viele gute Rezensionen über den ersten Band gelesen hatte, wollte ich die Reihe unbedingt kennenlernen. Leider wurden meine hohen Erwartungen nicht erfüllt, denn ich fand das Buch recht langatmig. Bei diesem Kriminalroman liegt der Akzent eher auf 'Roman' als auf 'Krimi'. In meinen Augen läuft der eigentliche Fall so nebenher ab, während anderes im Vordergrund steht, wie z.B. der physische und psychische Zustand der Ermittlerin. Auch die häusliche Gewalt, die Eikens Freundin erleidet, nimmt sehr viel Platz ein und war für mich aufwühlender als der Mord, obwohl nach kurzer Zeit noch ein weiterer Mann getötet wurde. So richtig spannend wurde es erst in der zweiten Hälfte des Buches, besonders gegen Ende. Vorher plätschert die Handlung so dahin, und es passiert nichts Spektakuläres.
Man kann miträtseln, wie die beiden Morde zusammenhängen und wer der Täter ist, und hier sind auch falsche Spuren gelegt, was die Handlung zeitweise interessanter macht, aber im Vordergrund steht doch immer wieder die Befindlichkeit Eikens. Natürlich ist es unterhaltsam, etwas über das Privatleben der Protagonisten zu erfahren, aber bitte nicht so vorherrschend.
Die Hauptcharaktere sind mir nicht wirklich sympatisch, denn sie wirken oftmals schlecht gelaunt, problembeladen und erledigen ihre Arbeit nur unlustig. Dies trifft auch auf die Ermittlerin Eiken zu, denn sie ist oftmals unwirsch in ihrem Verhalten gegenüber anderen, und private Probleme sind ihr wichtiger als ihre Arbeit. Sie wirkt oftmals destruktiv und sucht die Abgeschiedenheit.
Positiv sind die intensiv atmosphärischen Beschreibungen der Autorin, sowohl der Landschaft als auch der verschiedenen Gefühlsebenen der Protagonisten. Ich konnte mir die Landschaft vor meinem inneren Auge perfekt vorstellen, was direkt zu Beginn einsetzte, als Frederic von seiner Schwester gesucht wurde. Aber auch personenbezogene Angstsituationen konnte ich gut nachempfinden.
Insgesamt fand ich das Geschehen gut durchdacht, logisch konstruiert, und alle Fäden wurden am Ende zusammengeführt. Für mich blieb keine Frage offen. Außerdem ist der Anlass für die Morde nicht alltäglich, was mir gut gefällt.
Ich hätte mir den Roman komprimierter gewünscht, weniger Privatleben, mehr Spannung, denn das Grundkonzept ist eindrucksvoll. Schade, mein Fazit: drei Sterne.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 20.08.2019

Nichts für Thrillerfans

Der Kinderflüsterer
1

Dieses Buch trägt den Sticker 'Der Bestseller des Jahres', allerdings muss ich sagen, dass der Roman diesem Ruf nicht gerecht wird. Er ist zwar spannend, aber könnte viel mehr Potenzial verwirklichen. ...

Dieses Buch trägt den Sticker 'Der Bestseller des Jahres', allerdings muss ich sagen, dass der Roman diesem Ruf nicht gerecht wird. Er ist zwar spannend, aber könnte viel mehr Potenzial verwirklichen. Ganz besonders hat mich gestört, dass bereits in der Mitte des Buches auf den tatsächlichen Täter hingewiesen wird und die Spannung nur noch darin besteht, wie er entdeckt und überführt wird. Da fehlt mir persönlich das so beliebte Miträtseln, das prickelnde Gefühl, nah am Geschehen zu sein. Es gibt zwar die ein oder andere falsche Fährte, aber das ist jeweils bereits absehbar. Nun gut, das Buch ist als Roman deklariert, somit kann ich keinen Thrill erwarten, aber nach der spannenden Leseprobe hatte ich zunächst das Gefühl, dass es nervenaufreibend würde. Es passiert auch nicht wirklich viel, das Buch ist eher gefüllt mit Gedankengängen und Dialogen.
Tom Kennedy zieht nach dem plötzlichen Tod seiner Ehefrau Rebecca nach Featherbank, um ein neues Leben zu starten und sich allmählich aus der Trauerphase zu winden. Besonders seinen Sohn Jake hat der Tod der Mutter hart getroffen und Tom hofft, durch den Ortswechsel eine neue Grundlage zu finden. Das bleibt leider eine Wunschvorstellung, denn bereits vor 20 Jahren wurde die Kleinstadt durch eine Mordserie an Kindern bekannt, der damalige 'Kinderflüsterer' sitzt allerdings in Haft. Und nun hat der Kinderflüsterer wieder zugeschlagen und versetzt die Stadt in Unruhe, in die auch Tom und Jake hineingezogen werden.
Der Spannungsbogen setzt am Anfang gut an, man erwartet nervenaufreibende Unterhaltung, aber dann wirds ab Mitte langatmig durch Wiederholungen und unnötige Füllelemente, die nichts zur Geschichte beitragen. Auch wirkt manches zu sehr konstruiert, einfach im realen Leben nicht nachvollziehbar. Ja, und dann sind da noch die spirituellen Elemente, für die sich nur teilweise eine Erklärung findet. Die anderen bleiben ungeklärt, womit ich mich nicht zufrieden geben kann.
Die Protagonisten werden bis auf zwei Ausnahmen recht oberflächlich beschrieben, so dass sie sehr distanziert erscheinen. Nur Jake und sein Vater werden detailliert und verständlich beleuchtet, so dass man schnell Empathie entwickelt. Die Ermittler werden nur mit ihren Problemen charakterisiert: Stress und drohender Rückfall zum Alkohol. Schade!
Der Schreibstil war in Ordnung, lebendig und gut verständlich. Es gab keine Probleme, den Schilderungen zu folgen.
Positiv ist auch das Cover zu erwähnen, der Schmetterlingsflügel, stilisiert und haptisch zugleich, der sofort als Eyecatcher fungiert.
Leider kann ich das Buch nicht uneingeschränkt empfehlen, auf jeden Fall nicht den Hardcore-Thriller Fans, sondern eher für Liebhaber softer Kriminalromane.

Veröffentlicht am 28.05.2019

Nicht glaubwürdig

Das Verschwinden der Stephanie Mailer
0

Es geht in diesem Roman um einen Vierfachmord, der bereits 20 Jahre zurückliegt. Damals wurden der Bürgermeister von Orphea, einem kleinen Ort an der amerikanischen Ostküste, sowie seine Frau und sein ...

Es geht in diesem Roman um einen Vierfachmord, der bereits 20 Jahre zurückliegt. Damals wurden der Bürgermeister von Orphea, einem kleinen Ort an der amerikanischen Ostküste, sowie seine Frau und sein Sohn erschossen. Außerdem wurde auch eine zufällig vorbeikommende Joggerin zum Opfer. Plötzlich, im Sommer 2014, taucht eine Journalistin auf, Stephanie Mailer, und behauptet, dass damals nicht richtig ermittelt worden sei, denn der wirkliche Täter sei nicht ermittelt worden. Zunächst nimmt keiner Stephanies Behauptungen ernst, aber als sie spurlos verschwindet und nicht wieder auftaucht, werden die Ermittlungen doch wieder aufgerollt.
Der Schreibstil ist flüssig und angenehm zu lesen, und durch die detailreiche Beschreibung des Ortes fühlt man sich mitten in diese Kleinstadt hineinversetzt. Sie wirkt sogar so idyllisch, dass man dort einmal Urlaub machen möchte. Durch den ständigen Wechsel zwischen den Erzählebenen (damals und heute) ist der Roman abwechslungsreich und vielseitig.
Der Prolog und auch der erste Teil des Buches sind sehr spannend geschrieben und man geht davon aus, dass es so bleibt. Aber leider verliert sich die Spannung, weil ab dem 2. Teil unschöne Längen auftreten, so dass man das Gefühl hat, dass unbedingt viele Seiten gefüllt werden sollten, z.B. wird eine neue Fernsehsendung viel zu intensiv geschildert, die keinerlei Bezug zum Buchgeschehen hat. Und auch die Kindheit des Ermittlers Jesse Rosenberg müsste nicht so ausführlich beleuchtet werden, denn zum eigentlichen Kern des Romans trägt sie nichts bei. Man quält sich schließlich durch die vielen Seiten, ohne dass man das Gefühl hat, der wirklichen Auflösung näher zu kommen.
Bedauerlicherweise erscheint im Laufe der Seiten der Inhalt auch immer abstruser, so dass man sich fragt, ob hier ein Schelmenstück beschrieben wird oder ob es tatsächlich um die Aufklärung des alten Verbrechens geht. Da soll als Hauptattraktion eines Theaterfestivals ein Stück aufgeführt werden, das eigentlich nicht wirklich existiert, aber trotzdem strömen die Fernsehteams und die Reporter heran, um über dieses Highlight zu berichten, weil es entsprechend angekündigt wird. Die Auswahl der Schauspieler erfolgt erst ein paar Tage vor der Aufführung mit spektakulären Auswahlmethoden, die in meinen Augen nur unglaubwürdig erscheinen und mich an eine Posse à la Till Eulenspiegel denken lassen.
Joel Dicker zeichnet in diesem Buch sehr viele interessante und vielschichtige Charaktere, nur wirken sie leider teilweise unglaubwürdig und klischeebeladen. Da ist z.B. der gebildete Chefredakteur einer bekannten Zeitung, der sich von seiner Geliebten nach Strich und Faden ausnehmen lässt, sich total verschuldet und sogar Firmengelder veruntreut, weil er sich immer wieder von seiner Freundin erpressen lässt mit simplen Drohungen. Oder der ehemalige Polizeichef, der sich zum Theaterregisseur berufen fühlt und sich trotz blamabler Auftritte als Genie betrachtet.
Zusammenfassend kann ich sagen, dass die zugrunde liegende Idee zu diesem Kriminalfall originell und vielversprechend ist, aber die Ausführung mehr gestrafft werden müsste ohne diese gewaltigen Abschweifungen.

Veröffentlicht am 08.12.2018

Horror, nicht nur in der Schule

Deine letzte Stunde
0

Raquel ist eine Vertretungslehrerin. Da sie ihren Abschluss nicht geschafft hat, darf sie nur als solche unterrichten, meist nur für kurze Zeit. Doch plötzlich bietet sich ihr eine Stelle für einige Monate, ...

Raquel ist eine Vertretungslehrerin. Da sie ihren Abschluss nicht geschafft hat, darf sie nur als solche unterrichten, meist nur für kurze Zeit. Doch plötzlich bietet sich ihr eine Stelle für einige Monate, sogar noch in der kleinen und gemütlichen Heimatstadt ihres Mannes Germán. Die anfängliche Begeisterung schlägt in Skepsis um, als sie vor Ort erfährt, dass ihre Vorgängerin von ihren Schülern heftig gemobbt wurde und deshalb offensichtlich Selbstmord begangen hat. Verhält sich das wirklich so, war der Schulhorror so gravierend, dass es keinen anderen Ausweg mehr gab? Raquel beginnt, Recherchen anzustellen......
Und damit beginnt der nächste Horror, denn ihr Verhalten, ihre Handlungen und ihre Entscheidungen sind geprägt von erschreckender Naivität und bodenlosem Leichtsinn. Es ist völlig unverständlich, wieso eine mutmaßlich gebildete Frau sich so verhält. Somit kann man in ihr keinen Sympathieträger verankern, und auf der Suche nach einem solchen unter den anderen Protagonisten ist man auch nicht erfolgreich. Alle Figuren sind irgendwie zwielichtig oder unauthentisch, weshalb dann auch ihre Verhaltensweisen oft unglaubwürdig sind. Schade! Denn aus diesem Stoff hätte man durchaus mehr machen können.
Was wirklich überzeugt, ist der Spannungsbogen, der steil aufwärts geht. Ich habe das Buch kaum weglegen mögen, weil der Autor mich ständig mitfiebern ließ. Und diese Gespanntheit blieb bis zum Ende erhalten, auch wenn teilweise die dann folgenden Aktionen unlogisch, unauthentisch oder irrsinnig wirkten.
Ebenso ist der Schreibstil von Carlos Montero sehr angenehm, man liest fließend und ohne Holpersteine. Er liefert atmosphärische Beschreibungen in guter Qualität und real vorstellbar. Wenn nur seine Charaktere nicht so extrem unlogisch und dumm konzipiert wären....denn es gehört eben zu einem guten Roman, dass die Personen nicht zu konstruiert wirken, sondern glaubwürdig. In diesen Bereich fällt auch das Thema Drogen, denn fast jeder in diesem Thriller nimmt Drogen in irgendeiner Form, von Medikamenten über Alkohol bis hin zu Kokain. Und all das scheint gesellschaftlich geduldet, ja sogar akzeptiert.
Ich gebe drei von fünf Sternen, weil mir der Thrill gefallen hat, aber die Umsetzung nicht überzeugend, teilweise sogar dubios war. Schade.....

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Spannung
  • Geschichte
  • Charaktere
  • Thema