Ein Debüt mit Schwächen und Potenzial nach oben
Beschreibung
Paris 1823. Die Französische Revolution ist fehlgeschlagen, die Monarchie teilen sich die politischen Geschäfte der Stadt mit neun Gilden, die die kriminellen Vorgänge der Unterwelt regieren. ...
Beschreibung
Paris 1823. Die Französische Revolution ist fehlgeschlagen, die Monarchie teilen sich die politischen Geschäfte der Stadt mit neun Gilden, die die kriminellen Vorgänge der Unterwelt regieren. Als Azelma von ihrem Vater an Kaplan, den Obersten der »Gilde des Fleisches«, verkauft wird, schließt sich ihre jüngere Schwester Nina der Diebesgilde an. Auch ohne die Unterstützung der anderen Gilden macht es sich Nina zu ihrem Ziel, ihre Schwester aus den Fängen des Tigers zu befreien. Als Mittel zum Zweck spannt sie die junge und bildhübsche Waise Ettie ein, doch ihr Gewissen und die Hungersnot, die eine neue Revolution entfacht, fördern neue Bündnisse zutage…
Meine Meinung
Kester Grant legt mit ihrem historischen Fantasy-Roman »Der Hof der Wunder« ihr literarisches Debüt vor. Sie entführt ihre Leserinnen in die Hauptstadt Frankreichs und zeigt ein alternatives Szenario auf, wie die Geschichte hätte verlaufen können, wenn die Französische Revolution gescheitert wäre.
Kester Grant ist es fabelhaft gelungen mit einem düsteren Setting ein authentisches Bild der überwiegend armen Gesellschaft Frankreichs zu zeigen, und schonungslos den harten Alltag der Bevölkerung zu schildern. Die Herrschaft über die Unterwelt von Paris teilen sich neun Gilden, die sich regelmäßig im Hof der Wunder versammeln.
Während die Mitglieder der Monarchie sorgenfrei in ihrem Palast residieren verändert sich das Leben der jungen Nina schlagartig als ihre ältere Schwester Azelma von ihrem Vater an Kaplan, den Obersten der »Gilde des Fleisches«, verkauft wird, wo ein schreckliches Leben der hemmungslosen Ausbeutung und Prostitution auf sie warten. Nina bleibt nichts anders übrig, als sich der Diebesgilde anzuschließen und tief in die dunkle Welt Paris einzutauchen.
Mir hat die »dreckige« Seite mit all den düsteren Gilden den unheimlichen Obersten und den harten Straßenkämpfen gut gefallen. Grant gelingt es zudem mit ihrem Schreibstil die Szenen äußerst lebendig vor dem inneren Auge des Lesers entstehen zu lassen. Allerdings wäre ein Warnhinweis für alle Leserinnen die Probleme mit sexueller Gewalt haben, durchaus angebracht gewesen. Einen Überblick über die einzelnen Gilden zu erhalten gestaltet sich zu Beginn etwas mühsam, sicherlich hätte eine Übersicht zu den neun Gilden und den wichtigsten Protagonisten (welche es z. B. auf der Verlagsseite gibt) dabei geholfen, sich in der Welt etwas leichter zu Recht zu finden.
Die Autorin legt ein großes Augenmerk auf die Formung ihrer Romanheldin Nina, die zu einer kämpferischen und tapferen jungen Frau heranwächst, die sich von nichts so leicht unterbekommen lässt. Allerdings geraten neben dieser polarisierenden Protagonistin die Nebendarsteller sehr fade und unscheinbar. Außerdem hat sich mir nicht so recht erschlossen, warum gleich jeder junge Mann auf Nina stehen muss? Diese Tatsache empfand ich zu unrealistisch dargestellt.
Viel lieber hätte ich es gesehen, wenn die Autorin etwas mehr Zeit auf die ausführlichere Beschaffung der Nebenrollen verwendet hätte. Das Debüt von Kester Grant weist zwar einige Schwächen, aber dennoch steckte etwas in ihrer Geschichte, dass mich nicht mehr losließ.
Meine Erwartungen an »Der Hof der Wunder« waren sehr hoch, da die Autorin Motive aus Victor Hugos »Les Misérables« und Rudyard Kiplings »Das Dschungelbuch« miteinander vereint. Der Bezug zu den weltberühmten Klassikern ist eindeutig erkennbar, sei es anhand der Gilden oder anhand der Namen der Protagonisten. Auch die Grundkonstruktion von Kester Grants düsterem Paris des 19. Jahrhunderts hat mir ausnehmend gut gefallen, allerdings fehlte es etwas an Fantasy-Elementen und auch die Skizzierung der Protagonisten hätte etwas mehr Tiefgang gut gestanden. Ich bin auf jeden Fall schon sehr gespannt, ob die Autorin es im Folgeband schaffen wird die Defizite verschwinden zu lassen.
Fazit
Ein vielversprechendes Debüt, das sein Potenzial nicht ganz ausschöpft aber meine Neugier geweckt hat!