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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 07.09.2019

Schwierig

Fünf Lieben lang
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Zum Inhalt:
Paul liebt. Und das sein Leben lang. Mit voller Inbrunst, manchmal gleichzeitig, mal Mann, mal Frau, aber nicht immer unbedingt körperlich. Diesem Aspekt seines Seins ordnet er den Rest seiner ...

Zum Inhalt:
Paul liebt. Und das sein Leben lang. Mit voller Inbrunst, manchmal gleichzeitig, mal Mann, mal Frau, aber nicht immer unbedingt körperlich. Diesem Aspekt seines Seins ordnet er den Rest seiner Aktivitäten unter, - bis auf das Tennisspielen, welches eine weitere Konstante in seinem Dasein ist.

Mein Eindruck:
Aciman hat einen wundervollen Schreibstil und so bleiben seine Leser bei der Stange, - egal wie absurd einem selbst die Art des Lebens vorkommt, welches der Autor seinem Protagonisten auf den Leib geschrieben hat. Denn egal wie hoch gebildet, kosmopolitisch, eloquent und charmant sich sämtliche Figuren darstellen, sind sie doch irgendwie nur Opfer ihrer Triebe. Aber da darüber in den Beziehungen Konsens herrscht, scheint es überhaupt nicht tragisch zu sein, der einen das Herz zu Füßen zu legen, während man kurz zuvor mit dem anderen Geschlechtsverkehr hatte. Darüber wird ausführlich mit einem oder einer dritten gesprochen, der/die entweder schon abgelegt oder noch nicht fällig war. Und alle leben weiterhin unglücklich und nicht in Freuden, weil ja irgendetwas fehlt, während man seine Familie zu Hause hat oder mit irgendjemandem liiert ist. Und so fehlen der Rezensentin irgendwann die Worte ob des Treibens, das ihr da zwischen den Buchdeckeln serviert wird und sie fragt sich, ob sie einem wirklichen Poeten lauscht oder nur einem lüsternen, alten Mann, der unter einem furchtbaren „Was wäre gewesen, wenn?“ leidet und dessen Ehefrau man ganz bestimmt nicht sein möchte.
Denn bei aller Schönheit, die den Beschreibungen der Orte und vor allen der Gedanken innewohnt, bleibt zum Schluss nur eine hohle Nuss übrig, die jeder Grundlage einer akzeptablen Gemengelage von Persönlichkeiten und Beziehungen entbehrt.


Mein Fazit:
Ein Geschenk aus dem Ein-Euro-Shop, in einer perfekt geschnürten und wunderbar verzierten Verpackung

Veröffentlicht am 15.06.2019

Kein Glanzlicht der Serie

Hamish Macbeth ist reif für die Insel
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Zum Inhalt:
Hamish ist krank und fühlt sich schlecht und ungeliebt. Da kommt ihm das Angebot einer Bekannten seiner Freundin Priscilla sehr recht: Jane führt ein Wellness-Hotel auf einer schottischen Insel ...

Zum Inhalt:
Hamish ist krank und fühlt sich schlecht und ungeliebt. Da kommt ihm das Angebot einer Bekannten seiner Freundin Priscilla sehr recht: Jane führt ein Wellness-Hotel auf einer schottischen Insel und fürchtet einen Mordanschlag. Und so reist Hamish nach Eileencraig und sieht sich einer Schar seltsamer Hotelgäste und noch seltsamerer Einheimischer gegenüber. Doch dann geschieht tatsächlich ein Mord - wenn auch nicht an Jane – und Hamish kann endlich wieder das tun, was er am besten kann: Ermitteln.

Mein Eindruck:
Cosy Crime hat Saison und um die Leser zufrieden zu stellen, werden Bücher (neu) verlegt, die schon im letzten Jahrhundert (hier 1992) im Original auf den Markt kamen. Aber Morde sind Morde und die Probleme im zwischenmenschlichen Bereich haben sich nicht großartig geändert. Einzig über den Umgang mit Technik lässt sich trefflich schmunzeln.
Das ist leider in diesem sechsten Buch zum schottischen Constable – sieht man von dem berüchtigten Männerschnupfen ab, der Hamish ereilt – das Einzige, was zum Lächeln bringt. Denn im Gegensatz zu den Vorgängerbänden sind die Charaktere nicht kauzig und amüsant entwickelt, sondern agieren – und das fast ausschließlich - höchst unangenehm. Schlimm dabei ist, dass dieses Agieren (insbesondere die plötzlich auftretende Feindseligkeit der Einheimischen) keinerlei Erklärung findet. Liebgewordene Figuren aus den Vorgängern haben nur kurze Gastauftritte, in denen sie einmal über die Bühne huschen dürfen und dabei gnadenlos knallchargieren (wie zum Beispiel Hamishs sonst kongenialer Widerpart Sergeant Blair). Das Allerschlimmste ist jedoch: Fall und Täter fallen zusammenhanglos vom Himmel und die Auflösung ist dermaßen hanebüchen, dass man überlegt, ob man in einem Zeitparadoxon gefangen war und irgendeinen Teil des Buches überlesen hat. Gut, 200 Seiten sind nicht gerade viel, aber so lieblos abgespult, so wenig Charaktertiefe und so wenig Humor war noch nie in den schottischen Highlands.

Mein Fazit:
Bitte Frau Beaton, Sie haben bewiesen, dass Sie das besser können!

Veröffentlicht am 04.05.2019

Ich bin sprachlos!

Zehn Stunden tot (Ein Fabian-Risk-Krimi 4)
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Zum Inhalt:
Fabian Risk hat sich eigentlich eine Auszeit genommen, da seine Tochter bei seinem letzten Fall fast getötet wurde. Außerdem führt Fabian private Ermittlungen durch, weil er den Kriminaltechniker ...

Zum Inhalt:
Fabian Risk hat sich eigentlich eine Auszeit genommen, da seine Tochter bei seinem letzten Fall fast getötet wurde. Außerdem führt Fabian private Ermittlungen durch, weil er den Kriminaltechniker des Teams des Mordes an dessen Nachbarin, dessen Schwiegervater und einem Polizisten verdächtigt. Doch die Umstände zwingen ihn in den Dienst zurück: Ein kleiner Junge mit Migrationshintergrund, eine schöne Controllerin mit seltsamer Tätowierung im Intimbereich und ein Fleischfachverkäufer werden ermordet, seine beiden Kolleginnen kämpfen mit massiven, privaten Problemen und die Schwedendemokraten rüsten nicht nur verbal auf. Das führt ihn bald zu der Frage: Sind die Vorfälle miteinander verbunden und falls ja – was ist der rote Faden?

Mein Eindruck:
Selten war ich so sprachlos nach einem Hörbuch mit 600 Minuten Lesezeit. Großartig gesprochen, sehr spannend durch viele Perspektivwechsel und dann kommt man zum Ende und nichts ist geklärt, rein gar nichts. Die Geschichte beinhaltet viele Rückblenden auf vergangene Bücher, die einige Fragezeichen ins Gesicht zaubern. Mit ein wenig Fantasie lassen sich jedoch die entstehenden Lücken im Wissen notdürftig schließen. Aber dann findet das Buch an sich nicht ein einziges, wirklich befriedigendes Ende. Sämtliche „Alt-Fälle“ werden in den nächsten Band transferiert und die neu begonnenen haben keinerlei Abschluss, bei einigen fragt man sich nach einem Motiv, bei allen, ob es einen Zusammenhang gibt. Dabei hat man zu keinem Zeitpunkt das Gefühl, dass sich Anhem verzettelt hat – er versucht sich nur an einem großen Ganzen, was vielleicht bei einem Epos wie Game of Thrones verzeihlich, bei einem Krimi jedoch absolut enttäuschend ist. Außerdem stört, dass er die politische Korrektheit im Umgang mit den Schwedendemokraten so auf die Spitze treibt, dass es schon wieder kontraproduktiv ist: Jeder ist ein Vollblut-Nazi, die Brandanschläge auf die eigenen Leute sind inszeniert, der Mord an dem Jungen wird bejubelt, Andersdenkende beschimpft, eingeschüchtert und verfolgt. Es ist schade, dass Anhem nicht auf die Idee kommt, diese Partei etwas subtiler zu entlarven, denn so ist es so übertrieben, dass es eher wie eine lächerliche, nicht ernst zu nehmende Karikatur als eine echte Beschreibung der Zustände wirkt. Aber das Schlimmste ist und bleibt, dass der Autor sehr viele richtig böse Figuren relativ straffrei agieren und bei vielen Taten sogar die Identität des Mörders im Dunkeln lässt. Und noch etwas fällt auf, was im gleichberechtigten Schweden seltsam anmutet: Während fast alle Frauen Opfer und/oder zu schwach sind, sich zu wehren, dem Alkohol und anderen Verführern zu widerstehen, sind die Täter auf allen Ebenen männlich, Mörder, Vergewaltiger, korrupt, Spanner, häusliche Gewalttäter, pädophil, schizophren und politisch verblendet – das volle Programm. Und ihre Strafe bekommen sie erst im nächsten Buch… oder übernächsten…. oder gar nicht.

Mein Fazit:
Ein einziger großer Cliffhanger, - trotz aller Spannung eine Frechheit

Veröffentlicht am 22.04.2019

Zu lang und zu distanziert

SCHWEIGEPFLICHT
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Zum Inhalt:
Emelie ist eine junge, aufstrebende Anwältin für Wirtschaftrecht, ihre Karriere scheint in geordneten Bahnen zu verlaufen. Doch dann wird sie als Verteidigerin eines jungen Mannes aufgerufen, ...

Zum Inhalt:
Emelie ist eine junge, aufstrebende Anwältin für Wirtschaftrecht, ihre Karriere scheint in geordneten Bahnen zu verlaufen. Doch dann wird sie als Verteidigerin eines jungen Mannes aufgerufen, der des Mordes verdächtigt wird. Gegen den Widerstand ihrer Chefs übt sie das Mandat aus und bittet Teddy um Hilfe. Einen Ex-Kriminellen, der für die Kanzlei arbeitet und auf wundersame Weise mit dem Tatverdächtigen verbunden ist: Er hat vor Jahren dessen Vater Mats entführt. Mats beging Selbstmord und Teddy fühlt, dass er dessen Sohn etwas schuldig ist.

Mein Eindruck:
Über 600 Seiten bedeuten für den Leser, dass er viel zu verdauen hat: Viele Charaktere, viele Verbrechen unterschiedlichster Couleur, viele Verwicklungen, viel Schmerz, viele Tote…
Aber bei aller Fülle fehlt etwas: Der rote Faden, der alles miteinander verbindet. Zwar gibt es zum Schluss eine Art von Auflösung, diese ist jedoch nicht einmal ansatzweise komplett und beglückt mit einem offenen Ende, das eher wütend und sprachlos als zufrieden zurücklässt. Natürlich informiert sich dann der vormals geneigte Leser und stellt fest, dass er den ersten Band einer Trilogie gelesen hat. Und das erklärt dann so einige Schwachstellen des Werkes: Die Charaktere sind wenig beschrieben, wenn auch tiefgründig gewollt. Die Aufklärung fällt verhalten bis gar nicht aus, die schiere Anzahl von Informationen (immer neue Figuren mit Namen und zum Teil zusätzlich Spitznamen) überfordert und möglicherweise wäre es besser gewesen, Lapidus hätte sich auf ein Feld beschränkt. Aber so gibt es illegale Waffen, Drogen, Überfälle, Jugo-Mafia, Wirtschaftskriminalität, Spielsucht, Kinderpornos, große Unbekannte, korrupte Polizisten und einen Leser, der kapituliert.
Denn was zu viel ist, beginnt zu langweilen. Der Autor wirft Bröckchen, wendet sich wieder einem anderen Teil zu, viele Figuren werden eingeführt um dann nicht mehr erwähnt zu werden (vielleicht ja in Teil 2?). Und wenn man dann endlich auf Seite 637 angelangt ist, ist man sprachlos vor Wut, denn eigentlich ist nichts wirklich zu Ende. So ein Thriller – Trilogie hin oder her – kann mir gestohlen bleiben. Egal, wie viele Preise dafür vergeben wurden. Dass James Ellroy ihn positiv bespricht, hätte dabei Warnung sein müssen – ist er doch selber gerne (zu) weitschweifig.

Mein Fazit:
Bewundernswert, wer da aufmerksam bei der Stange bleibt. Mir blieb diese Kunst verwehrt.

Veröffentlicht am 06.03.2019

Kein "Kiss me Kate"

Mord braucht keine Bühne
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Zum Inhalt:
Kate Shakleton erhält den Auftrag eines überfallenen Pfandleihers, entweder die Beute wiederzubeschaffen oder seine Kunden von dem Verlust zu informieren. Sie verbindet das Nützliche mit dem ...

Zum Inhalt:
Kate Shakleton erhält den Auftrag eines überfallenen Pfandleihers, entweder die Beute wiederzubeschaffen oder seine Kunden von dem Verlust zu informieren. Sie verbindet das Nützliche mit dem Angenehmen und besucht eine Kundin in der Nähe ihrer Bekannten Meriel, einer Theaterregisseurin, die mit ihrer Interpretation eines Stückes groß heraus kommen möchte. Und es kommt, wie es in einem Krimi kommen muss: Beim Verlassen des Theaters findet Kate eine Leiche und damit Fall Nummer 2…

Mein Eindruck:
… und wenig später auch noch Fall Nummer 3. Klingt verzwickt, - ist es aber nicht. Denn durch viele Zufälle und noch mehr unglaubwürdige Begebenheiten verbindet die Autorin Frances Brody all die Vorgänge, die sich in Harrogate ereignen. Dafür geht sie teilweise in die Zeit der Burenkriege zurück, die sie wirklich anschaulich zu gestalten weiß.
Aber was haben die Burenkriege mit dem Theater zu tun? So gut wie nichts, - wie auch der überwiegende Rest der Geschichte. Zwar sind sämtliche Laiendarsteller und die Regisseurin irgendwie in mindestens eine kriminelle Handlung verwickelt, ein Flair von Bühnenduft kommt aber nicht auf. Dafür lernt man ziemlich viele sehr unangenehme Menschen und eine selbstgerechte Detektivin kennen, die mehr durch Glück und Zufall als durch Ermittlungsarbeit zum Erfolg kommt.
Wer sich von Klappentext und Cover ein Cosy Crime mit Herz und Humor im Theatermilieu erwartet, wird also eher enttäuscht. Der verzweifelte Versuch Brodys, auf den Zug des „Sex sells“ aufzuspringen, gipfelt in einer für die Zeit und die Charakterzeichnung der Hauptfigur fast schon absurd überstürzt anmutende Bettgeschichte. Ein Kuss für Kate hätte dort gereicht und besser gepasst. Der Gipfel ist jedoch das überstürzte Ende, in das die Autorin noch einen doppelten Twist mit Tremolo und Tusch gepackt hat – Boulevard-Theater in Reinkultur.

Was bleibt, ist ein schaler Beigeschmack und – immerhin – eine interessante Betrachtung Londons kurz nach dem 1. Weltkrieg und des Krieges in Südafrika.

Mein Fazit:
Fragwürdige Moral und zu unsympathisch, - schade!

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