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Veröffentlicht am 24.09.2019

Rose Mandevilles Schicksal

Hill House - Sturm über Mandeville Park
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1915 England. Das familieneigene Anwesen Mandeville Park geht langsam den Bach runter, deshalb soll Rose als Tochter des Hauses es richten und den Wünschen ihrer Eltern entsprechend einen wohlhabenden ...

1915 England. Das familieneigene Anwesen Mandeville Park geht langsam den Bach runter, deshalb soll Rose als Tochter des Hauses es richten und den Wünschen ihrer Eltern entsprechend einen wohlhabenden und vor allem standesgemäßen Mann heiraten, damit die Familie ihr Leben behaglich so weiterführen kann, wie sie es kennen. Dabei hat ausgerechnet Rose Vater die Familie mit seinem Hang zum Spielen ins Unglück gestürzt. Rose allerdings hat ihren eigenen Kopf und denkt gar nicht daran, sich ihren Eltern zu fügen. Lieber kämpft sie selbstsicher als Mitglied der Suffragetten dafür, dass Frauen endlich selbst über ihr Leben bestimmen können und geht dafür nach London, wo sie eine Stelle im Kriegsministerium annimmt und die Bekanntschaft des Rechtsanwalts Michael Wodehouse macht. Dumm nur, dass Michael verheiratet ist, wenn auch die Ehe am Ende scheint. Während Rose und Michael sich langsam immer näher kommen, ruft das seine Ehefrau auf den Plan, die alle Hebel in Bewegung setzt, um Rose öffentlich zu verunglimpfen. Aber auch der Krieg hinterlässt seine Spuren: Roses Bruder Spencer wird vermisst und auch ihre Freundinnen Vera und Alice haben ihre Päckchen zu tragen…
Annis Bell hat mit „Hill House-Sturm über Mandeville Park“ den zweiten Teil ihrer Hill House-Trilogie vorgelegt, der dem Vorgänger an Spannung und Unterhaltungswert in Nichts nachsteht. Die Geschichte geht da weiter, wo der erste Band endete. Der Leser sieht sich sofort wieder im historischen England an die Seite der drei Freundinnen Rose, Vera und Alice gestellt, wobei sich hier diesmal das Hauptaugenmerk auf Rose richtet. Hill House ist auch in diesem Buch wieder der Dreh- und Angelpunkt, an dem die Freundinnen zusammentreffen. Der Erzählstil ist flüssig, packend und bildhaft, so dass der Leser während der Lektüre die Szenen gleich einem Kinofilm vor dem inneren Auge vorbeiziehen sieht. Die Autorin hat mit den Suffragetten ein interessantes historisches Thema gewählt, denn diese Frauenbewegung zählt zum Ursprung für die Freiheiten, die Frauen heutzutage genießen können. Aber auch die Einblicke in die gesellschaftlichen Strukturen, der historische Hintergrund sowie die harten Kriegszeiten mit seinem Mangel an allem Lebensnotwendigen, unter denen die Bevölkerung zu leiden hatte, sind sehr schön mit der Handlung verwoben und schaffen ein intensives Bild.
Die Charaktere sind wunderbar ausgestaltet und inszeniert worden. Sie bestechen mit ihren individuellen Eigenschaften, Authentizität und Lebendigkeit. Der Leser wird zu einem unsichtbaren Schatten der Freundinnen und kann ihre Gedanken- und Gefühlswelt gut nachvollziehen. Rose hat ihren eigenen Kopf und steht für eine Frau, die selbst entscheiden will, was sie mit ihrem Leben anfangen will. Sie ist selbstbewusst und pfeift auf gesellschaftliche Konventionen. Dabei kann sie auch sich auch wie ein Backfisch verhalten, wenn er verliebt ist. Vera ist ihr eigener Herr und arbeitet als Krankenschwester an der Front. Alice ist inzwischen Mutter geworden und mit der neuen Situation noch etwas überfordert, zumal sie sich zusätzlich um ihren Liebsten sorgt. Aber auch die weiteren Protagonisten wie Lord Mandeville oder Michael sind wunderbar gezeichnet und bringen mit ihrem Auftritt einiges an Spannung in die Handlung.
Mit „Hill House-Sturm über Mandeville Park“ ist Annis Bell eine sehr gelungene Fortsetzung gelungen. Das Buch bietet alles, was das Leserherz begehrt: Liebe, Leid, Intrigen und einen tollen historischen Hintergrund. Absolute Leseempfehlung für alle, die Downton Abbey lieben!

Veröffentlicht am 24.09.2019

"Wer aufhört zu hoffen, zu träumen und große Pläne zu schmieden, hat aufgehört zu leben. (Unbekannt)

Das Winterweihnachtswunder
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im Bristoler Stadtteil Stokes Croft lebt Kate mit ihrem 7-jährigen Sohn Jack in einer winzigen Wohnung, die sie sich gerade so leisten kann, denn seit ihr Ehemann Tom im Krieg gestorben ist, fehlt es an ...

im Bristoler Stadtteil Stokes Croft lebt Kate mit ihrem 7-jährigen Sohn Jack in einer winzigen Wohnung, die sie sich gerade so leisten kann, denn seit ihr Ehemann Tom im Krieg gestorben ist, fehlt es an allen Ecken und Enden, dabei würde sie Jack so gern etwas mehr bieten. Mit dem Job im Kaufhaus Portman Brothers könnte sie sich nicht über Wasser halten, wenn sie nicht nebenbei noch in Eigenregie Schmuck herstellen würde. Nun steht wieder Weihnachten vor der Tür, und Kate möchte es für Jack zu etwas Besonderem machen. Deshalb stellt sie mit Hilfe ihrer indischen Freundin Seema einen Weihnachtskalender her und versteckt hinter jedem Türchen einen besonderen Weihnachtswunsch, den sie mit ihrem Sohn zusammen erleben möchte. Dafür lässt sie sich sogar von ihrem Chef in ein Elfenkostüm stecken und Weihnachtsbäume verkaufen. Schon letztes Jahr ist ihr beim Verkauf ein junger Mann mit seiner Schwester aufgefallen. Ob er auch diesmal einen Baum kaufen wird?
Poppy Alexander hat mit „Das Winterweihnachtswunder“ einen wunderschönen und unterhaltsamen Roman vorgelegt, der nicht nur mitten aus dem Leben gegriffen ist, sondern auch die richtige Stimmung zum Weihnachtsfest versprüht. Der Schreibstil ist flüssig-leicht und gefühlvoll, der Leser darf sich mal an der Seite von Kate, mal an der von Daniel niederlassen, deren Gefühle, Gedanken und Sorgen allzeit offen vor ihm liegen und er ihnen dabei sehr nahe kommt. Die einzelnen Kapitel zählen die Tage eines Weihnachtskalenders rückwärts bis zum Weihnachtsfest und lassen den Leser hoffen, dass sich wirklich der eine oder andere Wunsch erfüllt. Die Autorin beschreibt intensiv die Schwierigkeiten einer jungen Witwe, sich und ihren Sohn durchzubringen und ihm trotz widriger Umstände eine schöne Kindheit zu bereiten. Ebenso erlebt der Leser, wie der Tod des einzig verbliebenen Familienmitgliedes das Leben eines Mannes so sehr verändert hat, dass er sich von allen abkapselt und bei einer Krisenhotline fast seinen einzigen Lebenssinn sieht. Aber auch die Einbindung des „Apple Cafés“ mit seinen gehandicapten Angestellten stellt eine Besonderheit dar, die wunderbar in die Geschichte passt. Obwohl immer wieder neue Baustellen im Leben von Kate und Daniel auftauchen, bleiben am Ende keine offenen Enden übrig und als Leser seufzt man einfach laut auf und ist glücklich und zufrieden. Der Weihnachtsgedanke ist hier wirklich Programm und wird in der Handlung sehr schön umgesetzt.
Die Charaktere sind detailliert und sehr glaubwürdig ausgearbeitet, sie wirken wie aus dem Leben gegriffen, so dass der Leser sich von Anfang unter ihnen wohlfühlt und sie gern begleitet. Kate ist eine Frau, die nur noch für ihren Sohn lebt und sich selbst dabei fast vergessen hat. Sie ist eine liebevolle Mutter, aber auch eine nette und fleißige Frau, die einige hilfsbereite Freunde und Nachbarn um sich geschart hat. Jack ist ein normaler kleiner Junge, der seinen Vater vermisst und Schwierigkeiten in der Schule hat. Er hat in Krishna einen echten Freund und wie alle Kinder Wünsche, die erfüllt werden wollen. Seema ist eine tolle Freundin, die Kate den Rücken stärkt und ihr auch mal einen Schubs gibt. Daniel ist ein zurückhaltender Mann, der sich endlich wieder zutrauen muss, ins Leben hinauszugehen und die Dinge in Angriff zu nehmen, die ihm wichtig sind. Aber auch Pat und Helen sowie die weiteren bunt gewürfelten Protagonisten machen diese Geschichte zu einem echten Erlebnis.
„Das Winterweihnachtswunder“ ist ein wirklich wunderschön erzählter Weihnachtsroman, den man eigentlich wie einen Weihnachtskalender Kapitel für Kapitel lesen sollte. Doch die Geschichte ist so einnehmend, dass man die Geduld dafür kaum aufbringen kann. Eine sehr gefühlvolle Handlung, die den Weihnachtsgedanken wunderbar zum Leben erweckt. Absolute Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 22.09.2019

"Manchmal glaube ich, wir sind keine Familie, sondern ein biologisches Experiment." (Al Bundy)

Der Ausflug
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Früher waren Matt Cutler und Claire Petersen mal ein Ehepaar, doch nun leben sie jeweils mit neuen Partnern in einer Beziehung. Allerdings verstehen sich Matt und Claire gut und kümmern sich liebevoll ...

Früher waren Matt Cutler und Claire Petersen mal ein Ehepaar, doch nun leben sie jeweils mit neuen Partnern in einer Beziehung. Allerdings verstehen sich Matt und Claire gut und kümmern sich liebevoll um die siebenjährige Tochter Scarlett. Als Matt seiner neuen Lebensgefährtin Alex den Vorschlag unterbreitet, zusammen mit Claire, deren Partner Patrick und Scarlett die Weihnachtsfeiertage gemeinsam in dem Ferienressort „Happy Forest“ zu verbringen, bricht Alex nicht gerade in Begeisterung aus, zu schräg scheint ihr die Idee zu sein, mit der Ex und dem neuen Partner in den Urlaub zu fahren. Aber nicht nur Alex hat Vorbehalte, auch Patrick ist nicht gerade im Jubeltaumel, zumal er seine eigenen halbwüchsigen Kindern über die Feiertage nun nicht zu sehen bekommt, dabei ist das Verhältnis zu seiner Exfrau schon schwierig genug. Trotzdem machen sich alle auf die Reise und treffen in „Happy Forest“ in dem gemieteten Bungalow aufeinander. Der Ferienaufenthalt ist minutiös geplant mit Wellness, Billard, Bogenschießen und dem Besuch des Weihnachtsmannes. Doch dann kommt alles ganz anders, wobei Scarlett und ihr imaginäres lila Kaninchen Posey nicht unerheblichen Anteil daran haben…
Caroline Hulse hat mit „Der Ausflug“ einen wunderbar unterhaltsamen Roman vorgelegt, der dem Leser den Spiegel vorhält und zum Nachdenken anregt. Der Erzählstil ist flüssig und lädt den Leser ein, sich schnell mit allen Protagonisten, ihren Gedanken und Gefühlen vertraut zu machen und sie bei ihrem ungewöhnlichen Ausflug zu begleiten. Durch die unterschiedlichen Perspektivwechsel werden zum einen die Stimmungen der einzelnen Ausflugsteilnehmer sehr gut eingefangen, zum anderen erfährt der Leser so einiges über die Vergangenheit und die Sichtweise der Protagonisten auf ihre Mitreisenden. Dabei treten so einige Dinge zutage, die bereits Konfliktpotential in sich bergen, die im Verlauf der Geschichte ans Tageslicht kommen. Sehr interessant sind auch die Szenen zwischen Scarlett und ihrem imaginären Freund Posey, einem lilafarbenen Kaninchen „Made in China“, die immer wieder Zwiesprache miteinander halten und für einige Missverständnisse und extremes Verhalten sorgen, was den Erwachsenen Kopfzerbrechen bereitet. Die Autorin hat in ihrer Geschichte ebenfalls aufgezeigt, wie schwierig es heutzutage ist, wo das normale Familienbild verschwindet und sich als Ersatz dafür die einzelnen Mitglieder wie bei einem Puzzle zusammensetzen, die sogenannte Patchworkfamilie. Spannend sind auch die eingeschobenen Verhörprotokolle der Polizei, die erst nach und nach Sinn ergeben. Auch die Ausschnitte aus der Werbebroschüre des Ferienressorts sind immer sehr exakt und passend zum nachfolgenden Kapitel gesetzt.
Die Charaktere sind wunderbar ausgearbeitet und in Szene gesetzt. Sie wirken sehr lebendig, glaubwürdig und authentisch, so dass der Leser sich gut mit ihnen identifizieren und ihre Sorgen und Vorbehalte nachvollziehen kann. Scarlett ist eine etwas altkluge Siebenjährige, die ihre Gedanken hauptsächlich mit Posey teilt, laut mit ihm spricht und so den Erwachsenen oftmals ein Augenrollen entlockt, wobei sie den imaginären Freund aber keinesfalls ignorieren können und dürfen. Scarlett weiß genau, auf welche Knöpfe sie drücken muss, um ihren Willen zu bekommen. Matt ist ein lockerer Typ, der irgendwie in den Tag hinein lebt und das Leben nicht zu ernst nimmt. Alex ist eine Wissenschaftlerin, die keinerlei Erfahrung mit Kindern hat. Sie ist eher pragmatisch und trinkt seit Monaten keinen Alkohol mehr. Claire ist eine Powerfrau und lässt sich nichts vormachen. Sie steht zu ihren Entscheidungen und zieht sie auch durch. Patrick ist ein unsicherer Mann, der sich nach Anerkennung sehnt und sich nach seiner gescheiterten Ehe mit Claire endlich das große Glück erhofft. Walshey ist der nichtsnutzige Freund von Matt, der ohne seine Anwesenheit eine Krise auslöst. Aber auch Nicola und Ruby haben bemerkenswerte Auftritte in dieser Geschichte.
„Der Ausflug“ ist ein wunderbarer Roman über zwischenmenschliche Beziehungen, manchmal ironisch, manchmal ans Herz gehend, manchmal gescheitert, manchmal noch enger zusammengewachsen. Ein ereignisreiches Weihnachtsfest, das zu überraschen weiß und auch nachdenklich stimmt. Toll gemacht – absolut lesenswert!

Veröffentlicht am 13.09.2019

Vergebet Eurem Nächsten

Ganz aus Versehen verliebt
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1879 Texas. Ein Zugunglück wird für vier Waisenkinder zum Schicksal, die eigentlich die Hoffnung auf eine Pflegefamilie hatten. Die 4-jährige Evangeline verliert ihren älteren Bruder Hamilton und lernt ...

1879 Texas. Ein Zugunglück wird für vier Waisenkinder zum Schicksal, die eigentlich die Hoffnung auf eine Pflegefamilie hatten. Die 4-jährige Evangeline verliert ihren älteren Bruder Hamilton und lernt Zach und Seth kennen, die ebenfalls keine Angehörigen mehr haben. Die drei schließen sich zusammen und gründen eine Familie, die sich allerdings gegen allerlei behaupten muss, denn Evangeline fällt durch ihre unterschiedlichen Augenfarben auf, Seth leidet unter Asthma und Zach hat eine aggressive und unbelehrbare Art an sich, der sich aber verantwortungsvoll um seine Neufamilie kümmert und für den Lebensunterhalt sorgt. Nach einiger Zeit gelingt es ihm sogar, ihnen ein neues Zuhause auf einer Farm zu bieten, die er beim Glücksspiel gewonnen hat. Logan Fowler, der Sohn des ehemaligen Farmbesitzers lässt sich einige Jahre später auf dem Nachbargrundstück nieder, denn er plant, sich an Zach zu rächen, der seine Familie so ins Unglück hat stürzen lassen. Doch seine Pläne geraten schon bald ins Wanken, als er Evangeline kennenlernt…
Karen Witemeyer hat mit „Ganz aus Versehen verliebt“ einen wunderschönen historisch-angehauchten Roman vorgelegt, der nicht nur eine berührende Familiengeschichte bietet, sondern auch mit einer schönen Lovestory punkten kann. Der flüssig-leichte und fesselnde Erzählstil schleust den Leser sofort mitten in eine vergangene Zeit und in eine Geschichte hinein, die neben tragischen Schicksalsschlägen auch große Emotionen und einiges an Spannung zu bieten hat. Nicht nur die damaligen Lebensumstände werden von der Autorin wunderbar gezeichnet, sondern sie lässt auch einige Dramen im Leben ihrer Protagonisten passieren, die beim Leser das ganze Gefühlsbarometer zum Einsatz kommen lassen. Der Familienzusammenschluss unter völlig Fremden war eine erfrischende neue Idee und zeugt von Nächstenliebe, Mitgefühl und Verantwortungsbewusstsein. Gerade hier wird der christliche Aspekt deutlich, denn hier wird Glaube gelebt. Aber es geht in dieser Geschichte auch um Verzeihen, Vertrauen und Offenheit, die die Charaktere teilweise an ihre Grenzen bringt, während es anderen erstaunlich leicht wird. Zudem sind alle Protagonisten entweder äußerlich durch prägende Male gezeichnet, von einer Krankheit gehandicapt oder fallen durch ihr Auftreten auf.
Die Charaktere sind liebevoll ausstaffiert und individuell in Szene gesetzt, sie besitzen glaubwürdige Ecken und Kanten, weshalb sie dem Leser schnell ans Herz wachsen und mit ihnen fühlen lassen. Evangeline ist eine außergewöhnliche junge Frau, sie ist trotz vergangener Schicksalsschläge mit Optimismus gesegnet. Zudem weiß sie, den Gegner mit den eigenen Waffen zu schlagen, trägt das Herz auf der Zunge und besitzt Stärke. Logan ist von Rache zerfressen, er leidet noch immer unter dem Selbstmord seines Vaters. Sein Charakter entwickelt sich im Verlauf der Geschichte in positivem Sinne, denn er fängt an, die Dinge in einem anderen Licht zu sehen und andere Möglichkeiten gelten zu lassen. Auch Seth und Zach sind in ihrem Wesen starke und überzeugende Persönlichkeiten, die der Handlung zusätzlich Spannung verleihen.
„Ganz aus Versehen verliebt“ ist ein wunderbarer (Liebes-)Roman, der mit einer spannenden Handlung, glaubhaft dargestellten zwischenmenschlichen Beziehungen und gut eingebrachten Botschaften überzeugt. Sehr schönes Lesevergnügen mit verdienter Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 12.09.2019

Erika-Schwester Martha

Die Hafenschwester (1)
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1892-97 Hamburg. Das ärmliche Gängeviertel in Hamburg ist die Heimat der 14-jährigen Martha. Als ihre Mutter und Schwester Anna an der Cholera sterben und ihr Vater sich dem Alkohol zuwendet, muss sie ...

1892-97 Hamburg. Das ärmliche Gängeviertel in Hamburg ist die Heimat der 14-jährigen Martha. Als ihre Mutter und Schwester Anna an der Cholera sterben und ihr Vater sich dem Alkohol zuwendet, muss sie fortan für den Lebensunterhalt der restlichen Familie sorgen und arbeitet erst als Krankenwärterin, um dann eine Ausbildung als Erika-Krankenschwester im Eppendorfer Krankenhaus zu beginnen. Martha ist fleißig und arbeitet hart, entgegen aller Widrigkeiten, die ihren Weg kreuzen, kämpft sie sich nach oben und wird sogar zur OP-Schwester, wobei sich einige wichtige Personen für sie verwenden, die ihre Fähigkeiten erkannt haben. Marthas Freundin Milli hingegen ist der Grausamkeit des eigenen Vaters ausgesetzt und muss sich als Prostituierte verdingen. Tagaus tagein hofft Milli, ihrem Vater zu entkommen und ein neues Leben in Amerika zu beginnen. Doch bis Träume sich erfüllen, ist es ein langer Weg voller Stolperfallen…
Melanie Metzenthin hat mit „Die Hafenschwester – Als wir zu träumen wagten“ einen wunderbaren Auftakt für ihre historische Hafenschwester-Serie vorgelegt, der keine Wünsche offen lässt. Der Schreibstil ist flüssig, atmosphärisch-dicht und gefühlvoll, mit den ersten Zeilen darf der Leser ins Hamburg des 19. Jahrhunderts eintauchen und das Los der Stadt zur damaligen Zeit miterleben, während er sowohl das Schicksal von Martha und Milli mitverfolgt. Aufgrund sehr guter und akribischer Recherche gewährt die Autorin dem Leser nicht nur einen sehr guten Einblick in die Gesellschaftsstrukturen und politischen Verhältnisse, sondern lässt ihn auch die Auswüchse der Choleraepidemie erleben, den Arbeiterstreik im Hafen, den Kampf der Krankenschwestern und Ärzte um das Leben der Kranken sowie die Anfänge der Frauenrechtsbewegung. Die Autorin spielt während der Handlung mit dem gesamten Gefühlsbarometer des Lesers, denn ihre Geschichte ist voller Emotionen und ebenso bildhaft, so dass man sich mitten im Geschehen wähnt. Eine unterschwellige Spannung durchzieht die gesamte Handlung und lässt den Leser regelrecht an den Seiten kleben.
Die Charaktere sind wunderbar gezeichnet und in Szene gesetzt. Jeder von ihnen besitzt individuelle Ecken und Kanten, die sie glaubhaft und authentisch wirken lassen, was es dem Leser sehr leicht macht, sich ihnen nahe zu fühlen, mit ihnen zu hoffen und zu bangen. Martha ist eine außergewöhnliche Protagonistin, denn sie strahlt nicht nur Optimismus, Mut und Stärke aus, sondern besitzt auch Herz, Mitgefühl und einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn. Auch Hartnäckigkeit ist eine ihrer herausragenden Eigenschaften, die ihr neben Fleiß oftmals zugutekommt. Milli ist eine geschundene Seele, die sich gegen ihren grausamen Vater nicht zu wehren weiß. Sie wirkt oft verzweifelt und nur mit Marthas Hilfe erlangt sie die Kraft, sich durchzukämpfen, denn ihre Freundin lässt sie nie im Stich. Marthas Bruder Heinrich ist ein lieber Kerl, der ein besonders gutes Verhältnis zu seiner Schwester hat und immer zu ihr steht. Dr. Schlüter ist ein wichtiger Unterstützer für Martha, während Auguste ihre größte Widersacherin ist. Aber auch Susanne, Carola und Ingenieur Studt ergänzen die Handlung und machen sie rundum sehr gelungen.
„Die Hafenschwester – Als wir zu träumen wagten“ ist ein wunderbarer und gefühlvoller Roman vor historisch belegtem Hintergrund, der Fiktion und Wahrheit auf sehr schöne Weise miteinander vermischt und den Leser von der ersten Seite an zu fesseln weiß. Absolute Leseempfehlung für ein echtes Lesehighlight! Chapeau – alles richtig gemacht!