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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 12.10.2019

Spektakuläre Trails und Races

Wer die Wahl hat, liebt die Qual
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Extreme Läufe bedeuten auch hartes Training. Hier werden keine Marathoms beschrieben sondern Ultra Trails und Races. Es geht über Tage, so sind manche Abschnitte, z.B. Gobi oder ISRU auch in Tag 1, Tag ...

Extreme Läufe bedeuten auch hartes Training. Hier werden keine Marathoms beschrieben sondern Ultra Trails und Races. Es geht über Tage, so sind manche Abschnitte, z.B. Gobi oder ISRU auch in Tag 1, Tag 2 und so weiter gehalten.
Ganz anders geht es im Teil um den 250 Kilometer Jungle Race in Sri Lanka zu. Wenn man von da aufkommenden Giftschlangen liest, wird einen beim Lesen ganz anders. Aber zum Glück sind die Krokodile nicht viel größer als 1 Meter (LOL). Weiter geht es mit einem Ultra Marathon im Iran. Den gewinnt Rafael Fuchsberger (alias Ali Baba) in der 180-Km-Version.
Schließlich Mosambik und Marokko.

Sprachlich ist das Buch „Wer die Wahl hat, liebt die Qual“ eher flach. Ordentlich geschrieben, aber ohne literarisch Ansprüche. Dafür sind die Beschreibungen der aufwändigen Läufe auch so schon interessant genug und es ist immer was los.

Beeindruckend die großen Fotos, die aufgrund der Umgebung auch farblich aufsehenerregend sind, zum Beispiel in der Wüste oder Dschungel.

Veröffentlicht am 11.10.2019

Trumps Sprache

Die Sprache des Donald Trump
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Wir alle können jeden Tag in den Nachrichten davon hören, was Donald Trump wieder einmal gesagt hat. Oft ist das nicht nachvollziehbar. Trumps Eskapaden sind zu krude, was er sagt ergibt für vernünftige, ...

Wir alle können jeden Tag in den Nachrichten davon hören, was Donald Trump wieder einmal gesagt hat. Oft ist das nicht nachvollziehbar. Trumps Eskapaden sind zu krude, was er sagt ergibt für vernünftige, klardenkende Menschen keinen Sinn bzw. man ist von der Bösartigkeit und Unverschämtheit des gesagten nahezu schockiert. Bérengère Viennot ist eine Übersetzerin von Reden. Schon Obama hat sie ins Französische übersetzt, Trump auch und sie gibt einen Überblick in Trumps Sprache. Vieles ist einen natürlich noch im Gedächtnis, doch es ist schon überraschend wie viel fragwürdiges Trump schon verzapft hat. Die Autorin ist überwiegend sachlich, macht aber auch keinen Hehl daraus, wie gefährlich sie Trump findet und ein paar Polemiken gegen ihn kann sie sich auch nicht verkneifen.
Trumps Sprache und Gebaren findet auch seine Nachahmer und das ist das Fatale. Trump und viele andere Populisten haben keinen Anstand, ihr Verhalten hat zur Verrohung der Sprache geführt und es ist zu fürchten, dass dieser Prozess nicht mehr umkehrbar ist. Ich habe dieses Buch mit Spannung gelesen, aber natürlich ist es unmöglich, sich mit Trump zu beschäftigen und das noch zu genießen. Dennoch ein gutes Buch!

Veröffentlicht am 09.10.2019

sorgfältig gemacht

Der Ursprung der Welt
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Der für sein anspruchsvolles Spiel bekannte Schauspieler Ulrich Tukur hat schon Erzählungen und einen Novelle geschrieben. Und jetzt mit großer Ambition sein erster Roman.
Ein Mann namens Paul Goullet ...

Der für sein anspruchsvolles Spiel bekannte Schauspieler Ulrich Tukur hat schon Erzählungen und einen Novelle geschrieben. Und jetzt mit großer Ambition sein erster Roman.
Ein Mann namens Paul Goullet findet ein Photoalbum mit alten Fotos. Obwohl die Fotos 90 Jahre alt sind, erkennt er sich selbst darauf. Rätselhaft! Eine Spurensuche beginnt.
Der Romantitel spielt auf das berühmte Gemälde von Gustave Courbet an. Um das zu sehen begibt sich Goullet nach Frankreich.

Ungewöhnlicherweise ist der Zeitpunkt der Ausgangssituation 2033 angelegt, also in der nahen Zukunft und Europa ist zerbrochen. In der Türkei herrschte Bürgerkrieg, viele flüchten. In Frankreich hat die nationalistische Koalition die Macht,´. In Deutschland sind Unruhen und Gewalt an der Tagesordnung. Also ein überaus pessimistische Prognose für unsere Zukunft.

Ulrich Tukur hat Niveau und er schreibt sehr fein, fast vornehm. Diese Haltung verleiht er auch seiner Figur und setzt sie der Düsternis seines Plots entgegen. Ich schätze außerdem Tukurs Sorgfältigkeit beim Formulieren und das Bewahren der Rätsel.

Veröffentlicht am 22.09.2019

128 Strophen Miroloi

Miroloi
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Mit Miroloi hat die Hamburger Schriftstellerin Karen Köhler einen außergewöhnlichen, parabelhaften Debütroman geschrieben. Es gab vor ihr vorher schon ein erfolgreicher Band mit Erzählungen.

Die Handlung ...

Mit Miroloi hat die Hamburger Schriftstellerin Karen Köhler einen außergewöhnlichen, parabelhaften Debütroman geschrieben. Es gab vor ihr vorher schon ein erfolgreicher Band mit Erzählungen.

Die Handlung von Miroloi wird von einer jungen Frau in einer rückwärtsgewandten, sektenartigen Gemeinschaft, die ihre eigenen Regeln haben und auf einer Insel fern den Rest der Menschheit leben. Da jedoch eine von dieser Gemeinschaft ausgeschlossen erzählt und reflektiert wird, werden die Mängel offensichtlich. Die Gemeinschaft ist ein Patriarchat. Keine Freiheit. Ablehnung von Technologie. Beschränkung von Rechten, Willkürliche Bestrafungen. Und es wird mit der Zeit immer schlimmer!

Die Icherzählerin ist ein Findelkind auf der Insel, daher wird ihr nicht einmal ein Name zugestanden. Grund auch, dass sie die Gesellschaft in Frage stellt und aufbegehrt.
Sie ist eine gelungen Hauptfigur, die den Roman tragen kann. Sie führt den Plot auch zu einem packenden Finale!

Stilistisch liest es sich gut, wie eine Litanei in 128 Strophen. Der Titel Miroloi heißt Totenklage.
Dass die Autorin diesen Stil konsequent durchhält, schätze ich an dem Roman.
Kritisch könnte man sagen, dass der Roman zu sehr ausformuliert und letztlich zu lang ist.
Die Zeitungskritik war sich uneinig über das Buch. Die Botschaft des Romans ist so simpel wie richtig. Ich finde, wenn man es thematisch nicht zu hoch hängt, ist es ein gutes Buch.

Veröffentlicht am 20.09.2019

Lesegewohnheiten aufbrechen

Mutter brennt
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Schon das expressionistische Cover verrät, dass Mutter brennt kein allzu gemütliches Buch sein wird.
Die österreichische Schriftstellerin Sophie Reyer entwirft hier eine ungewöhnliche Familiengeschichte, ...

Schon das expressionistische Cover verrät, dass Mutter brennt kein allzu gemütliches Buch sein wird.
Die österreichische Schriftstellerin Sophie Reyer entwirft hier eine ungewöhnliche Familiengeschichte, bei der lange unklar ist, was real, was eingebildet ist.
Louise ist eine Frau mit 2 Kindern, Ina und Clemens. Aber gibt es diese wirklich? Ihr Exmann bestreitet, das sie Kinder haben.
So ist man als Leser schon früh irritiert und aus gerade diese Unsicherheit ergibt sich eine Spannung. Die Geschichte bezieht auch Sophie Mutter Eva mit ein, die vor ein paar Jahren gestorben ist und dich noch so allgegenwärtig scheint. Vor ihrem Tod war sie schon nicht mehr zurechnungsfähig.
Auch Sophies magersüchtige Tochter Ina gerät irgendwann in einen katatonischen Zustand.

Manche Passagen vermögen zu faszinieren, andere sind aber fast abstoßend geschildert. Ein wohlfühlen beim Lesen sollte man nicht erwarten, aber dieses Unbehagen ist gewollt, um Lesegewohnheiten aufzubrechen.
Es ist ein Roman auf den man sich einlassen muss.

Das Buch ist für den österreichischen Buchpreis nominiert. Man darf gespannt sein, wie es von der Jury aufgenommen wird.