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Veröffentlicht am 23.03.2020

Fantasie- und stimmungsvoll

Max und Mux und der Riesenwunschpilz
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„Und was macht den Fabelwald wohl noch so besonders? Natürlich Max und Mux, die zwei besten Freunde der Welt.“ (5)

Max und Mux wohnen beide in fantasievollen Baumhäusern im Fabelwald. Eines Tages finden ...

„Und was macht den Fabelwald wohl noch so besonders? Natürlich Max und Mux, die zwei besten Freunde der Welt.“ (5)

Max und Mux wohnen beide in fantasievollen Baumhäusern im Fabelwald. Eines Tages finden sie ein groooßes Buch über Pilze, in dem sie etwas über einen blau-weißen Wunschpilz lesen. Abenteuerlustig machen sie sich auf die Suche nach diesem Pilz. Der eine sehr mutig (Max), der andere eher vorsichtig (Mux). Was sie auf ihrer Suche erleben, lesen wir in diesem kreativen Kinderbuch.

„Max und Mux und der Riesenwunschpilz“ ist großformatig wie ein Bilderbuch und jede Seite ist üppig illustriert, aber es ist ein recht lange Geschichte mit viel Text. Das empfohlene Lesealter von vier Jahren ist gut getroffen.

Mein Sohn war sofort angetan von den fabelhaften Waldillustrationen. Auch die Geschichte um Max und Mux findet er spannend und mag sie sehr. Deshalb haben wir das Buch nun auch schon einige Male gelesen.

Auch mir gefallen besonders die Illustrationen, die eine schöne Wald- und Märchenstimmung ausstrahlen. Und die so detailliert sind, dass sich dauernd etwas neues entdecken lässt. Die Geschichte finde ich auch sehr fantasievoll und charmant. Aber es gibt auch ein paar Ungereimtheiten. Manches bleibt unausgesprochen. Sind Max und Mux Wichtelchen? Mein Sohn nennt sie immer Schweinchen wegen ihrer Knollennasen. In der Geschichte wird es nicht weiter erwähnt. Im Titel wird bereits verraten, dass es sich um einen RIESENwunschpilz handelt. In der Geschichte weiß man das zunächst ist - mit dieser Information würde sie auch nicht funktionieren für die beiden Helden. Was ist Fabelwald und was Dunkelwald? Mein Sohn behauptet steif und fest, dass die Riesen im Fabelwald leben (weil das in der Einleitung erwähnt wird), Max und Mux aber nicht. Und dann gibt es ja auch noch das Riesengebierge und das Waldlabyrinth.

Die Schrift passt sehr gut zu den Illustrationen, ist aber beim Vorlesen ein bisschen von Nachteil (mit meiner Kurzsichtigkeit muss ich recht nah ans Buch ran ). Die durch Farbe und Schriftgröße gesetzten Betonungen irritieren auch etwas.

Schön finde ich die unterschiedlichen Charaktere, die hier ganz selbstverständlich auftreten. Max ist ziemlich unerschrocken und abenteuerlustig. Mux ist eine eher ängstlich und zurückhaltend und liebt Bücher. Das Krawuschel ist ein lustiges Monster, das es sich nicht nehmen lässt, Max und Mux zu erschrecken, obwohl es ihnen dankbar ist. ;) Und auch die Riesen sind ganz interessante Persönlichkeiten, die wir aber nur am Rande kennen lernen.

Trotz meiner kleinen Kritik möchte ich dem Buch fünf Sterne geben. Denn es ist ein wirklich ganz besonders fantasie- und stimmungsvolles Bilderbuch und mein Sohn liebt es

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Veröffentlicht am 05.03.2020

Ein herausragendes Mutmachbuch

Billy mit den Bambusbeinen
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„Du hast echt coole Beine!“,
ruft die Wanze Billy zu.
„Supertolle Bambusbeine
und Schuhe noch dazu!“

Als Billy seinen ersten Aus-Flug macht, lernt er viele andere Insekten kennen: Einen Marienkäfer, ...

„Du hast echt coole Beine!“,
ruft die Wanze Billy zu.
„Supertolle Bambusbeine
und Schuhe noch dazu!“

Als Billy seinen ersten Aus-Flug macht, lernt er viele andere Insekten kennen: Einen Marienkäfer, der mit seinen Punkten prahlt und Billy uncool findet. Oder auch eine Wespe, die mit ihrem Stachel kokettiert. Billy beneidet die anderen. Doch dann trifft er auf eine Wanze, die ihn um seine schönen Beine beneidet. Dieses Kompliment tut Billy gut, nachdem er von all den selbstverliebten Kommentaren zuvor sehr eingeschüchtert wurde.

„Billy mit den Bambusbeinen“ ist eines von den Kinderbüchern, die es schaffen, aus der Menge herauszuragen. Und ich finde, dass es viele richtig gute und schöne Kinderbücher gibt.

Wenn man die Zeichnungen sieht, denkt man direkt an die Olchis. Und tatsächlich: Billy ist vom Olchi-Autoren Erhard Dietl. Die Illustrationen sind also schon mal ausnehmend gut. Die Figuren haben meist einen etwas trägen Gesichtsausdruck, es gibt so viele lustige Details. Billys schlaksige Bambusbeine, seine coolen Schuhe, sein langer Saugrüssel und sein vorwitziges Gesicht - sehr gelungen! Hinten im Buch gibt es eine Suchseite: Die lustigen Insekten sind in der Geschichte versteckt, nur wo? Darüber nimmt man noch mehr Details wahr.

Hinzu kommt, dass Billys Geschichte wunderbar ist! Ein unsicherer junger Kerl, der das erste Mal allein in die Welt hinausfliegen darf. Und dann trifft er erstmal nur auf die lauten Angeber, die herablassend und eingebildet sind. Das trifft den eh schon unsicheren Billy natürlich sehr. Doch dann bekommt er ein Kompliment und ist schwer begeistert. Ja, er hat lange, dürre Bambusbeine - sind die nicht einfach supertoll?

Erzählt wird in Reimform. Das finde ich sehr angenehm und melodisch vorzulesen. Und mein Sohn hört Reimen besonders gerne zu. Es werden lustige Worte benutzt. So spricht die Wespe Rachel von ihrem Stachel als „Hammerteil am Po“.

Einfach herrlich. Ich möchte dieses Buch jedem jungen Leser ans Herz legen. Ganz besonders aber den unsicheren Kindern, die viel über sich und ihre Andersartigkeit nachdenken.

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Veröffentlicht am 18.02.2020

Kleine Menschen, große Träume

Hannah Arendt
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„Endlich hatte sie wieder das Recht, Rechte zu haben, und das gehört doch zum Menschsein dazu.“

Hannah Arendt ist schon als kleines Mädchen eigenwillig und rebellisch. Aber sie lässt sich nicht einschüchtern ...

„Endlich hatte sie wieder das Recht, Rechte zu haben, und das gehört doch zum Menschsein dazu.“

Hannah Arendt ist schon als kleines Mädchen eigenwillig und rebellisch. Aber sie lässt sich nicht einschüchtern und geht ihren Weg. Das intelligente Mädchen macht trotz einiger Widrigkeiten ihr Abitur, beginnt ein Philosophiestudium und muss dann nach Frankreich und schließlich Amerika fliehen. Selbst Opfer der Judenverfolgung in Deutschland geworden, bleibt es ihr stets ein wichtiges Anliegen über politische Machtmissbräuche und gefährliche Minderheiten-Verfolgungen zu sprechen und zu schreiben.

Diese Ausgabe von „Little People, Big Dreams“ ist mein zweites Buch aus der Serie. Wie schon bei meiner Rezension zur Jane Austen Ausgabe, möchte ich auch hier darauf hinweisen, dass es sich meiner Meinung nach nicht um Kinderbücher handelt. Wobei Hannahs Lebensweg schon nachvollziehbarer dargestellt ist als der von Jane und diese Ausgabe damit ein bisschen kindgerechter ist.

Aber es seien auch hier wieder die tollen Illustrationen und die kunstvolle Aufmachung des Buches erwähnt. Die Zeichnungen sind sehr klar und kindlich-leicht. Das etwas raue Papier, der Textileinband und das schlicht-farbige Cover mit dem handschriftlichen Titel: Die Bände sind als Teil der Serie erkennbar. Sie sind hochwertige und hübsche Kunstbände über starke Persönlichkeiten. Mir gefallen sie sehr gut.

Hier der Link zu meiner Rezension über den Jane Austen Band aus der „Little People, Big Dreams“ Serie:
http://www.lesejury.de/rezensionen/deeplink/270565/User

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Veröffentlicht am 18.02.2020

Phantasie ist wichtiger als Wissen

Der Sommer, in dem Einstein verschwand
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„Einstein sagt, die Zeit ist nicht das, was wir glauben, sie ist etwas ganz anderes. Sie ist nichts Absolutes. Sie ist eine Illusion, ein Zaubertrick für unseren gutgläubigen Blick." (7)

Ein alter Mann ...

„Einstein sagt, die Zeit ist nicht das, was wir glauben, sie ist etwas ganz anderes. Sie ist nichts Absolutes. Sie ist eine Illusion, ein Zaubertrick für unseren gutgläubigen Blick." (7)

Ein alter Mann namens Otto erinnert sich zurück an die Jubiläumsausstellung in Göteborg im Jahr 1923. Damals ist er dreizehn Jahre alt und ein Waisenkind, das auf dem Gutshof eines reichen Mannes lebt und sich dort um den widerspenstigen Esel Bella kümmert. Als für das Kinderparadies der Ausstellung ein Esel benötigt wird, darf Otto mit Bella nach Göteborg reisen.

Zur selben Zeit ist auch Albert Einstein in Göteborg, denn er soll hier seine Vorlesung zum Erhalt seines Nobelpreises nachholen. Einstein ist damals bereits ein prominenter Wissenschaftler und gern geladener, charismatischer Redner. Doch er hat auch seine Feinde.

Und dann gibt es noch zwei weitere Figuren in der Geschichte: Die junge Journalistin Ellen, die für die Ausstellungszeitung schreibt und der Polizist Nils, die gemeinsam versuchen, Einstein vor einem Angriff zu schützen.

Die Erzählperspektive wechselt zwischen diesen vier Personen und die Geschenisse sind eingebettet in Ottos „Erinnerungen“ - so weit man das bei einem demenzkranken 92-Jährigen so nennen kann. Oder, um es mit seinen eigenen Worten zu sagen:

„Und das Vergessen ist auch nicht das, was wir glauben: eine ätzende Flüssigkeit, die alles auflöst und vernichtet. Es ist reine Dunkelheit. Alles Geschehene ist noch da, wenn auch unsichtbar, wie Möbel in einem Zimmer in der Nacht. (...) Was ich erleb, ist so viel mehr. Es hat nichts Plattes oder Steifes, sondern eine lebendige Welt, mit Tiefe und Bewegung, Farben und Schatten, Stimmen und Gerüchen.“ (7/8)

Dieses Zitat beschreibt sehr gut, wie besonders die Erzählstruktur in diesem Roman ist. Am Ende laufen auf herrlich ironische Weise alle Handlungsfäden wieder zusammen. Ganz elegant und fast nebensächlich.

Schweden, die Zwanziger Jahre und Einstein - "Der Sommer, in dem Einstein verschwand" sprach mich direkt mehrfach an und hat meine hohen Erwartungen noch übertroffen. Es werden auch viele weitere Themen behandelt: Das neue Frauenbild, Stadt versus Land, die modernen Errungenschaften der Wissenschaft und Technik, die Schere zwischen arm und reich. Verschwörungstheoretiker, Betrüger, die Polizeiarbeit, der Journalismus - auch diese Themen finden Erwähnung.

Zeitgeschichtliche Ereignisse werden mit einer fiktiven Kriminalgeschichte verwoben und ergeben einen wunderbaren Unterhaltungsroman. Spannend, intelligent, atmosphärisch und einfach nur schön. Vielleicht habe ich eine neue Lieblingsautorin entdeckt…!

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Veröffentlicht am 22.01.2020

Liebe - Das vertrackte Geschäft, miteinander klarzukommen

Sweet Sorrow
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„Aber da ich weder beschäftigt noch glücklich war, verknallte ich mich eben.“ (S.70)

Der sechzehnjährige Charlie steht an ersten großen Wendepunkt in seinem Leben: Die Schulzeit geht zu Ende. Für seine ...


„Aber da ich weder beschäftigt noch glücklich war, verknallte ich mich eben.“ (S.70)

Der sechzehnjährige Charlie steht an ersten großen Wendepunkt in seinem Leben: Die Schulzeit geht zu Ende. Für seine Altersgenossen und Klassenkameraden scheint das eine unbeschwerte, aufregende Zeit zu sein. Sie genießen den langen, freien Sommer. In der Schwebe zwischen der Vergangenheit und der Zukunft.

Doch die anderen haben auch ihre Prüfungen bestanden und wissen, in wie es nach dem Sommer für sie weitergehen soll. Charlie aber ist völlig planlos. Er blickt auf eine Schulzeit zurück, in der er immer nur ein unauffälliger Mitläufer war, oberflächliche und respektlose Freundschaften geführt hat und keine Idee davon bekommen konnte, wo seine Talente und Möglichkeiten liegen. Dann trennen sich auch noch kurz vor der Prüfungsphase seine Eltern und seine Mutter lässt ihn mit seinem depressiven Vater allein.

Sein Zuhause ist also gerade kein schöner Zufluchtsort und er vertreibt sich die Zeit mit ziellosem Umherstreifen im Ort. Dabei trifft er zufällig auf Fran und andere Mitglieder einer Laientheatergruppe. Diesen Sommer wollen sie Romeo und Julia aufführen und können jeden weiteren Teilnehmer gut gebrauchen.
„Egal, was es ist, ich mach da nicht mit…“ (66) … aber Fran würde er schon gerne wiedersehen und so kommt es, dass Charlie trotzdem wieder und wieder zur Theaterprobe geht. Bis er dann doch richtig dazu gehört, eine wichtige Rolle spielt und Menschen kennen lernt, die ihm gut tun und Orientierung geben.

Und darum geht es auch im Roman: Um Freundschaften und Beziehungen zu Menschen, die uns beeinflussen. Es ist ein Coming-of-Age-Roman, kein Liebesroman. Auch wenn die Liebe im Leben einen großen Stellenwert hat und hier die erste Verliebtheit ein wichtiger Auslöser für Charlie ist, sein Umfeld umzustruktieren.

„Liebe sei immer ein zentrales Thema, wobei Liebe mittlerweile, im Zuge des Älterwerdens, ein weiter gefasster Begriff für Nicholls ist: ‚Das vertrackte Geschäft, miteinander klarzukommen. Ein gutes Elternteil zu sein, ein guter Nachkomme oder Partner - das interessiert mich.“
(Aus einem Artikel in der Brigitte 02/2020)

„Sweet sorrow“ ist ein typischer Nicholls. Ein Typ wie du und ich stolpert so durchs Leben. Wir alle können uns vermutlich noch an diese Zeit erinnern: Schulabschluss, die erste große Liebe, endlos erscheinende Sommer, in denen alles möglich ist, wenn man nur wüsste, was man denn wollte…

Nicholls schafft es die kleinen, ganz alltäglichen Begebenheiten herauszustellen und zu beschreiben, die das Leben zu dem machen, was es ist. „Sweet sorrow“ ist ein hochgradig intelligenter und charmanter Roman über das Erwachsenwerden, über die Beziehung zu den Eltern, Teenagerfreundschaften und, ja, auch über die Liebe.

„Das hier ist eine Liebesgeschichte, und nun, da sie zu Ende geht, wird mir klar, dass es im Grunde nicht nur eine ist, sondern vier oder fünf: die familiäre Liebe, elterliche Liebe, die beständige, inspirierende Liebe unter Freunden und die kurze, blendend helle Explosion der ersten großen Liebe, die man erst direkt anschauen kann, wenn sie verglüht ist." (507)

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