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Veröffentlicht am 21.03.2020

Menschliche Abgründe

Vardo – Nach dem Sturm
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„Vardo – Nach dem Sturm“ ist der erste Roman der britischen Autorin Kiran Millwood Hargrave.

Weihnachten 1617: Durch einen heftigen Sturm kommen alle Männer der Insel Vardø beim Fischen ums Leben. Die ...

„Vardo – Nach dem Sturm“ ist der erste Roman der britischen Autorin Kiran Millwood Hargrave.

Weihnachten 1617: Durch einen heftigen Sturm kommen alle Männer der Insel Vardø beim Fischen ums Leben. Die Frauen sind auf sich gestellt, werden aktiv und kämpfen und es gelingt ihnen nach und nach zurecht zu kommen. Auch Maren - die ihren Verlobten, ihren Bruder und ihren Vater verloren hat – kämpft. Nach drei Jahren schickt die Regierung Hilfe in Form von Kommissar Absalom Cornet, der die Ordnung auf der Insel wieder herstellen soll. Aber mit ihm kommt keine Hilfe, er ist ein Hexenjäger, entsetzt darüber, dass nicht alle Frauen selbstverständlich zum Gottesdienst gehen und hat nichts anderes als Hexenprozesse, Verbrennungen und Folter im Sinn. Seine Frau Ursa, die ihn begleitet, freundet sich mit Maren an und erkennt nach und nach, wer ihr Mann wirklich ist.

Der Schreibstil ist packend, mitreißend und sehr detailliert. Man kann sich gut in die Situation von Maren und Ursa hineinversetzen. Die Atmosphäre ist düster, beklemmend und gibt einen intensiven Einblick in das Leben der Frauen im 17. Jahrhundert. Die Protagonistinnen sind zwei sehr unterschiedliche Charaktere und besonders Ursa macht eine interessante Entwicklung durch.
Aus heutiger Sicht erscheinen einem die Ereignisse regelrecht absurd, aber die Angst der Frauen, die sie zu erschreckenden Taten untereinander bringen, zeigen die menschlichen Abgründe, die bei Angst und Not zum Vorschein kommen.

Obwohl es sich um einen fiktiven Roman handelt, gibt es historische Hintergründe, die die Autorin in einer abschließenden Anmerkung zusammenfasst und die den Roman – ebenso wie die durch Karten gestalteten Innencover – wunderbar abrundet.

Fazit: Ein atmosphärischer, fesselnder Roman, der nichts für schwache Nerven ist.

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Veröffentlicht am 10.03.2020

Mary MacLane – stark, mutig, rebellisch

Ich erwarte die Ankunft des Teufels
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Durch ihr erstes Buch „Ich erwarte die Ankunft des Teufels“ wurde die Autorin Mary MacLane berühmt. Es wurde bereits 1902 veröffentlicht, aber erst jetzt in die deutsche Sprache übersetzt.

Mary MacLane ...

Durch ihr erstes Buch „Ich erwarte die Ankunft des Teufels“ wurde die Autorin Mary MacLane berühmt. Es wurde bereits 1902 veröffentlicht, aber erst jetzt in die deutsche Sprache übersetzt.

Mary MacLane ist eine Frau, die für Eigensinn, Rebellion und Skandale steht. Ihr Buch schrieb sie in Form eines Tagebuchs im Alter von 19 Jahren. Ihre Worte sind ausdrucksstark. Sie formuliert ihre Wünsche und Sehnsüchte klar und deutlich, übt nachdrücklich Kritik an der Gesellschaft und war ihrer Zeit weit voraus, wodurch sie mit ihrem Werk für entsprechende Unruhe und Aufmerksamkeit gesorgt hat. Ihr Schreibstil ist einfach, die Sätze lassen sich leicht lesen und ihre Direktheit und Offenheit haben mich – insbesondere vor dem Hintergrund, dass das Geschriebene bereits vor mehr als hundert Jahren verfasst wurde – fasziniert und verwundert, da es ihr gelingt so wortreich über Kleinigkeiten zu schreiben, ohne dabei Langeweile aufkommen zu lassen. Sie legt ein ganz außergewöhnliches Selbstbewusstsein an den Tag, was man den jungen Frauen auch heute nur wünschen kann. Meiner Meinung nach ist es ein zeitloses Buch, das in jede Zeitepoche passt.

Durch das Nachwort von Ann Cotten und das Essay von Juliane Liebert wird das Buch zu einem tollen Gesamtwerk, das eine lohnende und ungewöhnliche Leseerfahrung war.

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Veröffentlicht am 19.02.2020

Beeindruckendes Debüt

Fehlstart
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„Fehlstart“ ist ein wirklich beeindruckendes Debüt der Journalistin und Autorin Marion Messina.

Nachdem Aurélies Beziehung zu Alejandro gescheitert ist, möchte sie ihrem Heimatort Grenoble entkommen, ...

„Fehlstart“ ist ein wirklich beeindruckendes Debüt der Journalistin und Autorin Marion Messina.

Nachdem Aurélies Beziehung zu Alejandro gescheitert ist, möchte sie ihrem Heimatort Grenoble entkommen, da sie an der Universität dort keinen Bezug zu ihren Kommilitonen hat und sich als Außenseiterin fühlt. Sie hofft auf einen Neustart in Paris. Mit ihren neunzehn Jahren zieht sie von Grenoble nach Paris, um dort das Leben zu genießen und die Provinz hinter sich zu lassen. Schnell wird klar, dass es nicht so einfach ist, sich aus der Schicht der Arbeiter zu befreien.

Mit erschreckend klaren Worten zeichnet Marion Messina das Portrait einer Gesellschafft, für die es keine Zukunft gibt. An dem Beispiel der Protagonistin rechnet sie mit dem französischen Gesellschafts- und Bildungssystem ab. Aurélie ist total desillusioniert, die Umstände scheinen sich permanent zu verschlechtern und die Grundstimmung ist düster und beklemmend. Keiner der Charaktere hat ein ausgeglichenes und zufriedenstellendes Leben. Alle scheinen nur zu existieren, arbeiten um zu leben und lenken sich mit Alkohol, Sex und Partys ab.

Einiges erscheint mir extrem überzogen, es ist ein Rundumschlag der Autorin an die Gesellschaft. Der Schreibstil ist sachlich, teilweise fast emotionslos. Eigentlich mag ich das gar nicht, aber hier finde ich es stimmig und passend. Der gesellschaftskritische Aspekt wird ausgesprochen gut und überaus deutlich dargestellt.

Ich finde, dass es der Autorin sehr gut gelungen ist, die katastrophalen Verhältnisse der Gesellschaft darzustellen. Mit ihrem ungewöhnlichen Schreibstil und einer Menge Zynismus hat sie ihre Gesellschaftskritik ausgesprochen gut verpackt.

Mich hat dieser Roman wirklich beeindruckt, auf nur knapp 170 Seiten beschreibt Marion Messina eindringlich und sarkastisch die erschreckendsten Seiten der Gesellschaft. Ein Buch, das keineswegs schön zu lesen ist, das aber einen unglaublichen Sog entwickelt und das ich noch lange im Gedächtnis behalten werde.

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Veröffentlicht am 02.02.2020

Es geht spannend weiter

Scheintod
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Nachdem mich schon der erste Band „Blutblume“ der Widerstandstrilogie der schwedischen Autorin Louise Boije af Gennäs gefesselt hatte, war ich gespannt auf die Fortsetzung. Mit „Scheintod“ wurde ich ...

Nachdem mich schon der erste Band „Blutblume“ der Widerstandstrilogie der schwedischen Autorin Louise Boije af Gennäs gefesselt hatte, war ich gespannt auf die Fortsetzung. Mit „Scheintod“ wurde ich nicht enttäuscht. Im Gegenteil, dieses Buch ist noch spannender und rasanter als sein Vorgänger.

Nach den turbulenten Ereignissen bekommt Sara so langsam ihr Leben wieder in den Griff. Sie zieht in eine andere Wohnung, nimmt eine neue Stelle an, arbeitet viel und hat nette Kollegen. Aber es dauert nicht lange und sie hört wieder Stimmen und alles scheint sich zu wiederholen. Ihre Suche nach Erklärungen bringt sie in die Regierungskreise und scheinen schon wieder mit dem Tod ihres Vaters in Verbindung stehen. Saras Misstrauen wird immer größer, sie kann niemanden mehr trauen und schon bald ist auch ihre Familie in Gefahr.

Der Schreibstil der Autorin ist angenehm und leicht zu lesen. In diesem Band wird von Beginn an Spannung aufgebaut. Durch verschiedene Handlungsstränge, die nach und nach miteinander verknüpft werden, fiel es mir schwer das Buch aus der Hand zu legen, da ich unbedingt die Zusammenhänge erfahren wollte. Sara ist eine interessante Protagonistin, deren Gedanken nachvollziehbar sind und deren permanent gefühlte Bedrohung einen beim Lesen die Luft anhalten lässt.

Mein Fazit: Eine rasante Fortsetzung, die nichts für schwache Nerven ist und mich gespannt auf Band drei warten lässt.

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Veröffentlicht am 02.02.2020

Tiefgreifend & verstörend

Je tiefer das Wasser
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„Je tiefer das Wasser“ ist das beeindruckende Debüt der Autorin Katya Apekina.

Die beiden Schwestern Edith – genannt Edie - und Mae sind bei ihrer psychisch kranken Mutter Marianne aufgewachsen und die ...

„Je tiefer das Wasser“ ist das beeindruckende Debüt der Autorin Katya Apekina.

Die beiden Schwestern Edith – genannt Edie - und Mae sind bei ihrer psychisch kranken Mutter Marianne aufgewachsen und die Handlung beginnt damit, dass Marianne einen Selbstmordversuch unternommen hat und die beiden Schwestern zu ihrem bisher unbekannten Vater Dennis nach New York kommen. Marianne kommt wegen ihrer bipolaren Störung und Depression in eine Klinik. Während Mae versucht die neue Situation positiv aufnimmt und ihren Vater sogar beim Schreiben unterstützt, ist Edie irritiert, dass sich Dennis auf einmal um sie kümmert und möchte Marianne helfen und diese aus der Klinik holen.

Der Schreibstil von Katya Apekina lässt sich angenehm lesen. Die Charaktere sind schwierig, ihre Gedanken nicht immer nachzuvollziehen aber dennoch authentisch und vielschichtig. Die Krankheit der Mutter ist für Edie und Mae - die in ihrem Umfeld aufgewachsen sind- nicht folgenlos geblieben. Es ist erschreckend, was das mit einem Menschen macht und wie schwierig es ist, diesem zu entkommen. Die Autorin versteht es hervorragend diesen Kreis, in dem die gesamte Familie und das Umfeld hineingeraten ist darzustellen, ohne jemanden Schuld zuzuweisen. Eine Unterscheidung, was krankheitsbedingt ist und was dem Charakter der Menschen zuzuschreiben ist, ist kaum möglich.

Die Kapitel sind kurz und die Perspektive wechselt mit jedem Kapitel. Größtenteils wird aus der Sicht von Edie und Mae berichtet, aber auch andere Charaktere kommen zu Wort. Dadurch liest sich das Buch ausgesprochen abwechslungsreich und interessant.

Das Ende ist recht offen und gerade dadurch bleibt das Gelesene im Gedächtnis und klingt dort lange nach.

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