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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 27.01.2020

Ruhig, dennoch spannend und gut konstruiert

Wisting und der fensterlose Raum
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Als der norwegischer Spitzenpolitiker Bernhard Clausen plötzlich an einem Herzinfarkt stirbt, bekommt William Wisting einen heiklen Auftrag. Im Wochenendhaus Clausens wurden Umzugskisten mit achtzig Millionen ...

Als der norwegischer Spitzenpolitiker Bernhard Clausen plötzlich an einem Herzinfarkt stirbt, bekommt William Wisting einen heiklen Auftrag. Im Wochenendhaus Clausens wurden Umzugskisten mit achtzig Millionen Kronen in verschiedenen Währungen gefunden.
Die Kisten waren in einem fensterlosen Raum des Hauses untergebracht und offensichtlich seit Jahren unberührt. Kurz nachdem Wisting das Geld zur Untersuchung abtransportiert hat, brennt das Wochenendhaus von Bernhard Clausen ab, offenbar durch Brandstiftung. Wollte der Täter womöglich das Geld oder etwaige Spuren daran vernichten?
Bei seinen Ermittlungen stößt William Wisting auf einen über zwanzig Jahre alten Raubüberfall, der nie vollständig aufgeklärt werden konnte. Könnte das Geld die Beute dieses Raubüberfalls sein? Doch wie sollte der Politiker Bernhard Clausen darin verwickelt sein? Und warum hat er das Geld nie angetastet?
Zur Unterstützung holt William Wisting sich seine Tochter Line ins Team, die als freie Journalistin für ihn auf ihre ganz eigene Art ermittelt. Außerdem kommt wie im ersten Band auch Adrian Stiller dazu, der sich gerade mit dem ungeklärten Verschwinden des möglichen Täters befasst. Über seine etwas geheimnisvolle Vorgeschichte, die im ersten Band andeutungsweise eine Rolle spielt, erfährt man allerdings nichts.
William Wisting kann durch seine ruhige und beharrliche Vorgehensweise überzeugen. Er wirkt eher nachdenklich und introvertiert, dennoch aber immer sympathisch auf den Leser.
Line und ihre Tochter Amalie bringen etwas frischen Wind in sein ansonsten ruhiges Leben, sowohl privat als auch beruflich. Allerdings bringt Line sich durch die Ermittlungen auch selbst in Gefahr, sodass die Handlung zum Ende hin deutlich an Spannung und Dynamik gewinnt.
,,Wisting und der fensterlose Raum“ ist ein eher ruhiger, aber interessanter, spannender und gut konstruierter Kriminalroman.

Veröffentlicht am 13.01.2020

Der Mensch ist des Menschen schlimmster Feind

1794
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Wer ,,1793“ gelesen hat, weiß, was ihn erwartet. Mit dem Roman ,,1794“ führt der Autor Niklas Natt och Dag den Leser erneut nach Stockholm am Ende des 18. Jahrhunderts und bietet wieder ein spannendes, ...



Wer ,,1793“ gelesen hat, weiß, was ihn erwartet. Mit dem Roman ,,1794“ führt der Autor Niklas Natt och Dag den Leser erneut nach Stockholm am Ende des 18. Jahrhunderts und bietet wieder ein spannendes, vielseitiges, teils aber auch sehr brutales Leseerlebnis.
Nach Cecil Winges Tod und den gemeinsamen Ermittlungen ist der Kriegsveteranen Jean Michael Cardell wieder auf sich allein gestellt. Außer Kneipen, Alkohol und Schlägereien gibt es nicht viel Abwechslung in seinem Leben. Da sucht ihn eine Frau auf und bittet ihn um Hilfe, den mysteriösen Tod ihrer Tochter aufzuklären. Diese wurde in der Hochzeitsnacht grausam ermordet, der frisch angetraute Ehemann wurde als Mörder identifiziert und ins Irrenhaus eingewiesen. Allerdings zweifelt die Mutter der Ermordeten an dieser Version. Cardell findet Unterstützung in Cecil Winges jüngeren Bruder Emil. Dieser ist allerdings nervlich angeschlagen, hat immer wieder Visionen und Cardell, selbst ja kein Kind von Traurigkeit, muss ihn zunächst vom Alkohol wegbringen.
Im ersten Teil begleitet man den jungen Adligen Erik Drei Rosen, der von seinem strengen Vater auf die Karibik-Insel Saint-Barthélemy geschickt wird. In der damaligen schwedischen Kolonie blüht der Sklavenhandel und Erik lernt nicht nur menschliche Abgründe, sondern auch den undurchsichtigen Geschäftsmann Tycho Ceton kennen, der den naiven jungen Mann unter seine Fittiche nimmt.
Wie schon in ,,1793“ wirken die vier Teile des Romans, die nach den vier Jahreszeiten benannt sind, zunächst eigenständig. Erst nach und nach erschließt sich der Gesamtzusammenhang zu einer gut konstruierten und schlüssigen Geschichte.
Allerdings kommt man als Leser gelegentlich auch an die Grenze des Ertragbaren. Niklas Natt och Dag äußerst anschaulicher und schonungsloser Stil vermittelt das Geschehen hautnah, seien es die Gerüche und Geräusche der Stadt, Landschaftsschilderungen oder die Beschreibung der Zustände im Tollhaus. Allerdings macht der Autor auch nicht Halt vor grausamen und brutalen Szenen, z.B. wie Sklaven behandelt und bestraft werden.

,,1794“ ist ein absolut lesenswerter historischer Kriminalroman, allerdings nichts für zart besaitete Leser.

Veröffentlicht am 09.12.2019

Ein sehr persönlicher Fall

Das Ritual des Wassers
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,,Das Ritual des Wassers“ ist nach ,,Die Stille des Todes“ der zweite Band mit dem sympathischen Inspektor Ayala, genannt Kraken. Die Handlung spielt sich im baskischen Vitoria und der näheren Umgebung ...



,,Das Ritual des Wassers“ ist nach ,,Die Stille des Todes“ der zweite Band mit dem sympathischen Inspektor Ayala, genannt Kraken. Die Handlung spielt sich im baskischen Vitoria und der näheren Umgebung ab, was eine sehr interessante und noch unverbrauchte Kulisse darstellt.
Inspektor Ayala, der in seinem letzten Fall durch einen Kopfschuss schwer verletzt wurde, ist zwar körperlich wieder einigermaßen hergestellt. Allerdings kann er noch nicht wieder sprechen, sodass jegliche Kommunikation über Zettel oder Handy-Nachrichten stattfindet.
Als eine Frau in den Bergen tot aufgefunden wird, an den Füßen aufgehängt und in einem Wasserkessel ertränkt, weist alles auf ein keltisches Opferritual hin. Bei den Ermittlungen wird Ayala trotz seines fehlenden Sprachvermögens von seiner Kollegin Estibaliz mit einbezogen, da sie hofft, ihn durch Arbeit schneller wieder ins Leben und in seinen Beruf zurückzubringen. Als Ayala erkennt, dass die Tote seine erste Liebe Annabel ist, werden Erinnerungen an gemeinsame Wochen in einem Sommerlager wach. In den frühen 90er Jahren hatte Ayala mit seinen Freunden an einem archäologischen Projekt teilgenommen und alle verliebten sich in die rätselhafte Annabel, sodass es zu Konflikten zwischen den Freunden kam. Auch der charismatische Leiter des Sommerlagers, Professor Saul Tovar, spielte damals eine merkwürdige Rolle. Für die einen stellte er eine Art Vaterersatz und Held dar, seine Tochter Rebeca jedoch schien eher unter ihm zu leiden.
Ayalas Erinnerungen werden nach und nach in einzelnen kurzen Kapiteln eingeblendet und allmählich ergibt sich ein Zusammenhang mit dem aktuellen Fall.
Es stellt sich heraus, dass die Tote schwanger war, und offenbar hat es der Täter auf werdende Mütter - und eventuell auch Väter abgesehen. Da erfährt Ayala, dass Alba, seine Chefin, mit der er ein Verhältnis hat, ein Kind erwartet, das vermutlich von ihm ist.
Der Kreis der Verdächtigen konzentriert sich mehr und mehr auf Ayalas Freunde und Bekannte, sodass es für ihn, und natürlich auch für den Leser, immer schwieriger wird zu unterscheiden, wem er noch glauben kann. Ayalas Privatleben, sowohl in der Vergangenheit als auch in der Gegenwart, wird damit dramatisch in den Mittelpunkt gerückt, was nicht unbedingt immer realistisch wirkt, auf jeden Fall aber spannend ist.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 21.11.2019

Vom Feinsten!

Winteraustern
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Die Dune du Pilat und das Becken von Arcachon kennen wohl viele – als Urlaubsziel in den Sommerferien. Doch der Autor entführt uns in seinem dritten Band mit dem sympathischen Kommissar Luc Verlain in ...



Die Dune du Pilat und das Becken von Arcachon kennen wohl viele – als Urlaubsziel in den Sommerferien. Doch der Autor entführt uns in seinem dritten Band mit dem sympathischen Kommissar Luc Verlain in die Region im Winter, was dieser Landschaft einen ganz besonderen, anderen Reiz verleiht. Immerhin ist die Region im Winter kaum von Touristen heimgesucht, sie bleibt fast ausschließlich den Bewohnern, den Fischern und Austerzüchtern vorbehalten. Im Winter herrscht emsige Betriebsamkeit im Bassin. Die Zeit kurz vor Weihnachten bedeutet Hochkonjunktur für die Austernzüchter, allerdings auch für Austerndiebe.
Luc Verlain darf in diesem 3. Fall sogar mit seinem Vater, einem ehemaligen Austernzüchter, ermitteln. Bei einer frühmorgendlichen Bootsfahrt, die Luc seinem todkranken Vater auf dem Polizeiboot ermöglicht hat, finden sie einen schwer verletzten Austernzüchter, der auf einer Sandbank niedergeschlagen und zurückgelassen wurde. Kurz darauf stoßen sie außerdem auf die Leichen zweier junger Männer, die an Pfählen festgebunden und der kommenden Flut überlassen wurden.
Luc Verlain muss innerhalb der alteingesessenen Familien der Austerzüchter ermitteln. Auch ein Großunternehmer, der nach und nach kleinere Betriebe aufkauft, rückt in den Fokus der Ermittler. Zusammen mit seiner Partnerin Anouk stößt er auf Missgunst, Korruption und menschliche Tragödien.
In diesem 3. Band ist Luc Verlain endgültig wieder in seiner Heimatregion angekommen, doch sein privates Glück mit Anouk scheint bedroht. Der Krimi bietet Spannung, überraschende Wendungen und regionales Flair vom Feinsten!

Veröffentlicht am 21.10.2019

Ruhiger, beharrlicher Ermittler

Wisting und der Tag der Vermissten
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Der Untertitel ,,Cold Cases“ stellt schon heraus, worum es geht. Ein alter Fall, der nie aufgeklärt werden konnte, lässt Hauptkommissar William Wisting, Ermittlungsleiter bei der Polizeidirektion im norwegischen ...

Der Untertitel ,,Cold Cases“ stellt schon heraus, worum es geht. Ein alter Fall, der nie aufgeklärt werden konnte, lässt Hauptkommissar William Wisting, Ermittlungsleiter bei der Polizeidirektion im norwegischen Larvik, keine Ruhe. Er hat sogar die Akten des Falles mit nach Hause genommen, da sich außer ihm sowieso niemand mehr für den Fall der vor 24 Jahren verschwundenen Katharina Haugen interessiert. Jedes Jahr am Jahrestag ihres Verschwindens vertieft er sich erneut in die Akten, in der Hoffnung, auf irgendein neues Detail zu stoßen. Außerdem trifft er jedes Jahr Martin Haugen, den Ehemann der Vermissten, zu dem er inzwischen ein vertrautes, fast schon freundschaftliches Verhältnis aufgebaut hat. Doch dieses Jahr ist Martin Haugen am Jahrestag verschwunden und auch auf dem Handy nicht erreichbar. William Wisting, der trotz des guten Verhältnisses den Ehemann immer auch als Verdächtigen gesehen hat, ist beunruhigt.
Zudem kommt Adrian Stiller, ein Ermittler der Cold-Case-Unit in Oslo nach Larvik gereist. Offenbar wurden Martin Haugens Fingerabdrücke im Zusammenhang mit einem anderen Fall mithilfe moderner Technik gefunden.
Wisting als ,,den besten Kommissar Norwegens“ anzupreisen, halte ich für etwas vermessen. Immerhin gibt es da gewaltige Konkurrenz. Allerdings kann William Wisting durch seine ruhige, aber beharrliche Vorgehensweise überzeugen. Er hat ein einigermaßen intaktes Familienleben, wirkt eher nachdenklich und introvertiert, dennoch aber immer sympathisch auf den Leser. So sind es auch nicht actiongeladene Szenen, die Spannung und Gänsehaut vermitteln, sondern z.B. eher die vordergründig ruhigen Szenen, in denen William Wisting sich mit einem Verdächtigen in einer einsam gelegenen Hütte befindet, jedes Wort auf die Goldwaage gelegt wird und man als Leser nicht weiß, in welche Richtung die Situation plötzlich umschlagen wird.
Neben Wisting ist auch Adrian Stiller eine interessante Figur. Er spielt offenbar nicht mit offenen Karten, bezieht Wistings Tochter Line als Journalistin mit ein, was zwischen Vater und Tochter zu Geheimniskrämerei, aber auch erstaunlich parallelen Erkenntnissen führt. Über Stillers Vorgeschichte erfährt man nur einzelne Andeutungen, sodass man auf den schon angekündigten nächsten Fall sehr gespannt sein darf.