Das "Mazur'sche" Schweigen...
Luzies ErbeAuf das Buch wurde ich vor allem durch das Cover aufmerksam, was noch nicht viel von dem traurigen Inhalt verrät, aber absolut lesenswert ist. Ich habe es in einem „Guss“ verschlungen.
Die junge Luzie ...
Auf das Buch wurde ich vor allem durch das Cover aufmerksam, was noch nicht viel von dem traurigen Inhalt verrät, aber absolut lesenswert ist. Ich habe es in einem „Guss“ verschlungen.
Die junge Luzie und der polnische Fremdarbeiter Jurek, verlieben sich während des zweiten Weltkrieges ineinander, was für Unmut im Dorf sorgt. Eine Liebe, die nicht sein darf, aber letztendlich von einem Kind, Thea, gekrönt wird. Was bisher fast noch geduldet wurde, wird nun zu einem richtigen Problem – Luzie muss von der Bildfläche verschwinden.
Liebe ist auch ohne den Krieg im Hintergrund nicht immer einfach. Ich bewundere Luzies Mut, zu Jurek und dem Kind zu stehen, obwohl sie sich der Folgen bewusst sein dürfte. Vielleicht ist es etwas jugendliche Naivität oder die rosarote Brille die sie so handeln lässt. Die Konsequenzen davon muss sie ertragen.
Recht schnell wird klar, dass sie allein mit dem Kind, was verborgen gehalten werden muss (es also somit eigentlich gar nicht gibt) überfordert ist. Dies führt dazu, das sich Jurek sich zur Vaterschaft bekennt und sie kurzzeitig das Gefühl einer Familie leben können. Nur ist dieses Glück von kurzer Dauer….
Die Autorin Helga Bürster hat für das Buch auf die Geschichte ihrer Großeltern zurückgegriffen. Dabei ist es ihr hervorragend gelungen das Schweigens innerhalb der Familie und die damit im Zusammenhang stehenden Folgen aufzuzeigen.
Von niemanden angesprochen, aber jedem gespürt, lähmte das „Mazur’sche Schweigen“ jegliche Art der Aufarbeitung der Familiengeschichte. Und selbst die Hoffnung, nach Luzies Tod im „heiligen Koffer“ die Antworten zu finden, die Luzie ihnen zeitlebens verweigerte, zerschlägt sich.
Über allem liegen eine unendliche Traurigkeit sowie immer dieses Gefühl „nicht dazu zu gehören“. Das Trauma wurde somit quasi von Luzie auf Thea und von ihr wiederrum auf deren Tochter Johanne übertragen. Erst in der vierten Generation scheint es mit Johannes Tochter Silje zu gelingen, diesen Spalt zum Rest der Gesellschaft zu überwinden.
Das Leid, was den Personen aufgrund ihrer Herkunft und ihrem (angeblich widerrechtlichem) Verhalten zugefügt wurde ist dabei das eine – und wahrscheinlich offensichtliche. Meiner Meinung viel weniger beachtet, ist das, was es über Generationen hinweg „machte“. Mit der Thematik Kriegskinder und Kriegsenkel wird erst in letzter Zeit versucht aufzuarbeiten, welche Auswirkungen der Krieg somit über Generationen hinweg in den Familien hatte. Dieses Buch ist meines Erachtens ein sehr gelungenes Beispiel dafür.