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Veröffentlicht am 19.09.2020

Das Café der kleinen Kostbarkeiten

Das Café der kleinen Kostbarkeiten
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Handlung:
Luise möchte sich einen Wunsch erfüllen, den sie und ihr Mann vor vielen Jahren zusammen gefasst haben: Weihnachten in Lübeck erleben. Immer wieder wurde dies aufs nächste Jahr verschoben und ...

Handlung:
Luise möchte sich einen Wunsch erfüllen, den sie und ihr Mann vor vielen Jahren zusammen gefasst haben: Weihnachten in Lübeck erleben. Immer wieder wurde dies aufs nächste Jahr verschoben und nun ist es unmöglich geworden, dies gemeinsam zu erleben. Luise ist mittlerweile seit einigen Jahren verwitwet und hat jetzt den Entschluss gefasst, ein ganz anderes Weihnachtsfest in Lübeck zu feiern, obwohl ihr Sohn dies absolut nicht verstehen kann.
Zufällig entdeckt die Rentnerin dort ein gemütliches Café und ist nicht nur von den köstlichen Backwaren verzaubert. Auch der Besitzer des kleinen Ladens hat eine besondere Ausstrahlung, der sich Luise nicht entziehen kann. Beide merken, dass sie sich langsam aber sicher ineinander verlieben. Doch für Luise ist die Situation nicht einfach, sie hat Angst vor neuem Kummer und möchte ihn doch nicht verlieren. Ludwig und Luise hoffen auf ein Weihnachtswunder...

Meinung:
Ich mag das idyllische und charmante Cover sehr. Im oberen Teil sieht man eine wunderschöne Straße, weihnachtlich geschmückt, es fällt Schnee. Kein Mensch ist zu sehen und sie strahlt eine sehr angenehme Ruhe aus. Ein stimmungsvolles Bild!
Im unteren Drittel ist dann großflächig der Titel abgebildet, sowie der Name des Autors abgebildet. Die Farben davon nehmen auf den oberen Abschnitt Bezug und passen perfekt. Zudem mag ich es, dass dort die Hintergrundfarbe schlicht weiß ist, wodurch der Eindruck entsteht, dass der Boden schon komplett mit Schnee bedeckt ist. Ein gelungenes Cover, welches auf jeden Fall in einer Buchhandlung auffällt.

Irgendwie hatte ich sobald der September begonnen hat richtig Lust darauf, ein Weihnachts- / Winterbuch zu lesen. Auf Instagram hatte ich dazu schon eine Auswahl vorgestellt, vier Bücher hatte ich bereits hier liegen, die ich unbedingt bis zum 24. Dezember lesen möchte. Eines davon ist dieses von Jan Steinbach, welches mich Anfang 2020 ganz überraschend erreicht hat. Ich hatte letztes Jahr bei den Adventskalendern scheinbar Glück und habe ein Paket vom Aufbau Verlag mit zwei Romanen erhalten, u.a. mit diesem. Und das sollte dann auch mein erstes Weihnachtsbuch für 2020 werden.

Bisher hatte ich noch kein Werk von dem Autor gelesen und war dementsprechend gespannt darauf, wie er so schreibt. Und davon war ich wirklich angetan. Es gibt eine recht einfache Schreibweise, die immer wieder mit stimmungsvollen Beschreibungen von Weihnachtsmärkten oder traumhaften Ecken Lübecks gespickt ist. Sie hat sich einfach und locker lesen lassen und dazu geführt, dass ich die 234 Seiten innerhalb von 24 Stunden ausgelesen habe.
Am Ende des Romans gibt es noch einige Seiten, auf denen allerhand Rezepte aufgeführt werden, die während der Geschichte von Ludwig und Luise gebacken werden. Ich weiß, dass das viele Leser immer mögen, weil sie die Köstlichkeiten nachbacken wollen und daher finde ich diesen Zusatz vollkommen in Ordnung. Mich hat es etwas gestört, dass oft schon ein Teil der Rezepte bereits im Roman geklärt wird. Dies zusammen mit dem Anhang ist doppelt gemoppelt und es hätte meiner Meinung nach vollkommen ausgereicht, wenn die Zubereitung von Backwaren lediglich anhand der Rezepte im Anhang Erwähnung gefunden hätten und nicht bereits halb in der Geschichte beschrieben werden.

Tatsächlich hatte ein wenig andere Erwartungen an den Roman. Ich hatte es mir viel schnulziger vorgestellt und auch nicht damit gerechnet, dass die beiden Hauptprotagonisten bereits über 60 sind. Im Klappentext wird zwar erwähnt, dass Luise verwitwet ist, aber irgendwie bin ich automatisch davon ausgegangen, dass ihr Mann sehr zeitig gestorben ist. In diesen beiden Punkten wurde ich positiv überrascht, mir hat diese Ausgangsposition, dass man eine Witwe bei der Erfüllung eines großen Wunsches begleitet, sehr gut gefallen. Und ich bin auch froh darüber, dass die Geschichte nicht zu kitschig ausgeschmückt wurde, sondern oft ernsthaft ist und dadurch auch authentischer wirkt.

Es gibt ein ganz traumhaftes Setting, ich mochte sowohl Luises Haus in Frankfurt, als auch die zahlreichen Szenen in Lübeck. Alle beide Orte hatte ihren eigenen Charakter und Charme und konnten damit überzeugen. Und dabei fand ich es auch interessant, wie die einzelnen Stimmungen an den jeweiligen Örtlichkeiten sind. So wirkt das Haus von Luise meist recht kalt und leblos, während das Café und die zugehörige Backstube von Ludwig warm, einladend und gemütlich erscheinen. Ich mag diese Mischung und bin mit dem Setting sehr zufrieden.
Meine Lieblingsszenen waren all jene, die auf Weihnachtsmärkten stattgefunden haben. Dort gab es die stimmungsreichsten Momente, zudem mochte ich die lebhafte und bildhafte Beschreibung sehr gerne. Es hat einfach alles gepasst und ich konnte mir diese am besten vorstellen.

Tatsächlich konnte mich der Roman immer wieder überraschen, oft entstanden Wendungen, mit denen ich nicht gerechnet habe. Und eigentlich denkt man ja, dass dadurch auch die Spannung auf einem guten Niveau gehalten wird und die Geschichte den Leser mitreißt. So war es aber bei mir leider nicht. Ich habe das Buch gerne gelesen, es hat mich aber nie richtig begeistert oder umgehauen. Es ist eine gute Geschichte, die aber nur wenig besonderes an sich hat und mich irgendwie nicht zufriedenstellt. Mir hat sowohl die Spannung, als auch mehr Lebendigkeit gefehlt, vielleicht hätte mich der Roman dadurch mehr überzeugen können.

Ich mochte es sehr, wie die Protagonisten alle komplett unterschiedliche Züge und Eigenschaften ihres Charakters erhalten haben. Das fand ich gerade anhand der recht geringen Seitenanzahl sehr bemerkenswert und wurde davon positiv überrascht. Oft wird ein wenig in die Tiefe gegangen, ohne, dass es jemals unpassend wirkt.
Trotzdem bin ich mit keiner einzigen Person warm geworden, habe sie weder als unglaublich sympathisch, noch als unsympathisch empfunden und habe immer eine gewisse Distanz gewahrt. Ein jeder hatte ein paar Charaktermerkmale, die ich einfach nicht mochte und die öfter auftauchten und mich dabei stets genervt haben. Bei Luise war es ihre ständige Unsicherheit, sowie, dass sie es ihrem Sohn immer recht machen will und sich schnell seiner Meinung beugt. Bei ihrem Sohn hat mich gestört, dass er seiner eigenen Mutter kaum Freiheiten gibt und sich immer beeinflussen will, sodass Luise ihm am Ende zustimmt. Das wurde mit der Zeit immer störender und ich fand, dass in dieser Hinsicht leider auch keine Entwicklung zu sehen war. Im Grunde sind die beiden genannten Personen genau so aus dem Roman herausgegangen, wie sie ihn begonnen haben. Das war mir zu wenig, trotz der 234 Seiten.
Manchmal erschien mir die Entwicklung der Beziehung zwischen Luise und Ludwig arg fix. Klar, beide sind reiferen Alters und wissen genau, was sie zukünftig möchten und was ihnen bei einem Partner wichtig ist. Doch lässt man eine im Grunde vollkommen unbekannte Person wirklich nach wenigen Tagen des Kennenlernens den Stand auf dem Weihnachtsmarkt betreuen? So was habe ich ein bisschen kritisch hinterfragt und empfand es als ein wenig unglaubwürdig.

Fazit:
Ich hatte einige Punkte angesprochen, die mir gut gefallen, doch leider sind auch einige Aspekte dabei, die mich nicht überzeugt haben. Und dabei hatte ich nach den ersten zwanzig Seiten einen positiven Eindruck von dem Roman und hatte mich auf die weitere Geschichte gefreut. Doch mit der Zeit gab es immer wieder Punkte, die mir nicht gefallen haben, die ich merkwürdig fand und allgemein hat mich die Geschichte nicht mitgenommen. Es war eine schöne Lektüre für zwischendurch, doch sie wird nicht lange in Erinnerung bleiben...

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Veröffentlicht am 09.02.2020

Alice im Wunderland

Alice im Wunderland
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Handlung:
Ein ganz normaler Tag verwandelt sich für Alice in ein wahrhaftiges Abenteuer. In dem einen Moment träumt sie vor sich hin, Sekunden später folgt sie einem sprechenden weißen Kaninchen in eine ...

Handlung:
Ein ganz normaler Tag verwandelt sich für Alice in ein wahrhaftiges Abenteuer. In dem einen Moment träumt sie vor sich hin, Sekunden später folgt sie einem sprechenden weißen Kaninchen in eine Höhle und landet in einer vollkommen anderen Welt. Sie lernt weitere sprechende Tiere kennen, trinkt Tee mit dem verrückten Hutmacher und ist bei einer etwas anderen Gerichtsverhandlung anwesend. Dazu lernt Alice die böse Herzkönigin kennen und muss sich in einem Spiel der besonderen Art gegen diese bewähren...

Meinung:
Beherrscht wird das Cover von einer strahlend pinken Farbe, die als Hintergrund dient. Darauf befinden sich kleine Details, die in dem Buch eine Rolle spielen, sei es ein Stück Kuchen oder eine kleine Uhr. Als Blickfang dienen zwei Figuren, Alice und das weiße Kaninchen, die detailgetreu und lebendig gezeichnet wurden. An sich finde ich das Cover ganz gut, mir ist es etwas zu farbenfroh und bunt. Für Kinder jedoch ist es wahrscheinlich sehr ansprechend und genau richtig.

Ich kann mich tatsächlich nicht entsinnen, ob ich jemals die Literaturvorlage von „Alice im Wunderland“ gelesen habe. Spontan würde ich das wahrscheinlich verneinen. Mir sind die Verfilmungen bekannt, die mir recht gut gefallen und ich dachte mir, dass es nun auch mal Zeit wird, mich an das Buch zu wagen. Bei Arvelle hatte ich Ende letzten Jahres diese niedliche Ausgabe gefunden, die bei mir einziehen durfte und jetzt hatte ich Lust dazu, das Büchlein zu lesen.

Innerhalb von wenigen Stunden hatte ich das kleine Buch dann auch schon ausgelesen, die Schrift ist recht groß dazu gibt es immer mal eine niedliche, detailreiche Zeichnung, die das gerade Gelesene verbildlicht. Mir haben die Illustrationen gut gefallen, sie sind nett anzusehen, geben den Charakteren Gesichter und passen sehr gut zu dem Kinderbuch. Sie wurden komplett in Schwarz-Weiß gehalten, was ich so als genau richtig empfinde. Immerhin ist das Buch erstmals 1865 erschienen und so wurden die Skizzen auch der damaligen Zeit angepasst.

An sich empfand ich die Schreibweise ganz angenehm, sie war durchweg einfach und leicht gehalten, genau richtig für die Hauptzielgruppe. Bei einigen Dialogen bin ich tatsächlich etwas durcheinander gekommen, mir wurde manches als zu hibbelig und kompliziert dargestellt. Hier habe ich mich immer gefragt, wie Kinder damit umgehen und ob sie das gerade Gelesene richtig aufnehmen können und die Situation vielleicht besser verstehen als ich.
Oft haben die Charaktere aneinander vorbei gesprochen und so sind leicht Missverständnisse entstanden, die teils ganz lustig sein könnten, meist eher gestört haben.
Spannung kam an keiner Stelle auf. Die Handlung tröpfelte vor sich hin und war nie sehr energiegeladen. Vielleicht hat hier auch ein deutlicherer roter Faden gefehlt. So erschien es, als wären die Szenen zusammenhangslos aneinandergefügt worden.

Nur anhand der Beschreibungen wäre es mir nicht gelungen, mir ein Bild von den Charakteren zu machen. Sie wurden mit sehr wenigen Worten beschrieben, hier haben mir die Illustrationen wirklich weitergeholfen. Zudem hatte ich oft ein Bild von den Filmcharakteren vor Augen, was sehr geholfen hat.
Durchweg wurde ich nicht sonderlich warm mit dem Buch, den Charakteren oder der Handlung. Viele Szenen wurden kurz und knapp abgehandelt, dazu waren sie mir zu wirr und teils schwer verständlich. Mein Lesefluss wurde dadurch immer wieder etwas getrübt, gerade ein Lied musste ich mehrmals lesen, um ansatzweise einen Sinn dahinter zu erkennen.

Von den Protagonisten haben mir die Tiere am besten gefallen. Diese waren recht lebendig dargestellt und ich glaube, mit sprechenden Tieren kann man bei einem Kinderbuch nicht sehr viel falsch machen.
Im Gegensatz dazu empfand ich die menschlichen Figuren sehr schwach und oberflächlich, sie erhielten keinen richtigen Charakter und traten nicht sonderlich lebendig auf. Alice ist keine Sympathieträgerin, mit ihr kann man sich nur schwer identifizieren, sie ist etwas zu altklug, hochnäsig und von sich selbst eingenommen. Die böse Königin hat im Grunde keine negativen Attribute erhalten, lediglich durch ihren ständigen Wunsch, dass Untertanen geköpft werden sollen, entsteht ein Hauch von Bösartigkeit, der aber schnell wieder verfliegt.
Zudem gibt es nicht wirklich ein Miteinander von den Charakteren. Sie unterhalten sich zwar selten mal, aber die Gespräche sind oberflächlich und es ist ein deutliches Misstrauen zu spüren. Ich hatte mir immer ein deutlicheres Zusammenspiel vorgestellt, eine engere Bindung oder wenigstens den Hauch von Sympathie zueinander.

Fazit:
Ich bin mit viel Interesse in die Handlung gestartet, war guter Dinge und auf die Handlung gespannt. Das mich das Buch am Ende enttäuscht zurücklassen könnte, daran hatte ich nicht gedacht. Und leider ist genau dieser Fall eingetreten. Mir gefällt die Idee und an einigen Stellen ist die Umsetzung dessen auch ganz gut gelungen. Doch zu viele kleine Details und Szenen haben mich gestört, sodass ich am Ende keine so gute Bewertung für das Buch schreiben konnte, wie ich eigentlich wollte.

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Veröffentlicht am 29.12.2019

Der kleine Lord

Der kleine Lord
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Handlung:
Cedric Errol ist ein kleiner, siebenjähriger Junge, der zusammen mit seiner Mutter in bescheidenen Verhältnissen lebt. Sein Vater, gebürtiger Engländer ist gestorben und eigentlich denkt Cedric, ...

Handlung:
Cedric Errol ist ein kleiner, siebenjähriger Junge, der zusammen mit seiner Mutter in bescheidenen Verhältnissen lebt. Sein Vater, gebürtiger Engländer ist gestorben und eigentlich denkt Cedric, dass es keine weiteren Verwandten gibt.
Eines Tages taucht ein Bote des Großvaters in New York auf und überbringt dessen Wunsch: der Earl of Dorincourt möchte, dass sein Enkel nach England kommt, damit er ihn in seinem Sinne erziehen kann. So soll Cedric ein würdiger Nachfolger werden und sich auf seine spätere Rolle vorbereiten.
Cedric fällt die Umstellung auf sein neues Leben nicht leicht. Er lebt plötzlich nicht mehr mit seiner Mutter zusammen und vermisst seine Freunde aus New York. Dazu ist sein Leben plötzlich nicht mehr ganz so unbeschwert und der Earl of Dorincourt ist nicht der liebevollste Großvater. Er geht mit Cedric recht kühl und abweisend um. Kann Cedric mit seiner kindlichen Art das Herz des Großvaters für sich gewinnen?

Meinung:

Anfang des Jahres habe ich dieses Buch in einem Karton wiedergefunden und wollte es unbedingt lesen. Nach gut elf Monaten bin ich über Weihnachten nun dazu gekommen und ich hatte mich wirklich riesig darauf gefreut. Noch dazu hatte ich erst vor kurzem den hervorragenden Film aus dem Jahr 1980 gesehen und war auf Parallelen und Unterschiede gespannt. Außerdem habe ich mir noch eine spannende Frage gestellt: gefällt mir der Film oder doch das Buch besser?

Mir fiel es recht schwer, in die Handlung zu starten. Die Schreibweise empfand ich als schwierig und den Lesefluss stoppend. Ich konnte mich nicht damit anfreunden und war nie wirklich glücklich damit. Im Lauf des Romans hat es sich etwas gebessert, doch ich kann nicht genau sagen, ob mir die Schreibweise etwas angenehmer wurde oder ich mich einfach nur daran gewöhnt habe.
Ganz gut haben mir die Beschreibungen von Landschaften und Gegenden, aber auch von Gebäuden gefallen. Diese sind zahlreich ausgefallen und wurden mit allerhand Attributen benannt, was bei mir ein lebendiges Bild entstehen lassen hat. Gleichzeitig finde ich dies ziemlich verwunderlich für ein Kinderbuch. Meiner Erfahrung nach wird dort eher nicht auf dieses Detail Wert gelegt. Normalerweise stehen eigentlich immer die Geschehnisse und die Protagonisten im Vordergrund, jedoch muss auch beachtet werden, dass dieses Buch 1886 geschrieben wurde. Vielleicht waren die Maßstäbe und Vorlieben der Leser damals noch andere.
Es gibt eine Vermischung von einer gehobeneren Sprache und einer normalen Alltagssprache. Es ist immer ganz niedlich, wenn sich der kindliche Cedric dieser bedient und was für ein Kauderwelsch sich dadurch ergibt. Insgesamt gefällt er mir in seiner altklugen und reifen Artikulation sehr, es mag manchmal vielleicht zu viel des Guten gewesen sein, erscheint mir aber durchweg als niedlich und passend für seinen Charakter.

Ich finde nicht, dass irgendeine Art von Stimmung vermittelt wurde. Weder die Härte des Großvaters, noch die Liebe der Mutter wurden an den Leser vermittelt. Viele Szenen wurden nicht sonderlich emotional oder atmosphärisch geschildert. So ließ sich das Buch sehr sachlich lesen, es kann in diesem Aspekt aber nicht überzeugen.

Mit den Protagonisten bin ich nicht ganz zufrieden. Mir waren sie zu sehr ideologisiert. Cedric ist ein reines Wunderkind, verkörpert Liebreiz in Person und wird von jedem Menschen angeschmachtet. Das war mir alles zu ausgeprägt, eine abgeschwächtere Form hätte mir besser gefallen. So war ich leicht genervt von den ständigen Lobeshymnen auf Cedric und wie ihn alle Leute sofort lieben. Ich verstehe ja noch, dass er schnell mit seinem etwas grummeligen Großvater verglichen wird und die Leute ihn deutlich sympathischer finden. Man kann es aber auch übertreiben.
Auch die Darstellung des Großvaters war nicht perfekt. Er war mir zu weich, nicht so hart und herzlos, wie teilweise angedeutet wird. So war er mir etwas zu zahm und man merkt ihm die Veränderung seines Wesens gar nicht so arg an...

Fazit:
Ich bin tatsächlich leicht enttäuscht. Die Geschichte ist nicht so gut, wie ich sie in Erinnerung habe und kann mich leider nicht begeistern. Mir gefällt die eigentliche Handlung recht gut, doch dann kommen Details hinzu, die meine Meinung ins negative verändern. Dazu gehört die Schreibweise, aber auch die Darstellung der Charaktere. Teilweise werden Kleinigkeiten oder Oberflächlichkeiten öfter wiederholt, was mit der Zeit gestört hat.
Wenn ich das Buch nun mit dem Film vergleiche, kommt es nur wenig dagegen an. Zwar gibt es einige Unterschiede, doch der Film versprüht für mich eine tolle Stimmung und durch Blicke und Gesten der Protagonisten entsteht viel Lebendigkeit. Genau das, was mir im Buch fehlt.

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Veröffentlicht am 14.12.2019

Die Weihnachtsgeschwister

Die Weihnachtsgeschwister
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Handlung:
Wie jedes Jahr treffen sich Tamara, Ingmar und Elisabeth mit ihren Partnern und Kindern im Haus der Eltern, um dort Weihnachten zu feiern. Doch so richtig darauf freut sich keiner. Jeder weiß, ...

Handlung:
Wie jedes Jahr treffen sich Tamara, Ingmar und Elisabeth mit ihren Partnern und Kindern im Haus der Eltern, um dort Weihnachten zu feiern. Doch so richtig darauf freut sich keiner. Jeder weiß, dass es wieder die schwierigsten und nervenaufreibensten Tage des Jahres werden. Der Grund dafür: jedes Wort und jede Geste wird auf die Goldwaage gelegt. Tamara sieht sich gern im Mittelpunkt aller Gespräche und ist in ihrem Auftreten zu überdreht und peinlich. Ingmar ist ein schüchterner Bursche, der sich für den Klimawandel einsetzt und nur selten den Mund aufmacht. Elisabeth macht dagegen gute Miene zum bösen Spiel, was die Situation nicht verbessert.
An Heiligabend beschließen die Geschwister, sich mit ihren Eltern zu einem klärenden Gespräch zu treffen. Doch das Haus ist verwaist, niemand öffnet die Tür oder reagiert. Und plötzlich finden sich Tamara, Ingmar und Elisabeth in ihrer Angst um die Eltern vereint. Dabei erinnern sie sich an die gemeinsame, glückliche Kindheit und sehen erschreckend deutlich, wie sehr sie sich auseinander gelebt habe. Ob sie die Eltern wiederfinden und auch die verlorene Geschwisterliebe?

Meinung:
Von der Größe her finde ich das Buch richtig niedlich. Es ist klein und kompakt, bietet so eine kurzweilige Geschichte, für die man nicht ewig braucht. Doch die Gestaltung selbst finde ich nicht perfekt. Es passt zwar ein Stück weit zu der Geschichte und wirkt auch recht stimmig. Mittlerweile finde ich sogar die roten Streifen am Rand okay, anfangs konnte ich mich damit gar nichts anfreunden.
Mir gefällt der Hintergrund mit den beleuchteten Fenstern und der paar Bäumen, ansonsten finde ich das Cover in Ordnung, es ist aber auch nichts besonderes. Mir fehlt ein Blickfang, der das Buch auszeichnet und meine Aufmerksamkeit auch in einer Buchhandlung darauf lenken würde. So ist es nur nett gestaltet, ich würde es wahrscheinlich nicht näher betrachten.

Ich war längere Zeit unsicher, ob mich das Buch interessiert. Ich habe gezögert und überlegt, ob ich mich dafür bei Vorablesen bewerbe. Die Beschreibung klang zu einem Teil richtig gut, der andere Teil hat mich nicht so überzeugen können. Ich hatte eine kurze Beschriebung der drei Geschwister gelesen und diese hat mich nicht angesprochen. Am Ende habe ich mich einfach auf die Leseprobe verlassen, welche mich dann doch noch überzeugen konnte. Damit stand mein Entschluss und ich habe das große Glück, ein Rezensionsexemplar erhalten zu haben.

Mein großes Highlight an dem Buch war die Schreibweise. Sie war auch einer der Auslöser, weshalb ich das Buch lesen wollte. Die Schreibweise war wirklich den ganzen Roman über hervorragend. Die Handlung wurde interessant gehalten, die Charaktere wurden lebhaft
geschildert und viele Aktionen erschienen so lebendig, dass es sich nicht wie ein Roman anfühlte, sondern wie eine Auflistung tatsächlich durchlebter Situationen. Dazu hatte die Schreibweise einen angenehmen Anspruch, war nicht zu einfach gehalten und ließ sich trotzdem sehr angenehm und gut lesen.
Insgesamt erstreckt sich der Handlungszeitraum über knapp einen Tag. Die Handlung beginnt am 23. Dezember, am späten nachmittag, gegen abend und endet am 24. abends. Ich finde es bemerkenswert, dass ich trotzdem das Gefühl hatte, dass ich die Protagonisten schon länger kenne. Dieser Eindruck entsteht wahrscheinlich auch durch allerhand Rückblicke in die Kindheit und Jugend der drei Geschwister.
Als Erzählinstanz dient ein personaler Erzähler, der die Ereignisse aus der Sicht von Tamara, Ingmar und Elisabeth beschreibt. Dabei wechselt er immer hin und her, oft kam mir Ingmar etwas zu kurz. Am Ende habe ich das Gefühl, ihn am wenigsten zu kennen. Elisabeth wurde auch recht oberflächlich behandelt, während Tamara gefühlt am häufigsten zu Wort kam und man sie am besten kennenlernt.

Das Setting blieb etwas vage, es wurden zwar einige Orte grob beschrieben, doch mir fiel es meist trotzdem schwer, mir diese Orte vorzustellen oder ihnen räumliche Details zu geben. Einerseits fühlt es sich etwas merkwürdig an und ich mag es meist auch, mir die Räume vorzustellen. Hier wäre dies aber wirklich überflüssig gewesen, der Fokus liegt eindeutig auf den Protagonisten und den Beziehungen zueinander, was mir auch vollkommen ausreicht.
Am Setting hat mir das Haus der Eltern am besten gefallen. Es vereinte eine Gemütlichkeit, besonders wenn die Geschwister der Vergangenheit nachhängen, und gleichzeitig eine unangenehme Kälte die immer dann geherrscht hat, wenn die Geschwister anwesend waren und sich mal wieder etwas gestritten haben. Dieser Gegensatz hat mir irgendwie gefallen.

Meist war die Stimmung ziemlich eisig, egal ob die Geschwister gerade beisammen oder nur mit ihren eigenen Familien unterwegs waren. So entstand leider der Eindruck, dass sie nie sonderlich zufrieden sind und nicht den Moment genießen können. Das fand ich wirklich schade. Gerade in Gesellschaft von den Partnern und den Kindern müssten die Geschwister doch eine etwas andere Stimmung verbreiten. Als sich Ingmar, Tamara und Elisabeth dann etwas aussprechen, wandelt die Stimmung von eisig auf distanziert, was ja schon ein Fortschritt ist. Doch noch immer ist es ziemlich merkwürdig, wie wenig die drei eine Gemeinschaft bilden.

Im Klappentext und in allen Beschreibungen, die ich zu dem Buch gelesen hatte, erschien mir immer der Moment als Höhepunkt, wenn die drei Geschwister eines Morgens vor der Tür des Elternhauses stehen und niemand öffnet. Danach folgt sie Suche und ich bin davon ausgegangen, dass diese den Hauptteil des Romans einnehmen wird. In dieser Sache habe ich mich ziemlich getäuscht. Weit über die Hälfte des Buches erzählt den Abend der Ankunft, sowie das Frühstück im Hotel. Es gibt da auch keine Andeutungen auf das Folgende und ich habe so langsam darauf gewartet.
So wurde leider der Aspekt, wie die Geschwister sich wieder annähern, recht kurz gehalten und fix abgehandelt, wobei dies eigentlich das Highlight des Buches hätte werden sollen. Dazu hätte an diesem Zusammenfinden doch eigentlich eine feierlichere Stimmung herrschen sollen, was aber leider nicht passiert ist. Mir wurde die ganze Situation einfach zu fix und emotionslos abgehandelt und das Ende war zu plötzlich. Ich empfand auch nicht, dass die jahrelangen Zwistigkeiten von diesem Moment an einfach so vergessen sind und sich alle freundlich begegnen. Mir erscheint ein plötzlicher Frieden zu unrealistisch.

Auch an Spannung fehlte es. Es entstanden absolut keine Längen, ich glaube, dass ist auch recht schwierig bei einem Roman mit 160 Seiten. Doch nie entstand eine Situation, wo ich voller Spannung weitergelesen habe. Gerade das Verschwinden und die Suche nach den Eltern wäre dafür ein perfekter Moment. Selbst dies geschah aber nebenbei und ohne besondere Bedeutung.

Die Geschwister waren für die kurze Geschichte ziemlich gut gezeichnet. Ihre Kinder und Partner, aber auch die Eltern standen eher im Hintergrund, haben aber ebenso ihre Macken erhalten. Diese waren eindeutig nur Nebencharaktere die für den Weitergang der Handlung nicht so wichtig waren.
Elisabeth war mir am sympathischsten. Sie war nicht perfekt und ging mir an wenigen Stellen mit ihrem ständigen Lächeln auch etwas auf die Nerven, aber sie erschien noch ziemlich bodenständig. Elisabeth ist etwas zu unsicher und schüchtern, mir hat es gefallen, als sie ziemlich am Ende die Kontrolle übernommen hat und so noch einmal eine andere Seite von sich gezeigt hat.
Ingmar stand nie so oft im Mittelpunkt. Um ihn drehte sich die Handlung am wenigsten und über ihn kann ich auch am wenigsten sagen. Er war an sich ein netter Typ, doch durch sein vorsichtiges und recht unauffälliges Auftreten fällt es mir schwer, ihn einzuschätzen und zu bewerten.
Ziemlich im Mitteplunkt der Handlung stand Tamara. Was ich unglaublich schade fand, da ich sie am wenigsten leiden konnte. Ihr ganzes Wesen und Auftreten war mir zuwider und furchtbar. Ständig dachte sie das Gesprächsthema der anderen zu sein und zeigte damit eine Unzufriedenheit mit sich selbst und ihrem eigenen Leben. Sie ist verbittert und tritt oft zu überheblich auf, manchmal habe ich mich für ihre Aktionen fast geschämt...
Abgesehen von Elisabeth hatte ich auch zu den Eltern eine gewisse Sympathie aufgebaut. Vor allem hatte ich mit ihnen Mitleid. Sie scheinen ja trotzdem jedes Jahr auf ein angenehmes Weihnachtsfest zu hoffen und wirken auf mich wie freundliche und ruhige Menschen. Ich finde nicht, dass sie das Theater verdient haben, was ihre Kinder jedes Jahr aufführen. Dazu erschien es mir, dass die Geschwister etwas respektlos mit den Eltern umgehen, die Mühen nicht zu schätzen wissen und nur auf die Streitereien konzentriert sind.

Fazit:
An sich ist das Buch wirklich nicht schlecht. Mir fehlt es an mehr Erläuterungen und Details. Viele Situationen haben zu wenig Umfang und werden schnell abgehandelt.
Insgesamt war das Buch ganz nett, ich habe es schnell ausgelesen, doch mir fehlte eine gewisse Tiefe. Die Protagonisten haben ihr eigenes Verhalten zu wenig durchdacht und bewertet, sie haben die Fehler nur bei anderen gesehen. Dazu haben auch die Partner und Kinder beigetragen, es gab keine Selbstreflexion.
Richtig gut gefallen hat mir die Schreibwiese, die mein absolutes Highlight ist. Allein deshalb fand ich es schön, den Roman gelesen zu haben, ansonsten konnte mich die Geschichte leider nicht umwerfen. Mir gefällt die Idee und anfangs fand ich auch die Umsetzung gut. Doch dieser Anfangseindruck ließ mit der Zeit nach und die Geschichte wurde nur noch durchschnittlich. Schade, da das Buch als „Weihnachtsgeschichte“ angepriesen wird, hatte ich mir viel mehr erhofft.

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Veröffentlicht am 09.12.2019

Das Purpurmädchen

Das Purpurmädchen
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Handlung:
London 1853
Annie Stride hat mir ihrem Leben abgeschlossen. Sie will nicht länger in Armut leben und tagtäglich ihren Körper verkaufen, um etwas Geld zu verdienen, damit sie gerade so den nächsten ...

Handlung:
London 1853
Annie Stride hat mir ihrem Leben abgeschlossen. Sie will nicht länger in Armut leben und tagtäglich ihren Körper verkaufen, um etwas Geld zu verdienen, damit sie gerade so den nächsten Tag bestreiten kann. Annie steht schon auf dem Geländer einer Brücke, bereit sich in die Themse zu stürzen, wird aber im letzten Moment von Francis Maybrick Gill gerettet. Der junge Künstler schafft es, Annie innerhalb von einer Stunde zu überzeugen, dass sie ihrem Leben noch eine Chance gibt. Annie wird Francis Muse, lebt plötzlich im Reichtum, trägt wunderschöne Kleider und wird von der Londoner Kunstszene verehrt.
Schließlich ziehen die Beiden in Francis Haus vor Florenz, wo dieser einen zweiten großen Gemäldezyklus in Angriff nimmt. Doch mit der Zeit wird Annie immer misstrauischer. Kann sie Francis bedingungslos vertrauen, ist er wirklich der charismatische Mann oder besitzt der Künstler vielleicht ein dunkles Geheimnis?

Meinung:
Das Cover gefällt mir wirklich gut. Dieser historische Roman ist anders als die, welche ich normalerweise lese und ich würde das Cover auch nicht direkt einem historischen Roman zuordnen. Auf jeden Fall passt es gut zu der Handlung, es wirkt einerseits freundlich und einladend, ein Gefühl, welches durch die hellen Farben verursacht wird. Gleichzeitig finde ich das Cover aber auch mysteriös und etwas düster. Zum einen denke ich, dass der schwarze Hintergrund zu diesem Eindruck beiträgt, gleichzeitig wendet sich die Dame nicht dem Betrachter zu, zeigt nicht ihr Gesicht und ihre Absichten. Eine spannende Mischung, die mir gefällt.

Mich hat an den Roman besonders die Erwähnung gereizt, dass Annie gesellschaftlich einen riesen Sprung macht und ein Star Londons wird. Ich fand diesen Aspekt sehr interessant und hatte mir schon im Vorfeld einige Gedanken darüber gemacht, wie die Autorin dies wohl schriftstellerisch gestalten wird. Einerseits war ich davon überzeugt, dass es unglaublich spannend und realistisch sein könnte, andererseits hatte ich auch meine Bedenken, dass dies etwas zu unrealistisch und blass ausfällt. Am Ende ist es wohl ein Mittelding zwischen beiden Empfindungen geworden. Annie ist zwar zum Star aufgestiegen und war irgendwann in der Londoner Kunstszene recht bekannt, doch gleichzeitig war das nie wirklich das große Hauptthema des Buches. Tatsächlich gibt es auch nur recht wenige Kapitel die sich mit dem Aufstieg der Annie Stride beschäftigen. Anhand des Klappentextes hatte ich eine andere Erwartungshaltung, hatte mir mehr Bälle, Partys vorgestellt, wo Annie der strahlende Star ist und auch mit mehr Kapiteln gerechnet, die einen Teil der Londoner Gesellschaft skizzieren.

Mit der Schreibweise war ich nicht immer glücklich. Am Anfang und auch am Ende fand ich sie hervorragend, lebendig und bildhaft, sie hat Stimmungen und Empfindungen eingefangen und die Spannung wurde durchweg sehr hoch gehalten. Doch nach ungefähr den ersten 100 Seiten ließen diese positiven Eindrücke nach. Es gab einige Wiederholungen von bereits bekannten Details, es passierte nicht viel Spannendes und Annie lebte mit Francis vor sich hin. In dieser Zeit war die Handlung etwas festgefahren und bot lange Zeit kein Ereignis, welches wieder aufgerüttelt hat und einen neuen Aspekt in das Buch hineingebracht hat. Für mich war der Wendepunkt, von wo an die Schreibweise und die Handlung wieder gefallen hat, die Reise nach Florenz. Da kam wieder mehr Schwung in die Geschichte.

Am Anfang vieler Kapitel gibt es eine Art Tagebucheintrag. Diese wurden stets von derselben Person geschrieben und sind ungefähr ein Jahr zurückdatiert. Es gibt Informationen aus dem Leben einer Person, die im Buch eine Rolle spielt, aber nie lebend auftritt. Mir hat das richtig gut gefallen, so ist eine weitere kleine Geschichte entstanden, die sich bestimmt auch für einen eigenen Roman eignen würde...
Auf jeden Fall erhält man als Leser so einige Details und jedes Mal werden die Tage weniger, bis die Handlung an einem schicksalsreichen Tag ankommt. Oft hatte ich ein merkwürdiges Gefühl, ich hatte etwas Angst was am Ende der Geschichte kommt, habe aber gleichzeitig darauf gwartet.

Es ist der Autorin herorragend gelungen, verschiedene Stimmungen einzufangen. Durchweg war die Stimmung eigentlich recht geheimnisvoll und genau das konnte sie auch auf den Leser übertragen. Ich hatte die ganze Zeit ein schlechtes Gefühl und war darauf gefasst, dass irgendwann noch ein großes Geheimnis aufgedeckt wird. Genau so war es auch und gerade am Ende des Buches wurde es mir beim Lesen von einigen Stellen fast schon übel und schlecht. Natürlich ist das nicht gerade das angenehmste Gefühl, aber hier hat es einfach perfekt zu der Stimmung gepasst, die auch im Roman geherrscht hat.

Ich war davon ausgegangen, dass ein großer Teil des Buches in London spielt und es dann noch wenige Kapitel in Florenz gibt. Tatsächlich war die Handlung in London weniger als gedacht, nur knapp 170 der 448 Seiten spielten in England. Der Hauptteil des Buches findet in der Nähe von Florenz statt. Mir hat dieser plötzliche Wechsel der Örtlichkeit nicht so gefallen. Lange Zeit fand ich diesen unverständlich und hatte das Gefühl, als würde die Zeit in Italien still stehen. Gefühlt jeder Tag von Francis und Annie verlief gleich, es gab nur wenige Ereignisse, die etwas Schwung in die Handlung hereingebracht haben. Zudem war durch den Umzug nach Italien der Bekanntheitsstatus von Annie vollkommen weg und sie führte dort nicht mehr so ein aufregendes Leben wie in London. Ich hätte es besser gefunden, wenn es einen sanfteren Übergang von einem Leben in der Öffentlichkeit hin zu einem arg zurückgezogenen Leben gegeben hätte.

Die Autorin hat es geschafft, die Spannungskurve konstant aufrecht zu erhalten. Obwohl es einige Kapitel gibt, wo nicht so viel passiert und man fast meinen könnte, es entstehen ab und an ein paar Längen, weil einfach nichts aufregendes passiert ist. Trotzdem gab es im Hintergrund immer eine bestimmte Spannung, die sich nicht ausblenden lassen hat. Mal war sie stärker spürbar, mal weniger, aber immer hat sie hinter den Sätzen gelauert.

Ich lese ja wirklich gerne historische Romane, mit den Jahren bin ich sehr wählerisch dabei geworden. Ich mag es, wenn ich eine ausführliche und genaue Recherchearbeit erkenne und mich weiterbilden kann. Das ist für mich ein Stück weit Vorrausetzung bei der Suche von Büchern aus diesem Genre geworden.
Auch bei dem neuen Buch von Marina Fiorato gab es diese sichtbare Recherche. Zwischendurch gab es immer mal wieder Andeutungen auf verschiedene historische Ereignisse, doch eine besonders ausführliche Auseinandersetzung mit verschiedenen Themen wird im künstlerischen Bereich sichtbar. Dort konnte die Autorin mit einigen Fakten und Details auftrumpfen, die mir nicht bekannt waren. Zwar ist die Kunst und Architektur nicht unbedingt mein Lieblingsthema, doch es hat zu dem Roman und seiner Geschichte hervorragend gepasst und meinen Horizont etwas erweitert.

Ich empfand es schwer, die Protagonisten zu mögen oder sie sympathisch zu finden. Es gab immer mal Ansätze, wo sie ihre positiven Seiten gezeigt haben und so Mitgefühl oder eine abgeschwächte Art von Sympathie bei mir entwickelt haben. Aber meist war ich mir nicht ganz sicher, was ich von ihnen halten sollte.
Im Grunde gibt es lange Zeit nur Annie und Francis als Protagonisten, später in Neapel kommt eine weitere Person hinzu, über die ich an dieser Stelle nichts verraten möchte. Alle anderen Personen tauchen zu wenig auf, um etwas über sie zu sagen.
Annie fand ich anfangs noch in Ordnung und war gespannt auf ihre Entwicklung. Francis hat sie nach seinen Wünschen geformt und damit kam der Punkt, wo ich sie immer schlechter einschätzte. Von einer selbstbestimmten und eigenständig handelnden Person wurde Annie zu einer Art Schoßhündchen. Alles, war Francis Unmut erregt hätte, hat Annie an ihrem Wesen verändert. Ich verstehe ja, dass dieses neue Leben für sie besonders ist und sie alles dafür tut, um nicht plötzlich wieder auf der Straße zu landen. Aber Annie verlor sich selbst immer mehr und nahm irgendwann nur noch Rollen ein. Zwar war ihre Veränderung spannend zu verfolgen und stark geschildert, doch irgendwie blieb bei mir ein fader Beigeschmack.
Über Francis möchte ich nicht zu viel verraten. Er ist ein komplexer Charakter, den man nur schwer versteht, er hat viele Geheimnisse und lässt sich nicht wirklich in die Karten schauen. Bis auf ein-zwei kleine Ausnahmen behält Francis sein Pokerface und scheint durch und durch ein Gentlemen zu sein. Trotzdem hat er einen Hauch von etwas dunklem an sich, was es nicht so einfach macht, ihn zu mögen. Francis ist ein einzigartiger Charakter mit besonderen Vorlieben, der sich nur schwer mit Worten beschreiben lässt...

Fazit:
Irgendwie lässt mich das Buch zwiegespalten zurück. Einerseits war die Geschichte mit allen Hintergründen und Geheimnissen faszinierend, gleichzeitig bin ich auch froh, das Buch ausgelesen zu haben. Teilweise fand ich einige beschriebenen Details schon etwas gruslig und merkwürdig, mir wurde an einigen Textstellen richtig übel. Da hätte ich das Buch am liebsten beiseite gelegt, wollte aber trotzdem wissen, wie es weitergeht.
Es ist eine Geschichte, wie ich sie vorher noch nie gelesen habe. Geheimnisvoll, düster mit wirren Vorstellungen und krassen Details. Es war eine interessante Erfahrung, auf Dauer bevorzuge ich eher andere historische Romane.
Mir haben die Charaktere irgendwie gefallen, auch wenn ich sie nicht kennenlernen wollen würde. Sie hatten unglaublich komplexe Wesen und waren gut durchdacht. Besonders die Psyche von Annie und Francis war spannend und einzigartig. Dazu haben mir die Zusätze am Anfang eines jeden Kapitels gefallen, diese gaben einige Informationen preis und boten eine Abwechslung zu der Gegenwart mit Annie und Francis.

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