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Veröffentlicht am 17.12.2019

Wie weit darf Mutterliebe gehen?

Die Welt nach der Flut
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Myra erinnert sich noch an die Welt vor der großen Flut, als sie in einem Haus in Nebraska wohnte. Sie erinnert sich noch an den Duft von Flieder und den Tag, an dem ihr Mann die gemeinsame Tochter Row ...

Myra erinnert sich noch an die Welt vor der großen Flut, als sie in einem Haus in Nebraska wohnte. Sie erinnert sich noch an den Duft von Flieder und den Tag, an dem ihr Mann die gemeinsame Tochter Row kidnappte und sie bereits mit Pearl schwanger war.
Sieben Jahre später lebt sie auf einem Segelschiff und der Boden unter ihren Füßen schwankt ständig. Wasser bedeckt einen großen Teil der Erde. Die Menschen haben neue Kolonien auf Bergspitzen gebaut.
Pearl begleitet ihre Mutter Myra auf dem Boot. Die beiden ernähren sich vom Fischfang und den Dingen, die sie in den Küstenorten eintauschen können.
Eines Tages findet Myra eine Spur ihrer lange verschollenen Tochter Row.

Die Autorin beschreibt das Leben auf dem Meer, den täglichen Überlebenskampf und die allgegenwärtige Angst vor Piratenschiffen in eindringlichen und archaischen Bildern.

»Wir verwendeten zwar immer noch die Namen der alten Meere, doch in Wahrheit waren sie längst zu einem einzigen riesigen Ozean zusammengeflossen, mit kleinen Fleckchen Festland darin, die wie vom Himmel gefallene Brotkrumen aussahen.
Am Horizont graute der Morgen. Pearl verstaute das Bettzeug unter der Persenning, dort, wo sie vor sieben Jahren zur Welt gekommen war. Während eines Gewittersturms, dessen Blitze so weiß glühend gewesen waren wie meine Schmerzen.«

Mit der Zivilisation schwindet schnell auch die Moral. Könnte ich um Lebensmittel kämpfen? Andere verletzten oder auch töten, wenn es sein müsste? Könnte ich andere ins Verderben führen, nur um meine Tochter wiederzufinden?

Ich hatte teilweise Schwierigkeiten, den Hauptcharakter zu respektieren. Myra setzt den Wunsch, zu ihrer Tochter Row zu gelangen, vor das Wohl anderer Menschen. Selbst Pearl fühlt sich von ihrer Mutter nicht gehört.
Ich erwarte keine perfekten Protagonisten. Sie können auch mal schwach sein oder Fehler machen, aber mit Manipulation habe ich meine Schwierigkeiten, wenn das Gegenüber bisher immer fair gehandelt hat.
Ist mein Urteil ungerecht? Wer weiß, wie ich in der gleichen Situation gehandelt hätte? Hätte ich auch alle Moral fallen lassen, um meine älteste Tochter zu finden?

Ich empfand den Plot sowie die beiden starken weiblichen Hauptfiguren als sehr spannend. Und Kassandra Montag erzählt in einer poetischen, aber schlichten Sprache, die sich flüssig lesen lässt. Leider war ich jedoch emotional nicht so begeistert, dass ich die volle Punktzahl vergeben könnte. Aber vielleicht beurteile ich Myra auch zu hart, weil ich selbst keine Kinder habe, und ich mich nicht in ihre Lage versetzen kann. Ich hätte mir auch gewünscht, dass die Handlung an manchen Stellen leicht gestrafft worden wäre.

Trotzdem empfehle ich das Buch zu lesen, da es kontrovers ist und zum Nachdenken anregt. Eine Geschichte über Mutterliebe, das Überleben und Menschlichkeit.
Ein Roman, der sicher zum Gesprächsthema werden wird.

Veröffentlicht am 03.12.2019

Eine Sammlung skurril absurder und satirischer Texte über Technik, Kommunikation und den Wandel der Gesellschaft

Bit Rot
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»Eines Tages bist du aufgewacht, und alle um dich herum hatten Zähne wie ein Gameshow-Moderator.«

Erinnert sich jemand an die Begriffe “Generation X” und “MacJob”? Das waren Kreationen von Douglas Coupland.
Der ...

»Eines Tages bist du aufgewacht, und alle um dich herum hatten Zähne wie ein Gameshow-Moderator.«

Erinnert sich jemand an die Begriffe “Generation X” und “MacJob”? Das waren Kreationen von Douglas Coupland.
Der in Deutschland geborene, kanadische Autor hat in Japan und Italien gelebt und inzwischen fünfzehn Romane veröffentlicht. Außerdem ist er Designer und bildender Künstler.

Viele der Kurzgeschichten in diesem Buch stammen aus dem Roman “Generation A” aus dem Jahr 2007. Die non-fiktionalen Texte sind aus seiner Kolumne bei der Financial Times (20013-20015).

Die Texte sind bisweilen absurd lustig, satirisch bis sehr absurd. Er schreibt über Individualität, Anonymität, Drohnen, Aliens, Bibliomanie, Superman in einer Bar und unrühmliches Feng Shui.
Er erzählt kleine Anekdoten aus der Kunstszene, erläutert wer mit einer Metadatenplakette ausgezeichnet werden sollte und was ein “Future Blip” ist.

Manche der Texte erscheinen wie ein Zeugnis einer längst vergangenen Zeit (obwohl sie nur wenige Jahre alt sind) und gleichzeitig aktuell wie nie.

Über “Normcore”:
»Soll doch die NSA in meinen E-Mails lesen wie im Kaffeesatz. Ich mache mich absichtlich un-unverwechselbar. Ich strafe die Welt mit meiner Farblosigkeit, und wenn ihr meine Metadaten scannt, werdet ihr einschlafen, bevor ihr irgendwas Interessantes findet.«

Über Nostalgie: »Und dabei meine ich nicht mal die Sehnsucht nach der eigenen Jugend – ich meine die Sehnsucht nach vor fünf Jahren. Oder vor drei Jahren meinetwegen. Oder nach dem Leben vor Twitter.«

Eine kurzweilige Chronik des immer schneller werdenden Wandels und eine amüsante Lektüre für Zwischendurch.

Veröffentlicht am 03.12.2019

Exzellent recherchierter Spionagethriller über Quantencomputer und die chinesische Kultur

Quantum Spy
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CIA-Officer Harris Chang will in China einen Informanten anwerben, der ihn bei der Suche nach einem Maulwurf unterstützen soll. Denn ein Mitglied der CIA verrät Geheimnisse über Quanteninformatik an den ...

CIA-Officer Harris Chang will in China einen Informanten anwerben, der ihn bei der Suche nach einem Maulwurf unterstützen soll. Denn ein Mitglied der CIA verrät Geheimnisse über Quanteninformatik an den Feind.
Chang ist in den USA geboren und in West Point ausgebildet worden. Könnte er der Doppelagent sein, oder ist das nur ein Vorurteil, das man ihm entgegenbringt, weil er chinesische Vorfahren hat?

Der Quantencomputer ist die nächste wichtige Technologie, die dem, der sie besitzt Macht und Vorsprung verspricht. Die USA und China kämpfen um die Vorherrschaft auf diesem zukunftsträchtigen Gebiet.

David Ignatius, Journalist bei der Washington Post, hat einen exzellent recherchierten Spionagethriller geschrieben. Man spürt, dass er sich auskennt. Die Beschreibungen der chinesischen Kultur, die eingestreuten chinesischen Sätze, die Erläuterungen der Funktionsweise eines Quantencomputers haben für mich ein sehr realistisches Bild erschaffen.
Die Geschichte spielt an verschiedenen Schauplätzen auf der ganzen Welt - in Hongkong, Mexiko, Langley, Amsterdam, Kyoto, Washington, Singapur.

Leider hat es eine Weile gedauert, bis ich eine emotionale Verbindung zu den Protagonisten aufbauen konnte. Auch fehlte mir am Anfang die Intensität von persönlichen Konflikten, die für Spannung gesorgt hätten.
Dafür war das Ende sehr elegant, denn die Themen "Einwanderung" und "Quanten" scheint Ignatius nicht ohne Grund miteinander verbunden zu haben.
Gut gefallen hat mir außerdem, dass es zwei weibliche Spioninnen gab. Ich empfinde es leider immer noch als Besonderheit, von Frauen zu lesen, die ganz selbstverständlich in wichtigen Positionen arbeiten.

Ein solide geschriebener Thriller, der mir die Welt der Quantencomputer und die chinesische Kultur näher gebracht hat. Auch die Schilderung des Schicksals chinesischer Einwanderer beim Bau der Atlantic und Pacific Railroad war für mich ein neues, interessantes Thema.

Veröffentlicht am 03.12.2019

Exzellent recherchierter Spionagethriller über Quantencomputer und die chinesische Kultur

Quantum Spy
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CIA-Officer Harris Chang will in China einen Informanten anwerben, der ihn bei der Suche nach einem Maulwurf unterstützen soll. Denn ein Mitglied der CIA verrät Geheimnisse über Quanteninformatik an den ...

CIA-Officer Harris Chang will in China einen Informanten anwerben, der ihn bei der Suche nach einem Maulwurf unterstützen soll. Denn ein Mitglied der CIA verrät Geheimnisse über Quanteninformatik an den Feind.
Chang ist in den USA geboren und in West Point ausgebildet worden. Könnte er der Doppelagent sein, oder ist das nur ein Vorurteil, das man ihm entgegenbringt, weil er chinesische Vorfahren hat?

Der Quantencomputer ist die nächste wichtige Technologie, die dem, der sie besitzt Macht und Vorsprung verspricht. Die USA und China kämpfen um die Vorherrschaft auf diesem zukunftsträchtigen Gebiet.

David Ignatius, Journalist bei der Washington Post, hat einen exzellent recherchierten Spionagethriller geschrieben. Man spürt, dass er sich auskennt. Die Beschreibungen der chinesischen Kultur, die eingestreuten chinesischen Sätze, die Erläuterungen der Funktionsweise eines Quantencomputers haben für mich ein sehr realistisches Bild erschaffen.
Die Geschichte spielt an verschiedenen Schauplätzen auf der ganzen Welt - in Hongkong, Mexiko, Langley, Amsterdam, Kyoto, Washington, Singapur.

Leider hat es eine Weile gedauert, bis ich eine emotionale Verbindung zu den Protagonisten aufbauen konnte. Auch fehlte mir am Anfang die Intensität von persönlichen Konflikten, die für Spannung gesorgt hätten.
Dafür war das Ende sehr elegant, denn die Themen "Einwanderung" und "Quanten" scheint Ignatius nicht ohne Grund miteinander verbunden zu haben.
Gut gefallen hat mir außerdem, dass es zwei weibliche Spioninnen gab. Ich empfinde es leider immer noch als Besonderheit, von Frauen zu lesen, die ganz selbstverständlich in wichtigen Positionen arbeiten.

Ein solide geschriebener Thriller, der mir die Welt der Quantencomputer und die chinesische Kultur näher gebracht hat. Auch die Schilderung des Schicksals chinesischer Einwanderer beim Bau der Atlantic und Pacific Railroad war für mich ein neues, interessantes Thema.

Veröffentlicht am 19.11.2019

Unterhaltsamer Roman mit einer lebensfrohen Protagonistin

Die vollkommene Lady
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»Er hatte sie von ihrer sonnigen Mauer der Selbstzufriedenheit heruntergescheucht, er hatte ihr gezeigt, dass ihre Darstellung einer Dame nicht so überzeugend war, wie sie geglaubt hatte.«

London in den ...

»Er hatte sie von ihrer sonnigen Mauer der Selbstzufriedenheit heruntergescheucht, er hatte ihr gezeigt, dass ihre Darstellung einer Dame nicht so überzeugend war, wie sie geglaubt hatte.«

London in den 30ern - Julia Packett lebt in den Tag hinein und genießt ihr Leben, soweit ihre Finanzen dies zulassen. Nach sechzehn Jahren hört sie das erste Mal wieder von ihrer Tochter Susan. Diese möchte unbedingt heiraten, benötigt dazu jedoch das Einverständnis ihrer Mutter.
Julia reist flugs nach Frankreich. Sie hat sich fest vorgenommen, als vollkommene Dame aufzutreten, um ihre Tochter zu beeindrucken. Während Julia gern äußerst kreative Geschichten erfindet, um ihre Ziele zu erreichen, ist Susan das komplette Gegenteil ihrer Mutter - verantwortungsbewusst und idealistisch.

Auf den ersten Blick erkennt Julia sich in dem Verlobten wieder. Bryan ist genauso abenteuerlustig wie sie und somit nicht für ein Eheleben geeignet. Als Mutter setzt sie sich in den Kopf, Susan vor einem falschen Schritt zu bewahren.
Unglücklicherweise hat Bryan Julias vornehme Fassade durchschaut und beginnt sie zu provozieren.
Wer wird wen als erstes enttarnen?
Als auch noch Susans Vormund anreist, ist das Chaos komplett. Julia fühlt sich von dem distinguierten Sir William Waring angezogen, und es fällt ihr immer schwerer, ihre Rolle überzeugend weiterzuspielen.

Die Autorin Margery Sharp hat den Roman 1937 geschrieben. Viele ihrer Romane wurden Bestseller und sogar verfilmt. Bekannt ist sie ebenfalls als Autorin der Kinderbücher der Reihe “Bernhard und Bianca”.

Sharp hat Charaktere, die unterschiedlicher nicht sein könnten, in einer Luxusvilla in Frankreich platziert. Mit herrlich trockenem Tonfall beschreibt sie den Fortgang der Ereignisse.
Die unbeschwerte Julia sieht die Welt als ihren Spielplatz. Sie ist eine Schnorrerin und Geschichtenerzählerin (höflich ausgedrückt für eine Lügnerin) mit manchmal erstaunlichen Anwandlungen von Verantwortung und Liebenswürdigkeit. Über die Jahre hat sie einiges an Lebenserfahrung erworben und möchte diese an ihre Tochter weitergeben.

Meine Gefühle dem Roman und Julia gegenüber sind ambivalent. Einerseits sprechen einige Passagen von großer Menschenkenntnis und beschreiben die damalige Gesellschaft und ihre Vorurteile. Die Protagonisten sind zudem sehr geschickt konstruiert, denn sie spiegeln sich gegenseitig in ihren Fehlern und Tugenden.
Andererseits ist Julia, für eine fast vierzigjährige Frau, bisweilen unverfroren selbstzentriert und verantwortungslos. Hier wandelt die Autorin auf einer feinen Linie zwischen Humor und Ernst. Denn nicht immer kann ich Julia mit liebevollem Blick betrachten. Vielleicht ähnele ich darin Susan - ich bin zu kritisch. ;) Oder es liegt daran, dass ich nicht einschätzen kann, wie die Autorin etwas meinte, als sie den Roman vor über 80 Jahren geschrieben hat. Julia nennt Männer “privilegiertes Geschlecht” und macht sich Sorgen um ihre Figur - ist das Ironie? Der Schreibstil Margery Sharps hat mir jedoch so gut gefallen, dass ich gerne noch ein anderes ihrer Bücher lesen würde.

Ein humorvoller Roman, der nicht immer ganz ernst genommen werden sollte und trotzdem erstaunliche Wahrheiten enthält.