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Veröffentlicht am 31.03.2020

richtig toller historischer Triller

The Doll Factory
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London Mitte des 19. Jahrhunderts, gleicht mit dem seinem Gestank und dem allgegenwärtigen Dreck eher einen Misthaufen als einer zivilisierten Stadt. Die Gesellschaft und Wirtschaft beschreitet den Weg ...

London Mitte des 19. Jahrhunderts, gleicht mit dem seinem Gestank und dem allgegenwärtigen Dreck eher einen Misthaufen als einer zivilisierten Stadt. Die Gesellschaft und Wirtschaft beschreitet den Weg der Industrialisierung. Iris und Rose arbeiten in einem Puppenladen und bemalen und kleiden dort Puppen an. Louis ein Maler und Mitglied einer Künstlertruppe, die einen neuen Malstil kreieren. Silas ein Präparator, der sich ständig mit dem Tod umgibt und mehr als ein düsteres Geheimnis hat. Diese drei Personen treffen in London aufeinander. Wobei sich zwischen Iris und Louis eine Art Liebesgeschichte entwickelt. Aber auch Silas hat ein Auge auf die schöne Iris geworfen. Er hat es sich in den Kopf gesetzt sie zu erobern und schmiedet schon die schönsten Pläne. Doch Iris lässt ihn abblitzen. Dies ist der Auftakt ein atemberaubendes Finale in dem es um nicht weniger als Leben und Tod geht.

Die Autorin schafft es mit einer bildgewaltigen Sprache, den Leser in die Mitte des 19 Jahrhunderts genauer gesagt in das stinkende und verdreckte London zu entführen. Sie schildert nicht nur die Lebensumstände, sondern auch mit welchen sozialen Beschränkungen es die Figuren in jener Zeit zu tun haben. Der Aufbruch in die Moderne und gleichzeitig noch das Festhalten an der Vergangenheit. Alles wimmelt, wie in einen Ameisenhaufen.

Im Fokus der Geschichte stehen Iris, Louis und Silas. Die Autorin schafft es, dass man nicht nur mit den Figuren mitfiebert. Sie schafft es den Leser in die Lebenswirklichkeit dieser drei Hauptfiguren eintauchen zu lassen. Und so sieht man unter welchen fürchterlichen Lebensumständen sie leben und arbeiten. Aber auch mit welcher Naivität beispielsweise Iris davon ausgeht Louis würde sie heiraten und das obwohl er ihr mehr wie einmal deutlich zu verstehen gibt sie nur als Muse und Gespielin haben zu wollen. Tja und dann der Bösewicht und wirklich gefährliche Silas, der nach Aufmerksamkeit, Beachtung und Respekt heischt und sich in Iris verkuckt hat. Silas ist alles andere als ungefährlich. Als seine Avancen Iris gegenüber nicht erhört werden beginnt der Kampf ums Überleben. Und auch hier schafft es die Autorin die Figur des Silas mit seiner Brutalität und Abartigkeit darzustellen. Man sieht ihn förmlich vor sich und den Gestank der ihn umgibt.

Das Buch ist in mehrere Teile untergliedert und je mit ein paar kurzen einleitenden Versen versehen, die jeweils auf die Abschnitte einstimmen. Besonders schön fand ich das die Kapitel mit Überschriften versehen und nicht übermäßig lang waren. Zudem kam es auch immer wieder zu einem Perspektivwechsel, da man die Handlung immer wieder durch die Augen einer anderen Figuren durchleben konnte. Die Erzählung wurde durch Stilelemente wie Gedichte und Briefe und Zeitungsartikel immer wieder aufgelockert. Das einzige was mich so ein wenig genervt hatte war, das in einem Abschnitt die Liebesgeschichte einen viel zu großen Raum eingenommen hat, obwohl es ja eigentlich ein historischer Thriller ist, den die Autorin erzählen möchte und ja auch tut.

Fazit: Ein wirklich gelungener und packender historischer Thriller mit eingebetteter Romanze. Für jeden also etwas dabei. Ein wirklich gelungenes Bild der Zeit Mitte des 19. Jahrhundert mit all seinen sozialen und gesellschaftlichen als auch wirtschaftlichen Missständen. Wirklich packend und fesselnd geschrieben. Das einen ein ums andere Mal fast die Luft wegbleibt. Dieser Roman ist nicht nur was für Leute die gerne historische Romane lesen sondern auch was für Thriller Fans.

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Veröffentlicht am 25.03.2020

Beichten einer Ehe

Hör mir zu, auch wenn ich schweige
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Frank und Maggie führen oberflächlich eine glückliche Ehe. Als jedoch ihre einzige und über alles geliebte Tochter stirbt stürzt ihre Welt zusammen. Beide hüten ein Geheimnis für den anderen. Frank hört ...

Frank und Maggie führen oberflächlich eine glückliche Ehe. Als jedoch ihre einzige und über alles geliebte Tochter stirbt stürzt ihre Welt zusammen. Beide hüten ein Geheimnis für den anderen. Frank hört auf zu reden. Ein halbes Jahr spricht er einfach nicht mehr mit seiner Frau. Maggie übt sich in Geduld warten gibt ihm Zeit. Doch dann nach 6 Monaten kann sie nicht mehr und versucht sich mit einer Überdosis Tabletten das Leben zu nehmen. Im letzten Moment findet er seine Frau. Sie kommt ins Krankenhaus und wird ins künstliche Koma versetzt. Die Krankenschwester Daisy sagt Frank ganz direkt das er mit seiner Frau reden muss um sie zurückzuholen. Egal was ihm auf der Seele legt er solle es ihr erzählen. Und dann nach 6 Monaten fängt er an. Erzählt wie er sich in sie verliebt hat und wie er die ganzen Jahre ihrer Ehe in Erinnerung hat, welche Qualen auch er durchlittet hat. Doch die größte Beichte hebt er sich bis zu Schluss auf. Erst nachdem er den Abschiedsbrief seiner Frau ließt begreift er den Ernst der Lage so richtig. Als Daisy ihn dann anruft und ihm bittet sofort in Krankenhaus zu kommen überschlägt er sich fast und bricht überstürzt auf. Um Maggies zu retten muss er nun auch die letzte Beichte ablegen und das Geheimnis offenbaren, welches ihm verstummen lies.

Die Autorin schafft es mit ihren einfühlsamen, mitfühlenden und fesselnden Schreibstil, den Leser zu fesseln. Anfänglich glaubt man die Geschichte wird nur aus 2 Perspektiven geschildert und zwar erst aus der Sicht von Frank und dann aus der Sicht von Maggie. Erst am Ende auf der letzten Seite mit dem letzten Wort wird einem klar da eigentlich Elli diese Geschichte erzählt und da stehen einen wirklich die Tränen in den Augen.

Die Handlung ist in zwei große Abschnitte unterteilt. In dem ersten erzählt scheinbar Frank, wie er seine Ehe und Familie wahrgenommen hat. In der zweiten Hälfte kommt Maggie durch ihren Abschiedsbrief zu Wort. Und erst im Epilog wird dem Leser klar wer eigentlich wirklich das alles erzählt. Ich muss sagen das sich der erste Teil für mich wesentlich besser hat lesen lassen. Wahrscheinlich weil der zweite Teil wesentlich intensiver und offener war. Die Rahmenhandlung bildet diese Ehe und das Familienleben. Die Kerngeschichte ist die Geschichte der Tochter Elli, die eine fürchterliche Erfahrung macht und sich ihren Eltern zu spät bzw. gar nicht offenbart. Ihrer Mutter nimmt sie das Versprechen ab zu schweigen. Und da Elli viel zu traumatisiert ist und keine Hilfe annehmen will rutscht sie in die Drogensucht und scheitert am Leben. Egal wie sehr sich die Eltern mühen und das tun die beiden unabhängig von einander beide scheitern, Ellie stößt die beiden weg. Ich fand es wirklich sehr spannend die gleiche Geschichte aus unterschiedlichen Perspektiven zu lesen und wie diese dann zusammengeführt wurde.

Die Protagonisten wachsen einen unglaublich schnell ans Herz. Man leidet mit ihnen und versteht und sieht warum sie zum einen in ein tiefes dunkles Loch fallen und wie sie sich da wieder herausarbeiten. Man sieht aber auch wie unterschiedlich Menschen trauern können. Beide sind unglaublich einsam und zerfressen von Schuldgefühlen. Fragen sich was sie hätten anders machen können. Ob sie immer angemessen reagiert haben. Ihr Verhalten ist nachvollziehbar. Vor allem wenn man bedenkt das Maggie schon eine gewisse Vorbelastung hatte was Depressionen angeht. Beeindruckend fand ich dann aber mit welcher Kraft sie sich beide noch mal zurück ins Leben gekämpft haben. Ihrer beider Tochter ist an dem ihr zugefügten Trauma zerbrochen. Auch das ist nachvollziehbar. Vor allem zieht man aber auch den Kampf den die beiden Eltern um das Leben ihrer Tochter führen.

Fazit: Eine hochemotionale Familiengeschichte, die einen einfach nicht mehr loslassen will. So einfühlsam und mitfühlend geschrieben ohne das diese ins kitschige abdriftet. Ich bin begeistert auch wenn ich mit dem zweiten Teil nicht ganz so gut zurechtgekommen bin. Aber das Ende hat mich einfach nur begeistert. Wenn ihr eine nette Familiengeschichte lesen wollte in der eben nicht alles glatt läuft, es Höhen und Tiefen und auch Drama gibt, dann seit ihr hier genau richtig. Unbedingt lesen.

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Veröffentlicht am 21.03.2020

Der Exit vom Hass

Eine Farbe zwischen Liebe und Hass
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Jessup lebt in einer Familie, in der das rechtsradikale Gedankengut nicht nur zum täglichen Leben gehört, wie das Atmen, nein es nimmt zudem einen sehr hohen Stellwert ein. Selbst eine Kirche der White ...

Jessup lebt in einer Familie, in der das rechtsradikale Gedankengut nicht nur zum täglichen Leben gehört, wie das Atmen, nein es nimmt zudem einen sehr hohen Stellwert ein. Selbst eine Kirche der White Power Bewegung geht Jessups Familie an. Doch bis jetzt ist Jessup den süßen Worten des Hasses dieser Bewegung nicht erlegen. Seine Familie lebt bitter arm in einem Wohnwagen. Als sein Stiefvater aus dem Gefängnis kommt, scheint es so als würde Jessup noch tiefer in diese Bewegung reingezogen und das obwohl er ganz und gar nicht diese radikalen Gedanken vertritt. Er hat eine dunkelhäutige Freundin und will so weit weg von dieser Stadt, wie nur irgend möglich. Er lernt und ist im Foodball Team. Er setzt alles dran mittels Stipendium oder durch den Foodball raus aus dieser Stadt zu kommen. Doch dann passiert ihm was nicht passieren darf, es kommt zu einen tödlichen Unfall. Der führende Kopf der White Power Bewegung schaltet sich ein und will Jessup und seine Familie für seine Ziele ausschlachten. Er schreckt auch nicht Mord zurück. Es kommt zu einem tödlichen Schusswechsel. Und genau dieser ist für Jessups Stiefvater der nötige Weckruf. Er setzt nun alles daran seine Familie diesem rechtsradikalen Gedankengut zu entziehen.

Der Autor schafft es den Leser mit einen nüchternen, abgeklärten Schreibstil zu fesseln. Besonders interessant ist der Perspektivwechsel, da der junge Jessup die Hauptrolle in dieser Geschichte spielt.

Mit relativ kurzen Kapiteln, die jeweils mit einer Überschrift versehen sind, schafft der Autor es mit verschiedenen Spannungsbögen eine wirklich mitreisende Story zu erzählen. Dabei weis man als aufgeklärter Mensch immer. Das ist keine gute Gesellschaft in der sich der Protagonist befindet. Er ist so vielen Verlockungen ausgesetzt. Auch wenn er für sich bereits eine Entscheidung getroffen hat und sich dieser Gemeinschaft zu entziehen versucht, sind die Bänder, da von Kindheit an in dieser Gemeinschaft, sehr stark. Anfangs denkt man noch ok ließt man vielleicht eine Geschichte über die Radikalisierung. Tut man ja in gewisser Weise auch, da der beste Freund und Bruder des Protagonisten, dieser süßen Verlockung des Hasses nicht widerstehen können. Aber Jesup ist anderes, er will raus. Und den Weg, den der Protagonist gehen muss, erzählt der Autor auf eine ganz besondere Weise.

Die Figuren, anhand derer der Autor diese Geschichte erzählt sind zum einen glaubhaft aber auch sehr nüchtern dargestellt. Das heißt jetzt aber nicht das sie emotionslos dargestellt sind nein. Der Autor hält nur eine gewisse Distanz zu seinen Figuren, welche bewirkt dass man das Verhalten besser nachvollziehen kann. Er gibt sich wirklich sehr viel Mühe mit den Figuren, auch wenn sie durch die Distanz und das eingesetzte Brennglas teilweise oberflächlich wirken. Als Leser schaut man immer von außer aus einer gewissen Distanz auf die Handlung. Das heißt aber nicht, dass einen die Figuren nicht ans Herz wachsen. Das Gegenteil ist der Fall. Am Ende ist man sehr froh das Jessup und seine Familie den Absprung schaffen und einen Neuanfang starten.

Fazit: Dieser Roman ist nicht einfach nur einer weiterer Roman über Rassismus in Amerika sondern vielmehr wie man sich diesen entzieht. Ich gebe zu es ist kein einfaches Buch und an den Erzählstil muss man sich auch erst gewöhnen. Aber ab einem gewissen Zeitpunkt will man einfach nur noch wissen, welchen Weg schlägt der junge Protagonist ein. Es ist ein toller Roman der die Entwicklung eines jungen Menschen und dessen Familie sehr gut nachzeichnet und die Einflüsse zeigt die auf die Entwicklung eines Menschen einwirken können und wie man sich diesen entziehen kann. Mich hat dieser Roman tief bewegt. Ich kann ihn euch nur sehr ans Herz legen. Gegen die Liebe hat der Hass keine Chance.

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Veröffentlicht am 16.03.2020

Frauen an die Macht

Milchmann
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Eine junge Frau zieht ungewollt die Aufmerksamkeit des wesentlich älteren Milchmanns auf sich. Er beginnt sie in immer stärker werdender Intensität zu bedrängen und massiv unterschwellig zu bedrohen. Hinzu ...

Eine junge Frau zieht ungewollt die Aufmerksamkeit des wesentlich älteren Milchmanns auf sich. Er beginnt sie in immer stärker werdender Intensität zu bedrängen und massiv unterschwellig zu bedrohen. Hinzu kommt das diese junge Frau nicht nur in einer sehr gewalttätigen Zeit lebt, in der der Tod, Bomben und Mord zum Alltagsbild geworden sind, sondern das ihr gesellschaftliches Umfeld diese ungewollte Aufmerksamkeit des Milchmanns gegenüber dieser jungen Frau gänzlich fehl interpretiert und für diese junge Frau nun nicht nur eine Nervenaufreibende Zeit beginnt sondern ein regelrechter Spiesroutenlauf, mit Shitstorm, Mobbing und Rufmord. Diese junge Frau befindet sich in einer aussichtslosen Situation, in der nicht mal die engste Familie zu ihr steht. Stattdessen wird sie mit Vorwürfen konfrontiert und in den Nervenzusammenbruch getrieben. Erst als sich der echte Milchmann einschaltet kommt es zu einer Entspannung. Als der Milchmann verletzt ins Krankenhaus eingeliefert wird und es einen Toten gibt erlebt diese Gemeinschaft einen tiefgreifenden Wandel.

Auch wenn die Autorin mich mit ihren rasanten Schreibstil gefesselt hat, hat sich mich das eine oder andere Mal an den Rand des Wahnsinns getrieben. Einerseits ließt es sich als ob man auf der Flucht ist und sich fast überschlägt und dann gerät man immer wieder ins Straucheln. Und diese Häufungen des Strauchelns in anderen Worten das Element des Gedankenkarussells in dem immer wieder die gleichen Gedanken durchgekaut wurden wenn auch aus teilweise verschiedenen Perspektiven haben mich wahnsinnig gemacht. Mich geradezu verzweifeln lassen.

Auch wenn sich der Handlungsort anfangs nicht ganz eindeutig eingrenzen lässt, weil die Autorin auf eine genaue Angabe verzichtet, um darauf hinzuweisen das sich diese Handlung überall so zutragen kann, kann man es doch am Ende auf den Konflikt in England einordnen. Es gibt verschiedene Handlungsstränge, die sich ganz unterschiedlich auf einander auswirken und mit einander verbunden sind. Es geht eben nicht nur um diese junge Frau. Es geht um Feminismus, die freie Entfaltung der Persönlichkeit, Moral, Belästigungen, das Recht darauf glücklich zu sein und nicht immer nur auf Notlösungen zu setzten. Und ja es geht auch um die richtige und falsche Religion. Doch wer entscheidet was die richtige oder die falsche Religion ist? Und auch welche Macht die Gesellschaft gegenüber einzelner hat.

Die Protagonisten haben alle so ihre Ecken und Kanten entweder man liebt sie oder man hasst sie aus tiefsten Herzen. Ganz klar bekommen alle ihr Fett weg. Frauen wie Männer sind keine Unschuldslämmer. Beider Geschlechter haben es faustdick hinter den Ohren. Bei diesem ganzen hauen und stechen ist es nicht immer leicht den Überblick zu behalten. Vor allem weil die Autorin auch hier die Anonymisierung auf die Spitze treibt. Keiner ihrer Figuren trägt einen richtigen Namen, alles sind so allgemein gehalten und endpersonalisiert, das es einfach schwer fällt eine Beziehung aufzubauen. Einzig und allein der Milchmann heißt wirklich so und selbst darüber wird sich dann groß und breit ausgelassen, weil er so einen außergewöhnlichen Namen trägt.

Fazit: Aus vielerlei Sicht ist dies alles andere als ein einfaches Buch. Auch wenn es sich rasant ließt, bleibt es nicht aus das es auch so einige Längen hat, die dem Leser durchaus sauer aufstoßen können. Auf der anderen Seite werden durchaus wichtige Themen behandelt und welche Auswirkungen diese auf die Gesellschaft wie auch auf jeden einzelnen haben können. Ja das Buch übt einen Reiz aus der sich in einen Sog wandelt. Am Ende bin ich aber nach wie vor zwiegespalten, da ich vom rasanten Schreibstil begeistert war, aber am Ende mit dem Gedankenkarussell mächtig auf Kriegsfuss stand. Und die Figuren so ganz ohne Namen haben mich auch mächtig gestört. Dieses Buch sollte man unbedingt lesen ja unbedingt jedoch wird man an so einigen stellen mächtig zu knappern haben. Entweder man liebt dieses Buch oder eben nicht.

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Veröffentlicht am 03.03.2020

afrikanische Freundschaften

Das kann uns keiner nehmen
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Eigentlich wollte Hans mit der Besteigung des Kilimandscharos nur sein Afrikatrauma überwinden und mit diesem Kontinent seinen Frieden schließen. Doch dieser Plan wird im Krater des Kilimandscharos vom ...

Eigentlich wollte Hans mit der Besteigung des Kilimandscharos nur sein Afrikatrauma überwinden und mit diesem Kontinent seinen Frieden schließen. Doch dieser Plan wird im Krater des Kilimandscharos vom Tscharlie in ganz andere Bahnen gelenkt. Denn Tscharlie ist ein alter Haudegen, der es auch noch mal wissen will. Und Hans ist anfangs alles andere als davon angetan. Erst nach und nach merkt Hans das hinter dem großspurigen Auftreten und Äußerungen eine verzweifelte Seele steckt. Dem Tscharlie geht es gar nicht mehr gut. Schon beim Aufstieg hatte er Probleme mit der Verdauung, die sich auch beim Abstieg fortsetzen. Unten angekommen wollen ihm die Führer schnellst möglich in ein Krankenhaus schaffen. Doch wer nicht will ist der Tscharlie. Er will mit dem Hans eine Abschiedtour durch sein Afrika machen. Nach und nach schließen sie bei dieser Abschiedtour eine afrikanische Freundschaft und erzählen sich ihre Lebensgeschichte. So fahren die beiden mit Motorrädern kreuz und quer durch Afrika. Nur wird der Zustand vom Tscharlie immer schlechter bis Hans nichts anderes übrig bleibt als den Tscharlie mit Hilfe eines Führers und jeder Menger andere Hilfe ins Krankenhaus zu schaffen. Und nun erzählt Hans dem Tscharlie seine eigene Geschichte.

Auch wenn der Autor es schafft den Leser mit seiner Geschichte zu fesseln schafft er dies nicht unbedingt mit einem flüssigen Schreibstil. Eher mit der Geschichte und den Protagonisten. Als Leser muss man sich regelrecht durch das Buch durchbeißen. Da kaum das man sich reingebissen hat schafft es der Autor immer wieder mit dem Stilmittel des aufgesetzten bayrischen Dialekts, den einer der Protagonisten spricht aus dem Lesefluss zu reisen. So das man am Ende einfach nur fürchterlich genervt ist und auf einen Abschnitt hofft in dem der Hans bzw. der Erzähler die Oberhand gewinnt.

Die Protagonisten allen voran der Tscharlie ist alles andere als eine einfache Persönlichkeit. Ein Haudegen, wie er im Buche steht. Jedoch wird auch recht schnell klar das all das nur eine Fassade ist. Nicht nur mit seinen Sprüchen und Taten eckt er bei Leser an. Ihn zu mögen fällt wirklich schwer und am Ende fragt man sich was von dem was er von sich preisgegeben hat stimmt und was war die Erfindung eines Erkrankten. Und der Hans nun ja er wird mit der Zeit für eine Zeit immer mehr zu dem Tscharlie den er eigentlich gar nicht mag. Und zu einer Art Freund. Nach dem er auch seine Geschichte erzählt hat versteht man ihn ein wenig besser. Was man ihn allerdings vorhalten muss ist das er den Tscharlie wider besseres Wissen nicht umgehend nach dem Abstieg vom Berg in ein Krankenhaus geschafft hat und lieber tagelang mit einem zum Tode geweihten durch Afrika gurkt. Als Leser wird man da schon sauer auf ihn.

Der Autor beschäftigt sich mit drei Handlungssträngen. Zum einen die Freundschaft zwischen Tscharlie und Hans. Dann die jeweilige Geschichte von Hans und Tscharlie. Und zum Schluss auch die Liebesgeschichte, die Hans noch heute bewegt. Zum anderen setzt sich der Autor aber auch mit Bergtourismus und den Folgen auseinander, ebenso mit verfehlter Entwicklungspolitik in verschiedenen Dekaden, auch mit Rassismus und Kolonialismus ebenso mit der medizinischen Versorgung als auch mit Bürgerkriegen und deren Folgen. Und auch aktuell mit der Flüchtlingsproblematik und das so viele junge Leute Afrika ihr Heil in Europa suchen, weil es sie für sich in Afrika keine Hoffnung sehen. Auch mit der Einflussnahme ausländischer Regierungen auf Afrika und deren Landerwerb setzt er sich auseinander. Und da ist dann auch das Problem. Er reist so vielen kurz an und lässt den Leser dann damit im regen stehen. Er zeigt auf das und das ist die Folge von dem und dem Handeln.

Die Sprache ist zum einen beeindruckend, die Bilder die der Autor erschafft sind beeindruckend. Und zum anderen mag der Leser irgendwann einfach nicht mehr. Ganz einfach weil der Autor den bayrischen Dialekt dermaßen überzeichnet, das er am Ende einfach nur noch nervt.

Fazit: Ein beeindruckendes Zeugnis von Afrikas Land und Leute, das es dem Leser alles andere als einfach macht. Es eckt hat, packt dem Leser am Kragen und schleift ihn durch Afrika und zeigt Probleme auf, die das Resultat von Generationen von verfehlter und falscher Entwicklungspolitik sind. Aber auch das sich in Afrika Freundschaften entwickeln könne wenn auch nur kurz. Dieses Buch ist schon speziell und nicht jeder wird sich damit anfreunden können schon allein durch den Erzählstil und stilistischen Feinheiten, die der Autor nutzt. Auch die Charaktere ecken ganz schön an. Kurz alles andere als ein einfacher Roman. Er ist schon was für Beißer. Wenn man sich erstmal in dieses Buch seine Geschichte und seinen Protagonisten verbissen hat und es einen gepackt hat, lässt man es auch nicht mehr aus der Hand bis man es hinter sich gebracht hat. Lesen lohnt sich auf jeden Fall auch wenn es hier und da so seine Tücken hat.

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