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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 14.11.2019

Die hohe Kunst des Ausmistens und ihre Folgen

Der ist für die Tonne
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Ich habe schon einige Bücher von Ellen Berg gelesen. Über dieses habe ich mich besonders gefreut, behandelt es doch eine meiner Schwachstellen: ich kann mich nur sehr schwer von Dingen trennen.
Hannah ...

Ich habe schon einige Bücher von Ellen Berg gelesen. Über dieses habe ich mich besonders gefreut, behandelt es doch eine meiner Schwachstellen: ich kann mich nur sehr schwer von Dingen trennen.
Hannah ist Wohnungsentrümplerin und bringt systematisch Ordnung in jedes Chaos. Ihr nächster Auftrag ist sehr speziell: sie soll die zugerümpelte Villa der neusten Flamme ihrer Freundin Tess bewohnbar und aus dem flodderigen Hippielook des Angeschmachteten eine Augenweide machen. Es folgt ein aberwitziges Ringen um jedes Stück Inventar zwischen Pascal und Hannah, das mir beim Lesen schon die eine oder andere Lachträne in die Augen getrieben hat, und ein überraschender Leichenfund sorgt zudem für Aufregung.
Dieses Buch ist wie ein Überraschungsei: es ist Ratgeber, Frauenroman, Liebesroman und softer Krimi in einem und regt zur Selbstreflexion an. Der Schreibstil ist wie immer flüssig, lässt sich angenehm lesen, hat die richtige Dosis Humor und ist äußerst amüsant. Ich bin sofort in die Handlung eingetaucht, weil mir die Protagonisten und auch die Nebenfiguren fast durchweg sympathisch waren. Mit Hannah habe ich nach Lösungen gesucht, sich nicht in den Freund der besten Freundin zu verlieben; bei Pascals sinnlichen Ausführungen über Wein habe ich gebannt an seinen Lippen gehangen; Marie-Lus spirituelle Lebensweisheiten sind teilweise sicherlich Ansichtssache und Tess als drama-queen … ohne Worte.
Ellen Berg hat wieder einmal alles richtig gemacht und mir unterhaltsame Lesemomente geschenkt. Danke dafür.

Veröffentlicht am 30.10.2019

Ein Händchen für guten Kaffee

Der Duft der weiten Welt
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Mina Deharde entspricht so gar nicht dem gängigen Frauenbild Anfang des 20. Jahrhunderts. Sie weiß sehr genau, was sie nicht möchte: „nur“ ein Leben als Ehefrau und Mutter. Ihr Ziel ist es, im Kaffeekontor ...

Mina Deharde entspricht so gar nicht dem gängigen Frauenbild Anfang des 20. Jahrhunderts. Sie weiß sehr genau, was sie nicht möchte: „nur“ ein Leben als Ehefrau und Mutter. Ihr Ziel ist es, im Kaffeekontor ihrer Familie zunächst mitzuarbeiten, um es später einmal zu leiten. Zur damaligen Zeit ein schwerer, wenn nicht gar unmöglicher Plan.

Diese mutige junge Frau mit einem starken Willen ist die sympathische Protagonistin in der dreiteiligen Familiensaga um die Familie Deharde, die in der Hamburger Speicherstadt erfolgreich mit Kaffee handelt.
Der erste Teil spielt in den Jahren 1912-13 und gibt Einblicke in das Familienleben der Dehardes, das Leben und den Kaffeehandel in der Speicherstadt, Minas erste Liebe zu Edo, einem Angestellten ihres Vaters, aber auch einige Schicksalsschläge, die die ganze Familie betreffen.
Trotz der sehr kurzen Zeitspanne erlebt man die Entwicklung Minas vom „Backfisch“ zu einer jungen Frau, die trotz ihrer Jugend erstaunlich reif wirkt und sich nicht scheut, Entscheidungen zu treffen, die zwar zum Wohle der Familie sind, sie selbst aber nicht wirklich glücklich machen.
Neben Mina gibt es noch weitere interessante Charaktere, von denen ich einige schon ins Herz geschlossen habe, und natürlich dürfen auch die Umsympathen dabei nicht fehlen.


Fenja Lüders hat einen sehr angenehmen Schreibstil, so dass die Kapitel nur so dahingeflogen sind. Sie schildert die Geschehnisse dabei immer so realistisch, dass sehr schnell ein Kopfkino entsteht. Insbesondere die Schilderungen der Speicherstadt haben mir sehr gut gefallen. Die dort und im Hafen herrschende Atmosphäre ist schon eine besondere.

Der erste Teil war für meinen Geschmack viel zu schnell beendet und dann mit so einem Cliffhanger. Aber so steigt die Vorfreude auf den zweiten Teil.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Geschichte
  • Erzählstil
  • Atmosphäre
  • Thema
Veröffentlicht am 30.10.2019

Kryptische Botschaften

Dunkle Botschaft: Thriller
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„Dunkle Botschaft" ist das 4. Buch mit der Rechtsmedizinerin Julia Schwarz, die eine vermeintliche Selbstmörderin auf ihrem Obduktionstisch als Mordopfer identifiziert und Hinweise auf ein nächstes Opfer ...

„Dunkle Botschaft" ist das 4. Buch mit der Rechtsmedizinerin Julia Schwarz, die eine vermeintliche Selbstmörderin auf ihrem Obduktionstisch als Mordopfer identifiziert und Hinweise auf ein nächstes Opfer in Form eines Rätsels an der Leiche findet. Viel Zeit lässt der Mörder ihr und Kriminalkommissar Florian Kessler nicht. Julia Schwarz stolpert dabei eher zufällig über eine mögliche Rätsellösung und findet schon die nächste Leiche.
Wieder ist eine kryptische Nachricht hinterlassen, die die Ermittler und selbst die Spezialisten an den Rand der Verzweiflung bringen, läuft ihnen doch die Zeit weg.
Julia Schwarz und Florian Kessler bilden ein sympathisches Team, wobei mir in diesem Fall die Rechtsmedizinerin auf ihren Alleingängen ihre Nase doch ein wenig zu tief in die Ermittlungen gesteckt und darüber hinaus ihre Assistentin Lenja mit hineingezogen und so in Gefahr gebracht hat.
Parallel zu diesem Handlungsstrang gibt es einen weiteren. Wird hier die von Misshandlungen geprägte Kindheit und Jugend des Täters geschildert?
Catherine Shepherd hat es wieder einmal geschafft, dass nicht nur die Ermittler rätseln. Auch ich habe mich daran versucht, die Mitteilungen des Mörders zu entschlüsseln und die geschickt gelegten Spuren zuzuordnen, mögliche Motive zu durchleuchten oder Verdächtige auszuschließen. Der Schreibstil war wie immer so fesselnd, dass ich mich nur sehr schwer vom Buch trennen konnte, und der Spannungsbogen war vom Beginn bis zum Ende unverändert hoch. Wie schon so oft bei anderen ihrer Thriller war mir erst kurz vor dem Ende des Buches klar, wer hinter den Morden steckt. Genauso mag ich Thriller.
Von mir gibt es eine klare Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 28.10.2019

Hier steht viel zwischen den Zeilen

Winterbienen
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Egidius Arimond hat viele Talente. So fällt es dem an Epilepsie entlassenen Lehrer für Latein auch nicht schwer, seine Tage mit Leben zu füllen. Anfang 1944 ist der Alltag im beschaulichen Städtchen ...

Egidius Arimond hat viele Talente. So fällt es dem an Epilepsie entlassenen Lehrer für Latein auch nicht schwer, seine Tage mit Leben zu füllen. Anfang 1944 ist der Alltag im beschaulichen Städtchen Kall in der Eifel noch wenig vom Krieg berührt.
Egidius kümmert sich mit Hingabe und viel Herzblut um seine zahlreichen Bienenstöcke, die bis kurz vor der belgischen Grenze aufgestellt sind. Nebenbei betreibt er in der Bibliothek Ahnenforschung und übersetzt Fragmente eines Vorfahren aus dem 15. Jahrhundert.
Gut versteckt in unscheinbaren Büchern erhält er dort immer wieder Mitteilungen über jüdische Flüchtlinge, die er in seinen Bienenkörben über die Grenze bringt.

In Tagebuchform berichtet Egidius in kurzen Abschnitten über einen Zeitraum von ca. 18 Monaten, wie sich nicht nur sein bis dahin ruhig dahinplätschernde Alltag mit zunehmenden Kriegshandlungen verändert. Sein eigenes Leben wird zunehmend gefährdeter durch das Voranschreiten der Krankheit und die Bienen werden zunehmend aggressiver. Und immer wieder finden sich Parallelen zwischen dem Leben in einem Bienenvolk und den vorherrschenden Lebensbedingungen im Nazi-Deutschland oder auch den epileptischen Anfällen und den Kriegsbildern. Zitat: „Zuerst die Blitze vor meinen geschlossenen Augen, dann das Dröhnen in meinen Ohren…“
Der Autor schreibt schnörkellos, realistisch und nachhaltig beeindruckend . Es ist ein Buch der leisen Töne, bei dem sehr viel zwischen den Zeilen steht und für das man sich Zeit nehmen sollte, um es genießen zu können.

Veröffentlicht am 05.10.2019

Zeitgeschichte ist spannend

Die geliehene Schuld
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Der Roman „Die geliehene Schuld“ spielt im Nachkriegsdeutschland im Jahr 1949. Die politische Situation ist angespannt, die Besatzungsmächte üben sich im Tauziehen zwischen Ost und West.
Die Reporterin ...

Der Roman „Die geliehene Schuld“ spielt im Nachkriegsdeutschland im Jahr 1949. Die politische Situation ist angespannt, die Besatzungsmächte üben sich im Tauziehen zwischen Ost und West.
Die Reporterin Vera erhält nach dem plötzlichen tödlichen Unfall ihres Kollegen und langjährigen Freundes Jonathan dessen brisante Unterlagen und möchte für ihn Licht ins Dunkel seines letzten „Falles“ bringen. Dieser Handlungsstrang wechselt sich mit einem Rückblick auf Jonathans bisherige Ermittlungsergebnisse ab. Hier spielt eine weitere junge Frau namens Marie eine wichtige Rolle. Beide Handlungsstränge liegen zeitlich nahe beieinander und es wird immer aus wechselnden Perspektiven erzählt, was die Handlung sehr lebendig macht. Der Spannungsbogen ist in beiden Zeitfenstern gleich hoch, so dass es sehr schwer fällt, das Buch zwischendurch aus der Hand zu legen. Beide Protagonistinnen sind sehr sympathische und mutige Charaktere, beide auf der Suche nach der Wahrheit und einem Neuanfang. Dieser Roman beweist, dass deutsche Zeitgeschichte nicht trocken sein muss, ganz im Gegenteil: die Lektüre hat mich mehr gefesselt als so mancher Krimi und so ganz nebenbei ist auch noch Raum für eine zarte Liebesgeschichte.
Meiner Meinung nach kann man aus dieser Zeit nie genug Bücher lesen. Welche Netzwerke aus Korruption und Vertuschung sich damals aufgetan haben entsetzt mich immer noch.
Eine ganz klare Leseempfehlung.