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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 30.05.2020

Van Veeteren meets Barbarotti

Der Verein der Linkshänder
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Mein Interesse am Buch wurde geweckt, weil ich selbst Linkshänder bin. Es hat mich amüsiert und erschreckt zugleich, wie die jungen Schüler in den 60er/70er Jahre „umerzogen“ wurden.
Der Kommissar im ...

Mein Interesse am Buch wurde geweckt, weil ich selbst Linkshänder bin. Es hat mich amüsiert und erschreckt zugleich, wie die jungen Schüler in den 60er/70er Jahre „umerzogen“ wurden.
Der Kommissar im Ruhestand Van Veeteren wird mit einem alten Fall konfrontiert. Es stellt sich heraus, dass ein vermeintlich aufgeklärter Fall so nicht stimmen kann und er und die Ermittler damals nicht wirklich eine gute Arbeit abgeliefert haben. Es kommt noch eine dritte Zeitebene hinzu und es erforderte einiges an Aufmerksamkeit, die Zeitebenen und die Rollen der vielen Beteiligten zu verstehen. Aber nachdem ich richtig drin war, habe ich das Auffinden immer weiterer Puzzleteilen interessiert verfolgt.

Ich habe diese Geschichte als Hörbuch genossen. Wie immer sehr passend gelesen von Dietmar Bär. Sehr unterhaltsam fand ich die geschliffenen, humorvollen Dialoge mit seiner Frau Ulrike. Es hat mir wieder aufgezeigt, was ich an allen bisherigen Van Veeteren Büchern so geschätzt habe.

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Veröffentlicht am 25.04.2020

Siedlung des Grauens

Kampfsterne
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Mich hat dieser besondere Erzählstil gleich gefesselt. Wie durch ein Brennglas beobachten wir eine Handvoll Bewohner einer Kleinstadtsiedlung in den 80er Jahren. Alles was passiert wird uns Lesern aus ...

Mich hat dieser besondere Erzählstil gleich gefesselt. Wie durch ein Brennglas beobachten wir eine Handvoll Bewohner einer Kleinstadtsiedlung in den 80er Jahren. Alles was passiert wird uns Lesern aus der Sicht einer jeweils beteiligten Person beschrieben. Die Perspektiven sind nicht erzählerisch, sondern zeigen einen ganz ungewöhnlichen Einblick in die Gedanken, Einstellungen und Erwartungen der jeweiligen Person.

Gleich der Einstieg mit Rita, eine der Mütter in dieser Siedlung, präsentiert eine Bösartigkeit, die ich zugleich staunend und entsetzt verfolgt habe. Ich würde Rita als Hauptperson bezeichnen, sie ist bösartig, manipulierend und es ist erschreckend wie abfällig sie über alle anderen Menschen denkt. Und sie macht dabei keinen Unterschied zwischen ihrem Mann, ihren Kindern und allen anderen.

Durch das sonderbare, wechselseitige Verhalten wird ein erschreckendes Bild dieser benachbarten Familien gezeichnet. Als einzige waren mir persönlich die beiden Schwestern Constanze und Lexi sowie der jugendliche Johannes sympathisch.

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Veröffentlicht am 10.03.2020

Eine Kostbarkeit

Dankbarkeiten
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Michka, die bisher selbständig und unabhängig gelebt hat, kommt langsam mit dem Alleineleben in ihrer Wohnung nicht mehr zurecht. Eine junge Frau, Marie, kümmert sich um sie und letztlich sucht sie ihr ...

Michka, die bisher selbständig und unabhängig gelebt hat, kommt langsam mit dem Alleineleben in ihrer Wohnung nicht mehr zurecht. Eine junge Frau, Marie, kümmert sich um sie und letztlich sucht sie ihr einen Platz im Seniorenheim. Marie ist keine Verwandte von Michka, den Hintergrund ihrer Beziehung lernen wir nach und nach kennen.

Die Geschichte wird sehr mitfühlend und behutsam erzählt. Wir Leser können gut nachempfinden, wie traurig und angsteinflößend die Veränderungen für Michka sind. Sie leidet, weil ihr immer mehr die Worte verloren gehen, sie müht sich, das zu formulieren, was sie aussagen will.

Aber es gibt auch zwei nette, junge Menschen in ihrem Leben. Neben Marie ist da Jérôme, ein Logopäde im Seniorenheim, dessen Besuche ihr sehr gut tun. Es ist schön zu lesen, wie warmherzig und liebevoll die beiden mit ihr umgehen. Sie schenken ihr Zuneigung und Aufmerksamkeit, leiden aber auch weil sie erleben, wie Michka mit dem schleichenden Verschwinden so vieler Fähigkeiten fertig werden muss. Man kann sich nur wünschen, dass man selbst im Alter so mitfühlende, warmherzige Menschen um sich hat.

Ich habe an einigen Stellen weinen müssen, aber Gott-sei-Dank auch manchmal schmunzeln. Zurück bleibt das Gefühl, ein richtig gutes Buch gelesen zu haben. Für mich ist die Autorin Delphine de Vigan eine Entdeckung.

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Veröffentlicht am 15.01.2020

laughing out loud

Im Netz des Lemming
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Als erstes hat mich bei diesem Buch der Humor gepackt. Gleich die erste Szene als der "Lemming", Leopold Wallisch seiner Frau Klara verkündet, der neue Freund seines Sohnes Ben heißt Loll. Er weiß das ...

Als erstes hat mich bei diesem Buch der Humor gepackt. Gleich die erste Szene als der "Lemming", Leopold Wallisch seiner Frau Klara verkündet, der neue Freund seines Sohnes Ben heißt Loll. Er weiß das daher, da beide Jungs zu seiner Frage nach dem Freund einige Kurzsätze von sich gegeben hatten, die alle auf lol endeten. Klara hat herzlich darüber gelacht und so ging es mir auch: lol - laughing out loud.

Gleich nach dem humorigen Einstieg geht es allerdings sehr traurig und depressiv weiter. Dieser Freund, Mario macht sich auf den Heimweg und der Lemming sitzt mit ihm in der gleichen Straßenbahn. Nach einigen verstörenden Nachrichten auf Marios Handy flüchtet dieser aus der Bahn und stürzt sich von einer Brücke in den Tod. Lemmings Versuch, den Jungen noch davon abzuhalten macht ihn nach Augenzeugenaussagen selbst zum möglichen Täter und ganz schnell Opfer medialer Hassnachrichten, sowohl online als auch bei den Printmedien.

Bei der Polizei hat der Lemming einen langjährigen Freund, Polivka. Diesem wird schnell vorgeworfen, seinen Freund zu schützen und die Polizeiarbeit zu behindern. Er wirft den Job hin und macht sich zusammen mit dem Lemming auf eigene Faust ans Ermitteln. Wir verfolgen diese Altherrenfreundschaft (obwohl, so alt sind die beiden wohl noch gar nicht) quer durch Wien, immer einer heißen Spur dieses Cyber Mobbings auf der Spur.

Ich hatte bisher weder von der Lemming-Reihe noch vom Autor Stefan Slupetzky gehört. Dieser Leopold Wallisch war mir von Anfang an sehr sympathisch. An vielen Stellen habe ich mich sehr über den Sprachwitz amüsiert. Es gab so viele feine Anspielungen, subtile Sticheleien, dass ich keines einzeln benennen kann.

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Veröffentlicht am 04.01.2020

hat mich tief berührt

Laufen
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Ich war von Anfang an gefesselt von diesem Schreibstil: ein atemloser Monolog einer Frau, die uns auf die ersten Schritte ihres Laufes mitnimmt. Wir merken schnell, dass es ihr richtig schlecht geht.

Sie ...

Ich war von Anfang an gefesselt von diesem Schreibstil: ein atemloser Monolog einer Frau, die uns auf die ersten Schritte ihres Laufes mitnimmt. Wir merken schnell, dass es ihr richtig schlecht geht.

Sie befindet sich in einem Zustand von Trauer, Wut, Verzweiflung und Schuldzuweisungen nachdem sich ihr Lebensgefährte das Leben genommen hat. Getaktet durch den Rhythmus des Laufens erzählt sie uns immer weitere Episoden aus dem Zusammenleben mit ihrem Freund, wie die Depression die Leichtigkeit und die Schönheit ihrer Beziehung weggenommen hat. Schlimm war es mit anzuhören, wie feindseelig und und unfreundlich sich dessen Eltern ihr gegenüber verhalten haben. Wie sie alle seine Habseligkeiten aus der gemeinsamen Wohnung geschleppt haben und ihre Rolle als „Witwe“ gar nicht erkannt haben; „Ihr wart ja nicht verheiratet“.

Beim Lesen war ich echt froh, dass ich nicht selbst in solchen Gefühlen und schlimmen Erlebnissen stecke. Vielleicht ist es möglich, dass dieses Buch einem guttut, wenn es einem genau so schlecht geht. Aber es kann sicher auch sein, dass man es dann nicht aushält. Tröstlich war, dass sich diese Geschichte ganz leise und langsam doch zum Positiven entwickelt.

Ein wirklich schwieriges Thema, das mir trotzdem gut gefallen hat. Ich habe großen Respekt, wie Isabel Bogdan diese Gefühle, diese Hilflosigkeit in Worte gefasst hat.

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