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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 16.09.2019

Mut & Verzweiflung - ein starker Roman!

Das Versprechen des Bienenhüters
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„Ich fürchte mich vor den Augen meiner Frau. Sie sieht nicht heraus, und niemand kann durch sie hereinschauen. Sie sind wie Steine, graue Kiesel am Meeresufer. Seht sie euch an, denn ich befürchte, sie ...

„Ich fürchte mich vor den Augen meiner Frau. Sie sieht nicht heraus, und niemand kann durch sie hereinschauen. Sie sind wie Steine, graue Kiesel am Meeresufer. <...> Seht sie euch an, denn ich befürchte, sie verschwindet allmählich.“ (Auszug S. 7, Anfang)

Bedrückend und schier hoffnungslos beginnt der Roman rund um den syrischen Bienenhüter Nuri und seine Frau Afra, die im Krieg nicht nur ihren Sohn, sondern auch Freunde und ihr Zuhause verloren haben. Sie machen sich als Flüchtlinge auf den Weg und erreichen über die Türkei und Griechenland letztendlich Großbritannien, wo sie auf ihre Aufnahme als anerkannte Flüchtlinge in einer B&B-Pension warten.

Die Geschichte wird uns in zwei Ebenen erzählt: der aktuellen in England und der vergangenen in der Heimat und auf der Flucht. Diese beiden Erzählebenen werden ganz besonders verbunden: Die Kapitelüberschrift des Heimat-/Fluchtkapitels wird mit einem Wort als Überschrift eingeleitet, welches gleichzeitig das letzte Wort im England-Kapitel ist... so etwas lyrisch gekonntes habe ich bislang noch nicht gelesen. Es bringt einem einerseits beim Lesen zum Stocken, andererseits zeigt es die Verbindung von Alt und Neu – von Vergangenheit und Gegenwart.

Passend hierzu bekommen wir LeserInnen auch ein wunderschön und treffend gestaltetes Buchcover auf dem Schutzumschlag geschenkt: die Farben erinnern an Honig, die Waben an die Bienenstöcke Aleppos, die Zeichnung an das künstlerische „innere“ Auge Afras und der laufende Junge hat eine ganz besondere Bedeutung in den Träumen Nuris...

Der Roman lebt von kleinen Anektdoten wie z.B. der flügellosen Hummel, die der sensible Nuri rettet und die von einem Mitbewohner des B&Bs einen kleinen Blumengarten zum Überleben geschenkt bekommt. Verschiedene Nationen unter einem Dach halten zusammen... dazu im Gegensatz die Kriegszeit in Aleppos und besonders eindrücklich die Zeit in dem Flüchtlingslager in Griechenland, wie Hoffnung und Ausbeutung so nahe beinander liegen.

Ja, die Geschichte ist nicht einfach zu lesen; die Stimmung wirkt zumeist bedrückend, man sollte aber auch nicht die kleinen Hoffnungsschimmer beim Lesen außer Acht lassen. Gekonnt werden gute wie schlechte Zeiten ineinander verworben in einer starken Bildsprache, die der Thematik und vor allem der Lebensart Nuris und Afras angemessen ist. Hier auch ein großes Kompliment an die Übersetzerin Bettina Spangler, die diese schriftstellerische Leistung gekonnt in die deutsche Sprache übertragen hat.

Keine leichte Kost, aber ein Beispiel der Hoffnung und Sensibilität, die diesen Roman zu einem besonderen Lese-Highlight macht; gerade auch mit dem Hintergrundwissen, dass die Autorin zwei Jahre hintereinander die Sommermonate in einem Unicef-Geflüchtetenlager als Freiwillige hautnah das Leben in Athen miterlebt hat und dies wirklich eindrucksvoll in ihr Buch eingearbeitet hat – für mich mit der stärkste Teil des Romans.

Wer fernab von „Realitäts-“Journalismus einmal eine andere Seite syrischer Einwanderer lesen möchte, dem mag ich diesen Roman sehr ans Herz legen. Für mich ein Highlight im Bücher-Herbst.

Veröffentlicht am 12.09.2019

Schokolade und Zimt - die perfekte Mischung!

Schokolade aufs Brot
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Es gibt Romane, zu denen greift man aufgrund des Titels oder einen Schlüsselsworts - bei mir war dies das Wort „Schokolade“ im Buchtitel „Schokolade aufs Brot“. Und es gibt Romane, die mag man nicht mehr ...

Es gibt Romane, zu denen greift man aufgrund des Titels oder einen Schlüsselsworts - bei mir war dies das Wort „Schokolade“ im Buchtitel „Schokolade aufs Brot“. Und es gibt Romane, die mag man nicht mehr aus der Hand legen bzw. ist traurig, wenn die Geschichte zu Ende erzählt ist - und genauso erging es mir mit der Geschichte rund um die Kinderärztin Flora Sandig.

Flora Sandig ist Mutter zweier Kinder, frisch geschieden und mit Sack & Pack wieder im Elternhaus eingezogen. Sie ist behütet aufgewachsen, ihre Eltern erwarten von ihr die Übernahme der väterlichen Kinderarztpraxis und sie hat sich entgegen dieser Erwartungen eine Stelle in der nahegelegenen Klinik gesucht. Dort trifft sie (man nehme das bitte wörtlich +g+) auf einen attraktiven Kollegen und schon geht der scheinbar vorhersehbare Reigen los...

Nein, diese romantische Komödie macht es uns LeserInnen nicht so einfach! Natürlich ist der Hauptstrang vorhersehbar, aber die Geschichte lebt von kleinen und größeren Wirrungen, von einer ordentlichen Portion Humor und ganz viel Leben; es macht so viel Spaß, sich von dem lockeren Schreibstil der Autorin mitreißen zu lassen. Nicht kitschig, sondern humorvoll und manchmal auch so gut nachvollziehbar bekommen wir eine Geschichte rund um den Neuanfang und die Verarbeitung der Vergangenheit erzählt. Und bekommen Bilder in den Kopf gesetzt, die lange nachhallen...

„'Stehst du auf Zimt“' Sie fragte auf halber Höhe der Treppe, während sie Stufe für Stufe auf ihn zukam und das Pflaster auf die Schnittwunde klebte.

'Zimt?' Er sah zu ihr auf. 'Willst du mir auch davon noch eine Tüte über den Kopf schütten? Das ist Rotwein, kein Tequila.'“ (Auszug S. 199)

Schuld an dem Nachhall sind auch die wunderbaren Figuren, die den Roman tragen: sei es Floras Mutter, deren Anrufe mit „God save the Queen“ angekündigt werden oder Julians Schwester mit dem Herz auf der Zunge und noch viele mehr. Ja, ich habe mich sofort wohlgefühlt in Floras Welt und mir so manches Mal gewünscht, Julian (den attraktiven Kollegen) nicht nur „zu lesen“, sondern auch sehen zu können. Ich konnte das Jonglieren zwischen Muttersein, Pflichtbewußtsein am Arbeitsplatz und Frausein nachvollziehen und hätte Flora noch gerne länger in ihrem Leben begleitet... alles in allem ist dieser Roman daher einer der Überraschungen des Sommers, die ich aus einem Selfpublisher Verlag nicht erwartet hätte! Eine Leseempfehlung an alle, die sich gerne humorvoll unterhalten lassen möchten und das nicht nur oberflächlich – danke, Simona Pindeus, für diesen tollen Roman, dem hoffentlich noch viele folgen werden.

Veröffentlicht am 02.09.2019

Auf gehts in die Welt der Reichen & Schönen

Eine Insel zum Verlieben
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„'Hör zu, der Typ ist so was von paranoid', sagte Xan und balancierte auf seinem geliebten Skateboard, das er neben ihrem Schreibtisch geparkt hatte. 'Ich hab gehört, dass er sowohl vom Kreml als auch ...

„'Hör zu, der Typ ist so was von paranoid', sagte Xan und balancierte auf seinem geliebten Skateboard, das er neben ihrem Schreibtisch geparkt hatte. 'Ich hab gehört, dass er sowohl vom Kreml als auch vom FBI und von Lorenzo Gelardi überwacht wird.'“ (Zitat 1. Absatz, S. 124)

Oh ja, die Protagonistin Chloe hat in Karen Swans neusten Roman mit „wichtigen“ Personen der High Society in der ganzen Welt zu tun, nachdem sie ihre besten Freundin in der Agentur vertreten muss. Diese liegt seit einem schweren Unfall im Krankenhaus und seit diesem Tag ist Chloes Leben anders... ruhig war es eh nie, da sie England wegen einer enttäuschten Liebe verlassen hat, aber die neue Herausforderung bringt sie an ihre Grenzen – insbesondere der neue Kunde Joe, der seinen Immobilienwunsch jetzt, gleich und sofort erledigt wissen will...

Erneut entführt uns Karen Swan in die Welt der Reichen & Schönen und das aus der Sicht einer Dienstleistenderin – hier dem „Mädchen für alles“ Chloe. Natürlich darf auch ein persönliches Liebes-Desaster nicht fehlen ;) Und auch das Ende ist spannend und nicht unbedingt vorhersehbar erzählt.

Ich mag die Romane der Autorin sehr, denn sie sind unterhaltsam geschrieben und lassen sich leicht lesen. Sie packt ein wenig Gesellschaftskritik gekonnt in eine Geschichte, die man aus so mancher Society-Zeitschrift (ja, genau die, welche man „nur“ beim Friseur liest ;)) kennt. Sie veranlasst uns zum Wegträumen und bietet geschickte Unterhaltung für ein paar Ferientage oder ein verregnetes Wochenende. Ja, die 512 Seiten lassen sich schnell lesen, aber man sollte sie nicht überfliegen.

Wer Lust auf ein wenig Fantasie der Reichen & Schönen mag, gepaart mit ein paar kriminalistischen Aspekten, dazu eine vergangene Liebesgeschichte, die aber noch nicht zu Ende erzählt war und ganz viel Unterhaltung – dem mag ich den neusten Karen Swan-Roman ans Herz legen. Für mich eine Empfehlung mit 5 Sternen wert!

Veröffentlicht am 31.08.2019

Unterhaltsame Geschichte und kleine, gut lesbare Kapitel

Linus und Fridolin
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„Linus? Wo bist du denn? - Wie durch eine dicke Wand hörte er von weit her die Stimme seiner Mutter, die in sein Zimmer gekommen war. Jetzt war alles aus! Linus schluchzte laut auf. Am liebste wäre er ...

„Linus? Wo bist du denn? - Wie durch eine dicke Wand hörte er von weit her die Stimme seiner Mutter, die in sein Zimmer gekommen war. Jetzt war alles aus! Linus schluchzte laut auf. Am liebste wäre er jetzt ganz, ganz weit weg...“ (Auszug S. 57, 1. Absatz)


Was ist denn passiert, fragt ihr euch sicherlich. Nun, der neunjährige Linus steckt in Schwierigkeiten, denn er hat in einem Strafaufsatz der Klassenlehrerin seiner 3 b erzählt, dass er einen vierbeinigen Freund hat: den Waschbären Fridolin. Allerdings weiß seine Mama nichts von dem nächtlichen Besucher und nun hat Linus Angst, dass seine Lehrerin ihn bei einem Telefonat verraten hat.

Eine Geschichte (fast) wie aus dem Leben gegriffen, denn meine 7-Jährige Tochter konnte beim Selbstlesen Linus`Gefühle sehr gut nachvollziehen. Sie fand es spannend, was Linus mit Fridolin alles erlebt. Wir haben uns nach dem gemeinsamen Lesen über den Inhalt unterhalten: über Geheimnisse und den Unterschied zwischen Lügen oder etwas verschweigen; über das Gefühl, weglaufen zu müssen oder die Angst, wenn ein Geheimnis raus kommt... das Buch ist nicht nur für Kids im Grundschulalter interessant geschrieben, sondern bietet auch viel Lehrreiches ohne erhobenen Zeigefinger.

14 kurze Kapitel – ideal auch zum abendlichen Vorlesen für kleinere Kinder – sind mit ansprechenden s/w-Illustrationen der Autorin versehen und verstärken das Geschriebene sehr anschaulich. Das Schriftbild wird so auch aufgelockert – insgesamt ist die Aufmachung des Buches, welches eher einem Leseheft ähnelt, gut gemacht. Ich werde sicherlich weitere Exemplare zum Verschenken besorgen und nicht nur meine Tochter freut sich schon auf die Fortsetzungen rund um die Freundschaft von Linus und Fridolin. Vielleicht ist das Büchlein auch eine Idee für den Unterricht in der Grundschule oder die Schulbibliothek? Mal sehen, was unsere Klassenlehrerin von der Idee hält...

Veröffentlicht am 01.07.2019

Humorvoll, hintergründig... und cool!

Cool in 10 Tagen
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Juli, August, September... Hahaha, das ist nicht lustig, denkt sich Juli, denn den Witz über ihren Namen kennt sie schon zu Genüge. Nun ist auch noch ein Junge in der Nachbarschaft mit dem Namen August ...

Juli, August, September... Hahaha, das ist nicht lustig, denkt sich Juli, denn den Witz über ihren Namen kennt sie schon zu Genüge. Nun ist auch noch ein Junge in der Nachbarschaft mit dem Namen August eingezogen! Und ihre Mama möchte, dass sie genau diesem Jungen die Umgebung zeigt! Oh weh – das ist nicht gerade die bevorzugte Lieblingsbeschäftigung für die 10-Jährige... aber was sein muss, muss sein.

Eigentlich ist Juli ja schüchtern. Eigentlich... denn da auch August (der lieber Gus genannt werden möchte) ebenfalls schüchtern ist, muss einer das Heft in die Hand nehmen! Das mit dem Heft nehmen die beiden Teenager wortwörtlich, denn mit Hilfe einer Broschüre aus der Unternehmersberatungsfirma ihrer Mutter wollen die zwei cool werden – eben „Cool in 10 Tagen“!

Spannend und mit viel Humor erzählt die Autorin Katja Reider den Werdegang der beiden Neu-Nachbarn in den nächsten Tagen... vom Spaziergang mit Miss Elli über den Besuch in der Bäckerei bis hin zur Einweihungsparty von Gus' Eltern.

Die Sprache ist jugendlich – mit „Nebensatz-Erklärungen“. Wer einen Teenager kennt, weiß, was ich meine: „Sie arbeitet als Coach in einer großen Unternehmensberatung. Also, hat nichts mit Sofa zu tun, auch nicht nur ein bisschen! Das, an was ihr jetzt denkt, ist eine Couch.“ (S. 5/6)

Diese Sprach“windungen“ geben dem Buch einen lustigen Touch, dabei wollen die beiden bestimmt ernst genommen werden... ok, das Protagonistenpaar nehmen wir ernst, die Geschichte ist trotzdem amüsant ;) Oh weh, und ein Paar sind die beiden auch nicht... nun, bevor ich in das nächste Fettnäpfchen trete, da wende ich mich besser den Illustrationen von Anke Kuhl zu:

Ja, die sind Ku... cool! Ein bisschen erinnern sie mich an „Gregs Tagebuch“ - mit lockerer Feder gezeichnet. Farbig ist nur das Coverbild. Aber sie passen wirklich gut zum Jugendbuch und vervollständigen es.

Fazit: modern und tiefgründig schreibt Katja Reider über Mut, Freundschaft, Andersein und Toleranz – über den Alltag und die Schulcliquen, über das Elternhaus und das Gefühl des Alleingelassenwerdens... jede Menge Schnittmengen zu der Teenagergeneration von Heute; daher ist das Buch eine wirkliche Empfehlung zum Selbstlesen oder Verschenken (vielleicht als „Gutschein“- oder Geldgeschenke“-Halter). Ich freue mich schon drauf, ein weiteres Exemplar dieses Jugendbuch unseren Viertklässlern in die Bibliothek zu stellen und bin gespannt auf deren Reaktion.