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Veröffentlicht am 07.09.2019

Spannende Flucht vor den Nazis von Norwegen nach Schweden

Über die Grenze
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„Mutig sein bedeutet, Dinge zu tun, vor denen man große Angst hat“ (S.101).

Maja Lunde – bekannt durch „Die Geschichte der Bienen“ und „Die Geschichte des Wassers“ - ist mit diesem Roman für Kinder (ab ...

„Mutig sein bedeutet, Dinge zu tun, vor denen man große Angst hat“ (S.101).

Maja Lunde – bekannt durch „Die Geschichte der Bienen“ und „Die Geschichte des Wassers“ - ist mit diesem Roman für Kinder (ab ca. 9 Jahren) ein außergewöhnlich toller, spannender, zeitgeschichtlicher Roman gelungen, der in einer kindgerechten und lebendigen Sprache das heikle und ernste Thema „Judenverfolgung zur Zeit des 2. Weltkrieges“ näherbringt.

Norwegen 1942 zur Zeit der deutschen Besatzung: Gerda (10 Jahre) und ihr Bruder (12 Jahre) sind zwei 'normale' Geschwister, die miteinander spielen und miteinander streiten. Nur die Zeit, in der sie gerade ihre Kindheit verbringen, ist 'nicht normal'. Es ist Ausnahmezustand. Es herrscht Krieg in Europa. Ihre Eltern verstecken das jüdische Geschwisterpaar Sarah (ca. 6 Jahre) und Daniel (ca. 10 Jahre) im Keller. Da jedoch das Versteck nicht sicher ist, beschließt Gerda spontan – vom Mut der „Drei Musketiere“ fasziniert – den beiden Kindern mit Hilfe ihres Bruders Otto bei der Flucht ins neutrale Schweden zu helfen. Es beginnt eine äußerst spannende, gefährliche und mit Hindernissen versehene Flucht zu Fuß, mit dem Zug und mit dem Auto. Hunger und Kälte aber auch Erschöpfung zehren an ihren Kräften. Es ist ein 'Katz und Maus Spiel', denn die Nazis sind ihnen auf der Spur. Auf der Flucht sind sie in erster Linie auf sich selbst gestellt. Und da immer unvorhergesehene Ereignisse ihren Plan kreuzen, bleibt es einfach nur spannend und gefährlich. Sie müssen – was immer auch passiert – zusammenhalten.

Dieses Buch ist meines Erachtens ein wahres Juwel in Sachen 'Geschichte veranschaulichen', da Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen authentisch zeigt, wie schwierig es in der Zeit des 2. Weltkrieges war, sein Leben nach seiner Façon zu führen. Man lebte ständig mit der Frage, wem kann ich (ver)trauen und wem nicht. Dennoch zeigt es ebenso, und das auf einer besonders eindringlichen Art und Weise, wie wichtig Hilfsbereitschaft, Mut, Risikobereitschaft und Selbstvertrauen sind.
Die Haupt-Protagonisten sind mit ihren unterschiedlichen Charakteren absolut authentisch und sympathisch dargestellt. Es ist ein Leichtes, sich mit ihnen zu identifizieren. Da die Erlebnisse, Gedanken und Gefühle aus der Sicht der 10-jährigen Gerda erzählt werden, bekommt das Geschehen eine besondere zusätzliche subjektive Note.
Das Buch ist in mehrere Kapitel mit prägnanten Überschriften eingeteilt, so dass sinnvolle Lesepausen gemacht werden können. Jedes Ende des Kapitel macht dabei extrem neugierig auf das nächste. Es ist durchweg spannend und ergreifend. Kleine, passende Schwarz-Weiß-Illustrationen lockern den Textfluss auf.
Ich denke, dass sich dieses Buch sich auch hervorragend als Schullektüre eignet, um gemeinsam dieses Thema zu erarbeiten und zu verarbeiten.

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Veröffentlicht am 06.09.2019

Glück ist – wenn man das Buch in seinen Händen hat

Der Pinguin sucht das Glück
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Wer den 'Kleinen Prinzen' mag und gerne mit nach 'Panama' unterwegs war, der wird dieses Buch in sein Herz schließen!
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Der kleine Pinguin lebt auf einer kleinen, pflanzen- und tierreichen Insel ...

Wer den 'Kleinen Prinzen' mag und gerne mit nach 'Panama' unterwegs war, der wird dieses Buch in sein Herz schließen!
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Der kleine Pinguin lebt auf einer kleinen, pflanzen- und tierreichen Insel und führt ein bescheidenes Leben ohne Leistungs- und Termindruck. Er ist glücklich und hat viele verschiedene Tiere zum Freund. Doch als er älter wird, soll er sich in das Leben der erwachsenen Pinguine einfügen. Nun nimmt ihn ein erfahrener, alter Pinguin unter seine Fittiche. Dieser möchte dem kleinen Pinguin weismachen, dass Erfolg, Geld, Vermögen der Weg zum Glück sind. Er zeigt ihm, wie man sich zu verhalten hat, was man anziehen soll, was man sagen soll. Der kleine Pinguin kommt mit diesen Zwängen nicht zurecht und möchte seinem „Lehrvater“ auch seine Welt zeigen, in der die immateriellen Dinge wichtig sind.
Das Buch ist einfach herzallerliebst! Es ist so klar und einfach geschrieben, dass es auch Kinder verstehen. Die Zeichnungen sind wirklich zum Verlieben, so warm und farbenfroh; so was habe ich lange nicht mehr gesehen. Beim Lesen des Buches bin ich richtig ins Träumen und Schmachten gekommen, da klar wurde, dass wirklich schöne und wichtige Dinge einfach unbezahlbar sind. Und es wird klar, dass Glück so viele Facetten hat, da jeder Mensch (bzw. sämtliche Lebewesen) ein Individuum ist. Und als Quintessenz nimmt man mit: Das Glück des Einen ist noch lange nicht das Glück des Anderen.
Dieses Buch ist ein wahrhaftiges Highlight – voller Poesie und Philosophie auf die unbeschwert-leichte Art. Unbedingt lesen, staunen und und ins Herz schließen.

Veröffentlicht am 25.08.2019

Plötzlich Familie – Liebe und Hiebe

Als uns Einstein vom Himmel fiel
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Wenn aus Freunden auf einmal Geschwister werden, dann werden neue Spielregeln aufgestellt! Ein tolles Buch über das sich Zusammenraufen in einer Patchwork-Familie.

Nia und Luke sind schon seit der Kindergartenzeit ...

Wenn aus Freunden auf einmal Geschwister werden, dann werden neue Spielregeln aufgestellt! Ein tolles Buch über das sich Zusammenraufen in einer Patchwork-Familie.

Nia und Luke sind schon seit der Kindergartenzeit sehr gut miteinander befreundet; und Lukes Mutter und Nias Vater haben sich ineinander verliebt. So sind die beiden Kinder anfangs absolut begeistert als nach einem Wasserschaden Luke und seine Mutter bei Nia und ihrem Vater einziehen sollen. Wow, aus Freunden werden nun Geschwister. Dass es aber nicht unbedingt ein Zuckerschlecken sein wird, das will Nia nicht ganz glauben, auch wenn ihre beste Freundin Jule sie vor dem ausstehenden „Geschwisterkampf“ warnt. Und Jule hat recht! Es ist nicht einfach, sich plötzlich in der Patchwork-Familie zurechtzufinden. Nicht nur Nia und Luke müssen sich arrangieren, auch für die Eltern ist die Situation ganz neu.
Nia ist nun quasi überfordert und findet es auf einmal gar nicht mehr super und versucht mit sämtlichen Raffinessen, Luke das Leben schwer zu machen. Und Luke bietet ihr die Stirn, so dass das Familienleben einer Belastungsprobe ausgesetzt wird. Dann, als Nias Hamster durch den ständigen Hick-Hack in eine gefährliche Situation gerät, merken Nia und Luke, dass es so nicht mehr weitergehen kann!

Das Buch ist richtig genial! Es greift ein aktuelles Thema auf die lustig-nette aber auch zum Nachdenken anregende Art und Weise auf: Die Patchwork-Familie.
Der Schreibstil ist beschwingt und einfach, die Sätze relativ kurz und genau richtig für Kinder im Alter ab 8/9 Jahren. Auch ist der Umfang des Buches mit 147 Seiten ideal.
Das gezeichnete Cover ist herrlich: Ein aus dem Nichts plumpsender grinsender Hamster und Nia und Luke, die sich Rücken an Rücken skeptisch-verschmitzt über die Schulter blickend anschielen sowie Smileys, die hier in der Geschichte immer wieder eine tragende Rolle spielen.
Viele Zeichnungen lockern das Textbild auf, so dass die Seiten nicht nur durch Text vollgepresst sind.
Die Protagonisten und ihre „Probleme“ sind glaubhaft dargestellt. Aufgelockert wird das Buch vor allem durch Nias Freundin Jule, die ihre Kommentare immer in Form eines Reims von sich gibt als auch durch Nias zotteligen Hamster Einstein, der ständig stinkende Pupse von sich lässt.
Mir gefällt besonders, dass die in der Geschichte genannten Gefühle der Protagonisten mit den aus den sozialen Netzwerken bekannten Smileys, die scheinbar hinter den Personen aufsteigen, beschrieben werden.

Für mich ist dieses Buch mit der turbulenten, chaotischen Familiengeschichte ein absolut liebenswertes Schmöker-Highlight, aus dem man auch viel über Respekt und Kompromissbereitschaft lernen kann.
Anna Pfeffer – unter dem Pseudonym steckt das Autorenduo Ulrike Mayrhofer und Carmen Schmit - ist hiermit ein gelungen ein echter Hit. Unbedingt lesen und jungen Lesefreunden schenken!

Veröffentlicht am 30.07.2019

Lauf, lauf ... und die Hetzjagd durch den Wald kann beginnen

Der Blütenjäger
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+ Ein spannender Thriller, der uns immer neue Verdächtige präsentiert und die Spannung nie kippen lässt. Gänsehaut-erzeugend vorgelesen! +

Es ist mein erster Thriller von Cathrine Shephard, und es ist ...

+ Ein spannender Thriller, der uns immer neue Verdächtige präsentiert und die Spannung nie kippen lässt. Gänsehaut-erzeugend vorgelesen! +

Es ist mein erster Thriller von Cathrine Shephard, und es ist mein drittes Hörbuch, das ich überhaupt gehört habe. Aber in dieses Hörbuch ist so richtig fesselnd, ich konnte mich so richtig gut einfinden. Beate Rysopp hat eine fantastische Stimme und sie liest hervorragend. Mit ihrer richtigen Betonung und unterschiedlichen Stimmlagen schafft sie es, den verschiedenen Charakteren Leben einzuhauchen, deren Gefühlslage zu zeigen und ein Gesicht zu geben. Beim Zuhören hatte ich das Gefühl, ein Film läuft vor meinen Augen ab. Respekt!

Im Spandauer Forst wird eine eine hinterrücks erschossenen junge Frau gefunden. Geht man zunächst von einem Jagdunfall aus, wird kurz darauf klar, dass es sich um einen eiskalten, perfiden Mord handeln muss, da kurz drauf eine weitere, auf diese Weise hingerichtete junge Frau im Wald gefunden wird. Das kann kein Zufall sein, hier ist ein Serientäter am Werk. Da die Zeitabstände kurz ist, steht die Ermittlerin Laura Kern mir ihrem Team unter erheblichen Zeitdruck, da man mit weiteren Gräueltaten rechnen muss. Allen Opfern ist gleich, dass sie von hinten durch den Rücken ins Herz mit einem Jagdgewehr 'erlegt' worden sind. Neben ihnen liegt ein Ring, eine Blume (mal ein Vergissmeinnicht, mal ein Veilchen, mal eine Nelke...) und ein Foto, dass sie in ihrem hübschen Tanzkleid zeigt. Und das noch: Es werden junge Frauen als vermisst gemeldet, die in das „Beuteschema“ des „Jägers“ passen. Sind die Frauen bereits in seiner Gewalt!?
Laura durchleuchtet das soziale Umfeld der Frau und klappert die Discotheken ab, in denen sie getanzt haben und recherchiert, wo sie sonst noch unterwegs waren.
Immer wieder hat sie dringend Tatverdächtige im Visier, die sich zudem auch merkwürdig verhalten. Mal ist es der Discobesitzer, Türsteher, ein ehemaliger Freund, ein Stalker oder gar ein Tankstellenbesitzer. Beim Thriller fiebert man mit Laura Kern mit, man hat fast schon das Gefühl, mit zum Team zu gehören. Aber immer wieder kommt die Ernüchterung, man ist/war auf der falschen Fährte. Als Laura Kern eine Psychologin zur Erstellung eines Täterprofils zu Rate zieht, bekommt die Suche nach dem Täter eine neue Richtung. Man muss weit in die Vergangenheit, um das Heute zu begreifen!

Der Thriller ist in zwei Zeitebenen geschrieben. Der eine Handlungsstrang spielt in der Gegenwart, der andere blickt zwanzig Jahre zurück. Beide Zeitebenen wechseln sich regelmäßig ab, wobei die Vergangenheit kürzere, aber sehr intensive Momente widerspiegelt. Man weiß sofort, dass es einen Zusammenhang gibt, aber das Fragezeichen bleibt lange im Kopf und ist zuweilen beunruhigend, da man, wenn man sich ins zwanzig Jahre zuvor so richtig eingefunden hat, wieder in die Gegenwart, wo die harte und unter Zeitdruck stehende Ermittlungsarbeit abläuft, zurückkatapultiert wird.

Auch wenn es sich bereits um den 4. Fall der Spezialermittlerin Laura Kern handelt, hatte ich keine Probleme, in die Reihe einzusteigen. Ich denke, dass jeder Fall für sich abgeschlossen ist, so dass man jederzeit einsteigen kann oder mit einem x-beliebigen Roman beginnen kann.
Ich habe die Hörstunden genossen. Der Thriller hat mich echt gepackt. Manchmal stockte mir so richtig der Atem, Gänsehaut und Herzklopfen inklusive! Beklemmende Situationen sind grandios dargestellt. Man kann sich perfekt in die einzelnen Personen hineinversetzen, bangt, fühlt und hofft mit den Opfern mit – aber auch mit den Ermittlerin, erfolgreich zum Ziel zu kommen.
Die Idee mit den zwei Zeitebenen ist genial umgesetzt worden und hat auf jeder Ebene ein eigenes Gänsehaut-Feeling erzeugt.
Dadurch dass mit einem in der Ich-Form gesetzten Prolog begonnen wird, baut man unweigerlich eine innige Beziehung zum Opfer auf, was sich auch auf die weiteren Opfer ausweitet.
Ich gebe hier die absolute Hörempfehlung. Ich freue mich schon auf eine weitere Geschichte und bin froh, dass ich noch drei Shephard-Thriller nachholen darf.

★ ★ ★ ★ ★

Veröffentlicht am 29.07.2019

Wunderheiler, Mord und Liebe

Die geheime Mission des Kardinals
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+ Es ist kein Pageturner! Aber ein wunderbarer– eher ruhiger – Krimi, den man genießen sollte wie den nach Kardamom duftenden arabischen Mokka +

Das Cover allein ist schon sehr ansprechend, da man gleich ...

+ Es ist kein Pageturner! Aber ein wunderbarer– eher ruhiger – Krimi, den man genießen sollte wie den nach Kardamom duftenden arabischen Mokka +

Das Cover allein ist schon sehr ansprechend, da man gleich beim Anblick der kunstvollen arabischen Schriftzeichen in die orientalische Welt entführt wird. Und auch in arabischer Sprache ist der uns in Deutsch präsentierte Titel „Die geheime Mission des Kardinals“ lesen. (So sagte es mir eine arabische Bekannte.)

Syrien, November 2010, noch herrscht Frieden in dem Land, aber man merkt, dass ungute Zeiten, ein Bürgerkrieg, in das Land hereinbrechen werden. Der Norden des Landes ist bereits unter der Kontrolle der Islamisten.
Kommissar Barudi steht kurz vor der Rente und wird beauftragt, den grausamen Mord an Kardinal Angelo Cornaro aufzuklären, dessen übelst zugerichtete Leiche in einem Fass Olivenöl an die italienische Botschaft in Damaskus geliefert wurde. Da Barudi Christ ist, ist sein Chef der Meinung, dass er für diesen Fall prädestiniert sei. Da es sich hier aber um eine internationale Angelegenheit handelt, bekommt Barudi Hilfe aus Italien zugesprochen. Kommissar Mancini, der die arabische Kultur liebt und zudem perfekt Arabisch spricht, wird ihm und seinem Team zur Seite gestellt.
Gemeinsam versuchen sie herauszufinden, warum der Kardinal auf solch bestialische Art und Weise sterben musste. Auch von einem ihm zur Seite gestellten Begleiter, einem Jesuiten, fehlt jede Spur. Immer ist von einer „Geheimen Mission“, die Cornaro zu erfüllen hatte und ihm letztendlich zum Verhängnis wurde, die Rede. Während Barudi in seiner Funktion als Kriminaler unterwegs ist, recherchiert Mancini getarnt als Journalist, der angeblich für eine wichtige italienische Zeitung einen Bericht schreiben soll. Langsam kommen sie voran und erfahren, dass Cornaro in dem kleinen Bergdorf Derkas, südwestlich von Aleppo, einen muslimischen Wunderheiler, der in eine Kirche weilt, aufsuchen wollte. Er wollte sich von seiner Heilkunst zu überzeugen. Gemeinsam machen sie sich auf den Weg in dieses Bergdorf, das wie eine Insel im sonst von Islamisten beherrschten Gebiet, liegt und sein „normales“ Dasein behaupten kann. Die Reise in das von Rebellen dominierte Gebiet ist nicht ungefährlich; sie geraten sogar in Lebensgefahr, und kommen aufgrund einer glücklichen Fügung mit ihrem Leben davon und bekommen sogar noch unerwartete Unterstützung und bringen erstaunliche Erkenntnisse ans Licht.

Der Roman „Die geheime Mission des Kardinals“, der zweite Fall des Kommissars Barudi, ist in meinen Augen kein klassischer Krimi. Auch wenn der Mord an einem Kardinal der Aufhänger ist, ist es vielmehr ein Gesellschaftsroman, in dem das politische System, die Diktatur in Syrien, wo Korruption und Vetternwirtschaft an der Tagesordnung ist, kritisch beäugt wird. Auch die Macht der Geheimdienste wird deutlich. Es ist außerdem ein Buch über Glaube und Aberglaube, Vertrauen und Misstrauen, Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit, sowie Freundschaft und Liebe. Es ist fiktive Geschichte mit einem wahren politischen, soziokulturellen und religiösen Hintergrund.

Die beiden Hauptprotagonisten Barudi und Mancini habe ich gleich in mein Herz geschlossen. Es ist die perfekte Besetzung für diese warmherzige, tiefsinnige aber durchaus auch kritische Geschichte. Umso schöner ist es auch im Laufe der Geschichte mitzuerleben, dass sich aus der kriminalistischen Zusammenarbeit auch eine innige Freundschaft entwickelt. Auch seine mit unterschiedlichen Charakteren bestückten Kollegen Schukri, Ali und Nabil sind gut gezeichnet. Mir gefällt vor allem, dass Schami zeigt, dass die unterschiedliche Religionszugehörigkeit für ein gutes Miteinander eine Selbstverständlichkeit ist.
Nicht zuletzt wird noch eine Liebesgeschichte in den Roman eingewebt. Barudi, der seit längerer Zeit schon Witwer ist und immer noch seiner Frau Basma nachtrauert, öffnet sein Herz für eine neue Liebe.
Eine reizvolle Unterbrechung der Handlung sind die regelmäßigen Tagebuchaufzeichnungen vom Barudi. Hier bekommt man nicht nur Einblicke in seine Vergangenheit, hier äußert er auch unverblümt seine Ansichten zu Kollegen, seinem Chef, dem Regime und beschreibt, was ihn bewegt.

Aufgrund der genauen örtlichen Beschreibungen, hat man das Gefühl, mit Barudi und Mancini durch Damaskus und die Landschaft Syriens unterwegs zu sein. Mit kleinen Randepisoden und Anekdoten erfährt der Roman eine fast schon märchenhafte Atmosphäre.
Und wie Perlen einer Kette begegnet man immer dem arabischen Kaffee mit Kardamom, der Ruhe, Gelassenheit und Wärme vermittelt. Beim Lesen hatte ich fast schon das Gefühl, dass dieser Geruch in meiner Nase kitzelt.
Schade, dass Barudi nun in Rente geht. Denn auf einen weiteren Fall hätte ich mich sehr gefreut.

Für mich ist dieser Roman ein absolutes Sommerhighlight. Schami kann wirklich toll erzählen, ein flüssiger Schreibstil, in den man gut eintauchen kann. Man wird gefangen von einer anspruchsvollen poetischen Sprache, die sowohl mit Tiefgang hat und gleichzeitig auf hohem Niveau anzusetzen ist. Und man merkt, dass Schamis Herz nach wie vor für 'seine' Stadt Damaskus schlägt. ✭ ✭ ✭ ✭ ✭