Profilbild von Polly18

Polly18

Lesejury Profi
offline

Polly18 ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Polly18 über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 21.06.2020

Alle lieben Lost!

Schwarzer August
0

Schwarzer August ist bereits der vierte Teil der „Lost in Fuseta- Reihe“, für mich der zweite Band dieser überaus spannend geschriebenen Mischung aus Krimi und Urlaubslektüre, die mit ein wenig Romantik ...

Schwarzer August ist bereits der vierte Teil der „Lost in Fuseta- Reihe“, für mich der zweite Band dieser überaus spannend geschriebenen Mischung aus Krimi und Urlaubslektüre, die mit ein wenig Romantik gewürzt, mir perfekte Lesestunden bereitet hat.
Der deutsche „Austauschkommissar“ Leander Lost ist nun fester Bestandteil des portugiesischen Ermittlerteams, das für die Policia Judicaria an der Algarveküste ermittelt.
Ein besonders kniffliger Fall beschäftigt die Truppe um Graciana Rosada: Eine Autobombe explodiert vor einer Bank und führt die sympathischen portugiesischen Kommissare lange auf eine falsche Spur.
Gil Ribeiro ist erneut auf sehr warmherzige Art gelungen, sowohl Einblicke in die portugiesische Mentalität einerseits zu geben, und andererseits das für Außenstehende hoch komplexe Innenleben des Leander Lost ein wenig transparenter zu machen.
Viel Freude hat mir die Schilderung einer Situation im Supermarkt bereitet. Und auch selten hab ich bei einer so überaus spannend geschilderten Autoverfolgungsjagd dabei sein dürfen.
Insgesamt ein kurzweiliges Buch, das mich mit Sehnsucht auf Sommer in Portugal zurückgelassen hat. Und vielleicht gibt es im nächsten Leander-Lost-Buch auch endlich einen Rezeptteil, denn Appetit bekommt man beim Lesen auch...

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 07.02.2020

Traurig, klug und lustig zugleich

Marianengraben
0

Man merkt es ihrem Roman "Marianengraben" an: Die Bloggerin und Autorin Melanie Schreiber arbeitet als ehrenamtliche Sterbebegleiterin und hat dem Thema Sterben und Trauer nun ein Buch gewidmet, das zugleich ...

Man merkt es ihrem Roman "Marianengraben" an: Die Bloggerin und Autorin Melanie Schreiber arbeitet als ehrenamtliche Sterbebegleiterin und hat dem Thema Sterben und Trauer nun ein Buch gewidmet, das zugleich traurig und froh macht.

Die Biologin Paula steht kurz vor der Fertigstellung ihrer Promotion, aber eine tiefe Depression hat ihrem Leben den Schwung genommen. Seit zwei Jahren versucht Paula den tragischen Tod ihres viele Jahre jüngeren Bruders zu verarbeiten, oder besser gesagt ihren vermeintlichen Anteil an dem Unglück zu büßen. Paula und ihr Bruder Tim waren einander so nah wie niemandem sonst. Ihre Verbindung war so intensiv wie der Marianengraben tief ist. So weit unten fühlt sich Paula, als sie dem Rentner Helmut begegnet. Auch Helmut hat eine Herausforderung mit dem Tod zu meistern. Er möchte die Asche seiner verstorbenen Frau in die Heimat überführen, wobei ihm Paula nach anfänglichen zwischenmenschlichen "Ruckeleien" eine gute Reisebegleiterin wird.

Marianengraben ist ein kleines, feines Buch mit vielen traurigen Momenten und großartigen Gedanken ("Wollen Sie sterben... oder wollen Sie gerade einfach nicht leben?"). Die tieftraurige Paula und der mürrische Helmut kommen einander auf ihrer abenteuerlich anmutenden Reise mit jedem Kilometer näher und am Ende, so viel darf verraten werden, taucht Paula aus der Tiefe des Trauermeeres auf und beginnt wieder zu atmen.

Melanie Schreiber hat ein wunderbar kluges Buch geschrieben, dass meine ungeteilte Leseempfehlung bekommt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 04.01.2020

Spannend, befremdlich, genial!

1794
0

Er kann's nicht lassen: Der vom Krieg gebeutelte Häscher Jean Michael Cardell wird mit einem neuen Fall konfrontiert. Die Mutter eines in der Hochzeitsnacht getöteten jungen Mädchens bittet den Stockholmer ...

Er kann's nicht lassen: Der vom Krieg gebeutelte Häscher Jean Michael Cardell wird mit einem neuen Fall konfrontiert. Die Mutter eines in der Hochzeitsnacht getöteten jungen Mädchens bittet den Stockholmer Stadtknecht um Unterstützung, denn sie glaubt nicht daran, dass ihr Schwiegersohn der Mörder ihrer Tochter ist. Dieser fristet nun seine Tage im Stockholmer Tollhaus. Mikkels ermittlerischer Eifer ist schnell geweckt, nur fehlt ihm sein Mitstreiter Cecil Winge, der 1793 den Tod fand. Wie es der Zufall will, trifft Cardell auf den jüngeren Bruder Cecils, der in Stockholm auf den Spuren des toten Bruders wandelt. Gemeinsam nehmen sie die Herausforderung an und ermittlen in Stockholms düsterstem Milieu.
Niklas Natt och Dag hat mit 1794 einen würdigen zweiten Teil zu 1793 geliefert. Wieder hat er es geschafft, mich in an die Abgründe des menschlichen Daseins zu führen. Wohldurchdacht schickt er seinem Kriminalfall eine Geschichte voran, an der man außer den Beschreibungen des brutalen Sklavenhandels der damaligen Zeit, ersteinmal nichts Ungewöhnliches finden kann. Doch wer schon 1793 gelesen hat, weiß, dass der Autor nichts ohne Hintergedanken schreibt. Und so entfaltet sich das Grauen sehr langsam. Es vereinnahmt den Leser sozusagen Zeile um Zeile und bricht sich dann im zweiten Teil des Buches auf unfassbare grausame Weise Bahn.
Niklas Natt och Dag ist es wie schon in 1793 gelungen, ein unaussprechlich düsteres, grausames Bild Stockholms und der damaligen Verhältnisse zu zeichnen. Trotz aller Scheußlichkeiten hat mich das 560 Seiten starke Werk bis zum Letzten gefesselt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 03.09.2019

Was von Jelena bleibt

Die Leben der Elena Silber
0

Alexander Osang blickt in seinem 600 Seiten umfassenden Roman "Die Leben der Elena Silber" auf ein Jahrhundert deutscher und russischer Geschichte zurück. Im Mittelpunkt steht die Russin Jelena Krasnow. ...

Alexander Osang blickt in seinem 600 Seiten umfassenden Roman "Die Leben der Elena Silber" auf ein Jahrhundert deutscher und russischer Geschichte zurück. Im Mittelpunkt steht die Russin Jelena Krasnow. Sie ist der Dreh- und Angelpunkt für ihren Enkel Konstantin Stein, der die Geschichte und Geschichten seiner Familie in seinen eigenen Lebenskontext bringen möchte.
Alles bginnt mit dem Tod von Jelenas Vater, dem Revolutionär Viktor Krasnow. Als dieser 1905 von Zaristen getötet wurde, beginnt Elenas Flucht aus ihrer Heimatstadt Gorbatow an der Oka. Viele Stationen wird Jelena passieren in ihrem Leben, bevor sie am Ende in Berlin leben wird. Eine Heimat allerdings wird sie nie wieder finden. Sie heiratet in den zwanziger Jahren den deutschen Ingenieur Robert Silber. Dieser ist allerdings sehr oft abwesend, so dass sie die vier Töchter alleine groß zieht. In den Wirren um das Ende des Zweiten Weltkrieges verschwindet Robert für immer. Das Rätsel um seinen Verbleib wird für Jelena immer bestehen bleiben. Im Laufe ihres Lebens wird Jelena von Elena zu Lena, um dann als Baba zu sterben. Ihre Leben hat sie dann gelebt, in ihren Töchtern und Enkelkindern aber lebt ein Teil der russischen Geschichte weiter. Diese versucht die zweite Haupfigur in "Die Leben der Elena Silber", ihr Enkel Konstantin zu entwirren, um Klarheit über sein Leben zu gewinnen.
Konstantins und Elenas Geschichten finden auf unterschiedlichen zeitlichen Ebenen statt. Sie bewegen sich quasi aufeinander zu, bis Kostja am Ursprung seiner und Elenas Geschichte angekommen ist.
Immer wenn ich beim Lesen dachte, dass es mir wohl bald zu langatmig werden würde, hat Alexander Osang wieder für Überraschendes gesorgt. Am Besten hat mir Konstantin gefallen, der nicht selten in humorvoller Weise sein Leben mit seinen Eltern, Tanten, Cousins und Cousinen schildert. Wer große Familiengeschichten mag, wird in diesem Herbst nicht um "Die Leben der Elena Silber" drumherumkommen.

Veröffentlicht am 07.04.2019

"Und eine gute Story krümmt die Wirklichkeit, hier ein bisserl, da ein bisserl..."

Tante Poldi und die Schwarze Madonna
0

Da sitzen Sie wieder wie ein gewisser Käpt'n Blaubär mit den Bärchen-Neffen und plaudern: Die Meisterin der subtilen Überzeugung Isolde Oberreiter, besser bekannt als Tante Poldi, und "der Neffe, der mal ...

Da sitzen Sie wieder wie ein gewisser Käpt'n Blaubär mit den Bärchen-Neffen und plaudern: Die Meisterin der subtilen Überzeugung Isolde Oberreiter, besser bekannt als Tante Poldi, und "der Neffe, der mal wieder kurzfristig anreisen musste. Im kleinen Torre Archirafi auf Sizilien, in dem die Poldi sich eigentlich gepflegt zu Tode saufen wollte, gibt es wieder (mittlerweile ist es der vierte Fall ) einen Fall für die Hobbydetektivin zu lösen, der es diesmal in sich hat. In Tante Poldi und die Schwarze Madonna bekommt Donna Poldina es mit mächtigen Gegnern zu tun und die Spuren führen sogar bis in höchste kirchliche Kreise. Schlimmer noch ist die Tatsache, dass die Bewohner von Torre sich von ihr abwenden und sie mit Morddrohungen schikaniert wird. Und nicht zuletzt ist da auch noch der Tod, der der Poldi strikte Vorgaben macht, damit sie ihren nahenden 61. Geburtstag erleben darf.
Der Neffe wird aus dem fernen Frankreich angefordert, wobei sich im Laufe der Geschichte herausstellt, dass die Poldi damit nichts zu tun. Es nährt sich der Verdacht, dass die Poldi eine Doppelgängerin hat, die in ihrem Namen Unfug treibt.
Zusammen mit dem Mann ihres Herzens, Commissario Montana, verfolgt die Poldi die Spuren der verschwundenen schwarzen Madonna. Bei der Jagd schert sie sich mal wieder weder um Tod noch Teufel. Das macht ja auch die Poldi aus: Ihr wahnsinniger Mut und ihre innere Unabhängigkeit. Und nebenbei lernt der Neffe, der auf Sizilien seine Liebeskummerwunden leckt, so richtig viel fürs Leben. Denn Poldis Lebensweisheiten sind Gold wert.
Poldi und der Neffe sind mittlerweile ein gutes Team. Der Neffe ergibt sich auch hier seiner ihm zugewiesenen Rolle des Zuhörers und "Handlangers". Allerdings habe ich bei dieser Geschichte das Gefühl, dass beide sich weiterentwickelt haben: Poldi glänzt mit ihren Weisheiten, ist aber auch überlegter/reflektierter geworden. Und der Neffe kommt zwar nach wie vor als sympathischer Loser-Typ rüber, ist aber auch nach eigenen Worten "ein Zen-Meister der absoluten Leere." Und das kann ja immerhin nicht jeder von sich behaupten.
Der vierte Tante-Poldi-Krimi von Mario Giordano war für mich mal wieder ein riesiger Lesegenuss. Der grandiose Humor, die ausufernde Fantasie, die Prominenz des aufgebotenen Personals ( u. a. der aktuelle Papst, Gianna Nanini, der Tod und Steve Jobs ) und nicht zuletzt die kriminalistischen Verwicklungen haben mich die knapp 500 Seiten des Buches verschlingen lassen. An Poldi scheiden sich zwar immer wieder die Geister, ich aber bleibe ihr treu und freue mich schon auf ihr fünftes Abenteuer.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Schreibstil
  • Humor
  • Lesespaß
  • Charaktere