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Veröffentlicht am 07.03.2020

Ein längst überfälliges Denkmal für Blanche Peyron!

Das Haus der Frauen
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Die Anwältin Solène funktioniert zwanzig Jahre lang hervorragend in ihrer Kanzlei bis zu einem Nachmittag, an dem ein Mandant sich vor ihren Augen das Leben nimmt, weil er für schuldig befunden und verurteilt ...

Die Anwältin Solène funktioniert zwanzig Jahre lang hervorragend in ihrer Kanzlei bis zu einem Nachmittag, an dem ein Mandant sich vor ihren Augen das Leben nimmt, weil er für schuldig befunden und verurteilt wurde. Sòlene rast in ein Burn-Out, eine so tiefe Hoffnungslosigkeit und Leere, dass sie keinen Sinn mehr in ihrem Leben findet.
Mit psychologischer Hilfe wird ihr ehrenamtliche Arbeit nahe gebracht und so landet sie schließlich im Palast der Frauen in Paris, einem der größten Frauenwohnheime Europas. Einmal die Woche bietet sie dort an, im Namen der Frauen zu schreiben. Dabei ist es ganz egal, ob es sich um offizielle Schreiben oder vertrauliche Briefe handelt. Schnell taucht sie tief in die Geschichten der Frauen ein, hinterfragt ihr eigenes Leben und findet Stück für Stück zurück.

Die Autorin Laetitia Colombani erzählt abwechselnd aus Sòlenes heutiger Perspektive und aus Paris ab dem Jahre 1925. Wir begleiten nicht zur Sòlene und die heutigen Bewohnerinnen sondern auch Blanche und ihren Ehemann Albin Peyron, die der Heilsarmee angehören und ihr ganzes Leben lang dafür kämpfen, Bedürftigen und vor allem Frauen in Nöten einen Platz und Perspektiven zu geben. Dabei stützt sich Colombani auf historische Fakten, denn Blanche und Albin haben wirklich gelebt und aufopferungsvoll um den Palast der Frauen gekämpft, der seit nun mehr als 100 Jahren in Paris Gutes tut. Die Mischung fand ich sehr gelungen und äußerst spannend. Von Blanche Peyron hatte ich bisher leider noch gar nichts gehört, nun habe ich mir ihren Namen und ihr beeindruckendes Werk tief eingeprägt!

Auch Sòlene als Protagonistin hat mir extrem gut gefallen. Wie sie langsam immer mehr abtaucht, zuhört, realisiert und nach einigen Rückschlägen ins Handeln kommt, fand ich sehr authentisch und schön zu begleiten. Berührend waren vor allem die vielen verschiedenen Schicksale und Geschichten der Bewohnerinnen, die sehr wahrscheinlich nur einen ganz minimalen Einblick in die Millionen von Frauenleben geben.

Das Haus der Frauen hat mir auch stilistisch sehr gut gefallen. Colombani kommt direkt auf den Punkt, es gibt wenig Schnörkel und jedes erzählte Detail ist exakt platziert. Sie gibt den Frauen genügend Raum und lässt ihre Erlebnisse einfach wirken. Das hat mich tief berührt, ebenso wie die Gemeinschaft und der Zusammenhalt, die aus so vielen verschiedenen Menschen und Schicksalen entstanden ist.

Ein wundervoller Roman, der nicht wegschaut und einer wahren Heldin ein Denkmal setzt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 17.10.2017

Zukunftsvision

Die Lieferantin
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Hinter "Die Lieferantin" verbirgt sich nicht nur ein Thriller rund um die Londoner Drogenszene. In Zoe Becks neustem Buch stecken auch viele klare Aussagen bezüglich des Brexits und seinen Folgen, der ...

Hinter "Die Lieferantin" verbirgt sich nicht nur ein Thriller rund um die Londoner Drogenszene. In Zoe Becks neustem Buch stecken auch viele klare Aussagen bezüglich des Brexits und seinen Folgen, der möglichen Legalisierung von Drogen und der Digitalisierung.

Der Einstieg war für mich wegen der Vielzahl an Protagonisten nicht gerade kinderleicht. Zunächst trifft man auf Walter Boyce, Victor Thrift und Leo Hunter, drei Londoner Drogenbosse, die das Gebiet unter sich aufgeteilt haben. Als plötzlich ein anonymer Verkäufer aus dem Darknet auf der Bildfläche erscheint, ist man sich im Londoner Untergrund einig: Der Neue muss weg! Es beginnt eine Hetzjagd auf das Pseudonym TheSupplier, hinter welchem sich Elliot Johnson verbirgt. Die junge Frau beschäftigt sich mit dem Bau und der Programmierung von Drohnen. Per App schickt der Verkäufer seine Koordinaten an einen Server, welcher wiederum eine Drohne mit dem bestellten Stoff auf den Weg schickt. Anonym, schnell, einfach und sehr sicher.

Der Roman spielt in einer Zeit nach dem Brexit und spricht schonungslos an, welche Probleme auf die Engländer zukommen könnten. Das staatliche Gesundheitssystem NHS kommt nicht sehr gut weg. Die Stimmung im Land verändert sich zunehmend und die nationalistische Gruppierung "Rotweißblau" befindet sich auf dem Vormarsch. Die Krone des Ganzen soll ein neues Referendum, der "Druxit", sein. Dabei sollen härtere Gesetze gegen den Handel und Missbrauch von Drogen erreicht werden, die über öffentliche Register von Konsumenten bis hin zum Verlust des Versicherungsschutzes gehen.

Neben der spannenden Jagd auf Ellie geht es also vor allem um Politik und die Legalisierung von Drogen. Dabei stehen Protagonisten Ellie und ihre beste Freundin Catherine, die die Anti-Druxit-Kampagne leitet, eindeutig für die Legalisierung. Was mir leider etwas gefehlt hat, war eine zumindest halbwegs ebenbürtige Gegenseite. Zoe Becks Position ist unmissverständlich angekommen, allerdings wünsche ich mir bei solch kontroversen Themen immer starke und logische Argumentationen, bei denen sich der Leser letztendlich selbst eine Meinung bilden darf. Die Kontra-Seite kam hier eindeutig zu kurz.

Ansonsten hat mir das Buch sehr gut gefallen. Es ist spannend und die schnellen Perspektivwechsel haben mir gefallen. Anfangs habe ich schon angesprochen, dass eine große Vielfalt an Charakteren involviert ist. Nach einer kurzen Eingewöhnungsphase konnte ich alle gut auseinander halten und ich fand es absolut spitze, wie Zoe Beck diese Vielzahl logisch miteinander verknüpfen konnte. Vor allem die letzten Seiten haben richtig Spaß gemacht und enthielten eine Menge Frauenpower!

Fazit:
Ein sehr gelungener Thriller, der viel mehr als eine rasante Hetzjagd auf eine Drogenlieferantin bietet. Es geht um Politik, die Legalisierung von Drogen, Rassismus, Frauenpower und die Digitalisierung. Auch wenn ich mir bei den kontroversen Themen ausgeglichenere Argumentationen gewünscht hätte, liest sich das Buch dennoch extrem spannend und regt dazu an, sich etwas genauer mit den Themen auseinanderzusetzen und sich eine eigene Meinung zu bilden (bzw. diese zu überdenken). 4 Sterne und eine Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 17.10.2017

Der Nachtzirkus auf Speed

Caraval
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Ich hatte riesige Erwartungen an Caraval. Das Buch wird diesen Sommer auf quasi allen Plattformen und Blogs gehyped und mit einem meiner Lieblingsbücher, dem "Nachtzirkus" von Erin Morgenstern, verglichen. ...

Ich hatte riesige Erwartungen an Caraval. Das Buch wird diesen Sommer auf quasi allen Plattformen und Blogs gehyped und mit einem meiner Lieblingsbücher, dem "Nachtzirkus" von Erin Morgenstern, verglichen. Obwohl ich anfangs ein paar Probleme mit Protagonistin Scarlett hatte, konnte mich Caraval letztlich doch überzeugen.

Scarlett und Donatella Dragna sind Schwestern und leben auf der Insel Trisda. Seit ihre Mutter sie verlassen hat, leiden sie unter den Gewaltausbrüchen ihres Vaters und führen ein eher tristes Leben. Scarlett hegt jedoch einen großen Wunsch: Sie möchte unbedingt einmal in ihrem Leben das große magische Spiel Caraval aus der Nähe erleben. Jahrelang schreibt sie dem Vorstand mit dem geheimnisvollen Namen Legend und bittet ihn um Eintrittskarten für ihre Schwester und sich, doch lange erhält sie keine Antwort. Ausgerechnet als ihre arrangierte Hochzeit mit einem Grafen, den sie zwar noch nie gesehen hat, der Tella und ihr aber eine Flucht vor ihrem Vater ermöglichen könnte, vor der Tür steht, trudeln doch noch drei Eintrittskarten in die magische Welt von Caraval ein. Zusammen mit Seemann Julian machen sich die Schwestern auf den Weg und stoßen schon bald an ihre Grenzen.

Anfänglich hatte ich so meine Probleme mit den Charakteren. Auf den ersten 100 Seiten ist Scarlett eine naive und ängstliche Frau, die sich kaum auf Caraval einlassen möchte. Als Protagonisten für ein Abenteuer, indem es letztlich sogar um Leben und Tod geht, empfand ich sie als gänzlich ungeeignet. Zwar verwandelt sie sich nach und nach in eine mutige und selbstsichere Version ihrer selbst, für mich war diese Entwicklung jedoch nicht authentisch genug. Auch Julian, der die Mädchen nach Caraval bringt, war für mich nur ein arroganter und egoistischer Kerl, sodass ich die aufkeimende Liebesgeschichte zunächst gar nicht nachvollziehen oder genießen konnte. Scarlett und Julian gewinnen definitiv im Laufe des Buches an Sympathie und auch die starke Schwesternliebe zwischen Scarlett und Tella hat mein Herz höher schlagen lassen, doch die anfängliche Enttäuschung lässt mich einen Stern abziehen.

Die Vergleiche mit dem Nachtzirkus kann ich nur bedingt nachvollziehen. Es geht hier auch um eine ziemlich fantastische Welt, um Magie und Illusionen und Stephanie Garber hat mich mehrere Male überraschen und sogar vom Hocker hauen können. Trotzdem ist die Grundstimmung in den Büchern eine ganz andere. Im Nachtzirkus geht es eher ruhig und sanft zu und Morgenstern lässt sich viel Zeit mit ihren detaillierten und wunderschönen Beschreibungen. Ich konnte mir den Zirkus mit allen Einzelheiten vorstellen, bei Caraval ist das anders. Der Fokus liegt eher auf dem Geheimnis, das hinter dem Spiel steckt. Caraval ist rasant, spannend und teilweise ein bisschen psychotisch. Garber hat mich nicht unbedingt für Caraval eingenommen und verzaubert, jedoch hat sie mich fantastisch unterhalten, schockiert und die halbe Nacht durch lesen lassen.

Fazit:
Wer eine zauberhafte und ruhige Geschichte sucht, der sollte wirklich lieber (noch einmal) zum Nachtzirkus greifen. Caraval ist rasant und spannend, ein bisschen psychotisch und schockierend und eine sehr unterhaltsame Geschichte. Obwohl ich anfangs mit den Protagonisten nicht so richtig warm geworden bin, habe ich den Großteil des Buches in einem Rutsch durchgelesen und freue mich umso mehr auf die Fortsetzung!

Veröffentlicht am 17.10.2017

Potzblitz!

Schlagfertigkeitsqueen Hörbuch
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Nicole Staudinger beginnt ihr (Hör-)Buch mit der Frage, warum sich gerade Frauen oft schwierig mit schlagfertigen Antworten tun und warum sie sich überhaupt so oft mehr oder weniger subtile Anfeindungen ...

Nicole Staudinger beginnt ihr (Hör-)Buch mit der Frage, warum sich gerade Frauen oft schwierig mit schlagfertigen Antworten tun und warum sie sich überhaupt so oft mehr oder weniger subtile Anfeindungen anhören müssen. Sie leitet damit nicht nur gut in das Thema ein. Zum Einen stellt sie dar, warum von einer wirklich Gleichberechtigung immer noch nicht die Rede sein kann, zum Anderen macht sie aber auch deutlich, dass Frauen es sich gerade untereinander oft zu schwer machen. Obwohl diese Einleitung in meinem Empfinden recht ausführlich und ausgedehnt war, hat sie mir sehr gefallen.

Jedes Kapitel beinhaltet mindestens ein Fallbeispiel, an welchem die "Schlagfertigkeitsmethode" demonstriert wird. Die Ratschläge bleiben so nicht abstrakt, sondern werden konkret. Trotzdem gibt es eben immer nur ein paar Beispiele. Die Theorie allein reicht eigentlich in keinem Bereich des Lebens aus, man muss auch üben. Im (Hör-)Buch waren zwar eine Handvoll Übungssprüche inklusive Musterreaktion dabei, das war mir aber leider etwas zu wenig.

Natürlich haben mir nicht immer alle Antwortmöglichkeiten gefallen und ein paar werde ich niemals ausprobieren, doch einige nehme ich definitiv mit in die nächste Konfrontation. Das ist genau das, was Nicole Staudinger auch selbst immer wieder predigt: Man muss sich selbst treu bleiben. Auswendig gelernte Sprüche bringen gar nichts, wenn man dabei nicht authentisch ist.

Fazit:
Insgesamt bietet das (Hör-)Buch einige interessante Tipps und Tricks in Sachen Schlagfertigkeit. Nicole Staudinger bringt diese sehr angenehm und sympathisch rüber und die 4,5 Stunden Hörzeit sind wie im Flug vergangen. Trotzdem hätte ich mir etwas mehr Übungsmaterial gewünscht, denn nun muss ich einfach darauf hoffen, ihre Tipps bis zum nächsten Angriff nicht wieder vergessen zu haben.

Veröffentlicht am 17.10.2017

100 außergewöhnliche Frauen der Geschichte

Good Night Stories for Rebel Girls
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Die Idee, jeden Abend eine außergewöhnliche Frau und ihre Leistungen vor dem Schlafen zu besprechen, finde ich sehr schön und inspirierend. Mit Good Night Stories for Rebel Girls ist ein Buch auf den Markt ...

Die Idee, jeden Abend eine außergewöhnliche Frau und ihre Leistungen vor dem Schlafen zu besprechen, finde ich sehr schön und inspirierend. Mit Good Night Stories for Rebel Girls ist ein Buch auf den Markt gekommen, dass bei genau dieser Idee unterstützt. Es ist ein Kinderbuch und der Titel legt schon nahe, dass es Eltern dabei unterstützen soll, ihre Töchter zu selbstbewussten Frauen zu erziehen, die ihre Träume verfolgen.

Jeder Frau ist eine Doppelseite gewidmet. Dabei werden zunächst die Basisinformationen wie Name, Beruf, Geburts- und evtl. Todesdatum und Nationalität gegeben. Die Geschichten sind in sehr leichtem Englisch verfasst und ziemlich knapp gehalten, Platz für viele Details bleibt nicht. Bei jeder Frau bekommt man allerdings einen guten Überblick über das, was sie geleistet und bewegt hat.

Mein Tipp für Eltern ist trotzdem, dieses Buch mit den Kindern zusammen zu lesen. Nicht nur, um Vokabeln zu erklären, sondern auch um das Gelesene zu hinterfragen und zu diskutieren. Geschichten werden teilweise verharmlost, kritische Aspekte weggelassen und die geschichtlichen Details und Gegebenheiten der jeweiligen Epoche sind vielen Kindern mit Sicherheit auch nicht klar. Ich würde sogar so weit gehen, dass ich Eltern empfehlen würde, die Geschichte für den Abend vorab zu lesen und passende Informationen schon herauszusuchen, damit nicht vor dem Einschlafen am Kinderbett noch Google angeworfen werden muss.

Die Illustrationen sind alle sehr unterschiedlich, manche sind im Comic-Stil verfasst, andere ein bisschen abstrakt und wieder andere extrem realistisch. Insgesamt ist das natürlich Geschmacksache, die meisten haben mir aber gut gefallen. Zu jeder Frau ist außerdem ein Zitat abgedruckt, das wirkte in meinen Augen aber manchmal etwas unpassend und gezwungen.

Fazit:
Insgesamt kann ich das Buch sehr empfehlen. Viele der Frauen kannte ich bis jetzt nicht, war aber sehr beeindruckt von dem, was sie geleistet haben. Jede Geschichte ist für sich inspirierend und interessant und mir hat gefallen, dass die Geschichten über alle Epochen, Ländergrenzen und Bildungsschichten hinweg gesammelt wurden. Was Kinder auf jeden Fall lernen ist, dass es sich immer lohnt für seine Träume einzustehen, unabhängig von Herkunft, Hautfarbe oder Gesundheitszustand. Trotzdem sollten die Geschichten auch kritisch gesehen und mit dem Kind diskutiert werden, denn auch große Frauen haben ihre Schwächen und das passende Hintergrundwissen fehlt Kindern vermutlich noch.