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Veröffentlicht am 13.03.2020

Zurück in Lichterhaven

Die Liebe gibt Pfötchen
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Der neuerste Lichterhaven Roman von Petra Schier ist der vierte aus der Reihe, die aber alle unabhängig voneinander gelesen werden können. Für mich ist es mein dritter Besuch aus Licherhaven.

Diesmal ...

Der neuerste Lichterhaven Roman von Petra Schier ist der vierte aus der Reihe, die aber alle unabhängig voneinander gelesen werden können. Für mich ist es mein dritter Besuch aus Licherhaven.

Diesmal sind unsere Hauptprotagonisten Martina und Thorsten, die ich schon im letzten Band kurz kennenlernen durfte. Thorsten ist der Halbbruder von Lars aus "Strandkörbchen und Wellenfunkeln". Die beiden haben sich erst vor gar nicht langer Zeit kennengelernt, da Thorstens Mutter Deutschland verlassen hat und in die USA gezogen ist. Mittlerweile sind die beiden Brüder gute Freunde und bauen in der gemeinsamen Werft Boote. Schon vor einem Jahr hat Thorsten ein Auge auf Martina, eine kurvige Rothaarige, geworfen, doch jeder hat ihm abgeraten sie zu bedrängen. Die alleinerziehende Mutter von zwei Kindern und Witwe hat gefühlsmäßig eine Mauer um sich herum aufgebaut und fühlt sich ihrem verstorbenen Mann durch ein Verprechen gebunden. Sie hat die Trauer mit einem vollen Arbeitspensum verdrängt und hat auch sechs Jahre nach Axels Tod ein volles Programm neben Haushalt und Kindererziehung. Sie engagiert sich im Stadtradt und möchte ihren großen Traum, die Vollendung des Wellenbades, das ihr damaliger Mann geplant hatte, fertig stellen. Martina funktioniert einfach nur...das echte Leben geht an ihr vorüber...

Die Gefühle, die sich zwischen den beiden langsam entwickeln wurden sehr authentisch und glaubhaft beschrieben. Hier passiert nichts überstürzt, auch wenn die Autorin zum Ende hin wieder ein paar prickelnde Szenen eingebaut hat. Thorsten gibt sich auch redlich Mühe und ist ein sehr geduldiger Mann, der sich auch Martinas Kindern, Annika und Basti, liebevoll widmet, sie ernst nimmt und miteinschließt.
Zu den Lichterhaven Romanen gehört natürlich auch wieder ein süßes Fellknäuel. Der Mudi (ungarischer Hirtehund) Capone, den Martina aus dem Tierheim geholt hat, hält sie und ihre Kinder ganz schön auf Trab. Capone liebt es seine eigenen Willen durchzusetzen und macht so einige verrückte Dinge. Die Hundegedanken sind wieder in kursiver Schrift eingeblendet. Mir kamen sie diesmal nicht so präsent wie in den Vorgängerromanen vor. Trotzdem spielt Capone eine wichtige Rolle und versucht natürlich alles Martina und Thorsten zusammenzubringen...

Immer abwechselnd begleiten wir Martina oder Thorsten auf ihren Weg. Dadurch hat der Leser den Zugang zu ihren Gedanken und Gefühlen, spürt aber auch ihre Unsicherheiten und Ängste.
Die liebevoll ausgearbeiteten Figuren schließt man sehr schnell ins Herz. Viele Lichterhavener Einwohner kannte ich bereits, aber es gibt auch wieder ein paar neue Charaktere und ich denke ich weiß auch schon, wer im nächsten Band seine große Liebe treffen wird...

Schreibstil:
Ich liebe Petra Schiers Schreibstil, egal ob sie historische Romane, ihre Weihnachts-/Hunde- oder Lichterhaven Romane schreibt. Es gibt immer humorvolle Dialoge, der Schreibstil ist spritzig und in den Licherhaven-Romanen schätze ich auch immer die sehr bildhafte Beschreibung der Umgebung.

Fazit:
Wieder eine bezaubernde "Liebesgeschichte mit Hund " aus Lichterhaven, die ich gerne gelesen habe. Das Setting und die süßen Hunde alleine sind schon ein Pluspunkt, aber Petra Schier versteht es auch die Liebesgeschichte mit Humor und Gefühl zu erzählen. Ich freue mich schon auf den nächsten Roman aus ihrer Feder!

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Veröffentlicht am 08.03.2020

Zwischen Angst und Hoffnung

Tage des Lichts
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Ulrike Renk meinte ihr dritter Teil der Seidenstadt-Saga um die jüdische Familie Meyer sei ihr ruhigster. Dem kann ich nicht ganz zustimmen, denn ich hatte den 576 Seiten dicken Schmöker wirklich schnell ...

Ulrike Renk meinte ihr dritter Teil der Seidenstadt-Saga um die jüdische Familie Meyer sei ihr ruhigster. Dem kann ich nicht ganz zustimmen, denn ich hatte den 576 Seiten dicken Schmöker wirklich schnell durch. Die Geschichte ist fesselnd erzählt. Es mag zwar stimmen, dass es nicht viele große Spannungsmomente gibt, aber man durchlebt mit Ruth und ihrer Familie all die Ängste und Gefühle in dieser schrecklichen Zeit. Zusätzlich erfährt man mehr über die politische Lage und die Entwicklung aus der Sicht von Großbritannien bis es zum Kriegseintritt kommt.

Ruth hat im Vorgängerband alles daran gesetzt, dass sie ihre Familienangehörigen nach England nachholen kann. Nun wartet sie noch immer am Bauernhof der Sanderson auf eine positive Nachricht. Die Lage in Deutschland spitzt sich immer mehr zu und es kommt zum Krieg. Ruth erlebt diese Zeit unter größter Anspannung. Zusätzlich zu ihrer Furcht, die Eltern und ihre Schwester nicht schützen zu können, arbeitet sie jeden Tag bis zur totalen Erschöpfung am Hof mit. Olivia Sanderson behandelt sie wie ein Sklavin, doch Ruth benötigt das Arbeitsvisum, damit sie in England bleiben kann. Als ihre Elterne und kleine Schwester noch rechtzeitig, bevor England Deutschland den Krieg erklärt, in London ankommen, ist sie erstmals erleichtert und erleidet die Schikanen von Olivia mit noch größerer Geduld als zuvor. Sie weiß, nach einem Jahr kann sie gehen und Amerika ist noch immer das Ziel der Meyers.
Doch nicht nur Olivia Sanderson macht ihr das Leben schwer. Als Großbritannien in den Krieg einsteigt, erlebt sie von einigen Engländern Anfeindungen, die sie nur als Deutsche sehen und nichts von den Verhaftungen und Schikanen an den Juden wissen. Für sie ist nun auch Ruth der Feind, obwohl sie eigentlich denselben haben...
Eine große Hilfe ist Edith Nebel, die den Juden in Großbritannien und auch noch in Deutschland zu helfen versucht. Ihr Mann hat als deutscher Botschafter einige wenige Möglichkeiten, die Edith für die Geflüchteten einsetzt.

Ulrike Renk blendet in ihrer Geschichte einige Mal nach Deutschland zurück, wo sich die Lage immer mehr zuspitzt. Ihre Großeltern, Tante Hedwig und vorallem Kusin Hans, sowie auch die Familie Aretz erleben mehr oder weniger die Übergriffe der NSDAP-Anhänger und der Gestapo, die sie überwachen und schikanieren. Die beiden Familien schreiben sich zwar regelmäßig, doch die Briefe kommen nie bei den Empfängern an. Die quälende Unsicherheit, was mit den Meyers in England und auf der anderen Seite dem Rest der Familie in Krefeld passiert, macht allen schwer zu schaffen.

„...Warum tut niemand etwas dagegen? Die Welt müsste doch aufstehen, müsste sich erheben gegen Hitler und seine Schergen...“

Sehr interessant ist auch die Sichtweise Großbritanniens, die zuerst die Hinhaltetaktik benutzen, bis dies nicht mehr möglich ist und es auch zu einem Wechsel an der Spitze des Premierministerpostens kommt. Die Ängste, die Ruth zu dieser Zeit durchmacht, werden äußerst gefühlvoll und plastisch beschrieben. Zuerst die Furcht um ihre Eltern, danach die Angst von der deutschen Wehrmacht und dazu die körperliche sehr anstrengende Arbeit im Haus und auf dem Feld. Aus dem etwas verwöhnten Mädchen aus der Oberschicht, ist eine zupackende und zu schnell erwachsen gewordene junge Frau geworden, die nicht so schnell aufgibt.

Wie bereits oben erwähnt, lebt dieser dritte Band vorallem von der Atmosphäre und der Gefühlswelt der Protagonisten, sowie vom geschichtlichen Hintergrund dieser grausamen und schlimmen Zeit.
Ulrike Renk erzählt sehr eindringlich, wie es der Familie Meyer weiter ergangen ist.
Im Nachwort erfährt der Leser weitere Fakten über ihre Nachforschungen, über Wahrheit und Fiktion.
Ich freue mich schon auf den abschließenden vierten Band, der voraussichtlich auf See und in den USA spielen wird.

Fazit:
Obwohl dieser Teil der Familiensaga um die jüdische Familie Meyer ruhiger als die beiden Vorgänger ist, finde ich die Reihe von Band zu Band interessanter und spannender. Ich freue mich schon auf den Abschlussband im August.

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Veröffentlicht am 05.03.2020

Kulinarischer zweiter Band, der Lust auf Italien macht

Die Schwestern der Villa Fiore 2
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Im zweiten Band rund um die Familie Massinelli in der wunderschönen Toskana, oder richtiger in der Rufina gelegen, erfahren wir mehr über die zweite Schwester, Bianca. Nachdem wir im ersten Band Giuila ...

Im zweiten Band rund um die Familie Massinelli in der wunderschönen Toskana, oder richtiger in der Rufina gelegen, erfahren wir mehr über die zweite Schwester, Bianca. Nachdem wir im ersten Band Giuila näher kennen lernen durften und viel über den biologischen Weinbau erfahren durften, dreht sich nun alles um das "Fiore" und seinen kulinarischen Köstlichkeiten. Bianca lebt für ihr Restaurant, wo sie täglich wunderbare und leckere Kreationen herstellt. Längst ist es kein Geheimtipp mehr, sondern allgemein anerkannt. Bianca kocht nach traditionellen Rezepten ihrer Nonna und verwendet nur saisonale Produkte. Kurz bevor sich ein Tester ankündigt, der für ein Reisemagazin schreibt, kündigt der Chefkoch und verlässt über Nacht das Anwesen. Als ein Gast einspringt, der sich als der berühmte Starkoch Nando Branconi entpuppt, scheint die Welt wieder in Ordnung zu sein - doch das täuscht....

Kaum angefangen zu lesen, tauchte ich schnell wieder in die Geschichte der Familie Massinelli ein. Gleich zu Beginn gibt es eine Rückblende zum verhängnisvollen Tag an dem Bianca einen schlimmen Unfall hatte. Als sie mit ihrer Vespa auf dem Heimweg ist, wird sie von einem Auto angefahren und schwer verletzt. Der Fahrer begeht Fahrerflucht! Noch heute hat Bianca Alpträume und muss mit dem gesundheitlichen Folgen leben. Ihr Oberschenkel ist vernarbt und tägliche Schmerzen am Bein begleiten sie seit Jahren. Die einst fröhliche junge Frau hat sich total zurückgezogen und lebt seitdem nur für ihr Restaurant.

Mit Bianca hat Constanze Wilken eine sehr sympathische Figur erschaffen, die man sofort ins Herz schließt. Ihr Selbstwertgefühl hat seit dem Unfall stark gelitten. Die unsichere junge Frau sucht bei Misserfolgen immer nur die Schuld bei sich selbst. Trotzdem ist sie eine Kämpferin geblieben. Doch die Arbeit im Restaurant wird ihr langsam zu viel und der Verdacht, dass ein Mitarbeiter Sabotage betreibt, erhärtet sich.
Im Vergleich zu Giulia, die das Problem hatte, ihren Platz in der Familie zu finden, kann Bianca nicht mit ihrer Vergangenheit abschließen. Dadurch verbaut sie sich viele Chancen, vorallem in der Liebe.
Nando ist ein sympathischer Mann, der aus dem Olymp des Kochhimmels geflüchtet ist, nachdem ihm die Lust am Kochen verloren gegangen ist. In der High-Society Welt fühlt er sich nicht wirklich wohl...kommt er doch aus einem der schlimmsten Viertel Neapels. Man bekommt einige interessante Einblicke in seine familiären Verhätnisse. Nando ist ein sehr netter Mann, der mir aber fast "zu perfekt" war.
Besonders berührt haben mich die Rückblenden aus dem Leben von Nonna Teresa. Wir kommen ihrem Geheimnis in Teil zwei etwas näher, nachdem wir schon im ersten Band ein klein bisschen daran teilhaben durften.

Die Atmosphäre rund um die Villa Fiore und das Weingut wurde wieder wunderbar dargestellt. Das Setting im italienischen Hügelland verbreitet ein richtiges Wohlgefühl und lässt das Urlauberherz höher schlagen. In diesem Teil fand ich das typische italienische Flair und die Zusammengehörigkeit der Familie etwas besser herausgehoben, als in Teil Eins. Auch das ksötliche Essen lässt einem beim Lesen das Wasser im Mund zusamenlaufen.
Spannend fand ich die Suche nach dem Unfallverursacher. Die Lösung betreffend den Sabotageaktionen war mir hingegen fast zu unspektakulär. Aber es handelt sich hier ja auch um keinen Krimi, sondern um einen Roman ;).

Schreibstil:
Der kurzweilige Schreibstil liest sich wunderbar flüssig. Charaktere und Landschaft wurden mit viel Liebe zum Detail beschrieben und konnten mich mitnehmen. Einige Kapitel werden nicht nur aus der Sicht von Bianca, sondern auch aus Nandos Sicht erzählt. Die Kapitel sind kurz gehalten und verleiten dazu, noch schnell eine weiteres Kapitel zu lesen...
Am Ende gibt es noch das Rezept zur "Torta della Notta".

Fazit:
Der zweite Band rund um die Villa Fiore und der Familie Massinelli konnte mich noch mehr überzeugen, als der Auftaktband. Authentische Charaktere und die wunderbare bildhafte Beschreibung der Landschaft, sowie die Köstlichkeiten aus Biancas Küche machen dieses Buch zu einem Wohlfühlroman, der Sehnsucht nach Italien weckt.

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Veröffentlicht am 22.02.2020

Die Wiege des Skisports

Lottes Träume
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Lotte hat vor kurzem ihren Vater verloren. Der Lehrer und begeisterte Alpinist hat seiner Tochter bereits von Kindesbeinen an das Skifahren beigebracht. 1904 steckt der Skisport noch in den Kinderschuhen ...

Lotte hat vor kurzem ihren Vater verloren. Der Lehrer und begeisterte Alpinist hat seiner Tochter bereits von Kindesbeinen an das Skifahren beigebracht. 1904 steckt der Skisport noch in den Kinderschuhen und ist für Frauen und Mädchen nicht zugänglich. Lotte ist nach dem Tod hres Vaters Vollwaise und hat in Mürzzuschlag in der Steiermark keine Zukunft. Die Wirtin des Gasthofs im Ort gibt ihr die Adresse eines Bekleidungsgeschäftes in Wien. Die Inhaberin, Mizzi Kauba, ist die Erste, die Skier und die dazugehörige Bekleidung verkauft. Lotte macht sich auf den Weg in die Hauptstadt und findet tatsächlich eine Anstellung bei Mizzi Kauba. Gemeinsam mit ihrer Kollegin Klara teilt sie sich ein Dachbodenzimmer. Lottes Kenntnisse sind für ihre Chefin von Vorteil. Sie hat für die damalige Zeit sehr unkonventionelle Pläne und eckt in der besseren Gesellschaft sehr schnell an. Ihr Mann steht nicht wirklich hinter ihr und als Chefin ist sie oft ungerecht und tyrannisch. Lotte hat zusätzlich eine Kollegin, die neidisch und ihr nicht gut gesinnt ist. Als sie den jungen und engagierten Kinderarzt Jakob Sonnstein kennen lernt, verlieben sich die Beiden. Doch Lotte kommt nicht aus der gewünschten Gesellschaftsschicht und hat auch nicht die "richtige" Religion. Zusätzlich verschweigt ihr Jakob etwas...

Als Österreicherin und Skifahrerin hat mich das Thema rund um den Skisport sofort neugierig gemacht. Dazu kommt, dass ich nicht weit entfernt von Lilienfeld wohne, wo der Alpine Skilauf seinen Anfang nahm, denn Lilienfeld ist "die Wiege des Skisports". 1890 hat Mathias Zdarsky die Stahlsohlenbindung und die dazupassene Fahrtechnik entwickelt....ein Meilenstein zu dieser Zeit!

Die Geschichte liest sich sehr flüssig. Der Einstieg ist mir sehr leicht gefallen. Beate Maly hat für ihren Roman reale Figuren der damaligen Zeit miteinbezogen, die Geschichte selbst ist aber fiktiv.
Kurz nach dem Jahrhundertwechsel und zur Zeit der k.u.k. Monarchie hat die Wiener Gesellschaft noch zu viele Standesdünkel und ist noch nicht wirklich bereit für Frauen, die Sport betreiben, selbst ein Geschäft führen oder Hosen tragen. Mizzi Kauba war eine Vorreiterin in Sachen Emanzipation und Sport. Der Bergsport war damals ausschließlich den Männern vorbehalten.
Für uns ist es heute unvorstellbar, dass man vor hundert Jahren als Frau nicht einmal in den Bergen wandern durfte bzw. mit knöchellangen Kleidern und oftmals einem Korsett gar nicht die Möglichkeit hatte dies zu tun. Auch der Skisport hat sich seit dieser Zeit so extrem gewandelt, dass man sich heute gar nicht vorstellen kann mit nur einem Stock auf Holzbrettern ohne richtiger Bindung und ohne Lift Ski zu fahren.

Beate Maly zeigt den großen Unterschied und die Kluft zwischen Arm und Reich in der Gesellschaft der k.u.k. Monarchie sehr gut auf. Wir bewegen uns durch alle Gesellschaftsschichten Wiens.
Auch die Anfänge des Skisports wurden perfekt recherchiert. Die Autorin greift aber nicht nur die Themen Skisport, dem Aufkommen der ersten größeren Kaufhäuser in den Städten, den Frauenrechten oder die riesige Kluft zwischen Arm und Reich auf, sondern widmet sich ebenfalls der gleichgeschlechtlichen Liebe, sowie der Kunst und Kultur.
Durch den jüdischen Arzt Jakob Sonnstein, der mit Herzblut seinen Beruf ausübt und sich für die Kranken und Schwachen einsetzt, erhält man einen kleinen Einblick in die damaligen Zustände in den Krankenhäusern und der damaligen Volkskrankheit, der Tuberkulose. Für manche Leserinnen waren die vielen Themen für den ersten Band einer neuen Reihe zu viel, aber ich finde sie als gute Grundlage für die kommenden Bände.

Die Charaktere sind wunderbar lebendig. Lotte ist eine starke und mutige junge Frau. Man muss sie einfach mögen. Allerdings fehlten mir die Ecken und Kanten. Trotzdem ist sie eine liebenswerte Hauptprotagonistin, deren Lebensweg man mit Spannung verfolgt.

Der Roman beinhaltet neben sozialkritischen Themen auch viel Lokalkolorit und lässt sich sehr flüssig lesen. Einige Handlungen sind ein bisschen vorhersehbar und manches löst sich ein bisschen einfach auf - trotzdem hat es mich nicht wirklich gestört, denn ich wurde gut unterhalten.

Der Titel ist meiner Meinung nicht ganz passend gewählt, aber das Cover finde ich bezaubernd. Der Schriftzug des Sportartikelgeschäftes mit den Namen von Mitzi Langer-Kauba befindet sich noch heute in der Kaiserstraße in Wien. Bei meinem nächsten Wien-Besuch weiß ich schon wohin ich gehen werde...

Fazit:
Ein leichter, aber sehr unterhaltsamer historischer Roman über den Beginn des Skisports und der (nicht vorhandenen) Rechte der Frauen. Weiters gibt die Autorin einen tollen Einblick in die gesellschaftlichen Strukturen der k.u.k. Monarchie und der Stadt Wien zur Zeit der Jahrhundertwende. Ich freue mich schon auf eine Fortsetzung, auch wenn für mich dieser Roman als Einzelband genauso passend wäre. Von mir gibt es eine Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 19.02.2020

Spannende Fortsetzung im Dunstkreis von Jack the Ripper

Hurenmord - Die Rose von Whitechapel
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Seit dem Ende des ersten Bandes rund um die "Flowers of Scotland" Reihe sind fünf Jahre vergangen. Zurück im viktorianischen London bewegen wir uns diesmal im Dunstkreis von Jack the Ripper. Während Emily ...

Seit dem Ende des ersten Bandes rund um die "Flowers of Scotland" Reihe sind fünf Jahre vergangen. Zurück im viktorianischen London bewegen wir uns diesmal im Dunstkreis von Jack the Ripper. Während Emily im ersten Teil unsere Hauptprotagonistin war, konzentriert sich Tabea Koenig im zweiten Teil auf ihre beste Freundin Christine.
Nachdem sich die beiden Frauen am Ende von Teil 1 wiedergefunden habe, stirbt zu Beginn des zweiten Teiles Christines Ehemann Henry überraschend. Er war nicht nur ihre große Liebe, sondern auch ihr größter Unterstützer für das Frauenhaus, in dem Christine Prostituierten und Frauen in Not Hilfe und Unterkunft anbietet. Vor lauter Kummer über seinem Tod zieht sich Christine zurück und nimmt kaum mehr am Leben teil. Nur Emily, die hochschwanger aus Schottland anreist, kann sie endlich aus ihrer Lethargie reißen. Doch dann wird eine Prostituierte ermordet, die kurze Zeit vorher im Frauenhaus Unterschlupf gefunden hatte. Nicht nur böse Verleumdungen, sondern auch ein Erbstreit mit Adrian, dem ältesten Sohn von Henry, bringen Christine in weitere Unannehmlichkeiten. Sie bekommt allerdings bald Hilfe von Inspektor John Pike, der die Frauenmorde untersuchen soll und der bereits vor fünf Jahren Christine und Emily geholfen und ein guter Freund geworden ist....

Die grausamen Morde an gefallenen Frauen sind bestialisch und bringen nicht nur Whitechapel in noch größeren Verruf, sondern auch Christine in große Schwierigkeiten, da alle Opfer eine Verbindung zum Frauenhaus haben. Möchte jemand Rache an Christine üben? Oder hat der Mörder ein Faible für leichte Mädchen? John Pike hat jede Menge zu tun und der Druck der feinen Gesellschaft auf die Polizei wird immer größer....

Die Beschreibung der sozialen Missstände in Whitechapel sind wieder sehr bildhaft. Mit Rosalie, einer jungen Fabrikarbeiterin, und ihrem kleinen Sohn, lernen wir auch Nebencharaktere kennen, die ums Überleben kämpfen und sich mit dem ausbezahlten Hungerlohn kaum über Wasser halten können. Der brutale Unterschied zwischen Arm und Reich wird wieder sehr authentisch dargestellt. Das Gesellschaftsbild der damaligen Zeit wird von der Autorin großartig gezeichnet.

Die ausdrucksstarken und facettenreichen Charakter - bis hin zu vielen kleinen Nebenfiguren - sind liebevoll von der Autorin kreiert worden. Christine schafft es wieder zurück ins Leben und findet zu ihrem alten Ich. Sie ist eine starke, moderne und mutige Frau, die in John Pike einen verlässlichen Freund findet.

Die fiktive Lösung um Jack the Ripper wurde keativ und gut gelöst. Der Spannungsbogen wird durch die Morde immer weiter aufgebaut und bleibt die ganze Geschichte über sehr hoch. Man kann das Buch kaum aus der Hand legen und ich war wirklich traurig, dass ich es so schnell beendet hatte.

Fazit:
Eine tolle und spannende Fortsetzung der "Flowers of Scotland" Reihe, die bildhaft und mitreißend erzählt wird. Der erste Band hat mich restlos begeistert, aber auch Band 2 ist wieder absolut gelungen und erhält von mir eine Leseempfehlung!

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