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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 17.09.2019

Die Schrebergarten-Gleichung und die „Unbekannte(n)“

Unter allen Beeten ist Ruh (Ein Pippa-Bolle-Krimi 1)
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Es gibt viele Unbekannte in diesem Roman, nicht ohne Grund heißt eine der handelnden Figuren „Herr X“. Die große Unbekannte, das ist Pippa Bolle. Sie kommt als Außenstehende und unbeschriebenes Blatt ...

Es gibt viele Unbekannte in diesem Roman, nicht ohne Grund heißt eine der handelnden Figuren „Herr X“. Die große Unbekannte, das ist Pippa Bolle. Sie kommt als Außenstehende und unbeschriebenes Blatt (diese auf ihrem Schreibtisch sind ein Grund dafür, warum sie überhaupt die Ruhe und Abgeschiedenheit sucht) in eine geschlossene Gesellschaft-die Havelinsel „Schreberweber“, die in sich bereits mehr als porös ist…

Aber der Reihe nach: Was ich jetzt so ernst formuliert habe ist eigentlich ganz witzig: Der sogenannte „Schrebergarten-Krimi“ „Unter allen Beeten ist Ruh“ vom Debütautorinnen-Duo mit dem humorvollen und anspielungsreichen Namen „Auerbach & Keller“ ist mehr augenzwinkernder Frauenroman mit Todesfall als blutrünstig-düsterer Thriller-und das ist auch gut so. Ein klassischer „Wer-hat-es-getan“-Krimi mit witzigen Elementen, einer sympathischen Hobbyermittlerin (die an Miss Marple erinnert, wäre sie nicht viele Jahrzehnte jünger) und einem gut überschaubaren Kreis von 10-15 Verdächtigen, den Bewohnern und ein paar Besuchern der Havelinsel.

Die Handlung ist die Folgende: die Übersetzerin Pippa Bolle ist frisch zurück aus Italien und frisch getrennt von ihrem italienischen Ehemann Leo; seit 3 Monaten lebt sie wieder in Berlin, wo sie mit ihrem Job so wenig verdient, dass sie es sich nur leisten kann in der Hausmeisterwohnung ihrer Eltern mitzuwohnen. Obwohl die Hausgemeinschaft in Wedding berühmt ist für ihren Zusammenhalt und die – von ihrer englischen Mutter Effie eingeführte – soziale Interaktion, ist Pippa latent von den feierlichen Zusammenkünften genervt: sie lenken sie von der Arbeit ab und auch die Privatsphäre leidet. Da kommt ihre beste Freundin Karin mit ihrem Vorschlag gerade recht: Pippa soll das Schreberhäuschen samt Garten ihres Vaters Viktor hüten, während der im Urlaub in Italien ist. Dort kann sie in Ruhe arbeiten-zumindest in der Theorie, denn der Aufenthalt Pippas auf der Schreberinsel erweist sich als weitaus ereignisreicher als ihr lieb sein dürfte: der geldgierige Bewohner Lutz Erdmann will allen Bewohnern ihre Parzellen abkaufen, um auf der Insel ein ökologisches Hanf- und Wellnessressort zu errichten. Viele weigern sich und die alteingesessene Bewohnerin Dorabella von Schlittwitz schafft es, dass eine Parzelle an den Inselschiffer Nante-und nicht an Erdmann geht. Kurz darauf ereignet ein Todesfall: Dorabella von Schlittwitz wird ertrunken in ihrer Badewanne aufgefunden. Wurde die alte, kranke Frau umgebracht oder steckt doch eine harmlose Erklärung dahinter? Wurde ihr Testament gefälscht? Was hat es mit dem „Unbekannten“, plötzlich aus dem Nichts aufgetauchten Halbbruder von Erdmann – Felix Müller – auf sich? Warum hat Dorabella ihn als Erben eingesetzt? Fragen über Fragen, die Pippa Bolle nach und nach beantworten möchte – und am Ende auch wird.

Der Roman verfügt über einen leichtfüßigen und homogenen Schreibstil. Nur an einigen wenigen Stellen merkt man, dass hier zwei Autorinnen am Werk waren. Sehr schön wird immer wieder die heimelige Atmosphäre auf der Insel beschrieben, die mit den aufgewühlten Gemütszuständen der unsicheren Bewohner (die fast alle in einer Übergangsphase in ihrem Leben sind) kontrastiert. Gelegentlich hat das Buch aber auch Längen, die so sicher vermeidbar gewesen wären und dem Lesespaß mit ihrer Aussparung dennoch keinen Abbruch getan hätten.
Alles in allem ein netter Sommerkrimi, den man schön auf der Terrasse-oder eben im Schrebergarten-verschlingen kann.

Veröffentlicht am 17.09.2019

Very british indeed!

Das Leben ist kein Gurkensandwich
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Ach ja, was soll ich sagen: ein „Blog-Roman“ einer fiktiven mittelalten englischen Hausfrau der upper middle class, da hat man nicht so viel erwartet. In der Tat war dieser Roman, der in Tagebuchform verfasst ...

Ach ja, was soll ich sagen: ein „Blog-Roman“ einer fiktiven mittelalten englischen Hausfrau der upper middle class, da hat man nicht so viel erwartet. In der Tat war dieser Roman, der in Tagebuchform verfasst ist (Ich-Perspektive, die Kapitel bilden die Datumseinträge, es wird in Erlebnisberichtform zusammengefasst was die Schreiberin erlebt und was sie gedanklich beschäftigt hat), durchaus ein Lesevergnügen-zumindest die ersten 100-200 Seiten. Das lag bzw. liegt an der humorvollen Leichtigkeit, mit der er verfasst ist und auch an der sympathischen Hautfigur Constance Harding, die eigentlich nur will dass alle um sie rum glücklich und zufrieden sind – inkl. sie selbst. Mit einer „Emma“-haften Attitüde will sie alle Singles – allen voran ihre beiden erwachsenen Kinder Sophie (18) und Ruppert (25) – mit adäquaten, anständigen Partner verkuppeln – und tritt dabei in so manches Fettnäpfchen. So übersieht sie dabei natürlich dass die Tochter einfach noch zu jung ist und sich selbst finden muss, bevor sie den richtigen Partner finden kann und natürlich auch, dass der Sohn trotz exzellentem Geschmack auf Männer steht.

Lustig – und so englisch – an dem Roman ist, dass sowohl Constance als auch zum größten Teil ihre Familie und Freunde alles, sei es auch noch so skurril, mit der berühmten britischen Zurückhaltung und Contenance hinnehmen. Vom litauischen Hausmädchen Natalia, die immer für einen Aufreger gut ist über die ungeliebten Avancen eines frisch verlassenen Bekannten Gerald aus dem „Glockenschwingerverein“ bis hin zu der rotzfrechen und sich allen Konventionen widersetzenden Tochter Sophie, die ihr Leben ganz anders lebt als es ihre Mutter für sie geplant hat und der Grundschullehrerin, mit der sie eigentlich ihren Sohn verkuppeln wollte und die sich als Liebeskranke Stalkerin entpuppt spannt sich der Bogen an Herausforderungen, denen Constance in dem einen Jahr ihres Bloggerinnen-Daseins begegnen muss. Dann gibt es noch den erotischen amerikanischen Aushilfsgärtner Randolph, die von ihrem pleite gegangenen Ehemann hin- und wieder verlassene Nachbarin Tanya (die zu allem Überfluss auch noch schwanger ist), Verwandte, deren Kinder glücklich verheiratete Eltern sind, die litauische Zwillingsschwester des Hausmädchens, den ungeliebten russischen Studienfreund ihres Mannes usw. usf. Natürlich ist da auch noch Jeffrey, der Ehemann, der Constance bei „Facebook“ nicht bestätigt und auch sonst zunehmend auf Distanz geht und eigentlich nur noch arbeitet und Whisky trinkt (um schließlich in Argentinien seine Midlife-Crisis auszuleben) und natürlich den Papagei Darcy, der hin und wieder ein Wort oder sich selbst im Garten verliert.

Kurz um: hier werden wir mit dem Innenleben einer Frau konfrontiert, die zwar alles hat, aber dennoch irgendwie im goldenen Käfig nach immer neuen „Sinnen“ für ihr Leben sucht und sie auch irgendwie findet. Dass das Ganze auch noch lustig ist und ein versöhnliches Ende ist natürlich ein Bonus, den man als Liebhaber humorvoller, leichter Romane gerne hinnimmt.

Weil ich das Gefühl hatte dass der Roman ab der Hälfte irgendwie an „Fahrt“ und Biss verloren hat und man an manchen Stellen den Eindruck der gezwungenen Unterhaltung bzw. vor allem im Mittelteil den unnötiger Längen hat gebe ich nur gute 3 Sterne.

Mein Lieblingssatz aus dem Roman: „Mein Leben dreht sich nur um mich selbst, und mir fehlt es, dass ein anderer weiß, ich war einkaufen und habe Milch mitgebracht, oder ich habe Zugfahrkarten für das Wochenende in Bath gekauft.“ (S. 351)

Veröffentlicht am 17.09.2019

Verhaltensforschung

Das Affenhaus
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„Das Affenhaus“ ist ein Roman über das Verhalten von Menschen. Die sprachbegabten Affen, die Isabel Duncan in ihrem Forschungslabor analysiert, sind nur Statisten, der Aufhänger in einem Buch, in dem es ...

„Das Affenhaus“ ist ein Roman über das Verhalten von Menschen. Die sprachbegabten Affen, die Isabel Duncan in ihrem Forschungslabor analysiert, sind nur Statisten, der Aufhänger in einem Buch, in dem es um nichts anderes als um Menschen geht und darum, wie sie in verschiedenen Situationen, gestellt vor bestimmte Entscheidungen, reagieren. Da gibt es den Zeitungsjournalisten John, der in seiner Ehe mit der gescheiterten Schriftstellerin Amanda alles richtig zu machen versucht und sich in Gedanken doch immer wieder bei Isabel Duncan und den Bonobos befindet, die ihn nicht nur wegen der brisanten Story (rund um die Explosion und eine obskure Tierbefreiungsbewegung, die im Untergrund agiert), die er an seine Kollegin Cat abgeben musste, faszinieren.

Isabel Duncan, die eindeutige Hauptfigur, ist ganz klar auf „faszinierende Persönlichkeit“ hin charakterisiert worden, die an berühmte Affenforscherinnen wie Jane Goodall oder Diane Fossey erinnern soll. Sie ist auch in der Tat sehr empathisch, hat Mitleid und großes Einfühlungsvermögen für die Tiere, was sie für den Leser sympathisch macht. Als Frau ist sie uneitel was ihr Äußeres betrifft und gerade das macht sie „im Land der perfekten Zahnstellung“ (S. 182)– u.a. für John – zu etwas Besonderem. Das wird natürlich mit der Tatsache kontrastiert, dass Amanda in L.A. durch die Oberflächlichkeit der Showbranche immer mehr zu einer Karikatur ihrer selbst wird. Isabel hingegen kämpft für das Gute in einer Welt, in der die Menschen für Geld und Ruhm so einiges machen, wie z.B. die armen Bonobos in einer so schrecklichen, „Big-Brother“-artigen Fernsehsendung wie „Affenhaus“ zur Schau zu stellen.

Es geht wie gesagt um Entscheidungen und darum, welchen Weg die handelnden Personen gehen: soll Amanda wegen eines unsicheren Drehbuch- bzw. Serienprojektes nach Los Angeles ziehen und die ohnehin schon am Scheideweg stehende Beziehung zu ihrem Ehemann aufs Spiel setzen? Soll John sich seinem inneren Drang ergeben und sich weiterhin einer Story annehmen, die er offiziell gar nicht mehr bearbeiten darf und so seinen Job riskieren? Wie wird die angeschlagene Isabel reagieren wenn sie erfährt, dass ihr Verlobter nicht nur ihren Fisch verhungern hat lassen und sie mit ihrer Assistentin Celia betrogen hat, während sie im Krankenhaus war, sondern auch, dass er völlig anders ist als er zunächst schien? Kann sie damit umgehen sie in einem Menschen so getäuscht zu haben? Wird sie als Forscherin weitermachen und ihre geliebten Bonobos wiederfinden? Kann sie sie schließlich aus den Zwängen des „Affenhaus“-Produzenten befreien? Usw. usf. All diese Fragen werden im Lauf der Geschichte beantwortet und der Leser erfährt den wahren Charakter und die Handlungsmotive der einzelnen Figuren.

Was ich an dem Roman zu kritisieren habe ist die Tatsache, dass die Story sehr konstruiert und zuweilen gekünstelt wirkt-irgendwie sehr „amerikanisch“. Der Tenor des Buches schwankt zwischen seinem ernsten, anspruchsvollen Thema (es geht um Affen und deren Begabungen, um ethische Fragen, Tierrechte, wie weit darf Wissenschaft, wie weit dürfen Medien gehen, etc.) und einer dramatisch-überladenen Handlung, die zuweilen an schlechte Daily-Soaps gemahnt. Das Buch ist ganz klar in Hinblick auf eine spätere Verfilmung geschrieben, was es sehr Drehbuchartig wirken lässt. Manchmal lässt das Buch auch einen Eindruck zurück, der einem wie ein groteskes Zerrrbild einer degenerierten Gesellschaft vorkommt. Soll man lachen oder weinen, wenn man das liest? Ich glaube hier war sich die Autorin nicht sicher, was sie eigentlich aussagen wollte. Ich denke das hier zuviel gewollt und letztlich nur durchschnittlich ausgeführt wurde.

Veröffentlicht am 17.09.2019

Im Serienfieber

Bekenntnisse eines Serienjunkies
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Das Buch von Jochen Till ist sowohl Kompendium amerikanischer Serien als auch die Chronik einer Leidenschaft: der Leidenschaft des Herrn Till für Serien. Diese verhängnisvolle Affäre schlägt sich absolut ...

Das Buch von Jochen Till ist sowohl Kompendium amerikanischer Serien als auch die Chronik einer Leidenschaft: der Leidenschaft des Herrn Till für Serien. Diese verhängnisvolle Affäre schlägt sich absolut in den einzelnen Kapiteln nieder, mit seiner Begeisterung reißt er einen mit, auch wenn man die beschriebene Serie an sich, naja, nur so mittel fand.

Dass Jochen Till beschreibt nun also seine schon lange andauernde (ja, er hat 1991 eine der ersten im deutschen TV ausgestrahlten „Simpsons“-Folgen bewusst erlebt) amour fou mit Serien. Jede in einem eigenen Kapitel welches mal mehr mal weniger eingehend dokumentiert um was es in der jeweiligen Serie so geht, welchem Genre sie zuzuordnen ist und welche Konflikte und Charaktere eine wesentliche Rolle spielen. Das ist natürlich höchst subjektiv, oft digressiv und eben aus der Perspektive des männlichen Serienjunkies, aber das macht das Ganze ja auch so authentisch – und witzig, denn Herr Till besitzt die Gabe dies alles mit einem gewissen Augenzwinkern zu beschreiben. Selbstironie ist da ein gern verwendetes Mittel und auch das Gespür für Situationskomik ist hier absolut vorhanden.

Was mir neben dem Humor so an Jochen Tills Buch gefällt ist das unglaubliche Wissen, das bei ihm über den Bereich „(amerikanische) TV-Serien“ zum Vorschein kommt. Man erfährt nach und nach immer mehr über die (US-)Filmindustrie: wie werden Serien produziert, welche Rolle spielen die jeweiligen „Macher“ (Autoren, Regisseure, Schauspieler, Produzenten) und was soll das Ganze überhaupt? Geben die Serien den prüden Amerikanern ein Ventil einmal Dampf abzulassen, Schimpfwörter und Sexszenen einfach so rauszulassen oder unterbinden das die Autoren, weil ihren Genen ein unverbrüchlicher puritanischer Index inhärent ist? Serien sind halt (wenn auch oftmals sehr überspitztes) Spiegelbild der Gesellschaft und das ist – selbst in Amerika – gut so. Nur: will man das sehen und wenn nicht: warum? Überdies seien die gefährlichen „Undercover-Einsätze“ bei den verhassten deutschen Synchronfirmen hier lobend erwähnt.

Im Buch werden außerdem die Probleme, die ein Serienjunkie so bewältigen muss bzw. musste sehr unterhaltsam dargestellt. Früher war es die Angewiesenheit auf die vermaledeiten TV-Ausstrahlungen – die Zeit bevor es das Internet möglich machte relativ problemlos an Serien in der Originalsprache zu kommen. Und das damit verbundene Warten war die Foltermethode Nr. 1 für einen Serienjunkie. Heute ist das alles kein Thema mehr und ein Dasein als dauerhafter Serienkonsument führt lediglich zu einer „real life-Vereinsamung“ (aber was ist das schon für einen SJ) und der Tatsache dass man nicht mal mehr Taschentücher (die sind für das Tränentrocknen eines SJs unverzichtbar) im Haus hat weil man ja nicht mehr raus kommt.

Wir erfahren dass es bei einer richtig guten Serie auf die Charaktere und was aus ihnen im Laufe der Staffeln so wird ankommt und nicht etwa auf die Thematik oder das Setting. Gut, das spielt natürlich alles auch eine Rolle, aber für den Autor steht der Serienmensch (oder Klingone oder Zombie oder was auch immer) im Mittelpunkt. So erarbeitet Herr Till dann auch ausführliche Charakterstudien seiner Lieblinge (oder auch Nicht-Lieblinge) so dass auch demjenigen Leser, der die Serie nur vom Hörensagen kennt, ein lebendiges Bild des jeweils Portraitierten vor Augen tritt.

Was ich noch anzumerken habe ist dass die Auswahl der Serien doch sehr männlich konnotiert ist (was man einem männlichen Autor ja auch nicht übel nehmen kann ;)). Es sind viele Serien dabei in denen Gewalt eine prominente Rolle spielt. Und das sage ich jetzt nicht weil ich so ein Moralapostel bin, sondern einfach weil ich nicht so auf Gewalt stehe und eine Serie bei mir damit steht und fällt ob sie mich unterhält und zum Lachen (oder zum „oh wie gefühlvoll“-Weinen) bringt oder nicht. Meine Lieblingsserien sind Sitcoms und ergo habe ich gehofft dass ein paar mehr im Buch beschrieben werden (meine Hoffnung soll ja in den Nachfolgebänden laut Autor auch erfüllt werden). Meine beiden All-Time-Favourites „The Big Bang Theory“ und „Seinfeld“ sind zwar prominent vertreten (und auf das im „Seinfeld-Universum“ angesiedelte weil von ihrem Autor stammende „Curb your Enthusiasm“ hat mich das Buch sehr neugierig gemacht), aber leider keine anderen Sitcom-Klassiker wie „Golden Girls“, „The King of Queens“, „Frasier“ usw. (aber das wird ja wie gesagt bestimmt alles in den nächsten Büchern aka „Staffeln“ vorkommen). Da ich halt lieber lache als anderen zuzusehen wie sie sich eine Knarre an den Kopf halten und ggf. zudrücken oder gar Schlimmeres bin ich bei Serien wie „Oz“, „The Wire“, „Dexter“, „Sons of Anarchy“, „The Killing“ etc. einfach draußen. Schwarzer Humor ist ja schön und gern genommen, aber all das Knochengebreche und Blutgefließe muss ich mir nicht anschauen-auch wenn dabei bitterböse Bemerkungen einen Lachkrampf entfachen sollten. Auch mit Aliens („The X-Files“ – obwohl ich jederzeit eine Petition unterschreiben würde die es erlaubt Gillian Anderson als Synonym für „Traumfrau“ verwenden zu dürfen), Geistern („Geister“), Zombies („The Walking Dead“) und Vampiren („True Blood“), Dittsches („Dittsche“) und Büromenschen („The Office“) hab ich es nicht so – viel zu gruselig. Dass die Feuerwehrmänner in „Rescue Me“ neben ihren ernsten-tiefenpsychologischen Problemen auch noch einen trockenen Humor besitzen hat mich zwar gefreut, aber wahrscheinlich lasse ich auch diese Serie Serie sein genau wie die über Rockstars und Cowboys. Ich bin eben ein sehr einseitiger Serienjunkie. Aber die „Simpsons“ – keine Sorge Herr Till – die mag ich auch! Hey, es sind schließlich die „Simpsons“!

Also das mit dem unterschiedlichen Geschmack und meiner Gewaltdarstellungsphobie ist wirklich ganz allein mein Problem und auch wenn die meisten besprochenen Serien wohl eher nicht in meinem DVD-Regal Einzug halten werden kann ich die „Bekenntnisse eines Serienjunkies“ Letzteren und solchen, die es noch werden wollen, uneingeschränkt empfehlen. Herr Till besticht nämlich durch seinen Humor so sehr dass es Spaß macht. Und das ist doch die Hauptsache: da wird selbst die blutrünstigste Killerverbrechergefängniszombieserie in Kurzzusammenfassung zur prosaischen Comedy und deshalb dann auch irgendwie wieder was für mich.

Fazit: weiter so Herr Till und nächstes Mal bitte ein bisschen mehr zum Lachen und nicht zuletzt was für uns Frauen: zur Strafe schauen Sie jetzt bitte jeweils eine Folge „Girls“ und „Downton Abbey“ (gell, Frau Schwarzer ;)).

Veröffentlicht am 13.09.2019

Gut gemeinte Chicklit

Naschmarkt
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Da der Roman sehr gehyped wurde habe ich natürlich auch viel erwartet - aber wie so oft wird man bei Bestsellern enttäuscht weil Realität bzw. eigenes Empfinden und hohe Erwartung selten Hand in Hand ...

Da der Roman sehr gehyped wurde habe ich natürlich auch viel erwartet - aber wie so oft wird man bei Bestsellern enttäuscht weil Realität bzw. eigenes Empfinden und hohe Erwartung selten Hand in Hand gehen.
Aber zum Inhalt: Dotty (Dorothy) Wilceck (gerade 30 geworden) ist eine Wiener Literaturredakteurin, die beim "Österreichboten" Rezensionen aktueller Bücher schreibt - ein "larger than life"-Traumjob für alle die gerne und viel lesen und ihre Meinung zum Gelesenen kundtun. Ihre englische Mutter führt einen Laden names "Pies & Pages" in dem sie Literaturkränzchen mit Tea & Scones organisiert. Ja, das wäre für jede Jane-Austen-vergötternde Literaturstudentin das Himmelssetting auf Erden, wenn da nicht - zunächst - die Abwesenheit eines "Mr. Darcy" zu kristieren wäre: Dotti ist nämlich Single und zwar aus absoluter Überzeugung! Warum sollte man sich in zu enge Klamotten quetschen um blöde Männer, die noch nie ein Buch gelesen haben zu beeindrucken wenn man doch in bequemen Klamotten mit dem Kater auf der Couch kuscheln kann und - genau - lesen. Dotti ist also jemand, der ganz und gar keinen Mann sucht und keine Beziehungslücke in ihrem Leben finden kann: sie hat einen Haufen Freundinnen, einen Traumjob, eine tolle Wohnung, eine liebe Katze und gaaanz viele Bücher. Nur blöd wenn man von seinem Chef plötzlich aufgebrummt bekommt einen Blog zu führen zum Thema Dating & Co - aus der Sicht eines selbsternannten Mauerblümchens...
So schreibt sie nun ihre Blogtexte, die auch der Leser des Buches präsentiert bekommt und zwischendurch lernt sie reale - oder zumindest digital existierende Männer wie "djfleming" kennen, die auf ihren Blog und die Frau dahinter unterschiedlich reagieren.
Die Autorin spielt mit dem Potential neuer Medien und ihrem Einfluss auf die Partenersuche- und -findung, vor allem Twitter hat es ihr angetan. Das mag ja recht nett sein von der Erzähltechnik und inhaltichen Auseinandersetzung, aber ein guter Frauenroman steht und fällt mit seiner Protagonistin, die mir leider bis zum Schluss alles andere als sympathisch ist. Ihre leichte Neigung zu Besserwisserei gepaart mit Sturheit wird auch durch die wenigen sympathischen Unzulänglichkeitsmomente nicht gerettet und hinterlässt einen faden Beigeschmack. Aber wahrscheinlich bin ich auch einfach nur komisch bzw. habe es nicht verstanden, welchen Charme und Esprit die liebe Dotti, mit der sich so viele identifizieren können, versprüht.
Auch die Geschichte an sich ist gut gemeint, ganz gut geschrieben (also vom Sprachlichen her) und mit der Idee einer literarischen Schnitzeljagd eigentlich mit einem interessanten Plot-Katalysator gesegnet - leider hat sie mich nicht mitreißen können. Ich hatte beim Lesen das Gefühl dass sich die Autorin nicht entscheiden konnte ob sie nun eine sozialkritische Abhandlung über das Singledasein schreiben möchte mit einer Protagonistin, die Sprachrohr dieser Haltung ist, die alle "Weibchen" verarchtet, die sich nach einer Beziehung sehnen oder einen Schlaraffenland-Wohlfühlroman für "Bücherfrauen" bei dem die Literaturredakteurin dann doch ins obligatorische Happy End mit dem ihr die Welt zu Füßen legenden Mr. Right erlebt.
Eigentlich schade, schade, schade dass ich hier nicht vollständig mitgehen konnte - schließlich ist doch eigentlich alles ganz nach meinem Geschmack. Auch ich bin nur eine Bücherfrau, die den ganzen Tag im "Pies&Pages" hocken, Scones futtern und über - und mit - Oscar Wilde philosophieren möchte, aber leider leider fühle ich dabei den Drang "Naschmarkt" ohne Wehmut zurück ins Regal zu stellen...