Profilbild von FroileinWonder

FroileinWonder

Lesejury Star
offline

FroileinWonder ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit FroileinWonder über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 25.10.2019

Eine emotional aufwühlende Geschichte

Die verlorenen Blumen der Alice Hart
0

Beschreibung

Alice Hart ist neun Jahre alt, als ihre Eltern bei einem Brand auf ihrem Hof an der Nordostküste Australiens umkommen. Stumm und verängstigt kommt das Mädchen zu ihrer bis dato unbekannten ...

Beschreibung

Alice Hart ist neun Jahre alt, als ihre Eltern bei einem Brand auf ihrem Hof an der Nordostküste Australiens umkommen. Stumm und verängstigt kommt das Mädchen zu ihrer bis dato unbekannten Großmutter June, die sie auf Thornfield, ihrer Blumenfarm aufnimmt, auf der sie Frauen mit den unterschiedlichsten Schicksalen Zuflucht bietet. Auf der Blumenfarm beginnt Alice ihre schrecklichen Erlebnisse zu verarbeiten, erlernt die Sprache der Blumen und findet schließlich zu ihrer eigenen Stimme zurück. June verbirgt jedoch die ganze Wahrheit ihrer Familiengeschichte vor Alice, welche sich schließlich dazu entscheidet ihren eigenen Weg zu finden und sich von der niederdrückenden Vergangenheit zu befreien.

Meine Meinung

Holly Ringlands Roman »Die verlorenen Blumen der Alice Hart« zieht bereits durch das kräftige blaue Cover mit einer großen Blumenabbildung die Blicke auf sich. Die florale Gestaltung setzt sich dann auch zwischen den Buchdeckeln fort, denn jedes Kapitel beginnt mit der schwarz-weiß Illustration einer australischen Pflanze, die mit einer kurzen Vorstellung ihrer Bedeutung und Herkunft ergänzt wird. Diese wundervolle Einbringung der Sprache der Blumen zieht sich wie ein roter Faden durch das komplette Buch.

Diese gelungene optische Gestaltung passt hervorragend zu der berührenden Geschichte der Alice Hart und untermalt die Botschaft, dass manche Dinge zu schwer in Worte zu fassen sind, und wir diese durch andere Botschaften wie hier durch die Sprache der Blumen mitteilen können.

Die Geschichte beginnt mit Alice früher Kindheit, die sie zurückgezogen ohne jeglichen sozialen Kontakt, außer den zu ihren Eltern, auf einem Hof mit Blumengarten an der Nordküste Australiens verbringt.

Besonders mitgenommen hat mich die Gewaltätigkeit von Alice Vater, der nicht nur ihrer Mutter Agnes Schmerzen zufügt, sondern auch keinen Halt vor seiner kleinen Tochter macht. Seine Agressionsausbrüche hat Holly Ringland authentisch zu Papier gebracht, so dass man selbst beim lesen etwas zusammenschreckt und sich kaum auszumalen wagt, wie sehr diese ein junges Mädchen verstören müssen.

Der traumatische Verlust ihrer Eltern, für den sich Alice selbst die Schuld gibt, prägen das Mädchen und ihren weiteren Lebensweg schon frühzeitig. Mit diesem dramatischen Hintergrund passt Alice, ebenso wie ihre Mutter damals, nach Thornfield, der Blumenfarm ihrer Großmutter, die seit Jahrzehnten Frauen mit einer schicksalhaften Vergangenheit als Zufluchtsstätte dient.

Alice lernt erst nach dem Tod ihrer Eltern ihre Großmutter June kennen, als diese sie zu sich nach Thornfield mitnimmt. Mit June hat Holly Ringland einen vielschichtigen Charakter erschaffen, der durch die Vergangenheit gezeichnet ist und ganz tief mit der Reflexion alter Fehler behaftet ist. Mit der Ankunft von Alice ergreift June die Chance, um Wiedergutmachung zu leisten. Sie möchte Alice ein beschütztes Leben bieten und schlägt dabei über die Grenzen, denn sie enthält Alice ihre wahre Familiengeschichte vor und sabotiert sogar ihre erste große Liebe. Damit setzt June den Grundstein für eine, sich selbst erfüllende Prophezeiung, obwohl sie doch gerade mit ihren Taten und ihrem Schweigen verhindern wollte, dass der Familienfluch auch auf Alice übergreift. Als Alice davon erfährt kappt sie jegliche Verbindung zu ihrem bisherigen Leben und sucht einen Neuanfang inmitten der australischen Wüste.

»Die verlorenen Blumen der Alice Hart« ist ein facettenreicher Roman über Familie, Vergangenheit, Freundschaft und Liebe mit dem bitteren Nachgeschmack von Gewalt und Missbrauch. Eine bestechende Grundnote besteht, im krassen Gegensatz zur brutalen Seite, aus der Naturverbundenheit der Frauen Thornfields. Die Geschichte übt durch eine große Portion Dramatik auf jeden Fall auch ohne große Spannungsmomente eine unglaubliche Faszination aus, so dass man durch die 500 Seiten geradezu fliegt. Besonders gut gelungen ist Holly Ringland ihre Hauptprotagonistin Alice, die im Gegensatz zu den anderen Charakteren, die neben ihr recht blass erscheinen, einen bleibenden Eindruck hinterlässt.

Bei einem so starken Werk hätte ich allerdings erwartet, auch etwas über die Schicksale der anderen Frauen auf der Blumenfarm zu erfahren. Daher fand ich es wirklich traurig, dass diese überhaupt keinen Raum in der Geschichte einnehmen.

Fazit

Eine emotional aufwühlende Geschichte, die das Leben genauso hätte schreiben können. Die Schwierigkeit der Selbstfindung, bei der die Zukunft mit der Vergangenheit in Einklang gebracht werden will, wird mit einer bezaubernden Naturverbundenheit zur Flora Australiens ergänzt.

Veröffentlicht am 25.10.2019

Ein absolut lesenswerter Klassiker der Schauerliteratur

Wir haben schon immer im Schloss gelebt
0

Beschreibung

Die achtzehnjährige Merricat und ihre Schwester Constance leben zurückgezogen mit ihrem Onkel Julian am Rande eines kleinen Dorfes in dem wunderschönen Anwesen der Blackwoods. Die Dorfbewohner ...

Beschreibung

Die achtzehnjährige Merricat und ihre Schwester Constance leben zurückgezogen mit ihrem Onkel Julian am Rande eines kleinen Dorfes in dem wunderschönen Anwesen der Blackwoods. Die Dorfbewohner machen keinen Hehl aus ihrer Abneigung gegenüber den reichen Leuten, die ihr Dasein ausgeschlossen aus der Gesellschaft in ihrem Schloss für sich fristen. Seit der großen Tragödie, bei der alle anderen Familienmitglieder vergiftet wurden und Constance des mehrfachen Mordes bezichtigt wurde, ist es ruhig im Schloss geworden. Als ihr Cousin Charles auftaucht und an den Inhalt des Familiensafes zu gelangen versucht, ist es an Merricat die Familie zu beschützen.

Meine Meinung

Shirley Jacksons Schauerroman »Wir haben schon immer im Schloss gelebt« hatte seine Erstveröffentlichung im Jahre 1962. Nun wurde der Klassiker vom Festa Verlag in seiner »Must Read« Reihe, ebenso wie »Spuk in Hill House«, neu aufgelegt.

Auf gerade etwas über 250 Seiten ist es der begabten Schriftstellerin gelungen, eine faszinierende und skurrile Geschichte zu weben, die mich wie eine Spinne mit ihrem klebrigen Faden umwickelte. Von der Queen of Horror darf man jedoch keine blutdurchtränkten Szenerien erwarten, ihre grandiose Stärke beweist sie vielmehr in den leisen Tönen, die zu einer schauderhafte Gruselatmosphäre arrangiert, eine mitreißende Melodie ergeben.

»Wir haben schon immer im Schloss gelebt« wird aus der Perspektive der achtzehnjährigen Mary Catherine, die liebevoll von allen nur Merricat genannt wird, erzählt. Sie ist die jüngste der drei Blackwoods und die einzige von Ihnen, die für Besorgungen den schützenden Boden ihres Anwesens verlässt und sich in das Dorf traut, das für sie einer Höhle des Löwen gleichkommt. Merricat hat eine ganz besondere Beziehung zu ihrer älteren Schwester Constance, die sie fast rund um die Uhr bemuttert, so dass man fast nicht glauben möchte, dass es sich bei Merricat um ein Kind und nicht um eine junge Dame handelt. Auch Merricat selbst verstärkt den gewonnenen Eindruck mit ihrer kindlichen Art, wie sie immer wieder Wörter wiederholt und sich ermahnt, netter zu ihrem senilen Onkel zu sein, der seit dem tragischen Familienvorfall im Rollstuhl sitzt.

Aus dieser Protagonisten-Konstellation ergibt sich ein skurriles Gesamtbild des Lebens der Blackwoods, das einen mit seinen Fängen von Kapitel zu Kapitel enger umgarnt. Besonders raffiniert gewählt ist die Erzählerin Merricat, welche wohl die eindrucksvollste psychologische Verfassung vorzuweisen hat. Bei ihr vermischt sich kindliche Fantasie mit einer Verrücktheit, die sich kaum greifen lässt. Der Leser kann sich dadurch, dass sie die Geschichte aus der Ich-Perspektive vorbringt, nie so wirklich sicher sein, was real ist und was nur Merricats Vorstellungsvermögen entsprungen ist. Durch dieses gekonnt eingesetzte Stilmittel erzeugt Shirley Jackson ein unterschwelliges Horrorszenario das die Haare zu Berge stehen lässt.

Das mitreißende Szenario wird durch Shirley Jacksons einnehmenden Schreibstil untermalt und kann bei mir vor allen Dingen durch seine Skurrilität punkten. Mit »Wir haben schon immer im Schloss gelebt« kann Shirley Jackson in meinen Augen zwar nicht ganz an ihr Werk »Spuk in Hill« House heranreichen und dennoch hat mich die Autorin mit ihrer außergewöhnlichen Geschichte gut unterhalten können. Liebhaber von speziellen Charakteren und Gruselgeschichten, die durch subtilen Horror den Atem stocken lassen, liegen bei diesem Roman goldrichtig.

Fazit

Ein absolut lesenswerter Klassiker der Schauerliteratur, der durch einen bizarren Plot und skurrile Protagonisten polarisiert.

Veröffentlicht am 25.10.2019

Ein meisterhaft erzählter Roman

Washington Black
0

Beschreibung

1830. Der Sklavenjunge Washington Black lebt und arbeitet unter schlechten Bedingungen auf einer Zuckerrohrplantage auf Barbados und fürchtet sich wie jeder Sklave vor den gewalttätigen ...

Beschreibung

1830. Der Sklavenjunge Washington Black lebt und arbeitet unter schlechten Bedingungen auf einer Zuckerrohrplantage auf Barbados und fürchtet sich wie jeder Sklave vor den gewalttätigen Ausbrüchen ihres erbamungslosen Masters. Als Christopher, der jüngere Bruder des Plantagenbesitzers, zu Gast ist, bietet sich Washington eine einmalige Gelegenheit. Der Wissenschaftler und Erfinder macht keinen Hehl aus seiner Abneigung gegenüber der Sklaverei und wählt zufällig Washington aus, um ihm bei seiner Arbeit zur Hand zu gehen. Gemeinsam arbeiten sie an Christophers Wolkenkutter, welchen Sie schließlich zur Flucht von der Plantage nutzen. Eine gefährliche Reise nimmt ihren Lauf…

Meine Meinung

Als ich zum ersten Mal von dem Roman »Washington Black« von Esi Edugyan hörte, war ich gleich Feuer und Flamme für diese abenteuerliche Geschichte über einen Sklavenjungen, der Ende des 19. Jahrhunderts den Fängen seines Masters in eine ungewisse Zukunft entflieht. Passenderweise ist auf dem wunderschön gelbgold-glänzenden Buchcover ein Luftschiff abgebildet, welches überhaupt erst die Flucht ermöglicht. Da für ein gutes Leseabenteuer eine angenehme Begleitung unabdingbar ist, habe ich mich mit der lieben Gabriela von Buchperlenblog zusammengeschlossen und das Werk gemeinsam durchschmökert.

»Washington Black« ist bereits der dritte Roman der kanadischen Schriftstellerin Esi Edugyan, die bereits einige rennomierte Literaturpreise einheimsen konnte. Für mich ist es zwar das erste Buch aus ihrer Feder, aber sicherlich wird es nicht das Letzte gewesen sein! (Ihr preisgekrönter Roman »Half-Blood-Blues« (dt. »Spiel’s noch einmal«) ist gleich auf meiner Wunschliste gelandet.)

Die Autorin erzählt ihre rein fiktive Geschichte über den Sklavenjungen Washington Black (kurz: Wash) in einem leicht verständlichen Schreibstil und stellt ihr Können mit einem wahrhaft meisterhaften Storytelling unter Beweis.

Cliffhanger zieren die Kapitelabschlüsse, so dass sich eine unglaubliche Spannung aufbaut und man wie gebannt Seite um Seite umblättert und regelrecht durch die Story zu fliegen beginnt. Nüchtern und erschreckend zugleich zeichnet Edugyan das Leben der Sklaven auf einer Zuckerrohrplantage und man wird Zeuge der schrecklichen Gewalt, die Plantagenbesitzer nutzen um ihre Machtposition zu untermauern.

Kontrastreicher Gegensatz zu dem äußerst brutalen Master der Faith Plantage, dem es an Empathie und emotionaler Kompetenz fehlt, ist sein jüngerer Bruder Christopher Wilde, der von allen nur Titch genannt wird und sich durch seine wissenschaftliche Offenheit sowie seine gegensätzliche Meinung zur Sklaverei auszeichnet. Nachdem Titch den jungen Wash als seinen Assistenten auserkoren hat entspinnt sich eine besondere Beziehung zwischen diesen höchst unterschiedlichen Protagonisten. Schnell wächst Titch in die Rolle des Mentors hinein und wird für den Sklavenjungen fast zu einer Art Vaterfigur, die nun sein weiteres Leben bestimmen wird.

Der Roman ist in drei Teile aufgeteilt. Im ersten Teil wird das Leben auf der Faith Plantage und die isolierte Kindheit des Hauptprotagonisten Washington Black herausgearbeitet, während im zweiten Teil die abenteuerliche Flucht von Titch und Wash im Mittelpunkt stehen und mündet schließlich in einen dritten Teil, der sich mit Washs Leben als freier Mann und seiner Selbstfindung befasst.

Die Hauptprotagonisten sind mit wunderbar feinen Pinselstrichen gezeichnet, so dass ein äußerst reales Bild der Charaktere vor dem geistigen Auge entsteht. Außerdem fühlt sich die Geschichte durch und durch authentisch an, obwohl es sich hierbei um einen erdachten Lebensweg geht. Die lebhaften Hintergrundkulissen der Handlung (von der Zuckerrohrplantage auf Barbados über eine waghalsige Reise über den Ozean) sorgen für eine perfekte Untermalung des Kopfkinos, so dass ich mir eine Verfilmung der Geschichte nur zu gut vorstellen könnte.

»Washington Black« hat mich fasziniert, berührt und von der ersten Seite an einfach total umgehauen. Während des Lesens hat sich meine Begeisterung zu einem richtigen Höhenflug entwickelt, doch am Ende stand eine recht harte Landung an, die mich auf den Boden der Tatsachen zurückholte. Der Abschluss von Washington Blacks Geschichte ist recht offen gehalten und fühlt sich für mich, die über so viele Seiten mit dem Jungen mitgefiebert und um ihn gebangt hat, viel zu harsch an. Dieses Ende mag zwar für viele passend erscheinen, ich persönlich fühle mich allerdings um ein “wegweisendes” Happy End betrogen. Deshalb gibt es von mir für dieses meisterhafte literarische Kunstwerk einen minimalen Abzug in der B-Note.

Fazit

Ein meisterhaft erzählter Roman über Freiheit und Selbstfindung, der tief berührt und Wurzeln in den eigenen Gedanken schlägt.

Veröffentlicht am 25.10.2019

Ein fabelhaftes Fantasyabenteuer

Der Junge im Dunkeln
0

Beschreibung

Der junge Titus möchte nichts sehnlicher als der Zeremonie zu seinem 14. Geburtstag zu entkommen, um den damit verbundenen und nicht enden wollenden Ritualen zu entgehen. So begibt es sich, ...

Beschreibung

Der junge Titus möchte nichts sehnlicher als der Zeremonie zu seinem 14. Geburtstag zu entkommen, um den damit verbundenen und nicht enden wollenden Ritualen zu entgehen. So begibt es sich, dass der 77. Erbe des Hauses Groan in die Freiheit flieht, die Wälder seines Reiches erkundet und dabei, kaum seinem zeremoniellen Gefängnis entkommen, direkt in den nächsten Albtraum stolpert.

Meine Meinung

Mervyn Peake erzählt in seinem Buch »Der Junge im Dunkeln« eine kurze Geschichte über den berühmten Helden aus seiner Gormenghast Reihe, die sehr stark einer Fabel ähnelt. Betrachtet wird ein Ereignis aus dem Leben des jungen Titus, der den zeremoniellen Ritualen zu seinem anstehenden 14. Geburtstag entkommen möchte und bei seiner traumartigen Flucht in den Wald und die Länder seines Reiches in ein albtraumhaftes Abenteuer schlittert.

Titus begegnet auf seinem Weg einem sprechenden Geißbock und einer Hyäne die beide das Ziel verfolgen den kostbaren Jüngling zu ihrem Gebieter Lamm zu bringen. Da Titus keinen anderen Ausweg aus der verfahrenen Situation erkennen kann folgt er dem kuriosen Duo und gerät in die verhängnisvolle Gefangenschaft des Lamms.

Die poetische Sprache Mervyn Peakes passt hervorragend zu dieser kurzweiligen und abenteuerlichen Geschichte des jungen Titus. Nachdem mir vor acht Jahren die Neuauflage der Gormenghast Reihe im Klett-Cotta Verlag so gut gefallen hatte, habe ich mich natürlich sehr auf diese kleine Zusatzgeschichte gefreut. Ich habe diesen kurzen Ausflug mit Titus sehr genossen, möchte euch allerdings nicht zuviel von der Handlung verraten, es geht aber auf jeden Fall spannend zu und Titus benötigt unbedingt sein schlaues Köpfchen, um Heil aus der Angelegenheit zu kommen.

Für alle, die diese Reihe ebenso kennen und lieben, sei erwähnt, dass man diese Erzählung auf keinen Fall mit den Gormenghast Romanen vergleichen sollte, denn hierbei handelt es sich wie bereits erläutert nur um einen kurzen, traumartigen, Ausschnitt aus dem Leben des jungen Thronerben. Während man in den Romanen tief in das Schlossleben auf Gormenghast eintaucht und die skurrilen Schlossbewohner näher kennen lernt, bleiben diese in »Der Junge im Dunkeln« vollkommen außer Acht. Die Geschichte lässt sich somit als eigenständige Lektüre betrachten, die auch gut von Leserinnen und Lesern ohne Vorkenntnisse aus der Roman-Reihe zur Hand genommen werden kann.

Fazit

Ein fabelhaftes Fantasyabenteuer mit dem Helden aus der Gormenghast-Reihe, dass sich für Fans ebenso sehr wie für Neulinge eignet.

Veröffentlicht am 23.08.2019

Ein nervenaufreibender Jugendthriller

The Black Coats - ... denn wir vergeben keine Schuld
1

Beschreibung

Der Geheimbund der »Black Coats« hat es sich zur Aufgabe gemacht, gewalttätige Männer, die durch die Justiz keiner gerechten Bestrafung zugeführt werden, eine Lektion zu erteilen. Die begabte ...

Beschreibung

Der Geheimbund der »Black Coats« hat es sich zur Aufgabe gemacht, gewalttätige Männer, die durch die Justiz keiner gerechten Bestrafung zugeführt werden, eine Lektion zu erteilen. Die begabte junge Läuferin Thea erhält nach dem Tod ihrer Cousine eine Einladung der mysteriösen Vereinigung und sieht damit ihre Chance gekommen, Rache an Natalies Mörder zu nehmen. Je weiter Thea im Bund der »Black Coats« eintaucht, desto mehr stellt sich ihr die Frage, ob Rache wirklich für Gerechtigkeit sorgen kann? Mit den ersten Zweifeln kommt bei ihr der Gedanke auszusteigen auf. Doch da ist es längst zu spät, um der gut vernetzten Organisation entkommen zu können.

Meine Meinung

Durch eine mysteriöse Einladung aus dem Hause Beltz & Gelberg wurde ich auf den Jugendthriller »Black Coats…denn wir vergeben keine Schuld« von Colleen Oakes aufmerksam. Genau wie Thea wusste ich überhaupt nichts über den Orden der Black Coats und folgte neugierig der Einladung…

Zwischen den Buchdeckeln erwartete mich eine nervenaufreibende Geschichte über Verlust, Trauer, Rache und Gerechtigkeit, die ein geheimnisumwobener Orden durch Selbstjustiz herzustellen versucht. Genauer gesagt geht es um Gewalt an Frauen und Frauen die es satt haben länger tatenlos zuzusehen, wie die Täter ungestraft davonkommen. Nach einem kurzen Prolog lernt man auf wenigen Seiten die junge Hauptprotagonistin Thea kennen, welche sich nach dem Mord an ihrer Cousine Natalie erst nach der Aufnahme im Orden der Black Coats wieder richtig lebendig fühlt.

Nach und nach lernt man zusammen mit der Hauptprotagonistin die Strukturen der »Black Coats« von der Anwerbung über das Training bishin zu den unterschiedlichen Balancings kennen und beginnt zu ahnen, welchen große Ausmaße das Wirken des Ordens überhaupt hat. Der Sitz der Black Coats befindet sich in einem altehrwürdigen Haus, das mindestens genauso viele Geheimnisse wie der Orden selbst zu beherbergen scheint und somit der perfekte Schauplatz für actionreiche Szenen bietet.

Gemeinsam in einem Team mit anderen frisch angeworbenen Mädchen, deren Stärken ganz unterschiedlicher Natur sind, stellt sich Thea dem harten Training der »Black Coats«. Die Existenz des Ordens und ihre Mitgliedschaft muss sie strengstens geheimhalten, auch vor ihren Eltern und einem anständigen Jungen, in den sie sich von Tag zu Tag mehr verliebt. Die Gemeinschaft des Ordens und vor allen Dingen die eingeschworene Freundschaft und der Zusammenhalt untere ihren Teamkameradinnen geben Thea Halt und die nötige Kraft um über den Tod ihrer Cousine hinwegzukommen und ein neues Leben zu beginnen.

Der temporeiche Handlungsablauf und der flüssige Schreibstil Oakes tragen zu der unglaublichen Sogwirkung des Romans bei, so dass ich das Buch kaum aus der Hand legen konnte. Ehrlich gesagt hat man das Gefühl, dass sich die nervenaufreibende und dichte Atmosphäre der Geschichte auf einen selbst überträgt und mit angehaltenem Atem mitverfolgt, wie Thea immer mehr dem Rausch ihrer Macht als Black Coats Team erliegt.

Die Autorin hat sich eine PoC als Romanheldin auserkoren und lässt an einigen Stellen Theas sensibilisierte Haltung zum Thema Rassismus mit einfließen. Ich persönlich finde es durchaus sehr wichtig, dass diese Thematik in Jugendbüchern angesprochen wird, doch mehr wie ein kurzes Aufleuchten davon gibt es in dieser Geschichte nicht. Deshalb stellt sich mir die Frage, ob die Autorin sich nicht besser in einem extra dafür vorhergesehenen Roman damit beschäftigen sollte, anstatt es hier halb gar zu servieren.

Sehr gut gefallen hat mir, dass sich die Autorin in ihrem Jugendroman mit dem Thema Selbstjustiz auseinandersetzt und der Protagonistin nach einer gewissen Zeit das Saatkorn des Zweifels über ihr Tun einsät. Zunächst werden die fragwürdigen Gedanken von dem guten Gefühl, das die Organisation in Thea auslöst überlagert. Colleen Oakes läutet den Plottwist recht spät ein und spitzt den Spannungsbogen zu einem grandiosen Showdown-Finale zu, dass für meinen Geschmack sogar etwas zu viel des Guten bereithält.

Fazit

Ein nervenaufreibender Jugendthriller über Gewalt an Frauen und dem schmalen Grat zwischen Rache und Gerechtigkeit.