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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 23.09.2019

Nicht alles von Agatha Christie bleibt zeitlos

Mord auf dem Golfplatz
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Hercule Poirot wird nach Frankreich gerufen. Doch als er mit Captain Hastings eintrifft, liegt die Leiche schon auf dem Golfplatz. Poirot macht eine Reise in die Vergangenheit, um den Mörder zu entlarven.

Ich ...

Hercule Poirot wird nach Frankreich gerufen. Doch als er mit Captain Hastings eintrifft, liegt die Leiche schon auf dem Golfplatz. Poirot macht eine Reise in die Vergangenheit, um den Mörder zu entlarven.

Ich habe immer gedacht, die Krimis von Agatha Christie sind allesamt zeitlos in Motiven, in Ermordung, in der Anzahl und der Art der Verdächtigen. Bei diesem Re-Read muss ich meine Meinung aber ändern. In die rund 250 Seiten packt die Meisterin des Krimis, und das ist sie nach wie vor für mich, einfach zuviel. Dabei ist am Ende die Auflösung wie immer gut durchdacht, aber vorher bemüht die Autorin so viele Verwicklungen, so viel Hin und Her, so viele Zufälle, dass es für 250 Seiten mehr gereicht hätte; und an einigen Stellen merkt man dem Krimi sein Alter an, so will man z.B. untertauchen, um der Gerechtigkeit zu entfliehen...und das gleich zweimal erfolgreich. Dazu wird Poirot ein anderer Detektiv entgegengesetzt, der einfach scheitern muss; ziemlich lieblos gemacht. Die Liebesgeschichte um Hastings wirkt auch aufgesetzt, da merkt man, dass es der Autorin nur darum ging, Poirots nervigen Assistenten loszuwerden.

Nicht der beste Christie; solide in der Auflösung, aber mit viel zu viel Drumherum.

Veröffentlicht am 01.09.2019

Je länger es dauert, desto unrunder wird es

Bella Germania
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Die Modedesignerin Julia bekommt Besuch von einem Mann, der sich als ihr Großvater entpuppt. Aus dieser Begegnung entwickelt Daniel Speck ein Familienepos über drei Generationen; immer zwischen Deutschland ...

Die Modedesignerin Julia bekommt Besuch von einem Mann, der sich als ihr Großvater entpuppt. Aus dieser Begegnung entwickelt Daniel Speck ein Familienepos über drei Generationen; immer zwischen Deutschland und Italien.

Bella Germania lässt sich sehr gut lesen und man erfährt so einiges über Italien, über Deutschland, über Politik und über Menschen, besonders über die Familie Marconi. Das ist gleichzeitig auch die Schwäche des Romans. Ich fühlte mich fast überfahren mit all den Informationen; da fallen Begriffe wie RAF, Olympia 1972, Wirtschaftskrise; Namen wie Meinhof, Bader, Lauda finden auch ihren Weg in den Roman; leider bleibt das alles an der Oberfläche. Beispiel: Olympia 1972. Man erfährt, es werden Geiseln genommen und zwei Abschnitte später sind die alle tot. Für mich zu wenig. Da wären weniger Details mit mehr Tiefgang mehr gewesen.

Den zweiten Fehler macht der Autor, als er die Hauptfigur Giulietta nach zwei Dritteln sterben lässt. Da sie die Großmutter im Epos verkörpert, ist das im Grunde nicht überraschend. Leider ist sie die Sympathieträgerin im Roman und ich glaube, Daniel Speck hat das erkannt und verzweifelt nach einer Lösung gesucht. Genauso verzweifelt versucht er dann im letzten Drittel den Unsympathen des Romans zur Hauptfigur zu machen. Leider hat mich dessen Lebensgeschichte Null interessiert. Er hätte auch bei einem Autorennen sterben können, dem Roman hätte nichts gefehlt.

Jetzt habe ich nur gemeckert, aber ich möchte auch noch etwas Positives sagen: Im ersten Drittel, in dem die Liebesgeschichte zwischen Giulietta und Vincent aufgerollt wird, gelingt es dem Autor sehr gut, die Zwänge herauszuarbeiten, in denen sich die Protagonisten befinden. Aus heutiger Sicht natürlich nicht mehr ganz nachzuvollziehen, aber das ist sehr gut geschrieben.

Trotz der Kritikpunkte habe ich den Roman nicht ungern gelesen; es war keine verlorene Zeit. Für die Fakten, die mich mehr interessieren, muss ich jetzt noch mehr lesen. Ein Roman, geeignet als Urlaubslektüre, wenn man nicht zuviel nachdenken möchte.

Veröffentlicht am 12.08.2019

Vom Leben der Aborigines

Ich hörte den Vogel rufen
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Fünf Geschwister wachsen in Perth auf. Zum Haushalt gehören außerdem die Mutter, die viel arbeitet, um die Familie über die Runden zu bringen, der Vater, der traumatisiert aus dem Krieg zurückgekommen ...

Fünf Geschwister wachsen in Perth auf. Zum Haushalt gehören außerdem die Mutter, die viel arbeitet, um die Familie über die Runden zu bringen, der Vater, der traumatisiert aus dem Krieg zurückgekommen ist und die Großmutter, die sich um die Kinder kümmert. In dieser Familie wächst Sally auf und stellt mit fünfzehn fest, dass noch etwas ungewöhnlich ist, denn die Großmutter ist schwarz. Unerschrocken von Widerständen gibt sie sich auf die Spurensuche, hinterfragt die Geschichte ihrer Familie und entdeckt ein Kapitel in der Geschichte Australiens.

In ihrem autobiographischen Roman erzählt Sally Morgan von ihrer Kindheit über Jugendalter bis zu Heirat und Familiengründung. Das ist teilweise witzig, teilweise beängstigend. Im Laufe des Romans bekommen noch andere Mitglieder ihrer Familie die Möglichkeit, ihren Teil der Geschichte zu erzählen. Und genau das macht die Geschichte leider etwas geschwätzig; da werden Lebensgeschichten erzählt, traurig und dennoch informativ. Leider springen die Erzähler hin und her und ich hatte teilweise Mühe, dem Geschehen zu folgen, auch da Namen auftauchten, die überhaupt keine weitere Rolle spielten. Auch fand ich es nicht nötig, zu erfahren, mit wem die Autorin alles Tee getrunken und Plätzchen gegessen hat. Die Geschichte der Aborigines im letzten Jahrhundert war mir nicht völlig unbekannt, und trotzdem habe ich noch einiges erfahren, das ich noch nicht wusste. Den Begriff der Gestohlenen Generation kannte ich noch nicht. Dieses Kapitel in der Geschichte Australiens ist für mich erneut sehr erschreckend.

Die Geschichte des Romans ist durchaus wichtig und auch lesenswert. Leider hat das Lektorat für mich keinen guten Job gemacht. Da hätten etwas Straffung und Ordnung geholfen, fünf Sterne zu vergeben.

Veröffentlicht am 08.07.2019

Grundsätzlich nicht schlecht

Krähenmädchen
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Wie viel Leid kann ein Mensch verkraften, ehe er selbst zum Monster wird?

In Krähenmädchen liegt der erste Band einer Trilogie vor. Heute beendet, bin ich mir noch unschlüssig, ob ich die beiden Folgebände ...

Wie viel Leid kann ein Mensch verkraften, ehe er selbst zum Monster wird?

In Krähenmädchen liegt der erste Band einer Trilogie vor. Heute beendet, bin ich mir noch unschlüssig, ob ich die beiden Folgebände lesen werde. Grundsätzlich ist der Thriller spannend geschrieben, wenn auch mit dem ein oder anderen Hänger und der ein oder anderen Logikschwäche. Die Hänger ergeben sich für mich in einigen Wiederholungen, die Logikschwächen sind im Grunde Kleinigkeiten, die das Ganze für mich aber ein bisschen unrund machen. Personaltechnisch habe ich schon Besseres, aber auch schon Schlechteres aus Stockholm kennengelernt. Die Thematik ist nicht so einfach: Missbrauch und Misshandlung von Kindern lässt wohl keinen kalt.

Mein größtes Problem besteht aber in der Frage, ob das Grundgerüst, das im ersten Teil erstellt wird, genug Substanz für eine Trilogie hat. Auch wenn sich die Autoren die allergrößte Mühe geben, möglichst viele Dinge einzubauen (vielleicht ein bisschen zu viel), glaube ich, dass sie besser beraten gewesen wären, die gesamte Handlung etwas zu straffen und sie in einem Thriller abzuhandeln. Aber ich habe oft Probleme mit mehrteiligen Geschichten; zu oft entpuppen sich weitere Teile als aufgeblähte Kopie des ersten Kapitels. Da behalte ich Krähenmädchen lieber als solide Geschichte in Erinnerung, als dass Teil 2 und 3 das Thema totreiten und so einen schlechten Schatten zurückwerfen.

Aber vielleicht greife ich doch zu den Folgebänden...aber zumindest nicht sofort!

Veröffentlicht am 01.07.2019

Kurzweilige Nicht-Spannung

Je tiefer man gräbt
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Die Gärtnerin Mags ist in ihre Heimat Cornwall zurückgekehrt. Hier macht sie sich selbständig und stolpert bei einem Rundgang durch einen Garten über die Knochen einer vor Jahren verschwundenen jungen ...

Die Gärtnerin Mags ist in ihre Heimat Cornwall zurückgekehrt. Hier macht sie sich selbständig und stolpert bei einem Rundgang durch einen Garten über die Knochen einer vor Jahren verschwundenen jungen Frau.

Was sich nicht spannend anhört, ist auch nicht sonderlich spannend. Der Krimi ist gut geschrieben, ich habe ihn wirklich gerne und recht schnell gelesen. Aber spannend war das nicht, auch nicht blutig (muss auch nicht) und Verwicklungen habe ich keine gefunden. Ein Cosy-Krimi, kein überragender, aber für mich doch grundsolide. Allerdings hätte ich mir mehr Details gewünscht, mehr Verdächtige, mehr Krimihandlung. Aufgewertet wird der Krimi durch die Hauptfigur Mags, der ich bestimmt nochmal begegnen werde, wenn ich an einem verregneten Sonntag vor Tee und Scones sitze, denn die gibt es hier reichlich. Mags ist durch und durch sympathisch, allein schon deshalb, weil sie nicht merkt, dass sie Turnschuhe zum Abendkleid trägt.

Kein besonderes Krimi-Highlight, aber solide Unterhaltung für zwischendurch.