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Veröffentlicht am 10.12.2019

Genialer, temporeicher und äußerst packender Thriller

In den Klauen des Falken
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INHALT
Zack Herry erreicht die Stockholmer U-Bahn gerade noch rechtzeitig, um ein Selbstmordattentat zu verhindern. Doch ihm bleibt keine Zeit, die Motive der jungen Frau aufzudecken, denn ein Mord im ...

INHALT
Zack Herry erreicht die Stockholmer U-Bahn gerade noch rechtzeitig, um ein Selbstmordattentat zu verhindern. Doch ihm bleibt keine Zeit, die Motive der jungen Frau aufzudecken, denn ein Mord im Drogenmilieu verlangt erneut seinen vollen Einsatz. Das Opfer ist ein Kollege von Zack. Musste der Undercover-Polizist sterben, weil er zu viel wusste? Einen Moment zögert Zack Herry, bevor er die Selbstmordattentäterin in der Stockholmer U-Bahn stellt. Was treibt die junge Frau an, gibt es womöglich Verbindungen zum IS? Und warum sieht sie ihn so intensiv an, als wollte sie ihm eine Botschaft übermitteln? Der Sonderermittler hat allerdings keine Möglichkeit, sich lange mit dem Fall aufzuhalten, denn Zack wird auf den Mörder eines Polizisten angesetzt. Der stand kurz davor, einen bedeutenden Drogenring auszuheben, und die Vermutung liegt nahe, dass er deswegen gefoltert und umgebracht wurde. Zack beginnt im Drogenmilieu zu ermitteln, doch um tiefer vorzudringen, braucht er die Hilfe seines besten Freundes Abdula, der sich als Dealer einen Namen in der Szene gemacht hat. Doch können Zack und Abdula gegen einen der mächtigsten Drogenbosse der schwedischen Unterwelt bestehen?
(Quelle: Tropen Verlag)
MEINE MEINUNG
„In den Klauen des Falken“ ist bereits der 5. Band der schwedischen Krimi-Reihe um den jungen, charismatischen Stockholmer Ermittler Zack Herry. Verstärkung hat der Erfolgsautor Mons Kallentoft diesmal nicht in Markus Lutteman sondern in der Co-Autorin Anna Karolina gefunden, was man dem Schreibstil aber nicht anmerkt.
Dem Autorenduo ist erneut ein unglaublich packender Thriller gelungen, der alle typischen Komponenten für gute skandinavische Spannungsliteratur in sich vereint, und mich neben einer temporeichen, komplexen Handlung auch mit interessanten Charakteren begeistern konnte. Auch ohne die Vorgänger der Reihe zu kennen, kann man den neuesten Fall problemlos lesen, denn alle Fälle sind in sich abgeschlossen und zum besseren Verständnis wurden wichtige Hinweise zur Vorgeschichte von Zack, seinem alten Freund Abdula und seinen Kollegen geschickt in die Handlung eingebaut.
Der fulminante Auftakt der Geschichte mit den schockierenden Szenen eines blutrünstigen Terroranschlags in einer U-Bahnstation mit zahlreichen Todesopfern, dessen weitere Eskalation Zack durch sein beherztes Eingreifen verhindern kann, hat mich unglaublich aufgerüttelt und beschäftigt. Schon bald rückt der Fokus der Ermittler jedoch auf einen neuen, äußerst verwickelten Fall - den brutalen Mord an einem Kollegen, der mit verdeckten Ermittlungen an einem hochkarätigen Drogenboss beschäftigt war. Durch sehr kurze Kapitel und rasante Wechsel der Handlungsstränge baut sich schon bald enorme Spannung auf, so dass man das Buch kaum aus der Hand legen mag. Die Autoren haben ihren Thriller äußerst abwechslungsreich, nervenaufreibend und mit sehr hohem Tempo gestaltet, so dass für ihren Protagonisten Zack Herry und uns Leser kaum Zeit zum Verschnaufen bleibt. Perfekt passt hierzu auch der kurze, knackige Schreibstil. Neben den fesselnden Ermittlungen nehmen Einblicke in Zacks Privatleben großen Raum in der Geschichte ein. Äußerst geschickt legen die Autoren ein weitverzweigtes Netz an Spuren, Hinweisen und falschen Fährten, so dass man erst nach und nach die Zusammenhänge erahnen kann und die vielen, seltsam beziehungslosen Vorkommnisse zuordnen kann. Es dauert lange, bis man erkennt, dass sich Zack im Zentrum dieses genial gesponnenen Netzes befindet.
Der junge, ziemlich eigenwillige Protagonist Zack ist als ein sehr vielschichtiger, faszinierender Charakter angelegt, der seine inneren Dämonen inzwischen gut im Griff hat und sich voller Eifer in den neuen Fall stürzt. Mit seiner Loyalität zu seinem Jugendfreund und Dealer Abdula, seiner Fürsorglichkeit für das Nachbarmädchen Ester und sein großes Engagement im Job wirkt er aber sehr sympathisch und authentisch. Etwas glaubwürdig und zu dick aufgetragen empfand ich allerdings einige „Superhelden“-Attribute, die die Autoren ihm in einigen Grenzsituationen zugeschrieben haben. Sehr gut gefallen haben mir auch die übrigen Neben-Charaktere, vor allem die Mitglieder von Zacks recht ungewöhnlichen Ermittlerteams, die mit ihren Ecken und Kanten interessant ausgearbeitet sind und mit ihren Besonderheiten zur Abwendung einer großen Katastrophe für Stockholm und der Auflösung des Falls maßgeblich beigetragen haben.
Richtig packend wird die Handlung, als man zu ahnen beginnt, wie die vielen verwirrenden Details und neuen Entwicklungen mit dem Fall zusammenhängen und welches Motiv sich dahinter verbergen könnte. Nach einigen unvorhersehbaren Wendungen inklusive einiger riskanter Alleingänge gipfelt die Jagd nach dem Täter in einem rasanten Showdown, der an Dramatik kaum zu überbieten ist. Die Auflösung des komplexen Falls war insgesamt schlüssig und nachvollziehbar.
Nach dem unheilvollen Ausklang am Ende bin ich sehr gespannt, wie es im neuen Band weitergehen wird und ob nun endlich Zacks mysteriöse Herkunft und die Hintergründe für seine rätselhafte Familiengeschichte aufgelöst werden.
FAZIT
Ein temporeicher, äußerst packender Thriller mit einer hochkomplexen Geschichte. Eine herausragende Fortsetzung der Reihe um Stockholms jungen „Super-Helden“ Zack Herry!

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Veröffentlicht am 08.12.2019

Fesselnder Cold Case für den brillanten Kommissar Wisting

Wisting und der Tag der Vermissten
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INHALT
Seit 24 Jahren hat Kommissar William Wisting ein Ritual: Am Jahrestag des Verschwindens von Katharina Haugen nimmt er sich die Fallakten erneut vor. Dieser Cold Case lässt ihm einfach keine Ruhe. ...

INHALT
Seit 24 Jahren hat Kommissar William Wisting ein Ritual: Am Jahrestag des Verschwindens von Katharina Haugen nimmt er sich die Fallakten erneut vor. Dieser Cold Case lässt ihm einfach keine Ruhe. Jedes Jahr trifft er zudem Martin Haugen, den Ehemann der Vermissten und damaligen Hauptverdächtigen, dem nie eine Schuld nachgewiesen werden konnte. Doch dieses Jahr sind zwei Dinge anders: Aus Oslo reist Adrian Stiller an, der in einem anderen Fall über die Fingerabdrücke von Martin Haugen gestolpert ist. Und als Wisting Haugen wie immer treffen will, ist dieser spurlos verschwunden.
(Quelle: Piper Verlag)
MEINE MEINUNG
Vom norwegischen Krimi-Autor Jørn Lier Horst sind inzwischen einige Fälle mit Kommissar William Wisting auf Deutsch erschienen. „Wisting und der Tag der Vermissten“ stellt nun den äußerst viel versprechenden Auftakt einer neuen Cold-Case-Reihe rund um Kommissar Wisting dar und beschäftigt sich mit dem mysteriösen Vermisstenfall um Katharina Haugen, der auch nach mehr als 20 Jahren nicht aufgeklärt werden konnte. Während die Handlung sehr gemächlich anläuft und wir durch Wistings Aktenstudium schrittweise immer mehr Details und Hintergründe zum ungelösten Vermisstenfall erfahren, nimmt die Geschichte mit dem Auftauchen des jungen ambitionierten Kommissars Adrian Stiller deutlich an Fahrt auf. Als Leiter der neuen EU-Einheit zu Cold Cases will er eine vielversprechende, neue Spur bei einem ebenfalls unaufgeklärten Entführungsfall weiterverfolgen, die ausgerechnet den Ehemann der Vermissten, Martin Haugen, ins Visier der Ermittler rückt. Geschickt lässt uns der Autor Einblick nehmen in die hochkomplexe und raffiniert angelegte Ermittlungsarbeit der Polizei, bei der auch Wistings Tochter Line als freiberufliche Journalistin eine wichtige Rolle spielen soll, um den mutmaßlichen Täter aus der Reserve zu locken. Es entspinnt sich ein klassischer Ermittlungskrimi bei dem die akribische Polizeiarbeit im Mittelpunkt steht, der aber auch ohne große Action durch seine psychologische Dichte und große Authentizität zu fesseln weiß. Man merkt deutlich, dass der Autor vom „Fach“ ist und lange Jahre als Kommissar gearbeitet hat.
Äußerst überzeugend hat der Autor seine vielschichtig und lebensnah ausgearbeiteten Charaktere angelegt. Insbesondere die differenzierte, glaubwürdige Charakterisierung seiner sympathischen Hauptfigur William Wisting ist äußerst gelungen, und seine tiefgründige Persönlichkeit mit all seinen Ecken und Kanten hat mich sehr fasziniert.
Der Krimi lebt zudem von den sehr interessanten Gegensätzen der beiden Ermittler und ihren strategischen Vorgehensweisen – dem alten Hasen Wisting, der penibel, bedächtig und mit viel psychologischem Einfühlungsvermögen seine Ermittlungen vorantreibt, während der junge ambitonierte Stiller mit gezielten Provokationen und spektakulären Manövern schnell zum Erfolg kommen möchte.
Mit seinem mitreißenden Schreibstil und clever gesetzten Szenenwechseln treibt der Autor seine Geschichte voran, so dass sie niemals langatmig wirkt. Er lässt uns hautnah an den unterschiedlichen Entwicklungen im Fall teilhaben, zieht den Spannungsbogen immer weiter an und führt uns so geschickt auf die sehr schlüssige Auflösung des verwickelten Cold Case hin.
FAZIT
Ein eher ruhiger, aber sehr fesselnder Krimi, der mich mit seinen interessanten Charakteren und dem komplexen Fall bestens unterhalten Konnte. Ein äußerst gelungener Auftakt der neuen Cold-Case-Reihe rund um Kommissar Wisting!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 27.11.2019

Fesselnder, subtil erzählter Spannungsroman

Drei
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INHALT
Eine Frau sucht ein wenig Trost, nachdem ihr Mann sie und ihren Sohn verlassen hat. Eine zweite Frau sucht nach einem Zuhause und nach einem Zeichen von Gott, dass sie auf dem richtigen Weg ist. ...

INHALT
Eine Frau sucht ein wenig Trost, nachdem ihr Mann sie und ihren Sohn verlassen hat. Eine zweite Frau sucht nach einem Zuhause und nach einem Zeichen von Gott, dass sie auf dem richtigen Weg ist. Eine dritte Frau sucht etwas ganz anderes. Sie alle finden denselben Mann. Es gibt vieles, was sie nicht über ihn wissen, denn er sagt ihnen nicht die Wahrheit. Aber auch er weiß nicht alles über sie.
Orna, frisch geschiedene Mutter eines zehnjährigen Jungen, meldet sich auf einer Online-Dating-Plattform an, auch wenn sich das Flirten mit anderen Männern noch sehr fremd anfühlt. Emilia ist fremd in Israel. Als der alte Mann, den sie pflegt, stirbt, muss die Lettin wieder bei null anfangen. Und wendet sich an den Sohn der Familie um Rat. Ella braucht dringend Pause von ihren drei kleinen Kindern. Zum Beispiel eine Zigarettenpause im Café mit einem sympathischen Unbekannten.
(Quelle: Diogenes Verlag)
MEINE MEINUNG
In seinem neuesten Buch „Drei“ präsentiert uns der israelische Autor Dror Mishani eine äußerst fesselnde Geschichte, die sehr anschaulich zeigt, wie riskant die Sehnsucht nach Liebe und Nähe zuweilen werden kann. Ob man „Drei" nun als einen Krimi, einen literarischen Psychothriller oder wie der Autor als einen „Detektivroman, in dem der Detektiv erst am Ende auftritt“ auffassen möchte, ist sicherlich Geschmackssache. Obwohl sich dieser raffiniert komponierte, tiefgründige Spannungsroman anfangs sehr behutsam und unspektakulär anlässt, bauen sich recht schnell eine unheilvolle Stimmung und unterschwellige Spannung auf. Die rätselhafte und wendungsreiche Geschichte und Mishanis hervorragender Schreibstil ziehen einen bald völlig in seinen Bann, so dass man das Buch nicht mehr aus der Hand legen kann. Im Mittelpunkt des in drei Teile untergliederten Romans stehen drei weibliche Hauptpersonen - Orna, Emilia und Ella – jede für sich eine unvergessliche Frauengestalt und ein Mann, den sie am besten nie kennengelernt hätten. Äußerst gelungen sind die einfühlsamen Portraits dieser so unterschiedlichen Frauen, so dass man sich sehr gut in ihr Innenleben hineinversetzen kann, und ihr Schicksal einen nicht gleichgültig lässt. Der Autor treibt ein wahrhaft verwirrendes Spiel mit dem Leser und versteht es, einen immer wieder mit ungeahnten Wendungen zu überraschen. Schade nur, dass uns das Ende etwas ratlos und mit vielen Fragen zurücklässt. Vielleicht ist dies aber auch ein Hinweis darauf, dass es eine Fortsetzung geben könnte, die die Geschichte aus einer anderen Perspektive beleuchtet. Ich fände dies zumindest sehr wünschenswert!
FAZIT
Fesselnder, tiefgründiger Roman – hervorragend geschrieben, unvorhersehbar und voll subtiler, abgründiger Spannung. Lesenswert, trotz des etwas unbefriedigenden Ausklangs!

Veröffentlicht am 16.09.2019

Origineller Whodunit

Die sieben Tode der Evelyn Hardcastle
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INHALT
Maskenball auf dem Anwesen der Familie Hardcastle. Am Ende des Abends wird Evelyn, die Tochter des Hauses, sterben. Und das nicht nur ein Mal. Tag für Tag wird sich ihr mysteriöser Tod wiederholen ...

INHALT
Maskenball auf dem Anwesen der Familie Hardcastle. Am Ende des Abends wird Evelyn, die Tochter des Hauses, sterben. Und das nicht nur ein Mal. Tag für Tag wird sich ihr mysteriöser Tod wiederholen – so lange, bis der Mörder endlich gefasst ist
Familie Hardcastle lädt zu einem Ball auf ihr Anwesen Blackheath. Alle Gäste amüsieren sich, bis ein fataler Pistolenschuss die ausgelassene Feier beendet. Evelyn Hardcastle, die Tochter des Hauses, wird tot aufgefunden. Unter den Gästen befindet sich jemand, der mehr über diesen Tod weiß, denn am selben Tag hat Aiden Bishop eine seltsame Nachricht erreicht: »Heute Abend wird jemand ermordet werden. Es wird nicht wie ein Mord aussehen, und man wird den Mörder daher nicht fassen. Bereinigen Sie dieses Unrecht, und ich zeige Ihnen den Weg hinaus.« Tatsächlich wird Evelyn nicht nur ein Mal sterben. Bis der Mörder entlarvt ist, wiederholt sich der dramatische Tag in Endlosschleife. Doch damit nicht genug: Immer, wenn ein neuer Tag anbricht, erwacht Aiden im Körper eines anderen Gastes und muss das Geflecht aus Feind und Freund neu entwirren. Jemand will ihn mit allen Mitteln davon abhalten, Blackheath jemals wieder zu verlassen.
(Quelle: Tropen Verlag)
MEINE MEINUNG
Mit seinem ungewöhnlichen Kriminalroman »Die sieben Tode der Evelyn Hardcastle« hat der britische Autor Stuart Turton einen originellen und sehr raffiniert angelegten Whodunit vorgelegt, der eine faszinierende Mischung aus klassischem britischen Landhauskrimi à la Agatha Christie, einem Endlosschleifenroman à la „Und täglich grüßt das Murmeltier“ und dem tollen Flair von viktorianischen Schauerromanen darstellt.
Mit diesem genial konstruierten Debüt hat Turton wirklich etwas ganz Neues geschaffen und wurde hierfür auch mit dem Costa First Novel Award 2018 ausgezeichnet. Es ist ein unterhaltsames aber auch sehr herausforderndes Leseerlebnis, das mit dem komplexen Handlungsgeflecht und seinen vielen Zeitsprüngen in jedem Kapitel vollste Konzentration und ständiges Mitdenken erfordert. Zur Einstimmung auf die Geschichte findet sich auf den Buchinnenseiten zur besseren Orientierung eine hübsche Zeichenskizze, die den Grundriss des Herrenhauses und die Umgebung des Anwesens mit den wichtigsten Schauplätzen zeigt. Der ersten Kapitel ist eine Einladungskarte zum Maskenball auf Blackheath House mit der Auflistung aller wichtigen Figuren vorangestellt, die einen guten Überblick über die Gastgeber, Gäste und das Dienstpersonal gibt und den Einstieg erleichert.
Auch wenn es bei mir anfangs etwas dauerte, bis ich mich auf die verwirrenden Handlungsabläufe einlassen konnte, ist es dem Autor hervorragend gelungen, mich rasch in seine fesselnde Geschichte um den mysteriösen Mord an Evelyne Hardcastle auf dem Landhaus der Familie hineinzuziehen und mich mit seinem perfiden Verwirrspiel zu fesseln. Vor allem die wundervoll geheimnisumwitterte, unheilvolle Atmosphäre und die zahlreichen undurchsichtigen Charaktere haben mich rasch in ihren Bann gezogen. Gekonnt werden nach und nach immer neue finstere Geheimnisse zu den Gästen, der Dienerschaft und den Gastgebern enthüllt und Hinweise auf zukünftige fatale Ereignisse gestreut. Mit den ständigen Wechseln der Erzählperspektiven erlebt man Ausschnitte des sich täglich wiederholenden Geschehens aus den Sichtweisen der unterschiedlichen Gäste bzw. der „Wirte“, in deren Körper der Protagonist und Ich-Erzähler Aiden Bishop. Allmählich ergeben sich während des sich fortwährend wiederholenden Tagesverlaufs stets bedeutsame neue Details und kleine Puzzleteilchen zu den komplexen Geschehnissen, doch immer neue überraschende Wendungen sorgen für viel Abwechslung beim Miträtseln aber auch für Verwirrung und lassen einen immer wieder an den gewonnenen Erkenntnissen zweifeln. Zum Ende hin lässt Turton seine zahllosen Handlungsstränge geschickt zusammenlaufen. Die insgesamt sehr schlüssige und nachvollziehbare Auflösung der fesselnden, hochkomplexen Geschichte ist äußerst raffiniert und nicht vorhersehbar gewesen.
FAZIT
Ein origineller, genial konstruierter Whodunit mit tollem Flair, der mich mit seiner sehr außergewöhnlichen und vielschichtigen Geschichte fesseln und faszinieren konnte. Ein wirklich einzigartiges Leseerlebnis!

Veröffentlicht am 16.09.2019

Gelungene Fortsetzung dieser großartigen Fantasy-Saga

Die Spiegelreisende 2 - Die Verschwundenen vom Mondscheinpalast
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INHALT
Soeben wurde Ophelia zur Vize-Erzählerin am Hof von Faruk erkoren und wähnt sich damit endlich in Sicherheit. Doch kurze Zeit später erhält sie anonyme Drohbriefe: Wenn sie ihre Hochzeit mit Thorn ...

INHALT
Soeben wurde Ophelia zur Vize-Erzählerin am Hof von Faruk erkoren und wähnt sich damit endlich in Sicherheit. Doch kurze Zeit später erhält sie anonyme Drohbriefe: Wenn sie ihre Hochzeit mit Thorn nicht absagt und den Pol verlässt, wird ihr Übles widerfahren, heißt es darin. Und damit wäre sie nicht die Einzige: Um sie herum verschwinden plötzlich bedeutende Persönlichkeiten der Himmelsburg. Kurzerhand beauftragt Faruk Ophelia mit der Suche nach den Vermissten. Und so stürzt sie sich in riskante Ermittlungen, bei denen sie es nicht nur mit manipulierten Sanduhren, sondern auch mit gefährlichen Illusionen und zwielichtigen Gestalten zu tun bekommt. Am Ende steht eine folgenschwere Entscheidung …
Vom glamourösen und behüteten Hof der Himmelsburg in das bedrohliche Universum der Sanduhren – um ihr Leben und das ihrer Familie zu retten, muss Ophelia an ihre Grenzen gehen. Und das in einer Welt, in der sie nicht weiß, wem sie trauen kann. Vielleicht nicht einmal ihrem zukünftigen Ehemann Thorn?
(Quelle: Insel Verlag)
MEINE MEINUNG
Das Jugendbuch „Die Spiegelreisende – Die Verschwundenen vom Mondscheinpalast“der Debütautorin Christelle Dabos ist bereits der zweite Teil des großartigen, vierteiligen Fantasy-Epos, das inzwischen als Welterfolg gefeiert wird. Die fesselnde Fortsetzung entführt uns erneut in die fantasievollen Welten der Archen und rivalisierenden Familienclans und hält so manches gefahrenvolle Abenteuer für die liebenswerte Heldin Ophelia bereit.
Geschickt fasst ein vorangestelltes Kapitel “Was im ersten Buch geschah” noch einmal kurz die Ereignisse des ersten Bandes zusammen, so dass einem der Einstieg in die Fortsetzung nicht schwer fällt. Eine sehr übersichtliche Skizze zu den komplizierten Familienverhältnissen der Polfamilien und eine anschauliche Zeichnung der schwebenden Himmelsburg helfen zudem dabei, den Überblick zu bewahren und sich beim Lesen zurecht zu finden .
Mit Christelle Dabos’ bildhaften, mitreißenden und humorvollen Schreibstil gelingt es recht schnell, wieder in die faszinierende Geschichte abzutauchen und sich in der komplexen Welt zurecht zu finden. Besonders begeistern konnte mich die faszinierende, sehr liebevoll ausgestaltete Fantasywelt mit den vielen originellen magischen Details und interessanten Schauplätzen. Auch die Geschichte, in der nichts so ist, wie es auf den ersten Blick scheint, entwickelt sich sehr fesselnd und ereignisreich weiter und zieht einen schon bald völlig in ihren Bann. Auch nach ihrer Einführung am Hof des unberechenbaren Familiengeists Faruks ist Ophelia keineswegs sicher vor hinterlistigen Intrigen, versteckten Drohungen und gefährlicher Magie. Als ihre Familie aus Anima zum Pol anreist, muss sie sich zu allem Überfluss nicht nur um ihr eigenes Leben sorgen. Mit dem unerklärlichen Verschwinden von bedeutsamen Persönlichkeiten von der Himmelsburg kommt immer mehr Spannung und Tempo in die wendungsreiche Geschichte, die sich zusehends zu einem nervenaufreibenden Krimi entwickelt. Aufgrund ihrer einzigartigen Fähigkeiten soll Ophelia die Vermissten wieder aufspüren und gerät schon bald durch ihre hartnäckigen Nachforschungen in höchste Gefahr. Zudem versteht es die Autorin durch eingestreute “Fragmente” einer weiteren Handlungsebene, zusätzliche Spannung aufkommen zu lassen. Ihre zeitliche Einordnung und Bedeutung für die Geschehnisse bleibt lange Zeit unklar, ist aber offensichtlich für die Hintergrundgeschichte der Archen und der Urahnen von großer Relevanz.
Die Autorin hat Ophelia als eine lebendige, vielschichtige Protagonistin angelegt. Mit ihren Unzulänglichkeiten und Verletzlichkeiten wirkt sie sehr authentisch und sympathisch. Als Animistin hat sie die außergewöhnliche Gabe, die Vergangenheit von Gegenständen durch Berühren zu “lesen” und kann durch Spiegel reisen. Während wir sie anfangs als eine wissbegierige, eigensinnige, eher tollpatschige und zurückhaltende junge Frau erlebten, macht sie im Laufe der abenteuerlichen Handlung eine erstaunliche Entwicklung durch und reift zu einer starken Persönlichkeit heran, die sehr selbstbewusst und unbeugsam ihren Weg geht.
Auch der interessante Charakter von Ophelias Verlobtem Thorn gewinnt in diesem Band deutlich an Tiefe und Profil. Er ist als ein überaus faszinierender “Antiheld” angelegt, der sehr abweisend, undurchschaubar und verschlossen wirkt, da er seine Emotionen kaum zeigen kann. Dennoch muss man ihn einfach in sein Herz schließen, denn hinter seiner eiskalten Fassade erkennt man bald, wie viel Zuneigung und Hochachtung er seiner Verlobten entgegenbringt.
Eine interessante Entwicklung nimmt daher auch die Beziehung zwischen Ophelia und Thorn, deren Hochzeit immer näher rückt. Ophelias Abneigung für ihren Verlobten Thorn hat sich noch verstärkt, seit sie inzwischen die Hintergründe ihrer Heirat kennt. Doch muss auch sie erkennen, dass sie in ihm einen verlässlichen Verbündeten und den einzigen Vertrauten am Pol hat.
Auch die verschiedenen, sehr facettenreich und undurchsichtig angelegten Nebenfiguren sind hervorragend gelungen und immer wieder für eine Überraschung gut.
Die überraschenden und sehr dramatischen Entwicklungen zum Abschluss des zweiten Bands machen sehr neugierig auf die Fortsetzung dieser tollen Fantasy-Saga.
FAZIT
Eine gelungene Fortsetzung dieser originellen, packenden und vielschichtigen Fantasy-Serie. Großartige Fantasy-Unterhaltung mit einer sehr liebenswerten Protagonistin und tollen undurchsichtigen Charakteren!