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Veröffentlicht am 30.09.2019

Im Westen nichts Neues...

Ein anderer Takt
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Was mich am meisten an dem Buch überrascht hat: Es ist 1962 erschienen. Die Wiederentdeckung des Werks hat sich aber gelohnt, denn man nimmt nur bedingt wahr, dass es in einer anderen Zeit spielt als heute. ...

Was mich am meisten an dem Buch überrascht hat: Es ist 1962 erschienen. Die Wiederentdeckung des Werks hat sich aber gelohnt, denn man nimmt nur bedingt wahr, dass es in einer anderen Zeit spielt als heute. Zu ähnlich sind die Probleme, wenn sie auch an der Oberfläche anders scheinen als damals. Tatsächlich gewinnt man fast den Eindruck, dass durch die Bemühungen der letzten Jahre, eine möglichst inklusive Gesellschaft mit respektvollem Umgang miteinander zu erschaffen, nur wieder Öl ins Feuer des alten Konfliktes gegossen wurde: des Konfliktes zwischen "Weißen" und "Farbigen" - Kategorien, die eigentlich völlig sinnlos sind, da sie eine Homogenität suggerieren, die nicht existiert. Die Ähnlichkeiten sind auch darum so frappierend, weil der Autor als Setting nicht die Zeit gewählt hat, in der es noch Sklaverei in den USA gab, sondern eine Zeit, in der diese eigentlich schon abgeschafft war, in der sich aber viele Dinge kaum bis gar nicht geändert hatten. Gleichberechtigung musste noch erkämpft werden und wo sie auf dem Papier besteht, ist sie teilweise auch heute noch nicht in Köpfen und Herzen der Menschen angekommen.

Die Geschichte wird ausschließlich aus der Sicht der weißen Bewohner von Sutton erzählt, wobei diejenigen ausgewählt wurden, die der farbigen Bevölkerung gegenüber positiv eingestellt sind. Es kommen auch Tagebucheinträge und Briefe vor. Die Erzählweise ist so intim, so authentisch, dass man sich in jede Figur gut hineinversetzen kann und sich über jedes Puzzlestück ihres Lebens und diverse auftauchende Querverbindungen freut. Das Buch ist spannend zu lesen, obwohl gar nicht so viel passiert. Auch die Figur des Tucker Caliban ist gekonnt geschrieben, er bleibt unnahbar und kaum verständlich, irgendwie vage. Das passt dazu, dass Tucker selbst nicht versteht, was ihn antreibt. Vielleicht ist es ihm auch einfach egal und er tut einfach das, was sich richtig anfühlt.

Ich finde, dass das Buch eine wertvolle Aussage enthält, nicht einmal primär zu dem Verhältnis von "Weißen" und "Farbigen", im Großen und Ganzen geht es für mich auch um das Verhältnis von privilegierter Schicht und Unterschicht. Die gesamte farbige Bevölkerung des fiktiven Staates macht es Tucker gleich und wandert aus - und die Weißen bleiben zurück mit viel mehr Land als sie bebauen können und wirtschaftlichen Konsequenzen, die kaum absehbar sind. Einigen besserverdienenden Mitgliedern der Gesellschaft würde es durchaus nicht schaden, einmal darüber nachzudenken, wie es wäre, wenn sie auf z.B. Reinigungskräfte, die gesamte Dienstleistungsbranche verzichten und entsprechende Arbeiten selbst verrichten müssten.

Eines hat mich aber leider gestört: Das Buch hat ein Nachwort, in dem die Lebensgeschichte des Autors von dessen Tochter kurz umrissen wird. Dieses hat mir gut gefallen. Das Vorwort hingegen war nur bedingt nützlich. Zum einen finde ich es nicht zweckdienlich, einen Text mit Spoilern an den Anfang eines Buches zu setzen, obwohl das meistens so gemacht wird. Solche Texte gehören ans Ende. Zum anderen haben mich die ganzen persönlichen Erfahrungen der Autorin des Vorworts mit Kelleys Büchern nicht interessiert. Stattdessen wäre es für deutsche Leser weitaus nützlicher, ein wenig historischen Kontext vermittelt zu bekommen, und zwar systematischer, als es im Buch der Fall war, und nicht so sehr auf den Autor fokussiert, da die entsprechende Zeit je nach Schule kaum behandelt wird. Dafür hätte man auf die biografischen Informationen, die sich mit dem Nachwort der Tochter decken, besser verzichtet. Es ist schlichtweg schade, dass dieses Buch lange in Vergessenheit geraten war. Ohne eine sinnvolle Aufbereitung, die einem möglichst breiten Publikum einen Zugang zum Buch ermöglichen, wird dies allerdings vermutlich nach der Publikation erneut passieren.

Veröffentlicht am 30.09.2019

Wichtiges Thema unterhaltsam aufbereitet

Klartext: Impfen! - Ein Aufklärungsbuch zum Schutz unserer Gesundheit
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Die beiden Autoren stellen das Problem im Vorwort sehr treffend dar: Das Thema „Impfen“ sorgt seit einiger Zeit für sehr emotionale, hitzige Diskussionen, wo unterschiedliche Meinungen aufeinandertreffen. ...

Die beiden Autoren stellen das Problem im Vorwort sehr treffend dar: Das Thema „Impfen“ sorgt seit einiger Zeit für sehr emotionale, hitzige Diskussionen, wo unterschiedliche Meinungen aufeinandertreffen. Der Grund dafür ist, dass es dabei um Kinder geht und man als Eltern natürlich nur das Beste für sie will, andererseits auch nicht mehr dem Arzt blind vertrauen möchte. Letzteres ist sicherlich ein guter Trend, es ist aber gar nicht leicht, verlässliche, seriöse Informationen zu finden, vor allem, weil der Büchermarkt von Impfskeptiker-Literatur geflutet wird und auch online viele Gruselgeschichten über Impfschäden kursieren. Die Gegenseite ist wie so oft viel lauter und deswegen auch so überzeugend. Man kennt kaum noch Menschen, die an den entsprechenden Krankheiten leiden oder litten, eben weil über Jahrzehnte die Herdenimmunität so gut funktioniert hat, deswegen fragen sich durchaus auch gebildete Menschen, ob Impfskepsis nicht angebracht ist. Mangelndes Einfühlungsvermögen von Ärzten, die Sorgen einfach abtun, treibt verunsicherte Eltern erst recht in die Arme der Impfkritiker.

Die kritische Haltung ist eine gesunde Lebenseinstellung, aber: Ein paar Stunden im Internet können nicht ein Medizinstudium ersetzen. Es ist nicht möglich, den Nutzen einer Impfung durch eigene Erkenntnisse abzuschätzen. Die Autoren dieses Buches aber zeigen, wie man transparente, verlässliche, fundierte Informationen von der neumodischen Panikmacherei im Internet trennen kann. Jedes Kapitel wird mit einer kurzen Beschreibung eingeleitet, was man daraus mitnehmen soll. Es wird z.B. auf einzelne Impfungen eingegangen, in einem Kapitel wird aber auch die Geschichte des Impfens erzählt. Dieses Kapitel war für mich vielleicht das interessanteste und enthielt viele überraschende Fakten.

Die Autoren sprechen systematisch Impfmythen und Argumente der Impfgegner an und entkräften diese auf verständliche, aber nicht belehrende, sondern sehr sympathische Weise und stellenweise sogar mit Humor, überwiegend mit Gegenargumenten oder Fakten. Man erfährt z.B., dass Impfungen das Immunsystem genauso trainieren wie Impfskeptiker behaupten, dass eine Krankheit es tut, allerdings mit weniger Risiken. Tatsächlich schwächt eine Masernerkrankung sogar nachweislich auf längere Zeit das Immunsystem. Ganz hinten gibt es sogar jeweils für Deutschland, Österreich und die Schweiz Übersichten, wann welche Impfung gemacht werden sollte usw. Insgesamt ist das Buch einfach voll mit hilfreichen Informationen rund ums Impfen.

Hier meine einzige Kritik und das, obwohl mir persönlich das Buch wirklich gefallen hat: Hin und wieder liest man auch einen Satz wie „Das ist einfach kompletter Unsinn“ (S. 48). In solchen Fällen befürchte ich, dass eine weniger emotionale Einschätzung seriöser gewirkt hätte. Allgemein wäre es überzeugender gewesen, wenn die Autoren jeden ihrer Fakten in einer Fußnote mit einer konkrete Quelle belegt und nicht nur eine Auswahlbibliographie am Ende des Buches zur Verfügung gestellt hätten, aber die Frage ist, ob Leser das Buch dann nicht als zu wissenschaftlich empfinden würden. Ein wenig problematisch finde ich jedenfalls, dass sie oft erwähnen, dass etwas durch Studien widerlegt worden ist, dann aber meist nicht die konkrete Studie nennen und auch nicht im Einzelnen die kausalen Zusammenhänge erklären. Besser wäre es gewesen, das verfügbare medizinische Wissen auf laiengerechte Weise aufzubereiten, damit man als Leser selbst zu der Erkenntnis kommen kann: „Ah, okay, das kann ja dann nur so sein.“

Ein großes Lob aber für diese Aussage, die ich einfach hier hervorheben muss, weil sie auf alle aktuellen Diskussionen zutrifft, egal, um welches Thema es geht: „Leider gibt es auch auf Seiten der Impfbefürworter ziemliche Klugscheißer. Sie greifen in höhnischem Ton die Vertreter der Gegenseite an. Das ist einerseits zu verstehen, [… a]ndererseits kann der Genuss an Rechthaberei, der manchmal herauszuhören ist, auch genau die abschrecken, die man eigentlich überzeugen möchte.“ (S. 63)

Man sieht in diesem Buch sehr deutlich, dass die Impfskepsis, die 2019 von der WHO zu einer der zehn großen Bedrohungen der globalen Gesundheit erklärt wurde, nur Teil eines größeren Problems ist, nämlich eines generellen Anstiegs von „Anti-Wissenschaft“, zu der z.B. auch die Leugnung von Klimawandel gehört. Ich bin ein bisschen skeptisch, ob dieses Buch diejenigen erreicht, die es am nötigsten haben, weil sie vielleicht gar nicht auf die Idee kommen das Buch in die Hand zu nehmen oder es bewusst meiden werden. Ich kann es aber nur empfehlen, weil es sich nicht nur angenehm liest, sondern auch ein sehr wichtiges und aktuelles Problem auf eine Weise aufschlüsselt, die am Ende keine andere Schlussfolgerung zulässt als: Wer sein Kind liebt, der lässt es impfen. Danke an meine Eltern, dass sie das getan haben.

Veröffentlicht am 15.05.2023

Nur auf den ersten Blick etwas Besonderes

Die Tage in der Buchhandlung Morisaki
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Dieses Buch hat mich durch sein wunderschönes Cover angezogen und auch wenn ich aufgrund des Covers erwartet hätte, dass auch Katzen eine Rolle darin spielen, gefällt es mir immer noch.
Die Geschichte ...

Dieses Buch hat mich durch sein wunderschönes Cover angezogen und auch wenn ich aufgrund des Covers erwartet hätte, dass auch Katzen eine Rolle darin spielen, gefällt es mir immer noch.
Die Geschichte beginnt mit einer sprachlichen Leichtigkeit, die mir sehr erfrischend vorkam. Die authentischen Dialoge sind eine klare Stärke dieses Buches. Leider ist der Erzählstil allgemein aber weniger mein Fall: Die Distanz zu Takako konnte ich bis zum Schluss nicht überwinden und so konnte man auch nicht nachfühlen, wie die Bücher (das zentrale Element der Geschichte) ihr ins Leben zurückhelfen und ihr gebrochenes Herz heilen. Der Autor beschreibt es trocken, man fühlt es aber nicht.
Was mir noch gut gefallen hat, war, dass man vom Setting her schon das Gefühl bekommen hat, sich in Japan zu befinden, sowohl im Buchhandlungsviertel als auch in der Natur im späteren Verlauf der Geschichte. Was aber die eigentliche Handlung und das Zwischenmenschliche angeht, fand ich die Geschichte zu gewöhnlich. Gerade zum Ende hin las sie sich wie ein 0815-Familienroman (allerdings im Ultra-Schnelldurchlauf).

Mein erster Eindruck von dem Buch war so besonders, dass ich von der Lektüre eine lebensverändernde Erfahrung erwartet habe. Das konnte die Buchhandlung Morisaki mir leider nicht geben.

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Veröffentlicht am 08.04.2023

Nicht mal das Pupshumorpotenzial wurde ausgeschöpft

Die Monsterschule (Bd. 1)
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Am Anfang habe ich mich noch über den Aufschwung der Pups-Bücher gewundert, jetzt hat man sie irgendwie schon als Standard auf dem Buchmarkt akzeptiert. Dieses Exemplar ist einerseits sehr kreativ, das ...

Am Anfang habe ich mich noch über den Aufschwung der Pups-Bücher gewundert, jetzt hat man sie irgendwie schon als Standard auf dem Buchmarkt akzeptiert. Dieses Exemplar ist einerseits sehr kreativ, das aber auf eine Weise, die ich persönlich ziemlich unkreativ finde. Bei den Monstern finden wir ein Sammelsurium aus schon bekannten und ausgedachten Kreaturen wieder, deren Bezeichnungen und Namen maximal absurd und damit lustig wirken sollen. Ich denke, dass es für so etwas viel weniger Mühe braucht, als wenn man eine kohärente Welt erschafft, die origineller ist als die durchschnittliche Internatsgeschichte.

Die Handlung wird zwar von der Frage angetrieben, wer für die plötzlichen Pups-Anfälle verantwortlich ist, aber es geht viel mehr um die lustigen Episoden drumherum als um eine spannende Geschichte, denn dazu ist das Ganze ein wenig zu ziellos. Den Illustrationsstil finde ich wenig ansprechend, aber er passt zweifellos zur Geschichte.

Ich denke, dass dieses Buch etwas für Kinder ist, die sonst nicht gerne lesen und vielleicht Schwierigkeiten haben, einer längeren und kohärenten Geschichte zu folgen. Die dürften sich über die lockere Unterhaltung und den bewusst albernen Humor sehr freuen.

Veröffentlicht am 05.09.2022

Nicht so gut wie seine anderen Krimis

Die Passage nach Maskat
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Auf diesen Krimi habe ich mich sehr gefreut, weil ich Cay Rademacher eigentlich wahnsinnig gerne lese. Er ist besonders begabt darin, das Schicksal von Menschen in einer schweren Zeit anschaulich zu beschreiben, ...

Auf diesen Krimi habe ich mich sehr gefreut, weil ich Cay Rademacher eigentlich wahnsinnig gerne lese. Er ist besonders begabt darin, das Schicksal von Menschen in einer schweren Zeit anschaulich zu beschreiben, sodass man wirklich das Gefühl hat, man ist mittendrin und dabei. Genau das fehlte mir hier ein bisschen.

Die historische Epoche, die Rademacher für seine neue Reihe gewählt hat, ist sehr spannend, vielleicht, weil man so viele Parallelen zu heute sieht. Grenzenloser Luxus, maßlose Dekadenz und ein Zurollen auf eine Katastrophe - das ist irgendwie das Grundfeeling, das sich aktuell langsam in der Gesellschaft etabliert.
Theodor Jung ist ein sympathischer und interessanter Protagonist und es ist nicht schwer, sich in seine Verzweiflung hineinzuversetzen, zunächst, weil die Familie seiner Frau ihn überhaupt nicht akzeptiert und Dora ihm zu entgleiten scheint, und dann nach ihrem Verschwinden, wo er nicht einmal sicher sein kann, ob er sich nicht alles eingebildet hat. Soweit alles eine interessante Prämisse. Auch bei den anderen Figuren waren coole Menschen dabei, auch wenn es sich oft um erwartete Stereotypen handelte wie die gealterte und drogenabhängige Erotikdiva.

Was mich leider nicht überzeugen konnte, war der Fall selbst. Man muss positiv anmerken, dass die Auflösung so überraschend war, dass man sie wirklich nicht erwartet hat. Davor schien aber alles ganz vorhersehbar und wenig spannend, d.h. die überraschende Auflösung versteht man nicht unbedingt nach und nach und freut sich am Ermittlungserfolg, sondern sie fällt einem gewissermaßen auf den Kopf und man ist etwas perplex. Am Ende ging mir alles ein wenig zu schnell, vor allem die Entwicklungen zwischen Theodor und Dora und damit zusammenhängend der Nebenplot mit dem Dienstmädchen. Auch das Gefühl der Epoche ist nicht ganz so stark rübergekommen wie in Rademachers Nachkriegs-Hamburg-Reihe.

Insgesamt ist das hier trotzdem ein gutes Buch, aber durch meine hohen Erwartungen, die nicht erfüllt wurden, ist es für mich nur Durchschnitt.

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