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Veröffentlicht am 31.01.2020

Meisterklasse

King of Scars
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Auf einen Protagonisten wie Nikolai Lantsov habe ich schon lange gewartet.

Bereits in der "Legenden der Grisha" - Trilogie konnte der Zarensprössling mit seiner charmanten Art mein Herz erobern. Ich mag ...

Auf einen Protagonisten wie Nikolai Lantsov habe ich schon lange gewartet.

Bereits in der "Legenden der Grisha" - Trilogie konnte der Zarensprössling mit seiner charmanten Art mein Herz erobern. Ich mag diese Kombination aus Ganove und irgendwie doch zu gut und zu herzlich zu sein, um als Bösewicht durchzugehen.

Dass er in "King of Scars" die Hauptrolle spielen darf, ist nur gerecht. An seiner Seite die kühle Zoya, der nicht gerade die Herzen ihrer Grishakolleginnen und -kollegen zufliegen, die mutig und stark wirkt, tief im Inneren aber schwer verletzt wurde. Von demjenigen, der ihnen allen Schaden zufügte, während er seine eigenen Wünsche durchsetzte: der Dunkle.

"King of Scars" schließt, obwohl im Handlungsstrang einige Zeit vergangen ist, nahtlos an "Lodernde Schwingen", den Finalband der Grisha-Trilogie an. Das Dunkle wütet in Nikolai, der versucht sein Land zu retten, der Einigkeit und Frieden möchte. Ein Wunsch, der nicht nur von seinen Feinden, sondern von seinem eigenen Ich untergraben wird.

Mit großer Begeisterung habe ich "King of Scars" gelesen, das sprachlich, handwerklich noch mehr kann, als die ebenfalls grandiosen Vorgänger der Autorin. Spitzzüngige Dialoge, ein perfekt aus den Figuren entspringender Humor und eine extrem spannende Handlung machen den Roman zu einem echten Lesegenuss.

Kurzweilig und unterhaltsam, aber nicht oberflächlich. Zwischen all der dunklen Magie, zwischen persönlichen Streitigkeiten und Liebeleien, zwischen all dem schreibt Bardugo auch über die Konflikte, mit denen Nikolai als Landesoberhaupt konfrontiert wird. Über die Schwierigkeit Frieden herzustellen ohne den Einsatz von Gewalt und der Berücksichtigung aller Hoffnungen und Wünsche von Nationen mit verschiedenen Wertvorstellungen. Sie schreibt über Gier, die größer ist, als der Respekt vor Menschenleben, darüber wie abhängig Macht und Geld machen und wie schnell wir politischen und religiösen Vorstellungen verfallen, ohne diese zu hinterfragen.

Bardugo denkt nicht schwarz-weiß und spiegelt das in ihren Figuren wieder. So ist ein lebhafter, fantasievoller, charmant humorvoller und extrem lesenswerter Roman entstanden, der sich ohne mit der Wimper zu zucken in die Riege meiner Lieblingsbücher einreiht.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 25.09.2019

Eindringlich, lesenswert

Wege, die sich kreuzen
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"Wege, die sich kreuzen" ist ein eindringlicher Roman. Vier Personen verschiedener Generationen, alle einer Familie zugehörig, werden dargestellt, spiegeln die Probleme ihrer jeweiligen Zeit, des zweiten ...

"Wege, die sich kreuzen" ist ein eindringlicher Roman. Vier Personen verschiedener Generationen, alle einer Familie zugehörig, werden dargestellt, spiegeln die Probleme ihrer jeweiligen Zeit, des zweiten Weltkriegs und seiner Folgen. Erzählt wird auf vier Ebenen, in sich überschneidenden Jahrzehnten.

Jede Handlung zieht einen Schweif an ungeahnten Folgen hinter sich her. Folgen, die sich manchmal über Generationen hinziehen, deren Last von mehreren Generationen getragen wird. Hin und wieder kommt es auch vor, dass etwas von einer Generation als Glück, von der anderen aber als schwere Bürde empfunden wird.

Maria ist Hebamme, alleinerziehend, weil sie es so wollte. Ein Kind, das war ihr Wunsch, nicht aber der Mann dazu. Sie muss sich durchboxen, kommt aber zurecht, in den Anfängen des 20. Jahrhunderts, in der ihre größten Gegner Kälte und Unwissenheit sind. Lebt nach ihren Vorstellungen, so gut wie möglich, getrieben von Wünschen und Hoffnung.

Ihre Tochter Lahja empfindet den Lebensstil der Mutter nicht als unangenehm. Zumindest nicht für die Mutter. Sie selbst möchte aber nicht so leben. Sie möchte einen Mann, der ihr unter die Arme greift, der ein guter Vater ist, der ihr zur Seite steht. Diesen Mann findet sie in Onni, der ihr all diese Wünsche erfüllt. Und doch gibt es eine tiefe Kluft zwischen ihnen. Eine Dunkelheit, die weder Lahja, noch sie beide als Paar füllen können.

Es ist diese Dunkelheit, die Lahja mehr und mehr einhüllt und mit ihr alle Beziehungsgeflechte zu kommenden Personen. Ihrer Schwiegertochter Kaarina, die ebenfalls eine der Erzählebenen einnimmt, wird nie richtig warm mit Lahja, die sich mehr und mehr in Starrsinn und negativen Gedanken verkriecht.

Onnis Erzählebene sorgt für erkennen, begreifen, verstehen. Kinnunen rundet damit, dass er ihn zuletzt zu Wort kommen lässt, das Buch perfekt ab. Hat bis dahin die Spannung hochgezogen und wirft dann den Leserinnen und Lesern die Geheimnisse von Onnis Seele vor die Füße. Die Dunkelheit, die ihn seit dem Krieg begleitet, die Schreie, das Blut, die ihn verfolgen und der Wunsch davon wegzukommen, ein Leben zu führen, das mit seinem nichts mehr zu tun hat.

Obwohl der Erzählstil während des kompletten Romans gleichbleibend klar ist, mit kurzen Sätzen, hinter denen viel steckt, gelingt es Kinnunen jeder der Personen eine eigene Sprache zu verleihen, jede Erzählebene mit einer eigenen Atmosphäre zu versehen. Mal kühl und düster, mal kraftvoll, mal verständnisvoll, mal hoffnungslos.

"Wege, die sich kreuzen" ist eine lesenswerte Annäherung an das was Krieg und Gewalt mit Menschen machen. Wie Schicksalsschläge Familien hinterlassen, wie sie Generationen beeinflussen. "Wege, die sich kreuzen" erzählt aber auch von der Kraft, die in einer Persönlichkeit steckt, und der Kraft von Wünschen, deren Erfüllung nicht immer zu einem positiven Verlauf führt, auch wenn der Gedanke dahinter noch so rein ist.

Veröffentlicht am 17.09.2019

Berührend und humorvoll

Wir von der anderen Seite
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Wir von der anderen Seite - diejenigen, die dem Tod von der Schippe gesprungen sind, aber auch diejenigen, die mit ihrer Krankheit so viel Lebenszeit verbringen, dass sie in einem eigenen kleinen Organismus ...

Wir von der anderen Seite - diejenigen, die dem Tod von der Schippe gesprungen sind, aber auch diejenigen, die mit ihrer Krankheit so viel Lebenszeit verbringen, dass sie in einem eigenen kleinen Organismus leben. So wie Anika Decker, die wie ihre Protagonistin Rahel, für einige Tage im künstlichen Koma lag. "Wir von der anderen Seite" ist kein autobiografischer Roman, aber Anika Decker weiß, was es bedeutet, wenn die andere Seite viel Raum einnimmt und das eigentliche Leben in der Warteschleife hängt.

Der Roman beginnt mit Rahels Erwachen aus dem Koma. Ihre Erinnerung an die Zeit davor ist blass und schemenhaft, ihre Eltern, die täglich an ihrem Bett saßen, über sie wachten, Rahels Lebenswillen einzäunten, damit er an ihr Haften blieb und sich nicht plötzlich davon schlich, können ihr nicht so Recht Auskunft geben. Rahel selbst kann ihren aktuellen Gesundheitszustand gar nicht so recht einordnen. Ist verblüfft, dass ihre Muskeln nicht mehr funktionieren, ihr Körper so schwach und auf technische, sowie menschliche Hilfe angewiesen ist. Nicht mal einen Löffel kann sie mehr heben. Das Koma hat all ihre Kraft aufgefressen, ihre Muskeln abgenagt, aber ihr Wille ist noch da und den versucht sie nach und nach wieder aufzubauen.

Nach wenigen Seiten des Romans habe ich einen Kloß im Hals. "So schnell kann's gehen" ist keine leere Phrase. Es kann tatsächlich so schnell gehen und von einem Moment auf den anderen steht dein Leben Kopf. Ist nicht mehr so wie es einmal war. Du bist nicht mehr der Mensch, der du einmal warst. Bist entkräftet, aber irgendwie auch gestärkt.

Anika Decker ist Drehbuchautorin und bekannt für heitere Filme wie "Keinohrhasen". Ihr Humor ist ihr zum Glück auch während ihrer Erkrankung nicht abhanden gekommen und so gibt es in "Wir von der anderen Seite" einiges zu lachen. Viel Ironie und Situationskomik. "Wir von der anderen Seite" ist aber keine Komödie. Das Buch dreht sich um ein sehr ernstes Thema. Ist tiefgründig und vermittelt einen sehr guten Einblick in den Alltag eines Menschen, der/die täglich mit einer schweren Krankheit oder mit Reha konfrontiert wird. Es macht mich nachdenklich, manchmal traurig und holt mich aus jedem Gedankentief, in das es mich stürzt, auch wieder heraus. Decker gelingt es in höchstem Maße Angst mit Humor zu begegnen.

"Wir von der anderen Seite" ist ein tolles Buch, das für Verständnis sorgt, das mich aber auch sehr berührt und toll unterhalten hat. Es ist ein Roman über die Höhen und Tiefen des Lebens, zeigt, dass wir eben jenes nicht vergeuden sollten, macht Mut und schürt Hoffnung, ohne zu ernst oder zu belehrend zu sein. Eine klare Leseempfehlung für Rahel Wald und ihren weg zurück ins Leben.

Veröffentlicht am 28.08.2019

Rebellion und Machtspielchen - absolut lesenswert

Die dreizehn Gezeichneten
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Wo fange ich an? Wo höre ich auf?

"Die 13 Gezeichneten" ist ganz anders, als erwartet. Noch besser. Komplexer, vielschichtiger, ernster, überraschender, fesselnder, aufrüttelnder.

Der Focus der Geschichte ...

Wo fange ich an? Wo höre ich auf?

"Die 13 Gezeichneten" ist ganz anders, als erwartet. Noch besser. Komplexer, vielschichtiger, ernster, überraschender, fesselnder, aufrüttelnder.

Der Focus der Geschichte liegt auf der Rebellion einer kleinen Widerstandsgruppe, die gegen die Machtübernahme ihrer Heimatstadt Sygna durch Kaiser Yulian kämpft. Daraus ergibt sich ein Netz an Gedanken, die vom Autorenpaar Vogt ganz großartig in die Geschichte eingewoben werden.

Worum es im Buch geht, steht ja schon in der Inhaltsangabe, deshalb möchte ich mich damit nicht lange aufhalten. Da wir anfangs fast allen Protagonisten mal begegnen, ist mir der Einstieg in den Roman etwas schwer gefallen. Von der ersten Seite an war ich mitten im Geschehen und musste mich erstmal orientieren wer, was, wohin. Eine Dramatis Personae wäre hilfreich gewesen, aber der eingängige Schreibstil der Autoren hat sein übriges getan und nach etwa 50 Seiten fühlte ich mich angekommen.

Handlungsort ist Sygna, eine Stadt, in der die Handwerkskunst durch Magie der Zeichen verstärkt wird. In der die Handwerke in Gilden aufgeteilt sind, die sich eine fundierte Ausbildung auf die Fahne schreiben. Auch die damit verbundene Magie der Zeichen basiert auf jahrelang erlerntem und über Generationen weitergegebenem Wissen. Durch den Einsatz der Magie steigt die Qualität. Ob Schmiede- oder Papierhandwerk oder Fechtkunst. Wie überall ruft auch hier der Erfolg Neider auf den Plan und auch die damit verbundene Macht weckt gierige Hände, die gewaltvoll danach greifen.

Kaiser Yulian nimmt Sygna ein. Zunächst unter dem ehrenvollen Hintergedanken die Magie der Zeichen für jeden zugänglich zu machen und das Kastenähnliche System der Gilden zu durchbrechen, doch dann läuft alles anders, als geplant.

Das ist ja auch irgendwie der Knackpunkt von Rebellionen und Umstürzen von Machtsystemen, egal ob wirtschaftlicher oder politischer Art. Es ist nicht so einfach aus einem diktatorischen System ein demokratisches zu bilden, weil die Umstrukturierung gut durchdacht sein muss und nicht übers Knie gebrochen werden kann. Gelangt man dann noch unerwartet zu Macht, greift diese oftmals auch noch zum ehemals vielleicht toleranten Charakter und zieht ihn auf die dunkle Seite.

Was die Rebellen in "Die 13 Gezeichneten" erreichen wollen, ist relativ klar. Der Weg dorthin weniger, denn auch sie bemerken, dass dieser nicht so gradlinig zu erreichen ist, wie sie sich das vorgestellt haben. Eine Rebellion kostet immer. Menschen, Leben, Werte. Entscheidungen gehen einher, Trennungen, Verzicht. Dinge, die nicht jeder entbehren kann. Wie einfach ist es wohl ein ehrbares Ziel zu verfolgen, wenn geliebte Menschen darunter leiden? Wie lässt sich ein ehrbares Ziel überhaupt messen? Was darf dafür auf der Strecke bleiben? Dürfen einzelne Menschen leiden / sterben, um viele Menschenleben zu retten? All diese und viele weitere Fragen, die mit dem Thema Widerstand / Rebellion / Auflehnung zu tun haben, sind mir während des Lesens über den weg gelaufen und haben mich zum Nachdenken gebracht.

Zugleich ziehe ich viele Verbindungen zum realen Leben. Sehe Kämpfe von Minderheiten, die wir in der Vergangenheit ausgetragen haben und noch heute austragen. Der Kampf für Frauenrechte, für Menschrechte, für Entscheidungsrechte, für Meinungsfreiheit. "Die 13 Gezeichneten" informiert und rüttelt auf darüber nachzudenken wie sehr wir unsere Freiheiten überhaupt noch ernst nehmen.

Verpackt ist dies alles in einen sehr spannenden Roman, der mich an manchen Stellen atemlos zurückgelassen hat. Das Autorenpaar spielt mit den Figuren, lässt sie leiden, schürt Hoffnungen, um sie kurz danach wieder zu zerstören. Es gibt Passagen, da habe ich die beiden echt gehasst, es aber geliebt wie sehr sie mich überraschen konnten.

"Die 13 Gezeichneten" ist der fesselnde Auftakt einer Trilogie, die definitiv einen Platz in meinem Regal bekommen wird.

Veröffentlicht am 12.08.2019

Das große Summen

Insekten: Das große Summen
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Der Artenreichtum der Insekten ist so riesengroß, dass wir noch nicht mal einen Bruchteil dieser kennen. Von kleinen Tieren, die hüpfen, über zauberhafte Flatterwesen, bis hin zu dicken Brummern - die ...

Der Artenreichtum der Insekten ist so riesengroß, dass wir noch nicht mal einen Bruchteil dieser kennen. Von kleinen Tieren, die hüpfen, über zauberhafte Flatterwesen, bis hin zu dicken Brummern - die Bandbreite ist unglaublich groß. Es gibt Insekten, die sich tarnen können, Insekten, die ein Lot ausmessen, um ihre Waben zu bauen, und Insekten, die das vielfache ihres eigenen Körpergewichts tragen können. Insekten werden ziemlich unterschätzt und bekommen zu wenig Aufmerksamkeit.

Natürlich passen nicht alle Insekten in ein Bilderbuch, aber Angela Diterlizzi und Brendan Wenzel haben eine beachtliche Menge an Krabblern, Fliegern und Kriechern untergebracht. In Reimform (immer sehr beliebt bei Kindern) heben sie die tollen Eigenschaften der unterschiedlichen Insekten hervor und lassen sie wie selbstverständlich in ein Umfeld einfließen, dass unser eigener Garten sein könnte.

Es gibt keine detaillierten Erklärungen zu den einzelnen Insekten, aber viele großartige Bilder, die viel Gesprächsstoff für VorleserInnen und AnschauerInnen bieten. Ich selbst kenne nun etliche Insekten mehr, als vor dem Genuss dieses Kinderfreundlichen Buches, in dem wir immer wieder etwas neues entdecken und dass meine Tochter nicht leid wird anzuschauen.