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Veröffentlicht am 10.04.2020

Ein vielschichtiger Sommerroman

Schöne Ruinen
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Meine Meinung:
Von diesem Buch erwartete ich viel italienisches Lebensgefühl, Hollywood, Witz, Tragik und - wie es der Titel schon sagt - einige traurige und berührende Erinnerungen und zerplatzte Träume. ...

Meine Meinung:
Von diesem Buch erwartete ich viel italienisches Lebensgefühl, Hollywood, Witz, Tragik und - wie es der Titel schon sagt - einige traurige und berührende Erinnerungen und zerplatzte Träume. Diese Erwartungen an den Inhalt wurden ziemlich übertroffen und übersteigert.

Das Buch beginnt indem es Ereignisse aus dem Jahr 1962 schildert. In Italien steht der junge Pasquale bis zu den Knien im warmen Meerwasser und baut ohne Unterlass an "seinem" Strand. Während dieser Arbeit, die von den anderen Dorfbewohnern belächelt wird, träumt er von einem grossen Tennisplatz über den Klippen und eine amerikanische Touristin reist mit dem Boot bei ihm an. So vermischen sich Wunschtraum und Träumerei und werden zu einer ziemlich plötzlich über Pasqual hereinbrechenden Realität. Trotzdem bleibt dieser in Italien spielende Erzählstrang sehr chronologisch. Immer, wenn die Geschichte angehalten und ins Jahr 1962 zurück geblickt wird, ist Pasquale die Hauptfigur, welche durch die Geschichte leitet. Sowohl an der ligurischen Küste und bei Wanderungen mit der hübschen Schauspielerin als auch in Rom, wenn er verflossenen Träumen nachrennt und reiche Männer zur Vernunft und Einsicht bringen will.

Im Jetzt haben wir ganz andere Ausgangssituationen: Ein Hollywood-Produzent, welcher krankhaft versucht, jung zu bleiben oder zumindest so auszusehen verbeisst sich in Ideen, welche zum Scheitern verurteilt sind, hat aber trotzdem immer ein grosses Ziel vor Augen. Dieser Produzent, Michael Deane mit Namen, wird sehr überspitzt und für meinen Geschmack manchmal zu egozentrisch und zu lächerlich dargestellt. Trotzdem finde ich es sehr gelungen, dass man während der ganzen Geschichte merkt, dass er nicht einfach verblödet oder geldgeil geworden ist, sondern durchaus berechnend und intelligent handelt.
Seine Assistentin Claire ist da schon viel besonnener, ja sogar penibel und sehr angestrengt und auch anstrengend bei der Sache. Sie zweifelt immer, lässt sich nicht gehen, hat ständig Bedenken und will immer auch irgendwie gross raus kommen oder zumindest jemandem dabei helfen, ganz grosses Kino zu machen. Sie war mir sehr sympathisch, wenn auch ein wenig zu einseitig dargestellt.
Shane hingegen zweifelt nicht, sondern glaubt so sehr an sich, dass er es wagt, bei Deane einen Film zu pitchen. Zufällig kann er ein wenig Italienisch, was ihm ein offenes Ohr bei Deane und einige spannende Erkenntnisse verschafft. Er war mir insgesamt zu fade dargestellt. Die Nummer mit dem ewig gescheiterten aber trotzdem von sich überzeugten Lebemann zieht einfach nicht ein ganzes Buch lang. Nicht einmal, wenn seine Einstellung sich noch ändert.

Und nun kommt es, wie es kommen muss: die Ereignisse überschlagen sich. Pasquale taucht genau in dem Moment bei Michale Deane auf, als Shane (der ja zufällig Italienisch spricht) seinen Film pitchen will, erzählt von einer amerikanischen Schauspielerin und bringt Leben, Liebe, Vergangenheit und Zukunft durcheinander.
Fünfzig Jahre Geschichte prallen auf den Zeitdruck in Hollywood, zersplittern in tausend Teile und müssen von einer ganzen Menge Menschen durchegekaut und wieder zusammen gesetzt werden, dass einige organisatorische Finessen von Nöten sind.
Doch gelingt es wirklich, fünfzig Jahre alte Fehler wiedergutzumachen? Und kann eine Liebe so stark sein, dass sie Verdrängungen, falscher Stolz und betrogene Gefühle verzeihen kann?

Dieses Buch ist ein wirklich sehr gelungener, unterhaltsamer und auch nachdenklich stimmender Sommerroman über ganz grosse Gefühle und ganz grosses Kino, über Italien, Hollywood, die Liebe und die Fähigkeiten, zu verzeihen und immer wieder aufzustehen.
Eine Reihe gescheiterter Persönlichkeiten versucht, sich durchs Leben zu manövrieren und trifft dabei immer mal wieder auf ein Riff an der ligurischen Küste oder ein beschränktes Budget in Hollywood.

Fazit:
Dieses tiefgründige, nicht zu komplexe und sehr unterhaltsame Buch eignet sich bestens als Ferienliteratur am Strand. Vorzugsweise natürlich an der italienischen Küste.

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Veröffentlicht am 24.03.2020

Amüsant, kurzweilig und berührend

Balkan Blues
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Inhalt:
Lania und ihre beiden Brüder sind in Italien aufgewachsen, nachdem ihre Mutter mit ihnen aus Srebrenica geflüchtet ist. Ihre Grossmutter lebt ebenfalls bei ihnen in Italien, bis sie überraschend ...

Inhalt:
Lania und ihre beiden Brüder sind in Italien aufgewachsen, nachdem ihre Mutter mit ihnen aus Srebrenica geflüchtet ist. Ihre Grossmutter lebt ebenfalls bei ihnen in Italien, bis sie überraschend verstirbt und die Familie alles daransetzen muss, um den Leichnam nach Bosnien bringen und dort nach muslimischem Gebrauch bestatten zu lassen. Die Reise nach Bosnien wird für Lania und ihre Geschwister zum Abenteuer und der Prozess des Reisens selber bringt die drei so unterschiedlichen Geschwister einander näher und lässt sie zudem über ihre Familie und damit verbundene Themen sprechen, die sie schon länger vermieden haben. So kommen einige Geheimnisse, Träume, Pläne und Erinnerungen ans Tageslicht und der Name des Ortes, an den die Reise führen soll, wird endlich ausgesprochen. Srebrenica. Ein Ort, an dem so viele Menschen im Bosnienkrieg bei einem grauenvollen Massaker den Tod fanden. Ein Ort, an dem auch die Fäden um Lanias Geschichten zusammenlaufen.

Meine Meinung:
Bosnien und ich - eine grosse Liebe. Das wisst ihr mittlerweile sicher. Meiner Meinung nach ist das Geschichtenerzählen in Bosnien erfunden worden und Elvira Mujčić lässt auch immer wieder erahnen, welche Qualitäten sie diesbezüglich zu bieten hat. Nach und nach erfahren wir mehr über Lanias Grossmutter und die Umstände, welche sie von Srebrenica nach Italien geführt haben, sowie über die Familie selber, die nun umgekehrt nach Bosnien reisen und ihre geliebte Nana dort beerdigen lassen mussen. Angetan haben es mir dabei vor allem die abenteuerlichen und - wie ich aus eigenen Erfahrungen bestätigen kann - realitätsnahen - Schilderungen der Reise nach Bosnien mit den öffentlichen Verkehrsmitteln, aber auch die amüsanten Beschreibungen des pragmatischen Umgangs mit dem Tod oder des täglichen Aberglaubens, sowie der Liebe zum Essen und geselligen Beisammensein. Ich habe mich mit diesem Buch wohl gefühlt, obwohl es auch äusserst tragische Geschichten aus den dunkelsten Kapiteln in Bosniens Vergangenheit erzählt und obwohl der leichte Erzählton manchmal doch ein wenig gar locker-flockig daherkommt.

Sprache:
Dieses Buch hat alles, was ein Buch, das - zumindest teilweise - in Bosnien spielt, braucht: korrupte Polizisten, Geschichten über Geschichten, ein wenig Religion, ein wenig Aberglaube, Langsamkeit und Humor, Liebe, Verlust und Familiendramen. Und Elvira Mujčić gelingt es, ihre Figuren und deren Leben auf nur wenigen Seiten fassbar zu machen und dabei in ihrer eigenen, leichten und trotzdem eingänglichen Sprache auch nicht ganz einfache Situationen, Gräueltaten und Familiendramen mit einer abenteuerlichen Reise und der Liebe zum Erzählen unter einen Hut zu bringen. Der wesentlich poetischere und vor allem passendere Originaltitel "Dieci prugne ai fascisti" (Zehn Zwetschgen für die Faschisten) ist dabei das beste Beispiel dafür, wie Erzählungen in die Handlung dieses Buches integriert werden und gleichzeitig auch wieder die Rahmenhandlung prägen.

Meine Empfehlung:
Ja, manchmal bleiben ein paar Gedanken zu flüchtig, ein paar Szenen zu oberflächlich, aber dieses Buch schafft es, nicht nur Bosnien, sondern auch das Erzählen von Geschichten, sowie Lania - die stellvertretend für eine ganze Generation in der Diaspora lebender, junger Menschen steht - näherzubringen, weshalb ich euch dieses berührende und unterhaltsame Buch sehr gerne empfehle.

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Veröffentlicht am 21.03.2020

Ein wundervolles Buch

Eine für vier - Vier gewinnt
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Meine Rezension gilt für das Taschenbuch dieses Buches:

Inhalt:
Einmal mehr verbringen die vier besten Freundinnen überhaupt ihren Sommer nicht gemeinsam und sogar das alljährliche Treffen am Anfang der ...

Meine Rezension gilt für das Taschenbuch dieses Buches:

Inhalt:
Einmal mehr verbringen die vier besten Freundinnen überhaupt ihren Sommer nicht gemeinsam und sogar das alljährliche Treffen am Anfang der Ferien kann nicht wie geplant stattfinden. Carmen taucht nicht auf, weil sie in einem Theatersommerkurs feststeckt. Die Jeans werden aber trotzdem auf Reisen geschickt und begleiten Bridget auf eine Ausgrabungsstätte, Lena in die Arme eines schönen Malers, Tibby in ihr kleines Zimmer im Studentenwohnheim und Carmen hinter die Kulissen eines Theaters. Auch wenn es dieses Jahr sehr schwierig ist, Kontakt zu halten - was nicht nur daran liegt, dass Bridget auf der Ausgrabungsstätte zeitenweise keinen Internetzugang hat - so schaffen es die vier jungen Frauen trotzdem, ihren Freundinnen beizustehen, wenn alle Stricke reissen. Und dies geschieht in diesem Band nicht nur einmal, sondern immer wieder. Freundschaften und Beziehungen werden auf die Probe gestellt und jede der Vier muss sich auf ihre Art und Weise mit eigenen Problemen und ihrer Zukunft auseinandersetzen und ihre ganz persönliche Lebensprüfung ablegen.
Als dann aber auch noch Effie mit der Jeans verschwindet, sind nicht nur Freundinnen, sondern gleich ein ganzer Suchtrupp und sehr schnelles Handeln gefragt und es zeigt sich einmal mehr, welche Macht die Jeans auf Reisen hat.

Meine Meinung:
Schon einige Male war ich vom letzten Band einer Reihe enttäuscht. Im letzten Band sind die Protagonisten meistens vom Kind zum Teenager oder vom Teenager zur jungen Frau/zum jungen Mann geworden und plötzliche geht das Konzept der Geschichte nicht mehr so richtig auf. Der Plot wird unglaubwürdig, aufgesetzt, überspitzt und enttäuschte mich schon häufig.
Ganz anders erging es mir mit diesem Buch. Ann Brashares schafft es mit einer enormen Feinfühligkeit, ihre Protagonistinnen langsam aber sicher erwachsen werden und dabei den Zauber der ursprünglichen Geschichte bestehen zu lassen. Die Mädchen werden zu jungen Frauen, leben ein erwachseneres Leben, führen Beziehungen, sind selbstständiger und fällen gewichtigere Entscheide, aber das Grundkonzept, die Jeans, die Freundschaft bleibt bestehen.
Dieser letzte Band erzählt Geschichten, wie sie im Leben häufig anzutreffen sind. Traurige und schöne Geschichte und Geschichten, die nur so richtig gute Freundinnen erleben können. Sie alle müssen sich ihren eigenen Problemen stellen und erfahren, dass das Leben kein Zuckerschlecken ist. Enttäuschungen, Streit und Trennungen gehören da nicht selten dazu und so werden sie alle uns normalen Menschen ähnlich und sind nicht einfach irgendwelche Fantasiegestalten aus Büchern, sondern Menschen, wie du und ich.
Trotz viel Fröhlichkeit zieht sich somit durch diesen ganzen Band eine ganz kleine Melancholie. Der Abschied von der Kindheit liegt noch nicht lange zurück und die Zukunft geschieht erst noch. Die Welt wird grösser und unbesorgter und einige Entscheidungen verändern das Leben von einem Tag auf den anderen. Diese Grundstimmung ist für mich eine riesige Qualität dieses Buches. Mit ihrem unvergesslichen, treffsicheren und intelligenten Schreibstil nimmt uns die Autorin mit auf eine lange und ungewisse Reise mitten ins Leben hinein und darum gehört diese Reihe auch in jedes Mädchenzimmer. Weil sie aus alltäglichen Situationen und Personen Geschichten macht, die trösten, unterhalten und fröhlich stimmen, ermahnen und berühren.

Fazit:
Diese Reihe, insbesondere der letzte Band ist ein Muss für jedes Mädchen und kann von allen Frauen gelesen und gliebt werden, weil sie aktuell und trotzdem zeitlos ist.

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  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 09.03.2020

Hoher Anspruch an die Leserschaft aber grandios geschrieben

Goethe schtirbt
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Inhalt:
Goethe liegt im Sterben und verlangt noch einmal nach Wittgenstein. Dieser weilt aber in weiter Ferne und soll so schnell wie möglich an sein Krankenbett gebracht werden. Dass aber Kräuter, Riemer ...

Inhalt:
Goethe liegt im Sterben und verlangt noch einmal nach Wittgenstein. Dieser weilt aber in weiter Ferne und soll so schnell wie möglich an sein Krankenbett gebracht werden. Dass aber Kräuter, Riemer und der Ich-Erzähler eigentlich verhindern wollten, dass Wittgenstein den sterbenden Goethe besucht, lässt diesen kalt. Warum sie dies verhindern wollen, erfährt der Leser im Verlauf dieser ersten Kurzgeschichte.
Montaigne ist es, welcher den Ich-Erzähler in der nächsten Geschichte nachhaltig beeinflusst. Dieser flüchtet in seiner Einsamkeit und Unverstandenheit in die Literatur und fühlt sich mit dem Philosophen auf geistiger Ebene seltsam verwandt. Diese Zweisamkeit wird aber von der Realität zerstört.
Um rote und grüne Wanderbekleidung und zwei miteinander bekannte Familien geht es in der Erzählung "Wiedersehen". Worin dieses Wiedersehen besteht, was dieses Wiedersehen auslöst und vor allem, wofür dieses Wiedersehen eigentlich steht, erfährt der Leser auch hier erst gegen Ende der Erzählung.
Um Flucht, Philosophie und eine seltsame Freundschaft geht es auch in der kürzesten und letzten der vier Erzählungen.

Meine Meinung:
Ich habe vorher noch nie etwas von Thomas Bernhard gelesen, wollte dies aber schon immer einmal tun. Der Schreibstil stellt einen unglaublich hohen Anspruch an den Leser und setzt viel Wissen und Verständnis voraus. Dies ist auch der Grund, weshalb ich nicht auf Anhieb allen Gedankengängen und Gesprächen folgen konnte und einige Recherchen zum Buch unternehmen musste.
Dass die vier Texte aber in erster Linie als nicht ganz ernst gemeint zu verstehen sind und dass sie sich durch Übertreibungen Richtung Aberwitz bewegen, ist nicht von der Hand zu weisen und sollte bei der Lektüre dieser Geschichten auf jeden Fall im Hinterkopf behalten werden.
Ich werde wohl weitere Literatur des Autors lesen und mich so mehr und mehr mit seinem Stil und seinen Geschichten vertraut machen.

Fazit:
Nur wer Gedankenakrobatik und Irrwitz nicht scheut, sollte sich ohne Hintergrundwissen an diese Erzählungen wagen.

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Veröffentlicht am 26.01.2020

Spannend und unterhaltsam

Balthasars Hände
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Inhalt:
Balthasar ist gross und bewegt sich sehr ungelenk, was ihn manchmal ein wenig eingeschränkt oder gar beschränkt erscheinen lässt. Sein Gesichtszüge sind markant und wer ihm begegnen würde, würde ...

Inhalt:
Balthasar ist gross und bewegt sich sehr ungelenk, was ihn manchmal ein wenig eingeschränkt oder gar beschränkt erscheinen lässt. Sein Gesichtszüge sind markant und wer ihm begegnen würde, würde ihn wohl als nicht gerade sehr attraktiv bezeichnen. Aber Balthasar ist intelligent und in seiner Brust schlägt ein grosses und mitfühlendes Herz. Dies bewahrt ihn davor, mit Hass auf Hänseleien und mit Verbitterung auf Einsamkeit zu reagieren. Vielmehr versucht er, das Beste aus jeder Situation zu machen und allen Menschen eine zweite Chance zu geben. Ausserdem sind seine Hände sehr auffällig. Sie sind - im Gegensatz zum Rest seines Körpers - ausgesprochen feingliedrig und wirken sanft. Ausserdem hat er die Fähigkeit, mit ihnen Schmerzen zu lindern und wird so für seine von Schmerzen geplagte Mutter zur unverzichtbaren Hilfe. Auch bei epileptischen Anfällen und bei schreienden Kindern wirken seine Hände äusserst beruhigend. Eine Verkettung unglücklicher Fügungen bringt ihn schliesslich mittellos und total vereinsamt vor Gericht. Diese ganze Geschichte erfährt der Leser jedoch erst im Verlaufe der Geschichte.
Daniel Lagarde wird aber schon, ohne Baba - wie Balthasar seit frühester Kindheit genannt wird - zu kennen, auf ihn aufmerksam. Er spürt, dass dieser Mann ihm helfen kann. Die beiden Männer sind sich auf Anhieb sympathisch und Baba gelingt es tatsächlich, Daniels chronische Schmerzen zu lindern und ihm so zu mehr Lebensqualität zu verhelfen. Nach und nach erzählt Baba dem reichen aber sehr menschlichen und liebevollen Mann seine ganze tragische Lebensgeschichte und findet neben einem aufmerksamen Zuhörer auch einen verständnisvollen Freund.
Doch die Idylle seines Daseins hält nicht lange vor und weitere Schicksalsschläge erschüttern seine Welt.

Meine Meinung:
Nach "Winterbirnen" ist "Balthasars Hände" mein zweites Buch von Rolf Ersfeld, welches ich fast in einem Atemzug verschlungen habe. Auch bei diesem Buch fiel mir sofort die fast unendliche Anzahl an Handlungssträngen, Charakteren und Ereignissen auf. Vielleicht würden alle diese Begebenheiten und die ganze Handlung in einer Zusammenfassung als erschlagend oder gar überbordend empfunden werden. Der Autor schafft es aber auch im hier vorliegenden Roman, die verschiedenen Fäden des Erzählnetzes geschickt und unauffällig zu verweben und die einzelnen Geschichten in einen spannenden, stimmigen und ergreifenden Kontext zu bringen. Das liegt vor allem daran, dass jeder Satz klar ausgearbeitet und jede Figur mit viel Fleiss und Liebe gestaltet ist. Dies zeugt ganz klar von beherrschtem Handwerk und viel Fantasie und Einfühlvermögen. Wirkte "Winterbirnen" für mich manchmal noch ein wenig aufgesetzt, so ist "Balthasars Hände" ganz klar ein Roman, welchen ich ohne wenn und aber sofort weiter empfehlen würde.
Was mich als Musikerin und Genussmensch natürlich sehr freut, sind die verschiedenen Aspekte der Kunst und des Genusses, welche auch in diesem Buch zur Handlung und den Figuren dazu gehören. Die musikalischen Kenntnisse des Autors, sowie seine offensichtliche Freude an Essen und Wein und seine Erfahrung auf diesen Gebieten, machen dieses Buch zugleich zu einer Empfehlung für ein stimmiges Gericht oder einen Konzertabend.

Fazit:
Wer so viele Elemente der Erzählkunst mit täglichen Genüssen vereint, verdient es, gelesen zu werden. Auch dieser Roman von Rolf Ersfeld macht Lust auf mehr.