Platzhalter für Profilbild

mabuerele

Lesejury Star
online

mabuerele ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit mabuerele über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 05.12.2019

Berührende Geschichte

Sehnsucht nach St. Kilda
0

„...Die Landschaft war nicht lieblich, aber in ihrer Einzigartigkeit so großartig und majestätisch, dass Rachel davon schwindelte. Sie konnte sich nicht erinnern, je ähnlich Friedvolles gesehen zu haben...“

Annie ...

„...Die Landschaft war nicht lieblich, aber in ihrer Einzigartigkeit so großartig und majestätisch, dass Rachel davon schwindelte. Sie konnte sich nicht erinnern, je ähnlich Friedvolles gesehen zu haben...“

Annie McVicca ist 8 Jahre alt, als die Bewohner der Insel St. Kilda 1930 aufs Festland evakuiert werden. Damals ahnt Annie nicht, dass sie die Insel nie wieder betreten wird. Mit ihr auf dem Schiff ist Finlay, ihr zwei Jahre älterer Freund.
Rachel Morrisson ist seit vier Jahren Witwe. Mit ihrem kleinen Sohn Sam lebt sie in London. Doch ihr Gehalt ist zum Leben zu wenig und zum Sterben zu viel.

„...Sams Unfall hatte ihr eine kurzen Ausstieg aus dem Hamsterrad verschafft. […] Ihr Leben wurde von dürftig verwobenen Fäden zusammengehalten. Riss einer davon, riffelten alle Maschen auf...“

Deshalb entschließt sie sich zu einer Veränderung. Sie zieht nach Schottland zu ihrer Oma Annie. Die betreibt eine Teestube.
Dort bekommt Rachel einen Job als Köchin für einen Sommer auf St. Kilda angeboten.
Die Autorin hat eine berührende Geschichte geschrieben. Das Buch enthält zwei Handlungsstränge. Zum einen darf ich Rachel auf ihren neuen Weg begleiten, zum anderen erfahre, wie die letzten Einwohner auf St. Kilda gelebt haben. Es sind gleichzeitig Annies Erinnerungen, die Rachel in Worte fasst.
Der Schriftstil lässt sich angenehm lesen. Er ist abwechslungsreich. Schon das Eingangszitat zeigt, wie es der Autorin gelingt, Naturbeobachtungen und persönliche Befindlichkeiten miteinander zu verknüpfen.
Annies Erinnerungen beginnen 1929. Sie beschreiben eine harte und entbehrungsreiche Kindheit. Doch die Bewohner der Insel waren frei. Trotzdem mussten sie eine Entscheidung treffen. Sie wussten, dass sie den nächsten strengen Winter nicht überstehen würden. Medizinische Versorgung war nur von schottischen Festland aus möglich. Wenn die Ernte des Sommers gering war, war Hunger vorprogrammiert. Doch man stand füreinander ein. Keiner wurde allein gelassen. Hochzeit, Freude, Trauer – jeder nahm Anteil. Alte Legende sind in die Erinnerungen eingewoben.

„...Nach dem Hochzeitsfest, das einige Tage nach der Verlobung stattfand, folgte ein Gottesdienst in der Kirche. Annie fand es merkwürdig, dass es auf dem Festland angeblich andersherum gehandhabt wurde: erst die Trauung, dann das Fest...“

In der Gegenwart fühlt sich Rachel im Team auf der Insel wohl. Allerdings vermisst sie ihren kleinen Sohn, der bei der Großmutter geblieben ist.
Ab und an durchzieht ein feiner Humor die Geschichte.

„...Und warum plage ich mich dann jeden Tag damit, mein Arbeitsgerät zu säubern, während Chloé immer einen der Jungs dazu bringt, das für sie zu erledigen?...“

Deutlich wird, dass auch heute das Leben auf der Insel mit Gefahren verbunden ist. Plötzlich einsetzende Wetteränderungen haben Rachel auf einen ihrer Spaziergänge in eine kritische Situation gebracht. Die Arbeit auf St. Kilda hinterlässt bei Rachel Spuren. Sie muss sich entscheiden, wie sie ihr weiteres Leben gestalten will.
Gekonnt werden weitere Lebenswege in die Handlung integriert. Schön ausgearbeitete Gespräche ermöglichen mir einen Blick in die Gedankenwelt der Protagonisten. Dabei geht es durchaus um ernste Themen. Annie ermahnt Rachel:

„...Du kannst den Jungen nicht in einen Glaskasten stecken. […] Leben ist zerbrechlich. Trotzdem muss es mit beiden Händen gelebt werden. Sonst ist jeder Tag vergeudet...“

Es geht auch um Schuld und Vergebung, um den Umgang mit der Vergangenheit und die Erinnerung an die, die schon gegangen sind.
Eine Karte der Insel ergänzt das Buch.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Es ist ein bewegender Roman, der durch seine vielen unterschiedlichen Facetten besticht und den letzten Einwohnern von St. Kilda ein literarisches Denkmal setzt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 05.12.2019

Weihnachtsdorf in Gefahr!!

Kathrinchen Zimtstern und die wundersame Weihnachtspost
0

„...Nun stand die kleine Truppe unter dem Papierkorb und wartete ungeduldig, dass es losging. Von Weitem ertönte eine Musikkapelle und dann kamen sie: stolze Männer in Bergmannstracht, mit Schlägel und ...

„...Nun stand die kleine Truppe unter dem Papierkorb und wartete ungeduldig, dass es losging. Von Weitem ertönte eine Musikkapelle und dann kamen sie: stolze Männer in Bergmannstracht, mit Schlägel und Eisen in der Hand, bunte Wappen und kostbar bestickte Fahnen vor sich hertragend...“

In einer kleinen Stadt im Erzgebirge werden zur Adventszeit die erzgebirgischen Figuren lebendig. Wie das Eingangszitat zeigt, beobachten sie gerade die Bergparade. Später begeben sie sich auf den Weihnachtsmarkt. Während einer Karussellfahrt werden das Engelchen Kathrinchen und der Nussknacker Johann plötzlich in einer geheime Wichtelzentrale unter der Stadt katapultiert. Dort erwartet sie deren Geheimdienstchef Wolfi W. Wachsam. Er braucht ihre Hilfe. Weltweit sind Gefangene aus den Gefängnissen geflohen und bedrohen nun das Weihnachtsdorf im hohen Norden.
Der Autor hat erneut ein spannenden Abenteuer mit bekannten Weihnachtsfiguren in 24 Kapiteln wie ein Adventskalender geschrieben. Auch der dritte Band ist gespickt mit einer Menge an Überraschungen. Gleichzeitig begegne ich alten Bekannten wieder wie dem Berberaffen Charlie aus Gibraltar. Doch auch neue Figuren werden in die Geschichte integriert und offenbaren ein völlig ungewöhnliches Verhalten. Die Hexe Befana aus Italien zum Beispiel erzählt die Weihnachtsgeschichte.
Kathrinchen und Johann haben ein Problem. Es fehlt jeder Hinweis darauf, wie die Ausbrüche gelingen konnten. Das aber kann Kathrinchen in ihrem Eifer nicht aufhalten.

„...Johann, die Nuss ist hart und wir sind klein, aber aufgeben?? Nein, nein, nein!...2

Währenddessen warten bei Professor Schlumann die anderen Figuren auf Nachricht von Johann. Am liebsten möchten sie selbst die Initiative ergreifen. Der Nussknacker General von Beißer weiß, dass dies so nicht geht.

„...Natürlich wollte er auch endlich loslegen...aber alles, so seine Überzeugung, hat seine Zeit und manchmal muss man sich gedulden...“

Dann werden die Figuren ins Weihnachtsdorf gerufen, um es für die Verteidigung vorzubereiten. Doch der Fall löst sich auf völlig unerwartete Weise.
Sehr schöne Zeichnungen illustrieren die Geschichte. Außerdem sind die Nummern der Kapitel in Weihnachtskekse geschrieben. Das Rezept für Zimtsterne rundet das Buch ab.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Der Schriftstil lässt sich angenehm lesen und passt für die Zielgruppe.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 30.11.2019

Abenteuer im Heiligen Land

Die Gebote des Templers
0

„...Diese Templer sind hochmütig, verschlagen und nur auf Gewinn bedacht. Jeden Befehl ihres Oberen muss man widerspruchslos ausführen, egal wie unsinnig er ist. Viele tapfere Männer haben das mit ihrem ...

„...Diese Templer sind hochmütig, verschlagen und nur auf Gewinn bedacht. Jeden Befehl ihres Oberen muss man widerspruchslos ausführen, egal wie unsinnig er ist. Viele tapfere Männer haben das mit ihrem Leben bezahlt...“

Der Tempelritter Guillaume de Born wartet in Akkon auf seinen Prozess. Bei einer seiner Sauftouren war im Freudenhaus gelandet. Der Orden verlangt Keuschheit. Den einzigen Zeugen allerdings hat er beseitigt.
Vor Jahren ist der jüdische Goldschmied Ismael aus Köln geflohen. Er hat sich in Jerusalem ein neues Leben aufgebaut. Seine Nichte Leah kümmert sich um ihn. Da bietet ihm der Moslem Harit eine Engelsfigur an, die er im Schutt unter dem Tempel gefunden hat. Ismael erkennt darin einen Cherubim. Sollte es der Cherubim der Bundeslade sein?
Der Autor hat einen spannenden historischen Roman geschrieben. Darin verknüpft er verschiedene Lebensgeschichten. Wie schon das Eingangszitat zeigt, räumt er mit der Verklärung der Tempelritter auf.
Der Schriftstil lässt sich angenehm lesen. Gekonnt versetzt mich der Autor in das Jahr 1193. Dazu gehört auch, dass die Dialoge der Protagonisten natürlich die Ansichten der damaligen Zeit widerspiegeln.
Detailgenau werden die Handlungsorte beschrieben, seien es Rastplätze in der Wüste, Jerusalem oder das Ordenspalais in Akkon.

„...Das wuchtige Ordenspalais lehnte sich an eine dreißig Fuß hohe Verteidigungsmauer und war das größte Gebäude der Templerburg im Nordosten von Akkon. [,,,] Aus hellem Kalkstein errichtet, streckte es sich Ehrfurcht gebietend in den wolkenverhangenen Himmel...“

Guillaume bekommt eine letzte Chance. Er soll nach Jerusalem gehen, dort einen Assassinen treffen und dem einen Auftrag vermitteln. Guillaume ahnt nicht, dass dabei sein Tod schon beschlossene Sache ist.
In Jerusalem wird ihm ebenfalls ein Cherubim angeboten. Er überfällt Ismael und bringt die restlichen Teile der Bundeslade an sich. Bei einem Überfall in der Wüste, bei dem er knapp mit dem Leben davon kommt, verliert er sie wieder. Harit und Leah finden ihn und begleiten ihn nach Akkon.
Die äußere Spannung des Buches ergibt sich aus den Gefahren der Reisen in der damaligen Zeit, aber auch aus den Problemen, die durch Intrige und Hass entstehen. Guillaume weiß nachdem Überfall, dass es die eigenen Leute waren, die ihm auf die Spur gesetzt wurden. Das Buch ist aber auch durch eine innerer Spannung gekennzeichnet. Die zeigt sich im Wandel der Protagonisten. Am deutlichsten wird das bei Guillaume.
Ein gebettet in die Handlung sind die Lebensgeschichten von Harit und Ismael. Beide ermöglichen einen Blick auf das vergangene Geschehen im heiligen Land. Gleichzeitig wird klar, dass sich Freund und Feind nicht so leicht trennen lassen. Auch unter den Ritter gibt es solche und solche. Ehrgeiz und Mordlust treffen auf Menschlichkeit und Treue. Für manche ist Rache ein passendes Motiv.

„...“Oh, mit Rache kennt sich Walter aus“, bemerkte Hartung trocken. „sie ist süß, aber sehr bitter im Nachgeschmack.“...“

Das Zitat ist ein kleinen Ausschnitt aus den vielen gut ausgearbeiteten Dialogen, die mir als Leser einen Einblick in die Gedankenwelt der damaligen Zeit geben. Manches lässt sich problemlos auf das Heute übertragen.
Ein Glossar, ein Personenverzeichnis und ein inhaltsreiches Nachwort des Autors schließen die fesselnde Geschichte ab.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Es zeugt nicht zuletzt von der umfangreichen Recherche des Autors.

Veröffentlicht am 29.11.2019

Eine unerwiderte Liebe und die Folgen

Der Fjord schweigt
0

„...Man soll die Vergangenheit ruhen lassen. Du reißt nur alte Wunden damit auf...“

Annika verabschiedet sich auf der Palliativstation von ihrem Vater. Der fordert Iris, seine zweite Frau, auf, Annika ...

„...Man soll die Vergangenheit ruhen lassen. Du reißt nur alte Wunden damit auf...“

Annika verabschiedet sich auf der Palliativstation von ihrem Vater. Der fordert Iris, seine zweite Frau, auf, Annika einen Briefumschlag zu geben. Sie weiß, dass Kerstin, Annikas Mutter, dagegen wäre.
Als Iris mit Annika allein ist, fällt das Eingangszitat. Nach langem Zögern übergibt Iris doch Annika die Dokumente. Und die fällt aus allen Wolken, als sie liest, dass sie einen Zwillingsbruder hatte, der als Kleinkind bei einem Urlaub in Norwegen verstorben ist.
Annikas Fragen werden sowohl von der Mutter als auch von Iris abgeblockt. Daraufhin entschließt sich Annika, an den Ort des Geschehens zu fahren und einige Tage in Norwegen zu verbringen.
Die Autorin hat einen spannenden Gegenwartsroman geschrieben. Was wie eine geheimnisvolle Familiengeschichte beginnt, entwickelt sich bald zu einem rasanten Krimi.
Der Schriftstil lässt sich angenehm lesen. Die Geschichte hat mich schnell in ihren Bann gezogen.
Wie es der Zufall (oder die Autorin) so will, macht Annika in derselben Hütte Urlaub, die damals auch ihre Eltern gemietet haben. Als Annika das Gästebuch in die Hand nimmt, ahnt sie nicht, dass eine weitere überraschende Entdeckung auf sie wartet. Ihre Elten haben ihr nicht nur die Existenz des Zwillingsbruders verschwiegen.
Auf geschickte Art und Weise rollt die Autorin nach und nach die Vergangenheit auf. Einerseits lernt Annika die Brüder Erik und Jan kennen, deren Familie die Hütte gehört und die sie nicht nur mit der norwegischen Landschaft vertraut machen, sondern bereit sind, sie bei der Beantwortung ihrer Fragen zu unterstützen. Andererseits ist Kerstin nun bereit, ihrer Tochter am Telefon Episoden aus ihrem Leben zu erzählen. Im Mittelpunkt dessen steht der junge Norweger Morten, der in Kerstin verliebt war, sie aber nicht in ihn, was sie ihm auch deutlich gesagt hat. Da er allerdings mit Stefan, Kerstins Mann, befreundet war, ließen sich Begegnungen nicht immer vermeiden. Eine seiner Antworten lautet.

„...Du hast mir mein [...] Herz gebrochen, wie einen Ast auf den Weg, den man zur Seite schleudert...“

Gut wird die raue Landschaft Norwegens beschrieben. Dafür findet die Autorin passende Metapher.
Doch nicht nur in Annikas Familie hat die Trauer das Leben geprägt, denn nach dem Tod des Sohnes war Kerstin nicht mehr dieselbe. Auch Jan und Erik haben damit zu kämpfen, dass sie in jungen Jahren die Mutter verloren haben.
Die Autorin hat ein kompliziertes Geflecht aus Schuld und Lügen aufgebaut, deren eigentlicher Hintergrund sich erst nach und nach erschließt. Plötzlich ist nichts mehr so, wie es scheint.
Natürlich ist auch die junge Generation nicht vor Gefühlschaos gefeit. Sowohl Jan als auch Erik rechnen sich bei Annika Chancen aus. Die macht aber beiden klar, dass sie keine Beziehung will. Manchmal jedoch spielt das Leben anders.
Die Geschichte hat mir ausgezeichnet gefallen.

Veröffentlicht am 28.11.2019

Sehr informativer und spannender historischer Roman

Das weiße Gold der Hanse
0

„...Plötzlich wusste der Junge: Dieser Tag würde anders werden als alle Tage zuvor, seit sie in See gestochen waren. Anders als alle Tage seines Lebens bisher...“

Wir schreiben das Jahr 1275. In Lübeck ...

„...Plötzlich wusste der Junge: Dieser Tag würde anders werden als alle Tage zuvor, seit sie in See gestochen waren. Anders als alle Tage seines Lebens bisher...“

Wir schreiben das Jahr 1275. In Lübeck besucht der Ratsherr Bertram Morneweg die Baustelle des Heiligen-Geist-Spitals. Für ein besonderes Gemälde hat er den jungen Maler Johannes engagiert.
Der aber ist gerade in einer Lebenskrise und zweifelt am Sinn seines Tuns. Daraufhin erzählt ihm der Ratsherr eine Geschichte.
Der Autor hat einen spannenden und abwechslungsreichen historischen Roman geschrieben. Zwei Handlungsstränge werden gekonnt miteinander verknüpft. Das ist zum einen das Geschehen ab dem Jahre 1275, zum anderen die Erzählung des Ratsherrn, die 1231 mit dem Prolog beginnt. Daraus stammt das Eingangszitat. Der Junge erlebt an diesem Tag, dass das Schiff des Vaters von Piraten überfallen wird. Als ihn später eines der Schiffe aus dem Wasser fischt, sieht auf den Planken seinen toten Vater liegen. Ihm selbst fehlt jede Erinnerung an Herkunft und Namen. Dass er überlebt, verdankt er der Sklavin des Schiffsherrn, der Jüdin Rebecca.
Der Schriftstil lässt sich gut lesen. Er passt sich dem Handlungsverlauf an. Der Ratsherr Morneweg redet nicht nur über Barmherzigkeit, er übt sie tatkräftig aus. Gleichzeitig geht er behutsam mit den Schwächen seiner Mitmenschen um. Er gibt ihnen lieber eine Chance zu viel als zu wenig. Mir gefällt sein trockene Humor. Immer wieder kommt ihm der oberste Pfarrherr in die Quere. Deshalb wünscht er sich:

„...Schenke diesem zornigen und stolzen Mann endlich einen Kardinalshut. In Rom kann er unserem schönen Lübeck keinen Schaden zufügen...“

!931 erhält der Junge von Rebecca den Namen Moses. An seiner Seite erlebe ich als Leser das Geschehen an Bord, seine Arbeit als Diener des Kapitäns in Wismar und seine Reise nach Lübeck. Diese Stadt soll ein Wendepunkt in seinem Leben werden. Die kleine Kaufmannstochter Trudi mag ihn. Deshalb bietet ihn sein Vater eine Stelle als Lehrling bei sich an.
Gut wird dargestellt, wie Handel und Wandel in Lübeck zu jener Zeit funktionierten. Als neuer Lehrling war man erst einmal ein Spielball der gestandenen Gesellen. Später darf ich den jungen Gesellen nach Schweden und ins russische Nowgorod begleiten. Der Handel in Europa macht gerade eine schwierige Zeit durch, denn von Osten kommen die Heere der Mongolen.
Der Autor legt auch auf Kleinigkeiten wert. Wo es notwendig ist, erklärt er historische Fakten. So erfahre, was eine bestimmte Summe Geld damals Wert war, wie der Stand beim Brauen des Bieres war und welche Handelsgüter zwischen den Ländern ausgetauscht wurden.
Zu den stilistischen Besonderheiten des Buches gehören für mich etliche der Dialoge. Iim Gespräch von Rebecca mit den 10jährigen Moses geht es um Grundfragen des Glaubens.

„...Der Gütige und Allmächtige ruft uns zu sich, wann immer er will, Moses. So wie er keinen von uns gefragt hat, ob er geboren werden will, fragt er auch keinen von uns, ob und wann er sterben will...“

Gerade die Gespräche mit Rebecca werden Moses für sein Leben prägen. Auch Bertrams gedankliche Gebete zeugen davon.
Im Buch geht es um Eigennutz und Barmherzigkeit, um echte Freundschaft und Verrat aus Scham und Neid, um tiefe und uneigennützige Liebe. .
Eines Tages wird der Junge dem Mann gegenüberstehen, der seinen Vater getötet hat. Nun muss er sich entscheiden.
Eingebettet in das Geschehen sind weitere Lebensgeschichten, so die eines schottischen Mönchs oder die Rebeccas.
Eine Zeittafel, eine historische Karte, ein Personenverzeichnis, ein inhaltsreiches Nachwort des Autors und ein Glossar ergänzen das Buch.
Die Geschichte hat mir ausgezeichnet gefallen. Sie besitzt einen hohen Spannungsbogen, ist exakt recherchiert und gibt die Lebensverhältnisse anschaulich wieder.